Kolumne: Als ich noch ein Zuschauer war - Wolfgang Behrens über unwahrscheinliche Gründe, Kunst zu machen

Die große Verarsche

von Wolfgang Behrens

14. März 2017. Langsam, da die Macht des Faktischen obsiegt, beruhigen sich die Gemüter wieder – der Streit, der sich um die Neubesetzung der Intendanz an der Berliner Volksbühne entsponnen hat, tritt nun in seine präfinale Phase. Und vielleicht ist das ein guter Moment, um noch einmal eine Gruppe in den Blick zu nehmen, die während dieses epischen Kampfes komplett in Vergessenheit geraten ist. Denn es gibt ja nicht nur diejenigen, die auch fürderhin in der Volksbühne mit Frank Castorf ihrer provinziellen Anarcho-Sentimentalität frönen wollen, und diejenigen, die meinen, dass Castorfs Zeit jetzt einfach mal vorbei sei. Es gibt auch noch die, die glauben, dass Castorfs Zeit eigentlich nie hätte sein dürfen.

Kolumne: Experte des Monats - Dirk Pilz zur abgesagten Podiumsdiskussion an der Zürcher Gessnerallee

Abwerten, aufwerten

von Dirk Pilz

8. März 2017. Diesmal ein Hinweis zu einer hitzigen Debatte. Seit Wochen wird über ein Podium diskutiert, das erst in der kommenden Woche im Theaterhaus Gessnerallee in Zürich stattfinden sollte. Die Veranstaltung stand unter dem heiklen Titel Die neue Avantgarde. Sie wollte laut Ankündigung diskutieren, ob die Renaissance des Rechtsnationalen eine Avantgarde-Bewegung sei, wie dem Rückzug in ideologische Filterblasen beizukommen und was eigentlich der Unterschied zwischen populär und populistisch ist. Jetzt hat das Theaterhaus die Sache abgesagt, eben "aufgrund der Hitze der durch sie ausgelösten Debatte – in der Diffamierungen, persönliche Beleidigungen und Erpressung leider nicht gescheut wurden". Trotz der, so heißt es ausdrücklich, "positiven bzw. differenzierten Medienberichterstattung und dem vermehrten Zuspruch von Kolleg*innen" sei nun das Sicherheitsrisiko zu groß geworden. 

Kolumne: Zeug & Stücke - Teresa Präauer spult René-Pollesch-Sätzen nach

"Ich kann nicht mehr"

von Teresa Präauer

Erwähnungen des Satzes "Ich kann nicht mehr" auf nachtkritik.de bisher: 19 Mal

28. Februar 2017. "Ich kann nicht mehr, ich weiß nicht weiter." Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, würde jemand diesen Satz sagen, nicht am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Sondern zum Beispiel dieser neue Twitter-Präsident: I’m done. No idea how to go on. Oder die Kanzlerin bei Anne Will am Sonntag. Nicht, dass ich mir das wünsche, aber ich stelle es mir vor. Wahrscheinlich ist es sogar ein Satz, den sie, bei sich Zuhause, manchmal laut ausspricht. Sie erhebt ihre Stimme, der Satz verklingt ungehört. Oder die Tagesthemen-Kommentatorin der Tagesschau sagt diesen Satz. Weiß nicht weiter. Um danach noch ein bisschen in die Kamera zu gucken, dann abzudrehen und, vielleicht pfeifend, nein, vielleicht eher ganz still, das Studio zu verlassen. Nicht als Kapitulation, sondern aus Einsicht, aus heiterer Einsicht. "Ich spreche zu den Wänden", sagt Pollesch, sagt Lacan, könnte man sagen, wenn man, schauspielend, auf der Bühne spricht.

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