Kolumne: Als ich noch ein Kritiker war

Wolfgang Behrens

Wolfgang Behrens, Jahrgang 1970, ist seit der Spielzeit 2017/18 am Staatstheater Wiesbaden tätig - zunächst als Dramaturg, inzwischen als Schauspieldirektor. Zuvor war er Redakteur bei nachtkritik.de. Er studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Mathematik in Berlin. Für seine Kolumne "Als ich noch ein Kritiker war" wühlt er unter anderem in seinem reichen Theateranekdotenschatz.

Wolfgang Behrens

Wolfgang Behrens, Jahrgang 1970, ist seit der Spielzeit 2017/18 am Staatstheater Wiesbaden tätig - zunächst als Dramaturg, inzwischen als Schauspieldirektor. Zuvor war er Redakteur bei nachtkritik.de. Er studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Mathematik in Berlin. Für seine Kolumne "Als ich noch ein Kritiker war" wühlt er unter anderem in seinem reichen Theateranekdotenschatz.

Kolumne: Als ich noch ein Kritiker war – Wolfgang Behrens wirft sich für Theater als Live-Erlebnis in die Bresche

Lang lebe die Verweiltoleranz

von Wolfgang Behrens

26. Mai 2020. Meine Frau sagt – wenn ich hier einmal die Anfangsworte der Kolumne des unvergessenen Michael Althen verwenden darf –, meine Frau sagt eigentlich nach jedem Stück avancierter Neuer Musik, das wir in einem Konzert hören: "Es war wirklich toll (wahlweise auch: spannend, interessant), aber eine CD auflegen würde ich mir davon nicht." Ich weiß nicht, ob das mehr über zeitgenössische E-Musik aussagt oder mehr über Musik, die sich meine Frau als CD auflegt. Ganz sicher aber sagt es etwas aus über die grundsätzliche Qualität eines Konzerterlebnisses, über die Live-Situation: Das Arrangement Konzert nämlich (und für das Arrangement Theater gilt natürlich dasselbe) zwingt gleichsam zur Aufmerksamkeit; die freiwillige Gemeinschaft, die sich hier bildet, hält eine*n gewissermaßen für die Dauer der Veranstaltung gefangen und ermöglicht so eine ästhetische Erfahrung, der man sich unter anderen Umständen möglicherweise verschlossen hätte. Und manchmal hält man auf diese Weise auch etwas aus, dem man sich vielleicht sogar ganz gerne verschlossen hätte.

Kolumne: Als ich noch ein Kritiker war – Wolfgang Behrens nimmt in seine Typologie der Theaterstörer die Flitzer auf

"Ignaz, hast du den bestellt?“

von Wolfgang Behrens

9. April 2019. Vor fünf Wochen erschien an dieser Stelle eine Kolumne, die von störenden Zwischenrufern im Theater handelte (und auch von den – wenngleich signifikant selteneren – Zwischenruferinnen). Auf der nach oben offenen Störungsskala ist mit ihnen allerdings noch lange kein Spitzenwert erreicht, denn es gibt noch die zwar raren, aber umso eindrücklicheren Störer, die handfest ins Geschehen eingreifen, indem sie uneingeladen in den Bühnenbereich eindringen: sozusagen die (aus Sportveranstaltungen sattsam bekannten) Flitzer des Theaters.

Kolumne: Als ich noch ein Kritiker war – Wolfgang Behrens über Missfallensbekundungen während der Vorstellung

"Dem kommt's gleich!"

von Wolfgang Behrens

5. März 2019. Vor fünf Wochen bedachte ich an dieser Stelle diejenigen mit leisem, aber insistierendem Spott, die das Theaterparkett nicht zuletzt dafür nutzen, beharrlich ihr Störpotential zu entfalten. Was ich den damals getadelten Herrschaften jedoch zugute halten muss, ist, dass sie ohne Arg handeln: Es käme ihnen gar nicht in den Sinn, dass das Knisterpapierchen, welches sie von der ersehnten Pastille abstreifen, auch noch im dritten Rang hörbar sein könnte; und ihr Parfüm haben sie schon zehn Sekunden nach dem Auftrag nicht mehr selbst wahrnehmen können, weswegen sie reinsten Gewissens noch einmal ordentlich nachgelegt haben.

Kolumne: Als ich noch ein Kritiker war – Wolfgang Behrens fragt sich als Dramaturg, wie sein Arbeitgeber zum Theatertreffen kommt

Großes kündigt sich an

von Wolfgang Behrens

16. Mai 2018. Als ich noch ein Kritiker und sogar noch Redakteur bei nachtkritik.de war, ließ Kay Voges, Intendant des Schauspiels Dortmund, einmal anfragen, ob er nicht auf einen Plausch in der Redaktion vorbeikommen könne. Nach der allfälligen Auskunft, dass es keine nachtkritik.de-Redaktion gebe (also nicht als konkreten Ort in Gestalt eines eigenen Büros – die Redaktionstreffen finden bis heute in den privaten Wohnungen statt), verabredete man ein Gespräch auf neutralem Terrain. Während einer Redaktionssitzung legten wir fest, wer von uns diesen Termin wahrnehmen solle. Das Los fiel auf mich.