Presseschau vom 22. Januar 2010 - Portrait von Nis-Momme Stockmann
Die tränenlose Traurigkeit
Den "Schriftsteller 2010" als jungen und etwas eitlen Mann präsentiert Peter Michalzik in der Frankfurter Rundschau (22.1.2010): "Er spricht ernst auf eine weiche Art, und er gibt sich keine Mühe, besonders freundlich zu schauen. Schriftsteller 2010." Nis-Momme Stockmann hat "noch kein Buch veröffentlicht", seine Stücke aber werden gespielt, gestern in Heidelberg, heute in Frankfurt, seit er beim Stückemarkt des Berliner Theatertreffens und beim Heidelberger Stückemarkt im vergangenen Jahr ausgezeichnet wurde.
Stockmann hat ein eigenes Blog auf der Webseite des Frankfurter Schauspiels und findet: "Es wäre jedenfalls ein peinlicher Anachronismus, wenn ich sagen würde, ich bin Dramatiker." 28 Jahre alt und laut Peter Michalzik vornehmlich mit Einem beschäftigt: zu vermeiden, "seine Seele zu verkaufen. Da weiß einer von Anfang an, was das Wichtigste ist, das er hat: seine Unabhängigkeit. Schriftsteller 2010."
Biographisches und die ersten Erfolge schienen "die neue Hoffnung des deutschen Dramas" nicht "furchtbar zu interessieren". "Das blaue, blaue Meer", das neue Stockmann-Stück in Frankfurt, sei ein "knallharter und seelenweicher Text über Armut in Deutschland", schreibt Michalzik. Der Zuschauer spüre, da habe sich nicht einer was ausgedacht, das sei "durchlebt in jedem Wort". Einerlei ob in Wirklichkeit oder am Schreibtisch.
"Schriftsteller 2010, ein Mensch mit den Worten, mit sich und mit der Welt beschäftigt. Eigentlich ist es wie immer. Und doch ist etwas anders." Weil man mit Stockmann über Plattenbau und Armut reden könne. Über die "Spiritualität des Geldes", die sich im Hochhaus der Europäischen Zentralbank manifestiere, und über "Schuld". Das Ende des Texters im Original: "Und woher kommt diese Traurigkeit? Die Frage erübrigt sich fast. Wenn man Stockmann fragt, schaut er einen an und sagt lange nichts. Es stimmt, sagt er. Es ist eine tränenlose Traurigkeit, sie steckt tief drin in diesem Text, so wie in den Liedern von Tocotronic, so wie im grauen Wehen unserer Gegenwart. Er weiß es, ich weiß es, aber wir beide wissen, dass das etwas ist, worüber man nicht mehr reden kann."
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