Presseschau vom 14. April 2012 – Die Aachener Zeitung über Schauspielerarmut
Ein Tabu-Thema?
14. April 2012. "In wohl kaum einem anderen Beruf herrscht ein solch krasses Missverhältnis zwischen öffentlicher Wahrnehmung und alltäglicher Realität, zwischen dröhnendem Applaus und drohender Armut," schreibt Jenny Schmetz in der Osterausgabe der Aachener Zeitung (wo wir ihn erst heute entdeckt haben). Wer, so Schmetz, denke nicht zuerst an Glamour, Fans und Autogramme, wenn er hören würde: 'Ich bin Schauspielerin'? "Klingt ja auch eindeutig aufregender als 'Ich bin Sachbearbeiterin'."
Das sexy Künstler-Image ist nach Ansicht der jungen Kulturredakteurin der Aachener Zeitung mit schuld am verzerrten Berufsbild von Schauspielern. Allerdings trügen auch die Schauspieler selbst zu diesem Unwissen bei. "Wer fragt, wie sie denn bezahlt werden, rennt in Nebelwände, hört viel von Diskretion und Schweigevereinbarungen, Konkurrenz und Marktwert. "Geld - ein Tabuthema?" Jenny Schmetz hat mit einigen Schauspielern am Theater in ihrer Stadt gesprochen, mit Emilia Rosa de Fries zum Beispiel, einem Jungstar des Aachener Theaters.
"Es erfüllt mich, mich ausdrücken zu können, Figuren darzustellen, Geschichten zu erzählen, den Kontakt zum Zuschauer herzustellen", wird die Fünfundzwanzigjährige zitiert. "Das hat viel mit Herz zu tun. Mir geht es nicht ums Geld." Genauso sehe das ihre dreizehn Jahre älterer Kollege Mike Kühne: "Materieller Luxus ist für mich nicht relevant. Dafür gehe ich lieber jeden Tag zufrieden 'auf Arbeit'." Selbstverwirklichung also - und nicht Selbstausbeutung?, fragt Autorin Jenny Schmetz und erhält von Emilia Rosa de Fries zur Antwort: "Selbstausbeutung? Ein bescheuertes Wort!"
Dann präsentiert Schmetz die nackten Zahlen. Das Einzige, was der Tarifvertrag für fest angestellte Schauspieler regele, schreibt sie, sei die Mindestgage. "Sie beträgt an öffentlich getragenen Theatern in Deutschland derzeit 1600 Euro. Brutto. Alles, was darüber hinausgehen soll, muss der Schauspieler mit dem Intendanten frei aushandeln. Die Folge: Viele bleiben ihr Leben lang in den unteren Gagenregionen hängen. Wirkliche Spitzenlöhne erhalten nur die Stars, das heißt: sehr wenige."
So stünden fette Honorare neben Hungergagen. Wer es an eine der gut zwei Handvoll Spitzenbühnen in Deutschland schaffe, könne 5000, 6000 Euro im Monat verdienen. "Anders an den vielen kleinen und mittleren Stadttheatern: Am Theater Aachen etwa liegt der Schauspieler-Spitzenverdienst nach Angaben des Personalrats derzeit bei 3400 Euro, ein Anfänger bekommt rund 1700 Euro, plus 72 Prozent des Grundgehalts als Sommer- und Weihnachtszuschlag. Im Schnitt erhalten Schauspieler an öffentlich subventionierten Häusern in Deutschland rund 2500 Euro, am Theater Aachen 2180 Euro."
Die also, die im "Rampenlicht glänzen" müssten, verdienten im deutschen Stadttheatersystem am wenigsten. Chorsänger und Orchestermusiker würden, so Jenny Schmetz, dank anderer Tarifverträge und diverser Zuschläge – etwa für Überstunden – besser als Schauspieler bezahlt. Sogar ein ungelerner Beleuchter verdiente in Aachen mehr, als eine ausgebildete Schauspieler-Anfängerin. Dennoch übten die Schauspieler selbst in der Regel am System keine Kritik, sondern andere: "Etwa Adil Laraki, NRW-Vorsitzender der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger: 'Ich finde es unmöglich, dass ein Profi, der vier Jahre studiert hat, mit 1600 oder 1700 Euro abgespeist wird.' Die Arbeitgeberseite sieht das naturgemäß anders: Rolf Bolwin, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins, sagt: 'Unser Theatersystem ist das sozialste der Welt'."
(sle)
Die Schauspielerin Emilia Rosa de Fries stand in Aachen unter anderem 2011 in Ronny Jakubaschks Inszenierung von Harper Regan auf der Bühne.
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unglaublich das der obengenannte satz ein ernstgemeinter kommentar eines vorzüglich bezahlten funktionärs dazu ist .
noch einmal ein ungelernter beleuchter verdient mehr als ein schauspieler nach 4 jährigem studium.
wegen was gehen die leute denn ins theater?
Künstler gehören zu den ärmsten Bevölkerungsschichten.
Schauspieler und Schauspielerinnen kommen dabei gar nicht so schlecht weg.
Man denke nur an die vielen mittellosen Maler und Schriftsteller ohne regelmäßiges
Einkommen. . .
und das nennt man Hungergagen?!
Was hast du denn 4 Jahre studiert, dass du nicht mal 1.600 Euro Verdienst??
Das ist einfach viel zu wenig an dem gemessen, was man an Ausbildung durchläuft!!
Leider haben wir Diplomschauspieler keine Gewerkschaft die auch mal für 6% Lohnerhöhung streikt.
Da will ich die Theater aber mal sehen...
So etwas gibt es nicht und das ist der eigentliche Skandal!!
Man ist praktisch mundtot als Schauspieler.
Äußert man sein recht, wird einem mit 100 anderen gedroht, die den Job sofort übernehmen würden...
Auch am Theater regieren macht und Geld unter dem Deckmantel der Kunst..
Wer WILL wirklich ALLES geben fürs Theater? Nur der schauspieler...
@ Schauspieler: Lies mal den § 12a NV Bühne.
Die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer (einfluss)reicher?
Wie kann man das ändern?
2. Und wie kann man verhindern, dass anfangs erfolgreiche Regisseure ihre Marke (Masche) dann jahrelang vermarkten?
Diese Debatte als Unterkaptiel auch in die Kulturinfarkt-Debatte. Bitte vernetzen.
Eine Tariferhöhung im öffentlichen Dienst MUSS ("sinngemäß") auch für die Beschäftigten mit einem Normalvertrag Bühne angewendet werden. Das sind u.a. auch die Schauspieler. "Sinngemäß" heißt, dass sich die Prozentzahlen der Erhöhung oder die Höhe einer Einmalzahlung zum TVÖD / TVL unterscheiden können, aber der Betrag der Erhöhung bleibt gleich.
Also: in diesem Jahr können die Schauspieler mit einer Gagenerhöhung von 3,5% rechnen. Im Nächsten nochmal mit 2,8%.
Und das mit der Gewerkschaft ist nun mal so: die wenigsten Solisten (Schauspieler, Sänger, Tänzer, Assistenten, Dramaturgen etc.) sind Mitglied der GDBA. Damit ist ihre Lobby bei Verhandlungen mit dem Bühnenverein, z.B. über die Höhe der Mindestgage auch extrem schlecht. Es ist weder böser Wille noch Zufall, dass die Bedingungen für Mitglieder der Opernchöre und Orchester besser sind - die sind nunmal besser organisiert und vertreten.
kleine ergänzung: wir reden hier von 16oo euro BRUTTO!
das mach dann am monatsende "pralle" 1050 euro. und das bei unmöglichen arbeitszeiten,auch an feiertagen, maskenzeiten und vorbereitung vor vorstellungen nicht eingerechnet und textlernerei zu hause.
immerhin bleibt so keine zeit, das "vermögen" auszugeben...
als künstler überlebt, und frei arbeiten kann, auch in künstlerarmut.
unterwegs sind. Überall anders wären solche Zustände unmöglich, selbst bei Schlecker, es würde mangels bereitwillig Leidender einfach in sich zusammenfallen.
Schauspieler und andere Theaterschaffende verdienen eine faire Bezahlung und eine faire Lebensperspektive genauso wie alle anderen Berufsgruppen. Es geht in keiner Form an, daß wir das gegenwärtige System Theater auf den Rücken der Theaterschaffenden versparwursteln.
Narürlich müssen die Strukturen der Häuser der öffentlichen Hand vorurteilssfrei auf die Effizienz der eingestzten Mittel hin überprüft werden. Aber im Kern stimme ich Herrn Steckel zu: Das Geld für eine faire Bezahlung und Arbeitsvertragsgestaltung muß zur Verfügung gestellt werden.
Und sorry Herr Baucks, bei allem Verständnis für Ihre Forderung nach Umverteilung vorhandener Mittel in Richtung Freies Theater, glaube ich, das würde den genannten Dschungel noch vergrößern und die Einführung von humanen arbeitsrechtlichen Standards erschweren.
Darüberhinaus glaube ich, daß man das Schicksal der deutschen Theaterlandschaft aus den Händen der Kämmerer von bankrotten Städten nehmen und zu anderen, unabhängigeren Regelungen kommen muß. Sonst gehen die Lichter aud den Bühnen schneller aus als mans diskutieren kann.
einen schlechten zustand relativiert man nicht in dem auf einen noch schlechteren verweist. so nach dem motto "was regen sich die leute denn über kinderarmut in deutschland auf wenn es doch in indien viel schlimmer ist". wie sie schon selbst zu ahnen scheinen ein sehr dummes argument.
zur debatte:
vorweg muss ich sagen für mich als berufsensteiger sind die nach nv-bühne gezahlten 1800 brutto ein wahres vermögen. damit bin ich persönlich sehr zufrieden. allein weil ich von der schauspielerei, die ich über alles liebe, leben kann.
ich muss aber auch sagen, dass gehalt und arbeitsaufwand in keinem verhältnis zueinander stehen. ich habe schon mehrfach gestandene männer unter dem stress (der sowohl mental als auch körperlich extrem ist) zusammenbrechen sehn. es gibt wirklich leute die monate ohne einen einzigen freien tag durcharbeiten!!! unser ensemble ist am limit oder eher schon längst drüber hinaus, anders ausgedrückt: eine knochemühle. und unter berücksichtigung dieses umstands kann ich nur sagen, dass ich es auch sehr unfair finde wenn man sich die gehälter dieser leute anschaut, die seit vielen jahren ihr leben dem theater opfern.
was ich aber am allerwenigsten verstehe sind die kommentatoren wie "künstler", "äh hallo" und andere! wie kann man den leuten, die einfach nur über krasse arbeitsbedingungen reden und eine gerechte bezahlung fordern, mit so engstirnigen argumenten entgegentreten und auf den eigenen angeblich noch schlimmeren zustand verweisen? genau das sind die argumente die den eliten zuarbeiten und ausbeutung förden, frei nach dem motto: warum beschwert ihr euch wenn es doch anderswo viel schlimmer ist? lasst euch doch ausbeuten! lasst uns alle hungern, das ist schon richtig so, denn woanders wird auch gehungert. ungerecht behandelt zu werden ist doch nicht schlimm wenn es anderswo ungerechter zugeht.
mit verlaub, neoliberale, gequirlte scheisse!!!
warum unterstützt ihr uns nicht?! wo ist die solidarität?! warum so gehässig sein und uns jammern auf hohem niveau vorwerfen, wenn wir doch sagen, dass viele der kollegen einfach nicht mehr können, am ende sind ? wir reden über hier über menschen. menschen die ausgebeutet werden.
@ernst:
die leuet MÜSSEN lernen, dass man solche angebote nicht annehmen darf, man trägt auch eine verantwortung seinem beruf gegenüber und solche schäbigen angebote anzunehmen, fördert die ausbeutung doch nur!!!
(Sehr geehrte Marlene, da wir unüberprüfbare Tatsachenbehauptungen auf nachtkritik.de nicht veröffentlichen, dürfte eine solche Top Ten wenig aussichtsreich sein. Das sind die strukturellen Gegebenheiten dieses Forums. Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Was wahrscheinlich noch nicht einmal im 19. Jahrhundert gestimmt hat, ist heutzutage purer Unsinn.
Schauspieler ist ein Beruf wie jeder andere. Jeder Angestellte eines mittelständischen Unternehmens muß genauso begeistert, kreativ, flexibel, engagiert und ehrgeizig sein, wenn er weiterkommen will. Er bekommt dann auch den entsprechenden Lohn und den entsprechende gesetzlichen, existenzsichernden Kündigungsschutz. Bei Schauspielern ist das nicht so. Und anstatt etwas dagegen zu unternehmen, lügen sich die meisten Schauspieler auch noch in die Tasche und faseln von "Künstlertum".
Sekundiert werden sie dabei zum einen von verlogenen Intendanten, die einerseits moralische und weltverbessernde Parolen in ihren Inszenierungen hinausposaunen, aber andererseits dort, wo sie reale Mißstände beseitigen könnten (nämlich im eigenen Haus), nach Gutsherrnart Schauspieler mit Minigagen abspeisen und rausschmeißen, wie es ihnen gerade in den Kram passt.
Zum anderen von unfähigen Interessenvertretern (GDBA), die den Schauspielern, man glaubt es kaum, auch noch vorhalten, sie sollten bloß nicht so jammern.
An anderer Stelle wurde darauf hingewiesen, daß Verdi Mitglieder den Schauspielern einmal entgegnet hätten, daß sie selber Schuld seien, an ihrer schlechte Situation. Als Verdi Mitglieder würde es ihnen sicher besser gehn.
So wenig ich ein Fan von Frank Bsirske bin, aber in diesem Gedanken steckt wahrscheinlich ein Menge Wahrheit.
Fazit: es gibt nicht eine einzige sachliche Rechtfertigung für die schlechte Arbeits- und Vertragssituation der Schauspieler. Man müsste sich das nur erst einmal eingestehen und dann vielleicht etwas dagegen tun.
In der Statistik des bühnenvereins (Bibliothek oder kaufen, denn mit Dramaturgen reden Sie ja eher nicht) finden sie die Personalausgaben der einzelnen Theater. Und dort eben auch: leitungspersonal. Sie finden dort in einer anderen Tabelle dann die Anzahl der Menschen, die diese Summe bekommen. Das ist schon mal ein erster Anhaltspunkt. Natürlich wird die Gage des Intendanten höher sein, als der Durchschnitt.
Falls das Theater, dass sie interessiert eine GmbH ist, finden sie die Jahresabschlüsse im Bundesanzeiger im Internet. Ist das Theater ein Eigenbetrieb oder ein regiebetrieb, dann finden sie die Jahresabschlüsse im Haushalt der entsprechenden Stadt, meist auch im Internet.
Viel spaß bei der Recherche und bei ihrem weiteren Kreuzzug gegen die menschenverachtenden theaterknäste.
Genauso wie bei jedem anderen Beruf gibt es einen Arbeitsmarkt, Arbeitgeber, Verträge, Dienstzeiten, Dienstplichten, Gehälter, berufliche Anforderungen, Ausbildung etc.
Aber das meinte die suggestive Frage wahrscheinlich nicht, oder?
Sie meinte wahrscheinlich, daß Schauspieler zu sein etwas einzigartiges ist. Ein wunderbarer Beruf, der den, der ihn ausübt privilegiert, es ihm ermöglicht, die "Kindheit in die Tasche zu stecken" und so weiter.
Auch das ist richtig. Ein wirklich guter Schauspieler muß dieses Selbstverständnis von seinem Beruf auch haben. Sonst ist er wahrscheinlich nur ein mittelmäßiger Schauspieler.
Allerdings gilt dieser Anspruch, also der höchste Anspruch, wiederum für die meisten anderen Berufe auch. Warum etwa sollte ein Ingenieur oder ein Arzt, der es zu etwas bringen will, einen anderen Anspruch haben?
In dieser Diskussion geht es aber nicht um den subjektiven Anspruch des Künstlers, sondern um die objektiven Bedingungen. Und die sind halt besch...eiden.
Ansonsten finde ich, tuen die Spitzengehälter in Kunst und Kultur natürlich etwas zur Sache!
Wenn die Gehaltsschere in staatlich geförderten Kulturbetrieben wie in der Privatwirtschaft zu klaffen beginnt, ist das selbstverständlich moralisch, ethisch zu hinterfragen.
Und diejenigen Intendanten, Regisseure und Verwaltungschefs die tatsächlich glauben ihnen stünde( es ist ja nicht wie in einer Bank, oder einem normalen Betrieb selbst erwirtschaftetes Geld. Es ist Steuergeld!) trotz schwindender Subventionen selbstverständlich, im Gegensatz zu den restlichen NV-Solo Beschäftigten, die fetten Gehälter zu, unterscheiden sich kaum mehr von den restlichen GEWINNERN dieser Gesellschaft.
ich finde dieses arme künstler verständnis etwas schwachsinnig.
ich mache kunst. gute kunst. dafür will ich angemessen bezahlt werden.
angemessen, dass heisst nicht schlechter als ein ingenieur.
ich halte meine arbeit auch nicht für weniger wert, eher für mehr.
wo ist euer selbstbewusstsein. dieser künstler minderwertigkeitskomplex hat die theater an den rand des knockouts gebracht.
ich kenne viele sehr gute schauspieler die mit mitte dreissig den beruf gewechselt haben, weil sie es satt hatten für hervorragende arbeit nicht die entsprechende finanzielle anerkennung zu bekommen.
diese unglaublich beschissene bezahlung führt am ende dazu das diesen beruf nur noch leute machen die für bessere jobs zu doof sind.
kein halbwegs intelligenter mensch will sich sein leben lang unterbezahlen lassen.
www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/konstanz/Existenzkampf-der-Konstanzer-Schauspieler;art372448,4814107,C
Es lohnt mMn
- ein Blick in die user-Kommentare (bzgl. Vorausgriff der Kulturinfarkt-Inhalte)
- darüber nachzudenken, warum es - wie im Ausgangsartikel dieses Threads auch - meist Lokalblätter sind, die über sowas berichten.
(...) Zunächst einmal gilt es anzuerkennen, dass man als Künstler jenseits des Kunsthypes (und das betrifft 95% der Künstler in Berlin) täglich und dauerhaft einer doppelten Kränkung ausgesetzt ist: Nichtbeachtung und Mangel.
erster Linie im Verdienst gemessen...
In den Augen der Welt ist meine Malerei, mein Roman, meine Musik nichts wert...
solange ich nicht auch viel Geld dafür bekomme.
Und jede Bestätigung dass ich für mein Werk (noch) nicht entlohnt werde, entwertet mein Werk in den Augen der Welt.
Ebenso gilt ja der Umkehrschluss: Der letzte Mist wird tatsächlich fürstlich honoriert, wenn die Kaskade der Wertzuschreibung erst einmal angelaufen ist.
Denn was Millionen kostet, MUSS einfach ganz große Kunst sein.
"Ich würde mich vor den Fries begeben, auf dem die Söhne und Töchter der Erde sich gegen die Gewalten erhoben, die ihnen immer wieder nehmen wollten, was sie sich erkämpft hatten. [...] und blind geworden vom langen Kampf würden sie, die sich auflehnten nach oben, auch herfallen übereinander, einander würgen und zerstampfen, wie sie oben, die schweren Waffen schleppend, einander überrollten und zerfleischten, und Heilmann würde Rimbaud zitieren, und Coppi das Manifest sprechen, und ein Platz im Gemenge würde frei sein, die Löwenpranke würde dort hängen, greifbar für jeden, und solange sie unten nicht abließen voneinander, würden sie die Pranke des Löwenfells nicht sehn, und es würde kein Kenntlicher kommen, den leeren Platz zu füllen, sie müßten selber mächtig werden dieses einzigen Griffs, dieser weit ausholenden und schwingenden Bewegung, mit der sie den furchtbaren Druck, der auf ihnen lastete, endlich hinwegfegen könnten."
@klaus m: Danke durchaus für die Tipps. Ich nehme nur schwer an, dass diese Zahlen da nicht stimmen, sonst hätte der Lohn des Bonner Intendanten ja kaum zum Skandalon gereicht, wenn man in diesen Büchern die wahren Zahlen nachlesen könnte. Und ja. Diese Theater sind Knäste. Das ist nicht übertrieben gesagt. Im Gegenteil: Die Vorsprechen sind Viehschauen. Im Knast hat man vielleicht sogar noch mehr Rechte und Weiterbildungsmöglichkeiten als in einer dieser Theater ( wie von den Kollegen oben im übrigen sehr zutreffend beschrieben worden sind ).
elitedenken wird hochschülern schnell zum eigentor. anstatt im erlernten beruf arbeiten zu gehen, wird auf die eigene entdeckung und das ganz große haus zu beginn gewartet. dann fehlt die wichtige erste und sofortige praxis nach dem isolierten system schauspielschule.
schauspielausbildung wird von dozenten an jeder schulen als kultische handlung mit universalanspruch der bildungsstätte eingefordert und von den schülern büßerisch angenommen.
man findet jederzeit schnell und viele, die brüllen: "versklav mich! ich machs für die hälfte!"
um im beruf langfristig bestehen zu können, muss der schauspieler autonome künstlerpersönlichkeit werden.
Und ich stimme Ihnen zu, dass (manche) Intendantengehälter sicherlich zu hoch sind. Aber die Idee: "Intendantengehälter runter und Schauspielergehälter hoch" greift zu kurz.
Ein Ziel müsste nämlich sein: angemessene Bezahlung für alle Mitarbeiter eines Theaters. Aber wer soll nun entscheiden was angemessen ist?
Die dafür notwendige Diskussion hätte vor Jahrzehnten beginnen müssen, das ist aber ausgeblieben. Es gibt nur eine ausgesprochene Klientelpolitik: jeder für seine Berufsgruppe und dann alle gegeneinander. Das Ergebnis kennen wir - ein ungerechtes Gagengefüge in den Stadt- und Staatstheatern. Und wirkliche Dumpinglöhne in der freien Szene (da dann aber wenigstens gleichmäßig für alle).
Um eine angemessene Bezahlung für die künstlerisch Beschäftigten wenigstens an den festen Häusern zu erreichen, müssten sich die Kolleginnen und Kollegen organisieren und Forderungen stellen. Die Orchestermitarbeiter schaffen das, die Sängerinnen und Sänger der Opernchöre schaffen das. Die "Solisten" schaffen das nicht. Und bei aller Aufregung bitte nicht vergessen: die Mindestgage von 1600 € ist nicht willkürlich von irgendeinem Intendanten festgelegt worden, sie ist vielmehr das Ergebnis von Tarifverhandlungen. Und: alle Forderungen nützen nix, solange die Theater nicht genügend Geld haben.
Nebenbemerkung: ich glaube übrigens, dass wir eine ähnliche Abneigung gegen autoritäre Strukturen in Theatern haben. Ich habe es allerdings auch ganz anders erlebt, deshalb widerspreche ich weiterhin vehement den "Theaterknästen".
@ Loewe fragt: Stimmt das?: Wer sich als Schauspieler versklaven lässt, der wird irgendwann im selbstverschuldeten Burnout enden. Was tun, heisst zum Beispiel eine gewerkschaftliche Organisation und eine Stellenvergabe ohne Besetzungscouch. Ich bin keine Schauspielerin, frage mich aber, wie blöd man als Frau (und/oder Mann, siehe schwule oder bisexuelle Intendanten) im feudalistisch-patriarchalen System des Theaters eigentlich sein kann, wenn man gewahr wird, dass man im Grunde nicht mehr als Schauspielerin, sondern bereits im sogenannten "horizontalen Gewerbe" tätig ist.
"Klug ist nicht, der keine Fehler macht, sondern / Klug ist, der sie schnell zu verbessern versteht." (Bertolt Brecht, "Die Maßnahme") - ÄNDERE DIE WELT, SIE BRAUCHT ES. Und das geht auch innerhalb des kapitalistischen Systems. Denn immer nur warten, ist auch keine Lösung.
So oder so: Der wikileaks-Ansatz des blitzkritikers erscheint mir interessant. Die Zeit scheint reif für Veränderungen, die starten gerne mit mehr Transparenz. Wir sollten dran bleiben, den Gegnern gehen über kurz oder lang die Argumente aus (siehe vehementer Frankreich-Vergleich und dessen Verarbeitung via pinke pinke)...
Vielleicht sollte der nächste Schritt eine (zumindest) digitale Vernetzung in dieser Sache von betroffenen - sowie auch (noch?!) nicht betroffenen - Künstlern sein...
Aber welches Theater schafft es, diese Konstellation aufzudecken und sinnfällig zu reflektieren, dass dem Publikum aus der direkten performativen Situation Jammer und Schauder, Schrecken und Entsetzen wiederfährt?
Wer an seine Zukunft denkt, gehört zu uns! Wer Künstler werden will,
melde sich! Wir sind das Theater, das jeden brauchen kann!
(Franz Kafka, Amerika)
wer künstler werden will, soll es versuchen
sich aber nicht melden
wir sind eine gesellschaft
die keine künstler braucht
aber gebrauhskünstler
der künstler-weg ist ein passionsweg
(wie vielleicht jeder ehrliche arbeits-weg)
reicht dazu ein talent aus?
Ich für meine Person habe unter der Bedingung, daß ich aktiv bleibe
und immer produktiver werde - vorausgesetzt, daß ich mein täglich Brot haben kann -,
nichts dagegen, verhältnismäßig arm zu sein - mein Leben lang.
Unterstützung durch seinen Bruder angewiesen.
für 82 Millionen Dollar bei einer Auktion von Christie`s ersteigert.
Es ist damit bis heute das sechstteuerste verkaufte Gemälde.
Van Gog malte zwei Versionen, 189O, wenige Wochen vor seinem Suizid.
um bei all den Ausgaben von einem Arbeitstag zum anderen durchzukommen.
(van Gogh)
Wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben, sondern wir müssen darauf vorbereitet sein,
nicht verstanden zu werden, verachtet, heruntergerissen.
(van Gogh)
der einsame, kranke, weinerliche, aber geniale arme Künstler, den heute die ganze welt kennt - und die anonyme menge der schauspieler und schauspielerinnen mit einkommen -
in einigkeit und protest in den parlamenten und auf den straßen -
und dazu noch:
unser theatersystem ist doch das sozialste der welt.
@kunstquak: Genau, es braucht eine Revolutionsseite, von Schauspielern betrieben - begleitet und mitgehostet von radikalen TheaterwissenschaftlerInnen - die sich einigt auf ein paar wenige Grundsätze und die hilft, das AusbeuterInnensystem zu stürzen. Es ist sehr einfach zu argumentieren. Dass unser Theatersystem einen SchauspielerInnen-Beruf herangezüchtet hat, der sich lohn- und machttechnisch auf der niedersten Stufe ist, ist moralisch in höchsten Mass verwerflich und nicht vereinbar mit den moralisch hohen Ansprüchen unserer "moralischen Anstalten". Das ist eine sehr simple Wahrheit. Aber es braucht - im Minimum fünf bis sechs scharf denkende SchauspielerInnen / Theaterschaffende mit revolutionärer Grundhaltung - um das anzuziehen - aber mehr nicht. Niemand von den KulturpoliikerInnen will zu den Schurken gehören, deshalb gilt es jetzt aufzuzeigen, dass das System schurkisch ist.
Sie wollen auf jeden Fall gutbezahlte Politiker sein - und bleiben!
Sie zeigt, welcher ökonomische Ertrag welchem Aufwand für moralisch korrektes Verhalten
entspricht.
man redet von der freien kunst
jedoch
der mensch ist nicht frei
wenn er einen leeren geldbeutel hat.
selbstverwirklichung - selbstausbeutung?
sexy künstler-image, und mit schuld am verzerrten brufsbild von schauspielern.
dröhnender applaus und drohene armut. oder auch, kleindarsteller ohne dröhnen
in ungewollter bescheidenheit und zu wenig geld.
viele bleiben ihr leben lang in den unteren gagenregionen hängen.
für die stars die fetten aufgeblasenen honorare, für die anderen hungergagen!
5,6 Tausend, das wär schon was! an einem großen theater!
warum üben schauspieler selbst in der regel keine kritik am system?
könnten sie doch nach ein paar jahren leicht ersetzt werden
durch nicht-verlängerung des vertrages.
Auch wenn Sie womöglich schon resigniert habern: Sie stellen die richtige Frage und m.E. greift die mitgebrachte Antwort zu kurz. Heißt das also, dass der professionelle Schauspieler ein ängstlicher, masochistisch angehauchter Dauer-Opportunist ist? Auch wenn das an manchen Schauspielschulen so vermittelt/nach dem Muster ausgesucht werden mag...ist das so? Muss das so sein?
@blitzkritiker: bin dabei und würde den Topf mit am Kochen halten...
Ein Artikel zum Thema von 2006!!
Stimme ihnen total zu. Im Gegenteil, es sollte zum guten Ton gehören, für bestimmte Preise nicht zu arbeiten. Zumindest im Städtischen/Staatlichen Theaterbetrieb. Freie Szene ist immer was anderes...
das gehört sicher nicht zum guten ton - und(aber) arbeitslos...
sprechen sie denn aus erfahrung?
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