Bolwin-Nachfolger des Deutschen Bühnenvereins gewählt
Generationenwechsel
28. April 2016. Marc Grandmontagne wird neuer Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins. Der Verwaltungsrat hat ihn gestern gewählt, und Grandmontagne wird damit am 1. Januar 2017 auf Rolf Bolwin folgen, der nach 25 Jahren in dieser Position Ende des Jahres 2016 in den Ruhestand tritt, teilt der Deutsche Bühnenverein in einer Presseaussendung mit. Zudem wurde Michael Schröder zum stellvertretenden Geschäftsführenden Direktor wiedergewählt. "Mit ihm als anerkanntem Experten des Tarifrechts ist damit die Kontinuität in der tarifpolitischen Arbeit des Deutschen Bühnenvereins gewährleistet", heißt es. Beide werden für fünf Jahre bestellt.
Prof. Barbara Kisseler, Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins, sagt zu der Wahl in der Pressemitteilung: "Mit Marc Grandmontagne hat der Verwaltungsrat einen ausgewiesenen Kulturexperten zum Geschäftsführenden Direktor gewählt, der an die langjährige und äußerst erfolgreiche Arbeit von Rolf Bolwin anknüpfen kann. Durch seine bisherige Tätigkeit als Geschäftsführer der Kulturpolitischen Gesellschaft bringt Marc Grandmontagne die erforderliche Expertise in allen relevanten Themen der Kulturpolitik sowie der Theater und Orchester mit und verfügt über Verbands- und Gremienerfahrung. Er ist bundesweit vernetzt und kann dem Bühnenverein neue Impulse geben."
Grandmontagne, geboren 1976, ist studierter Volljurist und Politikwissenschaftler. Er war parlamentarischer Mitarbeiter bei Jürgen Schröder MdEP in Brüssel, von 2007 bis 2010 Leiter des Büros der Geschäftsführung der RUHR.2010-Kulturhauptstadt Europas GmbH sowie anschließend als Programmleiter bei der Stiftung Mercator in Essen tätig. Seit Juli 2013 ist er Geschäfftsführer der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V.
(buehnenverein.de/ sik)
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Dennoch fehlt die Theatererfahrung.
Und da fängt das Problem eines dringend reformbedürftigen Vereins an.
Es wäre gut gewesen, der Präsidentin einen zumindest etwas erfahrenen, wetterfesten und reformfreudigen Geschäftsführer an die Seite zu stellen, der sie berät und sie schützt vor der Muße der starken Intendanten, alles beim Alten zu belassen.
Die Probleme sind drängend:
Im Osten wird die Theatersubstanz systematisch abgebaut. Rostock bald ohne Schauspiel (das einst so wichtige Volkstheater mit einer so wichtigen auch kulturellen Traditionslinie des deutschen Schauspiels, unerklärlich),
Schwerin wird gekürzt, Greifswald und Stralsund mit Neustrelitz und Neubrandenburg zusammen gelegt,
Potsdam hat längst sein Musiktheater verloren, in Dessau wurde massiv gekürzt, Chemnitz steht vor Kürzungen, Erfurt und Weimar werden möglicherweise doch fusioniert, Eisenach und Meinigen sind es längst, in Halle werden in den nächsten Jahren über 50 Stellen gestrichen, nachdem man alle Theater und Orchester der Stadt fusioniert hat.
Im Westen geht das Bröckeln der Substanz weiter: Desaster in Wuppertal, Kürzungen bald in Hagen und in Karlsruhe, massive Bau-Probleme in Köln.
Die Ungerechtigkeit zwischen den Mitarbeitergruppen wächst überproportional: eine SchauspielerIn kann von einer Grundgage von 1800 Euro ihr Leben kaum fristen, während ihr Kollege in der Technik einen Tausender mehr und die Kollegin im Orchester das Doppelte verdient.
Das streng hierarchische Intendantenmodell hat ausgedient, wie Hilmar Hoffmann, der klügste und weitsichtigste aller deutschen Kulturpolitiker das bereits 1972 feststellte, als er den Intendanten als Funktion als anachronistisch beschrieb und ein demokratisches Leitungsgremium im Frankfurter Schauspiel einführte, in dem immer ein Ensemblemitglied vertreten war.
Die Ensembles müssen gerade heute besser eingebunden und beteiligt werden, weil ein Intendant nicht mehr in der Lage ist, die Komplexität aller Prozesse im Theater zu erfassen. Es ist zudem nicht einsichtig, warum Schauspieler und Sänger und Tänzer bei jedem Intendantenwechsel gekündigt werden müssen?
Warum bleiben nicht die Spieler und Sänger und Tänzer am Theater, mit langen Verträgen, und ein Intendant arbeitet dann mit dem Ensemble, das er am für ihn neuen Haus antrifft, und kann dies gerne im Prozess seiner Intendanz verändern, gerne auch erweitern, und natürlich dort auch die Diversität unserer Gesellschaft besser abbilden. Insbesondere in den großen Metropolen, wo die Theater den Zugang zu den ausländischen oder eingebürgerten Mitbürgern nicht herstellen konnten. Weil Theater noch immer für eine weiß-weiße Mehrheit gemacht wird, ein Bildungsbürgertum, das als solches spätestens mit der Generation X aussterben wird.
Denn die nachkommenden Generationen Z und die Millenials kennen und schätzen das Theater in der Regel nicht.
Der zurecht umstrittene Gründgens schrieb einmal in den späten 50ern, während seiner Hamburger Intendanz, dass nur noch jeder Zehnte ins Theater gehe. Heute, über eine Strecke von 60 Jahren dürfte sich diese Zahl mehr als halbiert haben. Wenn wir davon ausgehen, dass die gezählten Theaterbesuche nicht der Zahl der Zuschauer gleicht, denn 80% aller Zuschauer gehen mehr als einmal je Spielzeit ins Theater.
Dies ist nur ein Bruchteil der Probleme, dennoch ein sehr relevanter.
Würde man nur für einen Teil dieser Themen dem in viele Problematiken eingeweihten Bühnenverein, der in den letzten Jahren träge und inaktiv war, mitverantwortlich machen, müsste der Wechsel der so wichtigen Personalie ein Zeichen setzen.
Dies ist es nicht.
Bedauerlich.
Also heisst es: Weiter so.
Unsere Stadt-Theaterlandschaft blüht doch, oder?
Auch an dieser Stelle möchte ich auf die Mitteilung aus dem Odeon Theater und der Comedie Francaise verweisen:
https://www.facebook.com/CipIdf/photos/a.194895194007349.1073741828.190641851099350/578890952274436/?type=3&theater
Die Sparpolitik wird in ganz Europa umgesetzt!
Vielleicht lohnt die Unterscheidung in Symptome und Ursachen?
Von hier aus dann der Gang in die Institutione, Analyse der Abhängigkeiten und Bündnisse... das ist lustig... das sollte mit Humor angegangen werden - keine Angst vor dem allzeit zu bedenkendem Satz: Und wem sie den Kiefer eintraten, der hatte die Wahrjheit gesagt... hahahahahah
Ich kann mich vielen Ihrer Punkte anschließen, andere gehen mir nicht weit genug.
Warum nicht endlich mehr Demokratie im Theater?
Wie kann es sein, dass ein ganzes Theater sich ausrichtet nach dem Willen und den Wünschen eines Einzelnen Intendanten, der noch dazu glaubt, unfehlbar zu sein. Einen Intendanten braucht es nicht mehr, eine Leitung aus Direktoren und ein Ensemblerat, der in allen Fragen konsultiert werden sollte.
Und wieso boykottiert der Deutsche Bühnenverein ein Direktoriumsmodell wie in Mannheim? Gegen das lange opponiert worden ist. Und in Bremen, wo ein Direktorium gut funktionierte, warum musste man zur Generalintendanz zurückkehren?
Wir sind auch für eine eingeschränkte Kündbarkeit. Ein Intendanten- Wechsel darf kein Grund mehr sein, eine Nichtverlängerung auszusprechen. Was für eine unmenschliche mittelalterliche Praxis ist das denn?
Wieso verhält sich kein Intendant dazu?
Was meinen Sie denn mit boykottieren? Das glaube ich nicht.
Der Bühnenverein müsste doch offen sein für alle Modelle, wenn sie funktionieren, oder sehe ich das falsch?
Wenn Sie von Ensemblerat schreiben, dann komme ich zurück auf das Frankfurter Modell von 72-80, das Hilmar Hoffmann damals in Gang gesetzt hat. Das Frankfurter Schauspielensemble hat ein Mitglied in die Leitung berufen, und diese Leitung bestand aus drei Mitgliedern, einem künstlerischen und einem kaufmännischen Direktor und eben jenem Ensemblevorstand (den genauen Begriff erinnere ich nicht mehr so genau).
Das ist zwar 40 Jahre her, dennoch - so glaube ich zumindest - moderner denn je.
Damals hatten die Schaubühne in Berlin, das Theater in Castrop Rauxel (ja, selbst dort!) und das Theater am Turm (Tat) ähnliche Modelle. Alle scheiterten am Machtanspruch künstlerischer Leiter, die sahen, welche Macht ihre Kollegen an anderen Theatern hatten, ohne die großen Vorteile der Teilhabe der Ensemblemitglieder an den Entscheidungen zu sehen. Irgendwann kam auch keine Unterstützung mehr von der Politik, die wieder ein General-Intendantenmodell wollte, sicherlich eine der größten Konzentrationen von Macht, die überhaupt möglich ist in der Kunst, in etwa wie: Maler und Museumsdirektor, Poet und Verleger, Regisseur, Produzent und Filmkinodirektor in einem. Da würden wir um Hilfe schreien, wenn es heisst, dass die Kunst nicht mehr geprüft wird, durch eine Institution, die doch mit Steuermitteln subventioniert zu äußerster Sorgfalt angehalten ist, was den Umgang mit diesen Mitteln betrifft.
Kaum ein anderer Leiter eines Unternehmenstyps in Deutschland hat mehr Macht, da gebe ich Ihnen recht. Und kaum einer wird weniger kontrolliert, von all den Doppelbezahlungen will ich gar nicht reden - den Regiegagen für Inszenierungen am eigenen Haus (das ist ein Hohn!), als würde der Schauspieler sich zu seiner Gage noch jede Rolle extra bezahlen lassen. Übrigens eine Idee des deutschen Bühnenvereins.
Nie wären deren von mir zitierte Gründgens, und viele seiner Kollegen im Theater der 60er, zu denen auch Piscator, Kortner, Stroux, Schuh, Hilpert, Schweikart, Wisten und Harry Buckwitz auf die Idee gekommen, ihr Theater ein zweites Mal zur Kasse zu bitten. Was für eine Absurdität.
Selbst ein gut bezahlter Bankvorstand bittet doch auch seine Bank nicht um ein weiteres Gehalt wenn er seine Arbeit macht. Soviel dazu.
Lieber Perennes, wer oder was sich hinter ihrem poetischen Namen verbirgt mich würde sehr interessieren, was sie mit Mannheim meinen, etwas genauer, wenn das möglich wäre.
Und was meinen Sie, wenn Sie von mehr Demokratie am Theater sprechen? Das ist mir noch zu allgemein.
"Wir sind auch für eine eingeschränkte Kündbarkeit."
wer ist denn wir? sprechen sie für eine gruppe oder vereinigung oder.....?
sie fordern unbefristete jobs für künstler? und wie sorgen sie damit für künstlerische erneuerung? dem stadttheater werden jetzt schon zu unflexible strukturen vorgeworfen und sie möchten sie noch unflexibler machen? welche künstlerische handschrift soll entstehen, wenn ein/e regisseur/in oder choreograf/in nicht die leute einsetzen kann, die er oder sie dafür benötigt, weil nur das personal zur verfügung steht, was eben ohnehin da ist? was sie fordern ist der tod der kunst.
Lieber Frager,
nein, ich fordere nicht unbefristete Verträge für Künstler, aber ich fordere Verträge mit längeren Laufzeiten, von 5 Jahren.
Ich fordere auch die Aufhebung der Klausel, dass Nichtverlängerungen bei einem Intendantenwechsel ausgesprochen werden, sondern dass der neue Intendant mindestens eine bestimmte Zeit mit den Schauspielern, Sängern und Tänzern arbeitet, bevor er möglicherweise aus künstlerischen Gründen bei einigen eine andere Entscheidung trifft.
Bei den großen amerikanischen Ballett- und Tanzcompanies zum Beispiel, gilt der Grundsatz, dass Tänzer erst nach einem Jahr nach dem Wechsel der Leitung ausgetauscht werden dürfen.
Mit Unflexibilität hat das wenig zu tun. Die entsteht nicht durch bessere Vertragsbedingungen für Künstler. die Unflexibilität entsteht, weil andere Vertragsgruppen wie Techniker und Verwaltung unbefristete Verträge haben mit einer deutlich besseren Dotierung. Unflexibilität entsteht, weil die Organisationsstruktur der Theater veraltet ist, viel zu hierarchisch, viel zu wenig orientiert an den Notwendigkeiten der Inszenierungsprozesse.
Und denken Sie wirklich, eine künstlerische Handschrift hat damit zu tun, dass man das Ensemble austauscht, als würde es sich um "Material" handeln, dass man auswechselt, wie es einem oder einer gefällt? Was sind das für veraltete Ansichten, die Sie haben?
Eine Handschrift entsteht durch die Arbeit mit den Künstlern, durch das Programm, durch das Gesicht des Theaters. Es ist doch gerade eine große Kunst mit dem Ensemble zu arbeiten, das man vorfindet. Die großen Regisseure dieses Landes machen das doch auch, wenn sie an die verschiedenen Theater kommen, und dort mit immer wieder anderen Künstlern arbeiten, und dennoch ist ihre Handschrift immer wieder sichtbar. Weil sie große Künstler sind und es ihnen gelingt, das Ensemble für sich und ihre Ideen zu gewinnen.
Es ist ein Totschlagargument und als Waffe viel zu leicht gezückt, wenn sie vom Tod der Kunst sprechen. Verstehen Sie, es geht nicht darum, einem neuen Intendanten alle Möglichkeiten der Veränderung zu verbauen, es wird ohnehin genug Künstler geben, die mit dem alten Intendanten möglicherweise ans nächste Haus ziehen oder die ohnehin wechseln wollten (was in der Regel für ein Drittel und mehr aller Künstler zutrifft).
Ich bin dafür, das Stadttheater viel flexibler zu machen, aber bitte nicht mit den Künstlern, die das schwächste Glied in der Kette aller Glieder des Theaters sind.
Und noch etwas zur Handschrift: Ist es in den Orchestern nicht immer eine Aufgabe des Dirigenten, seine Handschrift mit einem Orchester zu zeigen oder vielleicht sogar durchzusetzen. Dort hat er überhaupt keinen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Musiker, weil diese in der Regel ihr angestammtes Orchester nicht verlassen. Ein neuer Chefdirigent arbeitet mit den Musikern, die er antrifft, ohne vom "Tod der Kunst" zu sprechen. Dort hat das Orchester, das Ensemble der Musiker einen eigenen Klang und Ton entwickelt über die Jahrzehnte der Zusammenarbeit. Warum sollte man das eigentlich nicht auch Schauspiel- und Tanzensembles, vielleicht sogar auch Opernensembles zugestehen.
Lieber frager, mich würde ihre Meinung dazu interessieren. Und der Hintergrund ihrer Argumentation.
Ihre Perennes
wenn also ein neuer tanzspartenchef mit dem auftrag engagiert wird, tanztheater zu machen, soll er also zunächst mit den vielleicht bisher am haus tätigen balletttänzern arbeiten, bevor er/sie nach 2 oder 3 spielzeiten die leute hat, mit denen er seine/ihre vorstellungen zu 100% umsetzen kann? damit wird ein gewünschter künstlerischer neuanfang zum glücksspiel.
Werter Herr Steckel,
die Leitungs-Modelle sind gescheitert am Machtanspruch künstlerischer Leiter, die ihren Kollegen an anderen Theatern gleichgestellt sein wollten. Nicht die Theater, und mitnichten die Schaubühne Berlin.
Wie sie wohl darauf kommen?
Auch wenn Sie dieses Theater nicht mögen, ist es das erfolgreichste Schauspielhaus Deutschlands; welches Theater sonst wird noch regelmäßig nach Paris, nach New York, nach Tel Aviv oder nach Buenos Aires eingeladen - was keinem Theater seit dem Berliner Ensemble der Jahre 60 - 67 gelungen ist? Und welches Theater sonst hat eine so hohe Platzauslastung und Kartenvorbuchung wie die Schaubühne? Und zudem viele herausragende Inszenierungen, und das dauerhaft in den letzten zehn Jahren.
Natürlich verstehe ich, dass Sie ein Freund des Intendantenmodelles sind, doch bitte begründen Sie dessen Vorteile doch einmal für einen künstlerischen Betrieb. Sagen Sir mir drei Gründe, welchen Vorteil dieses Modell hat, und ich werde hier schweigen...
Aber ein künstlerischer Neuanfang entsteht doch durch den neuen Choreographen, durch sein Konzept, sein Programm, seine Stilistik. Die Tänzer sind das Material (im künstlerischen Sinne), mit denen er seinen Stil durchsetzt. Das ist der Neuanfang.
Nicht immer mit demselben Klüngel Menschen von Ort zu Ort reisen, das ist doch langweilig.
Es geht doch um Stilbildung, um künstlerische Handschriften.
Und noch dringender, Künstler sollten nicht länger als auswechselbare Wäre betrachtet werden. Das ist menschenverachtend und hat mit dem hohen Anspruch der Künstler nichts zu tun.
Ich muss Perennes und Lotterie beipflichten, einen Anfang zu machen, heisst doch mit einem neuen Künstlerischen Direktor zu arbeiten. Ist das nicht Anfang und Experiment genug.
Diese Art des Umgangs mit Künstlern hat es so nicht gegeben, wie es heute passiert.
Ich würde den Bühnenverein sehr herzlich bitten, einmal die Quoten der nichtverlängerten Künstler an den jeweils von Intendantenwechseln betroffenen Theatern zu ermitteln (also der Anteil von allen in %) und diesen erheben. Ich fürchte schlimmstes. Anteile von 30, 40, vielleicht sogar über 50% an manchen Theatern.
Ich bin ganz sicher kein rückwärtsblickender Mensch, aber es gab eine Zeit an den deutschen Häusern, etwa in den 60ern und 70ern, da hat sich ein kommender Intendant noch um die Schauspieler am nächsten Theater bemüht, ist manchmal sogar wegen der Qualität eines Ensembles gekommen und hat um jene gebuhlt, die weg- und weiterziehen wollten. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann genau sich das geändert hat, wann es Anfing, dass die Schauspieler, Sänger und Tänzer am Theater jemals so schlecht behandelt worden sind, wie heute...
Was wissen wir heute noch über die Qualität eines Ensembles in Darmstadt, in Bochum, in Göttingen, in Bremen, in Kiel, in Leipzig, am Berliner Ensemble - einst alles Hochburgen des Schauspiels, wegen deren Schauspielern die besten Regisseure an die Häuser kamen und sich die besten Intendanten um diese Häuser bewarben. Ohnehin gab es damals deutlich weniger Bewerbungen auf eine neue Intendanz, viel weniger hielten sich schon für reif genug für eine solche Lebensaufgabe. Heute dagegen...
Ich wünschte, der Bühnenverein und mit ihm die überlasteten Theaterleiter der Hoch- und Überproduktionshäuser würden sehen, dass dieses Intendanten-Modell aber eines gewesen ist für Zeit, in der die Grenzen inner- und außerhalb des Theaters noch klar gezogen waren. heute kann man davon nicht mehr sprechen; im Prinzip braucht es eine Zahl Experten eines vernetzten künstlerischen Denkens, die die Theater neu denken, neu entwerfen.
genau das meine ich doch. Die besten Intendantenbewerber bewerben sich doch um ein Haus, nicht wegen des Hauses (in Stein stehend), sondern doch eigentlich wegen der Schauspieler, oder? Und dann schmeißen sie die Hälfte von ihnen raus, oder mehr; da bin ich ganz auf Ihrer Seite, das können gut mehr als 50% des Ensembles sein, in manchen Theatern sind es vielleicht sogar 80%. Und alle sehen zu und sagen, das sei doch normal.
Das wäre dringlich, für einen künstlerischen Neuanfang.
Und dann braucht der neue Intendant wieder drei Jahre, bis es zusammen geht, und während dessen verhandelt er bereits mit dem nächstgrößeren Haus, an dass er zieht (Schneller, Größer, Reicher!), und alles fängt von vorne an.
Nie gab es mehr Intendantenwechsel als in diesen verrückten Zeiten (nachtkritik berichtet ja immer davon, alles ist nachvollziehbar und publik geworden und man muss nicht auf die langsamen Theaterzeitungen warten, ein Hoch also auf dieses Medium).
Die Gesamtrotation des Intendantenkarussels über das wir gerade reden war nie schneller, und damit ist eine große Unruhe in das deutsche Theater gekommen, was zu einer Verunsicherung unter den Künstlern führt und einer Schmälerung der künstlerischen Leistungen. Warum wird darüber nicht gesprochen, über die psychologische Seite all dieser Prozesse?
Deshalb pflichte ich bei:
Längere Verträge für Schauspieler, Sänger, Tänzer;
keine Nichtverlängerungen aufgrund eines Intendantenwechsels;
Beteiligung der Schauspieler, Sänger, Tänzer an den Entscheidungen;
Direktorien, die die Funktion des Intendanten ersetzen;
und einen größeren Ausgleich zwischen den Mitarbeitergruppen am Theater, mit angeglichenen Gagen und Rechten.
Und der Bühnenverein sollte neu ausgerichtet werden. Jetzt mit einer neuen Präsidentin und neuem Direktor sollte es doch möglich sein, sich grundlegend zu modernisieren, die Zeichen der Zeit zu erkennen, auf Anfang zu gehen und Reformen anzustreben in all diesen Punkten und mehr. 50 Jahre ist der Bühnenverein den Entwicklungen des Theaters hinterhergelaufen, kein wesentlicher Impuls ist vom Bühnenverein ausgegangen, der die Lage der Theater verbessert hätte, statt dessen:
Theatersterben seit 30 Jahren,
eine katastrophale Bilanz der Theater im Osten,
eine katastrophale Bilanz der künstlerischen Mitarbeiter,
eine riesige Ungerechtigkeit an den Theatern,
ein absolutistischer Machtanspruch der Intendanten,
Hierarchien, Bürokratie.
Zudem: eine katastrophale Lebenssituation der freien SchauspielerInnen, SängerInnen, TänzerInnen. Auch wenn diese nicht zu den Häusern gehören, sind sie doch Bestandteil einer künstlerischen Substanz, die der Bühnenverein stärker unter seine Obhut nehmen sollte.
Immer dieses: hier können wir nichts tun, weil das Theater nicht Mitglied des Bühnenvereins ist (Beispiel. Rostock). Das ist doch schon eine recht einfache Logik, oder?
Wie ist der Plan? Was hat der Bühnenverein mit neuer Leitung vor, angesichts dieser katastrophalen Bilanz?
vielleicht schweigen Sie auch, wenn Sie die tieftraurige Bilanz des ursprünglich mit unglaublichem Engagement und einem künstlerischen Höhenflug gestarteten Frankfurter Modells lesen: "War da Was?" Loschütz/Laube erschienen im Syndikatverlag. Vielleicht sollten Sie auch den Beitrag von Steckel ernst nehmen.
Damals herrschte (allerdings auch in der Gesellschaft) eine gewaltige Aufbruchstimmung. Wir setzten alle (auch etwa in Mannheim oder Kiel)Hoffnungen in Modelle wie dem von Ihnen beschriebenen. Aus ihrem Scheitern haben wir gelernt.Warum wieder alles auf Anfang?
Das Problem heute sind nicht die Intendaten mit einem starken künstlerischen Willen(der auch die entsprechenden Mitarbeiter erfordert) sondern die stromlinienförmigen Quotenbringer; mangels eigenen Willens bei jedem lieb Kind.
danke für Ihre freundliche Reaktion auf meine Gedanken. Vielleicht kurz zu meiner Person, ich habe in den 60er und 70er Jahren mit einigen der weiter oben von mir genannten Intendanten zusammen gearbeitet, als blutjunger Dramaturgiehospitant, später Assistent, dann Dramaturg, ich kenne auch einige der Kollegen die von den neuen Modellen betroffen waren. Ich möchte sagen, dass ich Gelegenheit hatte, Theater mitgestalten zu können in einer Zeit in der große Persönlichkeiten deren Leitung übernommen hatten ohne dies ständig herausstellen zu müssen, und in einer Zeit, in der das Theater ein Erlebnis war, ich möchte sagen, zuweilen sogar eine Sensation in den Städten. Soetwas wie halbstündige Beifalls-Orgien, so möchte ich das fast nennen, nach Premieren, mit Bravi-Rufen, und vorhang um Vorhang. Ich kann gerne hier im weiteren immer einmal wieder etwas einstreuen, wenn die heutige Theatergemeinde noch Interesse daran hat. Dabei möchte ich nicht sagen, alles war gut. Ich verfolge mit großem Interesse die neueren künstlerischen Entwicklungen, ich schätze das Theater eines Castorf und eines Ostermeier und ich sehe formidable, wirklich spannende Ansätze auch bei der Freien Szene, den freien Theatern, wie man es heute nennt.
Ich bin der festen Überzeugung, dass man auch nicht immer rufen muss, das Theater sei in eben dieser Zeit zu verorten, ich empfand das Theater immer dann am besten, wenn es zeitlos war. Handkes Publikumsbeschimpfung, die Gastspiele des Berliner Ensemble im Westen, die damals neuen, überwältigenden Stücke von Dürrenmatt, Frisch, Ionesco, Beckett, Weiss.
Ich verfolge natürlich auch die Dramatik von heute, gerne würde ich mit einigen von ihnen Wetten eingehen, was in zwanzig Jahren von diesen Autoren noch bleiben wird, mehr als wir heute vermuten. Das werde ich allerdings nicht mehr erleben.
Ich teile Ihre Meinung jedoch nicht, dass die gelegentliche Retrospektive nichts taugt, sie taugt sehr viel, wir müssen lernen, sie mit anderen Augen zu lesen; und auch die Stimmung teile ich nicht, die Herr Steckel nur diesbezüglich verbreitet, den ich im übrigen sehr, sehr schätze, diesbezüglich verbreitet. Schelten Sie mich einen Träumer, oder einen der letzten Menschen, die gerne in Utopien denken, aber damals gab es ausgezeichnete Ansätze, sowohl in Frankfurt, dort im schauspiel, auch im TaT, und in Berlin. Wenn die Modelle damals kaputt gegangen sind, dann aus verschiedenen, sehr komplexen Gründen.
Aber man kann daraus lernen, zum Beispiel, dass sich nicht mehr ein ganzes ensemble blockieren darf in ewigen Diskussionen, sondern dass man zwei oder drei Sprechern vertrauen muss, die Politik gemeinsam mit der Leitung zu machen.
Das Buch von Loschütz und Laube kenne ich, dennoch Dank für den Hinweis. Aber die Beiträge zum Thema sind eher unter theaterhistorischen Aspekten von Interesse, dafür nehmen allein die schwarz-weißen Fotostrecken viel zu viel Raum ein. Zudem kam der Band sofort im Anschluss an das Scheitern, auch von diesem Scheitern viel zu sehr beeindruckt. Heute sieht man vieles doch viel nüchterner.
Und doch: das Problem ist das Intendantenmodell, die tendenzielle Selbstherrlichkeit, der Druck dem sich zu wenig widersetzt wird, sondern der weitergeben wird an die Mitarbeiter, und der Umgang mit dem Ensemble.
Glauben Sie bitte nicht, dass Barlog, Hilpert, Gründgens oder Piscator ihre Mitarbeiter so wenig geschützt hätten vor dem Druck, der von außen kommt, wie dies heute der Fall ist. Sie waren wie ein Wall.
Es werden heute diejenigen Intendanten, die über die besten Beziehungen verfügen und deren Connex zum Deutschen Bühnenverein gut und stark ausgebaut ist, das reicht nicht um ein Haus zu leiten.
Ihre Einlassung, was die Quoten betrifft, habe ich nicht verstanden. Schauen Sie doch in die heutige Schau- und Volksbühne in Berlin, da ist nichts stromlinienförmig, und dennoch stehen die Leute Schlange an den Abendkassen.
Alle, die hier Veränderungen fordern, fordern von den Intendanten, sich selbst abzuschaffen. Wie realistisch ist das? Auch Politiker (die Verantwortlichen auf der Seite der Rechtsträger) arbeiten lieber mit einem leitenden Angestellten, eben dem Intendanten, zusammen als mit einem Direktorium oder einer anderen Körperschaft.
Übrigens gab es bereits nach 1918 erste Versuche der Demokratisierung in den Theatern, so z.B. in Schwerin und Neustrelitz, zwei ehemaligen Hofbühnen in meiner Heimat Mecklenburg. Auch in anderen Ländern des damaligen Deutschen Reiches versuchte man sich an neuen Formen der Theaterleitung, kam jedoch bald wieder davon ab. Damals und auch später erwiesen sich kollektive Leitungen auf Dauer als nicht praktikabel, weil jeder der Beteiligten eigene Interessen (Stichwort: die beste Rolle für mich) verfolgte. Entscheidungen per Abstimmung sind zwar möglich, aber sie erfordern zu viel Zeit. Ein Theater wird nicht flexibler, sondern leider schwerfälliger.
danke für Ihren Hinweis. Das finde ich interessant, dass es auch in Schwerin und Neustrelitz diese Versuche unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg gab. Das sie damals scheiterten, vielleicht sogar scheitern mussten, besagt für mich nicht, dass deshalb solche Versuche heute völlig sinnlos sind. Wenn man in den Wissenschaften so argumentieren würde, wäre es schwer zu wissenschaftlichen Durchbrüchen in der Medizin, in der Informatik oder in der Geologie zu kommen, um nur einige von vielen Felder zu benennen.
Ich denke, es ist eine Frage der Definition. Kollektivität ist nicht zu erreichen, das schafft die Freie Szene in einigen Fällen, wie bei den wunderbaren SheShePop, aber ich denke an Teams, wie es heute heißt, Direktorien.
In Mannheim klappt das wunderbar, nie ist das Theater dort besser gelaufen und geführt worden als jetzt, und von Bremen wurde hier auch berichtet. Dort hat ein Direktorium ein Theater vor dem größtmöglichen Absturz bewahrt, den ein Generalintendant durch fehlende Korrektive geschaffen hat. Und zum Dank wurde das Direktorium 2012 (etwa) wiederum durch einen Generalintendanten abgeschafft, als würde man bewusst nicht aus Fehlern lernen wollen.
Es geht mir auch nicht darum, dass die Intendanten sich abschaffen, es ist nur nicht möglich, die künstlerische, die programmatische, die finanzielle und die Personalverantwortung in einer Person zu vereinen. Hierfür muss eine Art Vorstand oder Direktorium eingesetzt werden, dass aus vier bis fünf Fachvorständen besetzt wird, von denen der Künstlerische Direktor oder - bei einem Mehrspartenhaus - der Spartendirektor einer unter vielen, gerne auch primus inter pares ist. Das kann man im Laufe von zehn Jahren Stück für Stück reformieren.
Der Impuls sollte von klugen Intendanten ausgehen und von den Rechtsträgern. Und vom Bühnenverein wäre hier zu erwarten, dass er diesen Prozess begleitet.
Aber Sie haben das Problem schon benannt, der Bühnenverein ist ein Interessens- und Arbeitgeberverband in dem Intendanten und Rechtsträger sitzen.
Aber wie können dort Themen abgesteckt und verhandelt werden, in denen sich die Intendanten im Prinzip immer wieder von den Rechtsträgern absetzen und abgrenzen müssen, wenn sich beide immer wieder gegenüber sitzen und dort so stark miteinander verschmolzen sind, dass die Intendanten dort kaum noch opponieren?
Wenn es zum Beispiel darum geht eine einheitliche Linie gegen die zunehmenden Haustarifverträge, gegen die Subventionsstreichungen und Fusionen zu finden.
Es ist doch in einem solchen Zwitterwesen wie dem Bühnenverein gar nicht möglich, wirkliche Reformen anzustrengen, weil alle Reformvorschläge bereits in der Vielzahl von Untergremien - Präsidium, Verwaltungsrat, Jahresversammlung, Tarifausschüsse, Intendantengruppe, darin der Künstlerische Ausschuss, etc. pp - zu Staub zermahlen werden.
Das ist ein schwerfälliger Tanker, der gar nicht mehr abzubringen ist von seinem Kurs wohin auch immer, jede Korrektur würde das viel zu voll beladene Schiff in eine solche Schieflage bringen, dass es Gefahr liefe zu kentern.
Auch deshalb setze ich große Hoffnung in die neue Präsidentin, und jetzt den neuen Direktor, neue Akzente zu setzen, und zu sehen, welcher institutionellen Reform man sich selbst unterziehen muss, um wieder reaktions- und damit auch arbeitsfähig zu werden. Bis dato ist und bleibt der BV ein zahnloser Papiertiger.
Ich würde mich gerne wieder dem Thema der Gerechtigkeit widmen. Warum junge RegieassistentInnen oder TänzerInnen für eine Mindestgage 60 in Endproben-Wochen bis zu 80 Stunden arbeiten, während die Kollegen in der Technik nach 38,5 oder 40 Stunden bereits das Weite gesucht haben.... Von den KollegInnen der Verwaltung gar nicht zu reden, von denen einige seit Jahren nicht mehr die Vorstellungen in Ihrem Theater besucht haben, wenn man einmal vom Weihnachtsmärchen mit den Kindern absieht....
Kann man das vertraglich nicht besser regeln? Wie ist es möglich, dass drei verschiedene Mitarbeitergruppen in einem Betrieb arbeiten, mit verschiedenen Verträgen und leider immer mehr auch verschiedenen Einstellungen und Mentalitäten.
Ich denke, wenn wieder alle nach einem Vertrag arbeiten würden, die Gehälter klar und zugänglich für jeden, dann wäre der Ungerechtigkeit an den Theatern eine große Abhilfe getan.
Welche Haltung hat der Bühnenverein dazu? gibt es Überlegungen, daran etwas zu verändern? Oder ist das ein absolut unsinniger Gedanke?
Es ist doch so, dass wir in den Stadttheatern nicht weiterkommen, wenn es diese Barrieren innerhalb des Theaters gibt. Sobald eine Gefahr droht, sobald es um Kürzungen geht, oder um eine mögliche Fusion, dann sucht jede Gruppe das Weite, anstatt dass sich die Gruppen miteinander solidarisieren. In Rostock wird jetzt das Wasser mit dem Bade ausgekippt. Das Schauspiel und die Tänzer "dürfen" gehen, während das starke Orchester durchsetzen konnte, dass die Oper bleibt. Und am Schluss haben wir nur noch zwei Dutzend Opernhäuser und ein paar Vorzeige-Staatstheater...
Niemand bemerkt, wie wir ganz langsam ausbluten.
"Warum junge RegieassistentInnen oder TänzerInnen für eine Mindestgage 60 in Endproben-Wochen bis zu 80 Stunden arbeiten,..."
Ein Hinweis: Niemand aber auch wirklich niemand, der angestellt ist, darf 60-80 Stunden die Woche arbeiten. Das ist ein Rechtsbruch gegen den die Betreffenden vorgehen müssen. Das Problem ist hier nicht die vertragliche Grundlage, sondern das Einhalten bestehender Regeln und die Verfolgung von Verstößen gegen diese bestehenden Regeln. Erlaubt ist eine regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden. Wem so etwas passiert: Ab zum Personal- oder Betriebsrat, ab zur Gewerkschaft oder ab zum Anwalt.
Eine Sängerin oder ein Schauspieler bekommt nach dem Studium als Mindestgage 1650 Euro, eine Angestellte steigt in die Verwaltung nach ihrer Ausbildung mit 2500 Euro ein.
Für Tänzer übrigens auch, dann oft mit viel zu kurzen Verträgen über weniger als eine Spielzeit.
Ihr Vorschlag ist gut, dass die künstlerischen Gewerkschaften sich verbinden müssen, zumindest zu Arbeitsgemeinschaften, um Ver.di die Karten aus der Hand zu nehmen. Dies wäre doch ein erster Schritt, der, wenn er sich fortsetzt, ver.di Stück für Stück aus den Theatern entweichen lassen würde. Ansonsten, man stelle sich vor, ver.di würde auch für die künstlerischen Mitarbeiter mitverhandeln. Das wäre ja schlichtweg eine Katastrophe für den künstlerischen Betrieb, oder?
Auch hier sehe ich in den Bühnenverein in der Verantwortung, die Intendanten entsprechend zu unterrichten und zu coachen. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige der "jüngeren" Intendanten dann zum ersten Mal mit dem Thema Tarife und Tarifverhandlungen in Berührung kommen. Die Verantwortung ist viel zu groß, um unvorbereitet in diese Gespräche und Verhandlungen (die ja der Bühnenverein führt) zu gehen. Möglicherweise sehe ich das auch falsch, dann bitte ich um Aufklärung.
Wer alles weiß, warum was scheitert.
Wenn etwas, was eine Zeitlang existiert hat, nicht mehr ist, muss dahinter nicht zwingend ein Scheitern angenommen werden. Wären die vielen Intendanten*innen, die nicht mehr sind, auch gescheitert?
Wir in Frankfurt haben manches geschaffen und manches vergeigt. Die Gaußsche Kurve mag von jedem*r nach Belieben bei jeder beliebigen Fragestellung benutzt werden. Jede*r wird sich eine Sprachregelung schaffen, die seinen Interessen entspricht.
Die These war/ist: Teilhabe aller Beteiligten am Prozess dient dem Produkt. Wie die Teilhabe organisiert ist, bleibt den Prozessbeteiligten überlassen. Keine Teilhabe ist auch eine. Um das „Bestimmen“ geht es nicht.
Die Beteiligung eines Betriebsrates an der Produktion von Autos, hat den hohen Schwefeldioxyd-Ausstoß nicht verhindert. Mechanische Beteiligungsformen genügen vermutlich nicht.
Was ich mir mit den heurigen Kenntnissen für damals gewünscht hätte, wäre die Begleitung des Modells von Menschen, die Kenntnisse von Systemen, Prozessen oder Projektentwicklung gehabt hätten. Halskette.
Und. Nicht immer sind es die Anderen. Wir sind es zusammen.
Ver.di ist doch die einzige Hoffnung, die wir am Theater noch haben, nachdem uns diese Pseudogewerkschaften GDBA und Konsorten zuschanden geritten haben.
Ich wünsche mir sooo sehr eine starke Gewerkschaft auch für die Künstlerinnen, die endlich aufräumt mit dem Märchen, dass nur bei Sklavenhaltung gute Theaterkunst entstehen kann.
Sie schreiben
"Teilhabe aller Beteiligten am Prozess dient dem Produkt. Wie die Teilhabe organisiert ist, bleibt den Prozessbeteiligten überlassen. Keine Teilhabe ist auch eine. Um das „Bestimmen“ geht es nicht."
Aber sie wissen doch, dass die Beteiligten gar keine Chance haben sich anders, neu zu organisieren, im Sinne der besten Ergebnisse, als es das Intendantenmodell heute zuläßt.
Eine/r sagt an:
* was gespielt wird,
* legt die Besetzungen fest,
* bestellt Regisseur/Regieteam der jeweiligen Produktion,
* entscheidet, ob eine Inszenierung für die Premiere freigegeben wird;
* er entscheidet über die Verteilung des Etats,
* und über die Disposition der Vorst. und Premieren, wie auch
* über Neueinstellung oder Nichtverlängerung des Personals;
* er bestimmt über: die Art der Zusammenarbeit mit dem Publikum,
* die Konzepte der Öffentlichkeitsarbeit und des Sponsoring,
* die Zusammenarbeit mit Partnern, Kooperationen etc.,
* das Erscheinungsbild des Theaters;
* er entwickelt das Theater weiter, oder nicht
* und die Strategien zur Abwehr und/oder Kompensation von Kürzungen.
Diese Liste ist um viele Punkte erweiterbar. Aber sie gibt ein gutes Bild dessen, wie große die Allmacht eines Einzelnen am Theater ist, nicht wahr. Sicher, der Intendant hat seine Spezialisten, die ihm zuarbeiten, seine Dramaturgen, Öffentlichkeitsarbeiter und Referenten; aber am Ende entscheidet er.
Fehler sind menschlich, deuten sie an, das ist richtig. Und im Theater müssen wir im künstlerischen Prozess Fehler machen. Aber bei der Organisation der Arbeit, der Prozesse können und müssen die Fehler vermieden werden. Die Gaussche Normalverteilung, von der Sie sprechen, darf aus meiner Sicht keine Entschuldigung dafür sein, dass man versucht, aus einer gewissen Fehleranfälligkeit - und damit Angreifbarkeit - herauszukommen.
Natürlich haben die Kollegen, bei denen ich gelernt habe, die Macht auch auf sich konzentriert. Der Unterschied ist, dass die meisten von ihnen reflektiert haben, dass diese Macht nur geliehen ist, und dass sie nur so lange gerechtfertigt ist, wie mit ihr auch die Konzepte umgesetzt und Erfolge erreicht werden, die man sich gewünscht und vorgestellt hat. Und dass selbst diese Erfolge keine Rechtfertigung für eine damit verbundene Hierarchie ist.
Es war zudem eine andere Zeit, das Publikum war ein Partner des Theaters, es hat heftig reagiert. Peter Zadeks Arbeiten in Bremen, um nur ein Beispiel zu nennen, wurden in der Stadt wochenlang diskutiert.
Also, anders war die Art der Reflexion der eigenen Arbeit und der geliehenen Macht. Und die Arbeit eines Intendanten war damals vor allem viel weniger komplex, als sie es heute ist. Mit all den neuen Verordnungen, den Anforderungen, zum Beispiel an die Geschäftsführung einer GmbH oder des Vorstandes einer anderen Rechtsform, mit der verstärkten Reflexion der Tarifverträge, der verschiedenen Gesetzgebungen (Arbeitszeitgesetz, Personalvertretungs- o. Betriebsverfassungsgesetz, Urheberrechtsgesetze), den Gewerkschaften und ihren Forderungen, den verschiedenen politischen Gremien; aber auch den Anforderungen an die Leitung eines Ensembles ist ein Intendant allein völlig überlastet. ich würde fast sagen, es ist heute fahrlässig, einer Person allein ein Theater anzuvertrauen. Ein gutes Dutzend Intendanten kann das noch (Castorf, Peymann, Ostermeier, Khuon, W.Schultz, u.e.w.m.), die jüngeren, nachfolgenden sind damit völlig überlastet - nachtkritik berichtet davon ja immer wieder, die internen Krisen an den Theatern, die nach außen dringen, sind ein Zeichen dafür, dass ein Intendant seine Arbeit nicht mehr im Griff hat.
Hätte sich die künstlerische Qualität tatsächlich so schlecht entwickelt, wenn ich geblieben wäre? Wohl kaum, ich war in den Stilen und Schulen ausgebildet, die von den neuen Chefchoreographen bevorzugt wurden, also gab es auch keinen handwerklichen Grund für eine Kündigung. Aber das interessierte niemanden. Und niemanden interessierte es, wie ich zwischen den Engagements über die Runden gekommen bin.
Später bin ich zwei Mal mit abgewickelt worden, als wäre es ein Fluch, ist die Tanzsparte jeweils einfach abgebaut worden. Die Intendanten haben die Sparte ihrer Präferenz versucht aus den ganzen Kürzungsgebaren herauszuhalten, einmal war es die Oper, ein zweites Mal das Orchester, das wichtiger war, und das schwächste Glied - der Tanz - wurde abgetrennt. Auch hier haben die Intendanten nicht mit uns Tänzern gesprochen. Wir haben es sprichwörtlich aus der Zeitung erfahren.
Natürlich kann ich die Frage nicht beantworten, ob die Entscheidung bei einem Direktorium anders verlaufen wäre. Aber es hätte eine Diskussion in diesem Gremium gegeben, und wäre das Ensemble beteiligt gewesen, hätte man solche Amputationen sicher auch ganz anders diskutiert.
Wovor fürchten sich die Intendanten, dass sie diese Formen der Willensbildung und Entscheidung nicht zulassen, wie sie in einem wirtschaftlichen Unternehmen oder an einer Hochschule völlig normal sind?
Und warum schaut der Bühnenverein immer nur auf Erhalt der Macht und Unberührbarkeit der Funktion des Intendanten (natürlich ist das der Selbsterhaltungstrieb), und nicht nach vorn??
Glaubt der Bühnenverein den wirklich, dass solche Formen der Willensbildung noch zeitgemäß sind in einer Welt, in der das Theater doch Vorbild sein müsste, und zwar nicht nur inhaltlich, sondern auch in den Strukturen. Diese Entkopplung von Inhalt und Form ist nirgendwo stärker als im Theater zu sehen, dort die Sehnsucht nach Avantgarde (auf der Bühne), und hinter der Bühne die absolute Monarchie.
es tut mir leid, dass Ihnen das in so gehäufter Form widerfahren ist, und es ist sicher kein Trost zu wissen, dass dies Hunderten anderer fähiger und besonderer Schauspieler, Sänger und Tänzer Jahr für Jahr im unsäglichen Monat Oktober ebenso wie Ihnen passiert.
Der Deutsche Bühnenverein hat mit seinen Nichtverlängerungs-Reglements ein Instrument par excellence für die Intendanten geschaffen, sich von Künstlern zu trennen, die ihnen nicht mehr passen, oder die sich womöglich sogar widersetzen. So kann man sich schnell nicht nur diejenigen vom Halse schaffen, die künstlerisch nicht ins Konzept passen, sondern auch jene, die sich für die Rechte des Ensembles einsetzen. Und das alles mit diesem wunderbaren Instrument der Nichtverlängerung, als sei es das normalste auf der Welt, Künstler en masse aus ihrem Theater zu entlassen.
Ich muss zugeben, dass die Künstlergewerkschaften ihren Künstlern keinen guten Dienst erwiesen haben.
Das wäre eine Aufgabe für unseren neuen Bühnenvereins-Direktor, das Modell zu reformieren.
Ich denke ein erster wichtiger Schritt im Bühnenverein ist getan, mit einer sanften Separierung der Intendanten von den Theaterträgern durch die Intendantengruppe. Das sollte weiter ausgebaut werden. Der Gedanke, dass beide Seiten in einem Boot sitzen, behagt mir nicht. Wenn sich eine Reformergruppe unter den Intendanten herausbilden würde, müsste diese sich so lange clandestin treffen, bis die Reformmodelle erarbeitet wären. Aber so lange die Intendanten sich dazu verpflichten müssen, alles mit ihren eigenen Arbeitgebern kleinzuverhandeln, wird nicht viel dabei herauskommen - und nur so ist die lange Phase der Bühnenvereins-Dämmerung zu verstehen.
Und diese unendliche Hierarchie, dieses Abgeducke im Theater, wenn der Intendant kommt, alles flüstert nur noch, niemand, selbst die Unkündbaren wagen sich so richtig, was zu sagen.
Ich war zwei Jahre lang Spartensprecherin, dann ging es einfach nicht mehr, es war nun noch klein, klein, aber gegen die wichtigen Themen hat sich der Intendant gewehrt, alles delegiert, auf sein Büro oder die Dramaturgie. Und wenn man soweit war, einen guten Vorschlag ausgearbeitet hatte, wie die Intendanz uns stärker einbinden könnte, wurde dieser abgelehnt mit dem Spruch: Wir haben hier doch schon genug Demokratie.
Prima, oder? Da ist doch die Welt noch in Ordnung.
Und dann soll ich hier noch Beifall klatschen, wenn einer einer Geschäftsführer des Bühnenvereins wird, der fast nichts vom Theater versteht? Er muss doch auch eigene Ansichten und eine Haltung entwickeln, und die entsteht doch ausschließlich aus unmittelbarer Erfahrung??
Meine Wette, der Mann wird keine drei Jahre bleiben.
Ich hoffe aber, er wird ein wenig frischen Wind in den verstaubten Altherren-Laden mitbringen. Denn es braucht viele gute neue Ideen, wie die Theater fit zu machen sind für die Zukunft. Bisher passiert da nicht viel. Viel Glück!
Na dann!
Sie mögen zum Teil recht haben, in anderen Fällen ist der Bühnenverein nur einer von vielen Beratern in den Auswahlgremien. Bei Präsident em. Klaus Zehlein und dem noch amt. Geschäftsführer war es zumindest so, dass Sie in den letzten Jahren in zahlreichen dieser Kommissionen vertreten waren, und eben diese Intendanten sind dann dem Bühnenverein natürlich zu Dank verpflichtet.
Das alte Kurprinzip: es lebe der Kaiser, noch höher leben die Kurfürsten.
Der Weg aus diesem selbstreferentiellen System der Intendantenauswahl, bei der nur jene in die engste Auswahl kommen, die Stallgeruch haben und die konzeptionell zu den Leitlinien des Bühnenvereins passen, besteht darin, die Kulturpolitiker zu ertüchtigen, ihr Wissen sowohl zu verbreitern als auch zu vertiefen, damit sie irgendwann einmal eigenständig in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen. Es gab tatsächlich eine Reihe profund ausgebildeter Kulturdezernenten großer Städte, die eigenständige sehr gute Wahlen getroffen haben.
Die Gefahr besteht natürlich darin, dass eben alle Kulturdezernenten im Bühnenverein sitzen, welcher die Auswahl dann gerne an sich zieht und in die Hände nimmt, damit sich an den Theatern immer wieder das gleiche kunstfeindliche Intendantenmodell fortsetzt.
Und damit steht und fällt auch das von einigen so kritisch betrachtete Intendantenmodell, das selbstverständlich eine Grundlage der Kraft und Macht des Bühnenvereins ist. Beide bedingen einander, der neue Intendant, der seine Wahl dem Bühnenverein zu verdanken hat, und der Bühnenverein, der seine konzeptionelle und strukturellen Ideen eines ewigen Sonnenstaates so wunderbar missionieren kann.
Man stelle sich nun aber vor, wir hätten an den Theatern lauter Direktorien. Die Direktoren (3-5 je Theater) werden zeitversetzt, einander in ihren Dienstzeiten überlappend angestellt, so dass nicht alle zur gleichen Zeit gehen und alles fallen lassen. Dann könnten die verbleibenden Direktoren bei einer Fluktuation eines Direktors, diese Stelle selbständig nach besetzen, selbst auf die Suche gehen - bei den künstlerischen Positionen gemeinsam mit dem Ensemble, und ihren Vorschlag nur noch absegnen lassen von ihren Gesellschaftern. Keine Findungskommissionen mehr, also auch kein Einfluss des Bühnenvereins auf die Wahl, und eine tatsächlich objektive Wahl der besten ihres Arbeitsgebietes. Und dies noch gemeinsam mit dem Ensemble, das so besser eingebunden wird, wie es hier einige wünschen.
Ein starkes Modell, mit einem Team an der Spitze der Theater, mit einer klaren und transparenten Arbeitsteilung und der Pflicht, übergreifende Themen, die Entwicklung des Theaters in seiner Gesamtheit betreffend, gemeinsam zu verhandeln und zu entscheiden. Keine Einzelentscheidungen mehr, weniger Risiken, mehr Transparenz, eine bessere Kommunikation im Haus, eine Beteiligung der Ensembles, bessere künstlerische Ergebnisse aufgrund einer freundlicheren Arbeitsatmosphäre, ein wachsender Zuschauerzuspruch, eine verbesserte Legitimation, mehr Einnahmen und möglicherweise endlich auch mehr Subventionen. Raus aus der Krise, aus der Fragilität.
die Crux ist doch, dass der Bühnenverein zu viel Zeit damit verbringt, sich um die Karrieren der eigenen Top-Mitglieder, der Intendanten, zu kümmern, anstatt Aufgaben als Lobbyist wahrzunehmen.
Weil sich Intendanten und Politiker im Bühnenverein auf dem Schoß sitzen, halten die Intendanten still, wenn die Politik ihnen weh tut.
Eine bessere Knebelorganisation hätten sich die Politiker gar nicht einfallen lassen können: die Intendanten werden eingebunden und kurz gehalten, ihre Ideen werden früh genug abgefangen und ihr Widerstand auch.
Anders lässt sich doch nicht erklären, warum der Widerstand gegen all die Kürzungen in den letzten Jahren so gering gewesen ist.
Warum wird der Bühnenverein nicht aktiver, wenn ein Theater von Kürzungen oder Spartenschließungen bedroht wird. Und zwar unabhängig davon, ob ein Theater kurzzeitig aus dem Bühnenverein ausgetreten ist, weil es aus finanziellen Gründen bei den Tarifen einen Sonderweg gehen muss. (Rostock, um nur ein Beispiel zu nennen, steigt ja nicht aus dem Bühnenverein aus, weil es die Seile gerne kappt, sondern kappen muss).
Der Bühnenverein müsste ein starker Lobbyist sein. Zuletzt in Karlsruhe, in Hagen, in Rostock und Schwerin, in Thüringen - gegen jede Form von Kürzung und jedes Ansinnen von Spartenabbau. Da reicht eine kleine Pressemitteilung nicht. Warum passiert das nicht, warum engagiert sich der Bühnenverein nicht dort, wo es wirklich brennt? Und statt dessen wird ein großes und teures Event organisiert, noch eine Theater-Bambi-Preisverleihung, und eine Zeitung herausgegeben, die qualitativ nicht mithalten kann gegen die großen Theaterzeitungen im Land.
Und genau dafür hätte es einer/s erfahrenen Theaterfachfrau/mannes bedurft, um Reformen anzuregen im eigenen Verein und argumentativ auf Augenhöhe mithalten zu können.
Nun gibt es wieder einen "Chefjuristen" auf dem Direktorenposten und wieder wird es nur um langwierige Tarifverhandlungen und Auseinandersetzungen mit der Orchestergewerkschaft DOV gehen.
Es bewegt sich nichts.
#28: WARUM können es diese von ihnen als Beispiel aufgezählten Intendanten "noch" - die jüngeren aber seien mit den aufgezählten Verantwortlichkeiten "überlastet". Wenn "es" überhaupt noch Leute können in dieser Komplexität, ist das ein Beweis dafür, dass es gekonnt werden kann! Was ist passiert, dass es die jüngeren Intendanten nun nicht mehr können??? Jemand wie Castorf oder Ostermeier können ja schon recht lange. Als sie anfingen zu können, waren die ja auch nicht älter - wenn man Alter für Erfahrung grundsätzlich voraussetzen möchte - woran liegt es also bei den heute jüngeren Intendanten??? Und schließlich sind die technischen Voraussetzungen für eine schnelle Nutzung der Fach-Netzwerke heute bessere als früher. WORAN liegt es also? Ganz prinzipiell. Unabhängig davon, dass auch von entscheidenden Machern ein Direktoriums-Modell präferiert werden kann, wenn es für die künstlerische Konzeption sinnvoller scheint als das reine Intendantenmodell...
Unabhängig weiter von allem: der zirkusartige Weiterzug eines Intendanten, der mit neuer Truppe kommt und die örtlich gewachsene schasst, ist eine menschliche, sich als THEATERmensch selbst disqualifizierende, Unverschämtheit bei Fürhungswechseln an den Theatern. Wie auch an Orten der Wissenschaft und Forschung. Wahrscheinlich auch der Wirtschaft, da habe ich keinerlei Ahnung, ob das dort auch so geht.
Sie sagen es, es ist eine disqualifizierende Unverschämtheit. Besser könnte man es nicht ausdrücken. Eine Demütigung von Menschen. Manchester-kapitalistische Arbeitsverhältnisse, an denen auch die Gewerkschaften nichts ändern konnten und wollten; diese haben leider verschlafen, den Bühnenverein dabei zu bremsen, dieses Vertragssystem NV-Bühne zu gebären. Eine Lobbyvereinigung, die nur zwei Gruppen dient, den Intendanten und den Gesellschaftern. Möglicherweise weniger den Theatern.
in der Wirtschaft eher weniger. Es gehört zum guten Ton, selbst die Sekretärin des Vorgängers zu übernehmen. Einzige Ausnahme: die Branche des schnellen Geldes, die Heuschrecken, die Hedgefonds, die Insvestmentbanking-Abteilungen der großen Banken. Da nimmt der Chefspekulant seine Gruppe von Minispekulanten mit.
In der Wissenschaft ist das meist auch nicht so. Dort werden Stellen ausgeschrieben und nach langen Verfahren bis zu einem Jahr besetzt.
Der neue Professor arbeitet mit den Mitarbeitern des Institutes.
Zur Präzisierung: Ostermeier und Castorf sind zwei Ausnahmetalente, wie es sie im Theater immer weniger gibt. Glücksfälle, Menschen, die mit ihren Schauspielern gut und menschlich umgehen, soweit sich das meiner Kenntnis erschließt, und die ein Theater auch durch schlechte Zeiten führen, und nicht nach fünf Jahren schon ans nächstgrößere Haus wechseln, nur weil dort die Futtertröge etwas größer und voller sind. Menschen, die sich nicht nach dem Mainstream orientieren, sondern eine Idee, ein Programm haben, dass zeitlos und konsequent ist.
Ja, dieses sich immer schneller drehende Karussel, an dem auch die Politik Schuld ist, die jeden Intendanten in die Wüste schickt, nur weil die Zuschauer nicht in dem Maße strömen, wie sie sollten. Aber auch die Intendanten. Es gehört zum schicken Ton, weiter zu springen, Karriere zu machen, anstatt ein Haus und ein Ensemble zu entwickeln.
Irgendwann in den 90er Jahren ist es schick geworden. Und jetzt läßt sich das kaum noch zurückdrehen.
Vielleicht sollte man eine mindestens einjährige Zwangspause zwischen der einen und der nächsten Intendanz festlegen, zur Besinnung und zum Kraft tanken, und um diesen Wechsel-Wahnsinn etwas zu entschleunigen.
Was es Ostermeier und Castorf leichter macht ist der Umstand, dass es sich bei beiden Theatern um reine Schauspielhäuser, und um im Vergleich kleine Häuser handelt. Die Volksbühne hat gerade einmal 220 Mitarbeiter, die Volksbühne kaum mehr. Damit liegen beide Theater weit unter dem Durchschnitt der deutschen Theater, der etwa bei 270 liegt.
Beide haben sich gut überlegt, keine Mehrspartentheater zu übernehmen, weil dort die Komplexität der Aufgaben und die Entscheidungsdichte eines Intendanten noch einmal vervielfacht wird.
Dort müsste man eigentlich anfangen, die Generalintendanzen abschaffen und in eben jene angesprochenen Direktorien ändern. Bei den Einspartentheatern ist das vielleicht im Moment weniger zwingend angezeigt, aber es zeichnet sich auch dort ab, dass Einer bzw. Eine alleine das gar nicht mehr bewältigen kann, ohne dabei Fehler zu machen, an künstlerischer Kraft zu verlieren und die eigenen Mitarbeiter zu vernachlässigen.
Ihr Argument mit dem Einspartentheater, dass für Intendanten erfolgreicher nachhaltig zu führen ist als Mehrspartentheater, finde ich sehr bedenkenswert, es überzeugt mich. Und wie gesagt: ein Intendant kann sich ein Direktorium schaffen.
sehr gut, wie Sie es formulieren. Aber wie führt man diesen Prozess der Selbstschulung, wie Sie es so treffend sagen, ein? Wie kommt man zu dem Ergebnis, dass nur diejenigen in das Amt - es ist ein Amt, das wird oft vergessen - eines Intendanten erhoben werden, die auch diese Voraussetzungen haben, das Talent und die nicht davon zu trennende Fähigkeiten der Selbstschulung, und ich ergänze, der Selbstreflexion.
Damit meine ich nicht die Selbstbezüglichkeit, die Selbst-referentialität, mit der man sich eine Welt (das Theater) einrichtet, in der sich alles nur noch um mich dreht. Es geht um die Fähigkeit, die eigenen Handlungen und Positionen ausreichend selbstkritisch reflektieren zu können.
Das kann man sehr schnell herausfinden, wenn man sich Zeit bei der Wahl eines Intendanten lässt, oder aber, wenn man den brillanten Instinkten und dem Wissen eines Ensembles folgt, das weiß, welcher zukünftige Direktor (oder Direktorium) zu ihm passt. Es weiß am besten, ob ein starker Regisseur (und welcher Art) die Handschrift des Theaters prägt oder ein guter Kapitän das Schiff durch eine Krise steuert - beides kann man ohnehin nicht sein. Das ist immer zu trennen.
Und ich sehe die Gefahr, dass die fehlende Selbstreflexion einiger I. dazu führt sich selbst zu überschätzen und zu glauben, ein Theater als Regisseur/in auch dann führen zu können, wenn es harte Krisensituationen und heftigen "Gefechten" ausgesetzt sein wird.
Wann hat ein Intendant in den letzten Jahren von sich aus das Amt an einen, für den Moment besser passenden Kandidaten weitergereicht? Heute bleibt man auf seinem Stuhl kleben, bis sich das Karussell günstig weiter dreht. Und wird man erst abberufen, empfindet man das als Affront, als wenig vertragskonform, etc. pp.
Natürlich ist die Intervention der Politik in die Kultur nicht gutzuheißen, aber die Politik als Eigentümer der meisten Theater hat nur eine Möglichkeit auf ein Theater Einfluss zu nehmen, über den Intendanten. Je geschmeidiger dieser ist - Bühnenvereins-sitzungen, Berufungen in Kommissionen, Ausschüsse und Präsidien, und Auszeichnungen mit dem Theater-Bambi tun hier ihr übriges - desto besser für die Politik. Aber man schaue sich doch nur einmal gestandene Männer wie Peymann oder Castorf an, die sich nichts mehr sagen lassen. Es sind die, die ein Erbe hinterlassen werden, beide, wie auch Ostermeier. Vieles andere wird Schall und Rauch sein, von regionaler Bedeutung, dort ohne Zweifel wichtig. Aber der Auftrag für jeden Intendanten ist auch: das Theater künstlerisch oder institutionell weiter zu entwickeln.
Ein kleiner Nachsatz: Macht ist nur dort nachhaltig produktiv, wo sie geteilt ist. Das ist das Privileg moderner Demokratien, aber auch alter Kulturen. Einem Gott stand immer ein anderer Gott (oder der Mensch= gegenüber und einem Priester ein Krieger. Der Bruch mit dieser Dialektik, mit dieser Gewaltenteilung mag für den einzelnen zu leicht erarbeiteten Erfolgen führen. Aber Entwicklung entsteht nur dort, wo es Widerstand, Antipoden gibt. Darum plädiere ich dafür, die einzelgängerische Intendanz als Instrument eines archaischen Theaterverständnisses abzulösen, durch Direktorien. Und ich plädiere in diesem Rahmen dafür, die Ensembles stärker an Entscheidungen zu beteiligen als dies bisher geschieht.
Und dies kann nicht durch Betriebs- oder Personalratsbeteiligung erfolgen, sondern muss weitergehen, bis dahin, dass zukünftig kein Intendant mehr gewählt werden kann, ohne Votum und Plazet des Ensembles.
Das Ensemble-Votum über einen neuen Intendanten: ich würde sogar soweit gehen, zu sagen, das Ensemble schlägt die Kandidaten für die letzte Auswahlrunde vor, d.h. keine Beeinflussung mehr durch den Bühnenverein, kein verkürzter Blick der Politik, sondern diejenigen entscheiden, die das beste Augenmaß haben. Wen braucht das Theater jetzt und in den nächsten Jahren.
Der Titel: Ein Ensemble wählt seinen Künstlerischen Direktor.
Und dieser künstlerische Direktor bettet sich ein in das Gesamt-Direktorium des Theaters mit Geschäftsführendem, Technischem, Betriebsdirektor und Leitendem Dramaturgen. Mehr braucht es nicht, um ein Haus zu leiten. diese fünf, deren Sprecherrolle rotiert oder per Wahl entschieden wird.
und scheidet einer der fünf aus, schlägt das verbleibende Direktorium den Gesellschaftern einen oder zwei neue Kandidaten vor. Beim Künstlerischen Direktor - oder beim Mehrspartenhaus für die einzelnen Sparten mehrere Künstlerische Direktoren, schlägt das Ensemble vor, das Direktorium stimmt ab, der Gesellschafter bestellt.
Ein einfaches, machbares Modell.
Nur wäre damit etwa ein Drittel der Aufgaben des Bühnenvereins bereits entfallen. Es blieben für den Bühnenverein dann noch die Ausrichtung des Theater Bambi Preises und die Theaterstatistik. Da wäre jetzt endlich der Freiraum politisch, als Lobbyist aktiv zu werden.
Aber das hieße, Stellung zu nehmen gegen die Entscheidungen derjenigen, die ebenfalls im Bühnenverein sitzen? Wie geht das?
Ist es überhaupt möglich, gute Lobbyarbeit zu machen, wenn Politik und Intendanten in einem Dachverband sitzen? Dann kann man die Gewerkschaften doch gleich noch mit dazu nehmen....
Nur eine saubere Trennung beider Welten führt zu einer Kommunikation, die nicht in der Vergangenheit verharrt, sondern raus führt, aus der Theaterkrise, in der wir uns gerade befinden.
Ein Verband für die Theaterleiter, Direktoren, etc., und meinetwegen ein Verband für die theaterverantwortlichen Kulturpolitiker. Genau der richtige Ort für Herr Grandmontagne, der vom Theater - salopp gesagt - keine Ahnung hat. (Aber das muss er ja offensichtlich gar nicht, und damit ist doch die Richtung klar, die beide, die Kulturpolitiker und die Intendanten wollen, einen, der niemandem wehtut, denn man kann ihm ja immer die Kompetenz absprechen, die ihm über Jahre fehlen wird.)
In den Theaterverband müssen dann Direktoren und Intendanten, die polarisieren, die etwas wollen vom Theater, nicht die Gleichschalter und Durch-harmonisierer. Per hartem Wahlverfahren.
Wer jemals in einer Bühnenvereinssitzung war, weiß, dass eigentlich gerne schon vor der Wahl geklärt wird, wer ins Präsidium kommt.
Es gibt gar keine demokratischen Auseinandersetzungen in diesem Verband. Keine Debatten, kaum Richtungsstreit. Keine Bewegung mehr.
Der Bühnenverein - ein idyllisches Dorf am Starnberger See.
Alles schön, nur die Anwesen müssen dringend renoviert werden.
Bitte, was soll denn da zum Stillstand führen, wenn das Ensemble an der Auswahl beteiligt wird? Und vielleicht wünschen sich Ensembles mal einen, der sie fordert und ihnen unbequeme Sachen abverlangt, wenn es sie künstlerisch weiterbringt.
Das ist doch wohl alle Male besser, als einen Intendanten zu haben, der niemals Zeit hat, sich mit etwas so tiefgründig auseinander zu setzen wie nötig, mit halbem Ohr und halbem Herzen bei den Proben und in den Leitungssitzungen, immer gehetzt, immer kurz vor dem Burn Out, wer kennt diese Intendanten nicht.
Regula Gerber, die ehemalige General-Intendantin von Mannheim, eine wirklich phantastische Frau, zumindest habe ich sie so kennen gelernt, war ehrlich genug, sich einen solchen Burn-Out einzugestehen und sich für lange Zeit krank schreiben zu lassen.
Diese Überlastung ist doch symptomatisch. Und jeder vernünftige Intendant wünscht sich doch, dass er entlastet und entbürdet wird, oder?
Ich erinnere an das, was hier gesagt worden ist, von Cotard, glaube ich, das es immer einer Gewaltenteilung bedarf, weil sonst niemand die so nahe liegenden Fehlentwicklungen bemerkt und ausschaltet.
Der Bühnenverein wird an dem Modell nichts ändern. Es gibt kein Korrektiv, weil die Reform nicht von denen angezettelt wird, die von ihrer Machtfülle etwas abgeben müssten.
Dafür braucht es gestärkter, starker Ensembles, die nicht nur beteiligt werden, sondern die auch mitentscheiden.
Ich las kürzlich, dass die Berliner Philharmoniker ihren Chef seit über 40 Jahren selbst wählen, dafür musste das Orchester Karajan endlich aus dem Amt drängen. Und seitdem funktioniert dort ein Modell, von dem bisher viele andere Orchester einzelne Elemente übernommen haben.
Wieso soll es in kleinen Bühnen-Ensembles nicht gehen, wenn es in großen Ensembles mit über 100 Musikern funktioniert?
Dass Modelle in den 70er Jahren gescheitert sind, die mehr Demokratie gewagt haben, sagt doch gar nichts darüber, dass sie heute nicht doch funktionieren könnten.
Und diese halbstarken Sätze, es bedarf einer leitenden künstlerischer Kraft, das klingt nach Mittelalter, als wären gut ausgebildete Sänger und Tänzer und Schauspieler nicht stark und klug genug, Entscheidungen für ihr Theater zu treffen.
All diese kleinen Instrumente der Unterwerfung hängen eng miteinander zusammen: die Intendentenwahl und die Funktion des Intendanten (mit ähnlicher Machtfülle wie ein Erzbischof), der NV-Bühne Vertrag und die demütigende und entwürdigende Nichtverlängerungspraxis, die Gagenungerechtigkeit und die Nichtbeteiligung der Ensembles, und über allem schwebt der Bühnenverein als Kontrollinstanz der Einhaltung der heiligen Sakramente, als Karriere-Karussell und Heilige Theater-Kurie.
Wenn sich die Menschen in diesem Land etwas mehr für die Theater interessieren würden, würde es einen Aufschrei geben über die Arbeitsbedingungen in den Theatern...
Und wenn man das krankende deutsche Theatersystem endlich reformieren will, muss man da ran. Deshalb unterschreibe ich fast alles was hier gesagt und vorgeschlagen wurde. und dass sich der Bühnenverein oder dessen Chefdenker noch nicht eingeschaltet haben, zeugt davon, dass hier die Argumente fehlen. Hier wird die Wirklichkeit und Praxis an deutschen Theater beschrieben. Alles andere kleistert die Sinne zu.
Man konnte das im letzten Jahr sehr gut verfolgen, die Wahl ist ja von den Medien kommentiert worden, und das Wahlverfahren wurde offen gelegt. Und ganz en passent, die Philharmoniker haben eine ausgezeichnete Wahl gegen den Trend getroffen.
Und eben solche Wahlen durch ein Ensemble wären bei der Übertragung eines solchen Modelles auch möglich. Es spricht alles dafür, dass ein solches Modell zu einer viel größeren künstlerischen Stabilität des Theaters und des Ensembles führt. Und damit würde auch die peinliche Nichtverlängerungspraxis an den Theatern endlich ein Ende haben.
Aber wenn man, wie Sie beschreiben, nicht auf die Intendanten hoffen darf, wer zettelt dann die dringend notwendigen Reformen an? Oder wird jetzt alles so weitergehen und ein Theater nach dem anderen Sterben?
Dann wird jedes Jahr ein Theater untergehen - so wie in den letzten 15 Jahren, und jedes Jahr wird auch ein Intendantenposten weniger zu vergeben sein.
Aber noch viel schlimmer - Jedes Jahr wird im Durchschnitt ein Haus geschlossen oder fusioniert und mindestens ein Ensemble "abgewickelt"
Der Unterschied zum Orchester allgemein und innerhalb der Orchesterlandschaft der Berliner Philharmoniker insbesondere: In einem Schauspiel- oder Tänzerensemble sind eine überschaubare Anzahl von Dauer-Solisten bzw. Protagonisten vertreten, die für bestimmte Darstellungsaufgaben in besonderem Maße geeignet sind und die bis in jede Faser ihres Körpers wissen, dass ohne die mitspielenden Kollegen (ich verzichte immer auf Innenneen oder Sternchen, weil ich immer den Menschen meine, gleich ob männlich, weiblich, bitte sehen Sie mir das im Moment nach) weder die jeweilige Gesamtinterpretation noch ihre Sololeistung zu einer künstlerischen Hochleistung gebracht werden kann. Das selbe gilt für die zu erbringenden technischen Leistungen. Umgekehrt wissen auch alle anderen um die Notwendigkeit der Protagonisten und Solisten. Beim Orchester ist das etwas anders, weil es wesentlich mehr Stimmführer gibt, da mehr Instrumentengruppen vertreten sind, die nur durch das jeweilige einzelne Instrument beherrschende Musiker präsentiert werden. In einem Tanzensemble mit bestausgebildeten Leuten, beherrschen alle verschiedene Tanzstile, auch wenn sie den einen oder anderen besonders gut und kreativ beherrschen... Desgleichen Schauspieler und Darstellungsformen... Ein Violinist beherrscht die Violine. Er ist also, und insbesondere in einem Orchester wie den Berliner Philharmonikern, IMMER ein potentieller Solist. Und so haben sie dort auch den Hornisten in allen Hornisten und den Oboisten - sehr schwer bis ins höhere Alter zu beherrschendes Instrument übrigens! - Sie haben in jedem Cellisten alle Solo-Cellisten usw. Und das wissen da ebenfalls alle voneinander. Und deshalb ist es bei wirklich herausragenden Musikern möglich, Mehrheiten für Anstrengung zu bilden. Es ist auch dort schwierig, die letzte Chefwahl der Philharmoniker hat es deutlich zutage gefördert! - aber es ist möglich.
Sie dürfen also nicht von einem Bühnenverein erwarten, dass der etwas zuwege bringt, woran ihn seine eigene Struktur hindert! Sondern müssen ein eigenes Tanzensemble finden und ein Schauspielensemble, das mit ihm zusammen arbeiten möchte. Und dann müssen Sie sich einen Intendanten/in suchen, der in der Lage ist, ein Direktorium, das Sie alle akzeptieren können, zusammen zu bringen. Und dann können Sie alle zusammen ein neues Theater gründen. Und dann werden Sie dafür auch Geld bekommen und der Bühnenverein kann nix dagegen tun. Wird er, glaube ich, auch nicht wollen. Er wird froh sein, dass Sie eine Arbeit gemacht haben, die er gerne wollte, aber nicht machen KANN.
ich lese Ihren Kommentar mit Freude, habe aber einige Einwände.
Diese Veränderungen von denen ich spreche, sind weder eine Utopie noch jenseitig bisher vorhandener Strukturen zu schaffen.
Die Theater existieren bereits, die Schauspieler darin, um ein Beispiel zu nennen, bilden ein Ensemble, das sich über Jahre entwickelt und formt, das seine Stimmführer und Sprecher hat und bestimmte Formen, um mit einer Leitung zu kommunizieren.
Wenn diese Künstlergruppe aber jedes Mal, wenn ein neuer Intendant mit Gefolge heran trampelt, mit gehörigem Tam-Tam zersprengt werden, kann es auch nicht zu einem Ensemble wachsen, sondern bleibt eine Gruppe noch stark vereinzelter Künstler. Das schwächt.
Wenn aber endlich diese wirklich dreisten Nichtverlängerungspraktiken ein für alle Mal beerdigt werden, zumindest zum Intendantenwechsel, dann könnte sich ein Ensemble formen, entwickeln. Und dann würde man vom Ensemble des Theaters X oder Y sprechen, um zwei Beispiele zu nennen.
Da aber alles in ständiger Bewegung und Auflösung ist, weil man denkt, den Othello oder Die Weber könne man nur mit diesen oder jenen Schauspielern machen. und dass manche Intendanten und Regisseure richtig bocken, weil sie den einen oder anderen Schauspieler nicht bekommen, ist doch fürchterlich. Das habe ich in meinen Junior-Jahren am Theater nie erlebt, später immer mehr, das muss ich zugeben. Leider. Das zeugt von wenig Mut, von wenig Selbst-Vertrauen. Nicht alle Schauspieler können alles, das ist wohl wahr, aber viele Schauspieler können viel mehr, als ihnen heute zu zeigen möglich ist. Sie werden um ihre Möglichkeiten gebracht, weil parallel zu den fest engagierten Schauspielern ein Rudel freier "Stars" von einem zum anderen Theater zieht, und damit die Utopie von echten Ensemblearbeiten zerstört.
Was wir heute an den meisten Theatern sehen, sind Aufführungen mit Stars, denen Künstler eines Stadttheaters in nachgeordneten Rollen zugeführt werden. Das hat nichts mit dem Grundgedanken eines Ensembletheaters zu tun, von dem viele Intendanten in ihren Bewerbungsschreiben und in den Vorwörtern ihrer Spielzeithefte sprechen.
Auch, wenn diese Nervosität zwei Jahre vor Beendigung einer Intendanz nicht endlich aufhört, weil die Schauspieler alle zurecht um Ihre Arbeit fürchten müssen, dann wird es im Stadttheater keine großartigen Ensembleleistungen mehr geben können, so wie sie bei den von mir zitierten Beispielen, Volksbühne und Schaubühne möglich ist, weil die Spieler dort seit zehn und mehr Jahren zusammen arbeiten.
Daran glaube ich. Und auch aus der Freien Szene wissen wir, dass es hervorragend funktionieren kann.
10 Gäste in den neuen Produktionen, von den meisten weiss das Ensemble nichts. Der Intendant hätte die Gelegenheit gehabt, hat sie aber verstreichen lassen, als er uns das neue Programm vorgestellt hat. Sie können sich die Enttäuschung der Kollegen vorstellen. Mich hat das alles nicht mehr gewundert.
Die meisten ehemaligen Gastpositionen dürfen wir bei den Wiederaufnahmen selbst stemmen, dann sind die Ensemblespieler gut genug.
Heh, alles gut, was Ihr hier schreibt. Das könnten sich viele Spieler so vorstellen. Die erfahrenen Spieler dürfen dann endlich etwas mehr Verantwortung übernehmen. Ich meld' mich noch mal ausführlicher.
Happy Sunday!
2019 läuft die Sonderfinanzierung Ost aus, mit der in den letzten Jahren die kommunalen Finanzen ein wenig aufgepäppelt werden konnten. Das ist in vielen Kommunen fast ein Drittel eines Haushaltes. Die Städte dürfen sich nicht mehr verschulden (Stichwort: Herr Schäuble und seine Schuldenbremse, von Frau Merkel mit Applaus bedacht, Bayreuth ist ja nicht davon betroffen).
Das heisst, die freiwilligen Aufgaben werden gekürzt, also die Kunst, die Kindergärten, der Sport.
Der Bühnenverein muss ein Hilfspaket Theater Ost schnüren.
Und er muss endlich durchsetzen, dass Kultur zur Pflichtaufgabe der Länder und Kommunen wird.
Das ist doch eine gute Aufgabe für die Lobbyabteilung des Bühnenvereins.
All die anderen Vorschläge von denen ihr gesprochen habt, werden im Rahmen eines großen Reformprogramms gleich mit umgesetzt.
Das Szenario ist ansonsten schon vorgezeichnet
Schwerin bereits freiwillig gekürzt
Chemnitz wird gekürzt
ebenso Halle/Saale, 50 Stellen und mehr
Rostock bald ohne Schauspiel und Tanz
ERfurt und Weimar werden fusionieren, das heisst,
Weimar verliert seine Oper und die beiden Orchester
50 Musikerstellen
keiner weiss was in Thüringen noch passieren wird
ebenso in Mecklenburg:
Greifswald/Stralsund werden mit Neustrelitz
und Neubrandenburg zusammen gelegt
und in Sachsen Anhalt
Dessau ist gekürzt worden
Eisleben dito
Quedlinburg dito
Nordhausen dito
Eisenach ist völlig zerstört worden
in Potsdam fehlt ja schon die Oper
und und und und und
oder meldet sich der Bühnenverein deshalb nicht
stärker zu Wort, weil es ein Einverständnis damit gibt??
Das wäre eine Katastrophe
Wer nach Beispielen dafür sucht, dass das Intendantenmodell nicht funktioniert, wenn es zu leichten Erschütterungen kommt, muss gar nicht weit zurück gehen. Hier vier Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, über die auch nachtkritik berichtete:
Beispiel 1: Staatstheater Darmstadt, das Verhältnis zwischen Schauspieldirektor und Intendant trübt sich ein, wenig später wird der Schauspieldirektor gefeuert, ein Teil der Schauspieler, die sich auf dessen Seite gestellt haben, gehen mit ihm.
Ein Beispiel dafür, dass Konflikte zwischen erster und zweiter Leitungsebene immer zuungunsten der schwächer gestellten Person ausgehen. Symptome: zu steile Hierarchie, assymetrische Kommunikation, unterschiedliche Ziele.
Optionen: Direktorium. Der Konflikt wird unter den Direktoren ausgemacht (wenn es dann überhaupt zu einem Konflikt kommt), in einer Gruppe von Fünf kann man das ausmoderieren. Transparenz- und Verhaltensregeln im Umgang mit Mitarbeitern.
Beispiel 2: Volkstheater Rostock. Das Verhältnis zwischen Träger (Stadt Rostock) und Intendant trübt sich ein, beiden Seiten fehlt es an Feinfühligkeit etc. Die Stadt fordert Konzepte zur finanziellen Neustrukturierung des Theaters mit Optionen. Der Intendant legt diese vor. Die Stadt entscheidet sich: das Schauspiel und der Tanz sollen aufgegeben werden.
Symptome: Beispiel für schlechte Kommunikation und Lobbyarbeit des Intendanten, der bei sechs Produktionen pro Spielzeit dafür auch gar keine Zeit haben konnte, während der GF diese Aufgabe auch nicht übernahm. Symptom: Überforderung, Misskommunikation, Legitimationsverlust, sinkende Zuschauerzahlen.
Option: Direktorium: Aufgaben der Lobbyarbeit und Kommunikation (Sprecher) werden verteilt, nach Aspekten der Professionalität. Die künstlerischen Spartenchefs können sich auf ihre künstlerischen Aufgaben konzentrieren,
Transparenzregeln.
auch das deutschsprachige Ausland mit ähnlichem Theatersystem hat ähnliche strukturelle Probleme
Beispiel 2: Bern, das Verhältnis zwischen Intendant und Chefdramaturgin ist zerrüttet, letztere versucht zu heilen, der Intendant lenkt nicht ein. Kommunikation ist ein Desaster. Häppchenweise schiebt der Verwaltungsrat zwei dürftige Statements nach, der Intendant, der eigentlich der Hauptkommunikator sein müsste, schweigt sich aus. Die Stimmung im Haus, in der Stadt Bern und im Netz ging auf Sinkflug, und damit natürlich auch ein Teil der Legitimation.
Symptome: Missverhältnisse, assymetrische Kommunikation, schlechte Kommunikation nach außen, sinkende Legitimation, Scheitern der Aufsichtspflicht, denn wie sich zeigt, war dies kein Einzelfall, und geschah schon bei der Entlassung einer Korrepetitorin-Tanz und einer Musikdramaturgin, wie hier auf Nachtkritik kürzlich veröffentlicht.
Option: Direktorium, mit einer Aufhebung der assymetrischen Machtverhältnisse zwischen Intendant und Chefdramaturgin (s. Darmstadt), prof. Kommunikation nach außen, Stabilisierung der Zusammenarbeit mit den Medien, mit dem - mehr oder weniger benutzten - Verwaltungsrat, und mit der Kirche; Transparenzregeln und Regeln zum Umgang mit eigenen Mitarbeitern.
Beispiel 4: Burgtheater Wien: Die ganze Geschichte ist hier, auf nachtkritik minuziös nachzulesen (nk verdient auch gerade für diese Recherchearbeit einen Preis!), die Kauffrau des Theaters und der Intendant stolpern über Belege, Bilanzen und Zahlungen, werden beide freigestellt und entlassen. Es zeigt sich, dass alte Rituale, schlechte Kommunikation, mangelnde Aufsichtspflicht und Verletzung der Regeln bei der Vergabe des Postens des Kaufmännischen Direktors in das Desaster geführt haben.
Symptome: Schulden, Misskommunikation, Führungslosigkeit, mangelnde Aufsichtspflicht, Überlastung d. Direktors und der Kauffrau
Optionen: Direktorium, Verteilung der der Aufgaben, Transparenz, Verbesserung der Kommunikation, etc. etc.
Es wird deutlich, dass der Einzelintendanten als König einer absoluten Monarchie ein Theater leiten kann, bis er über ein Problem stolpert, dass er alleine nicht mehr handhaben kann. Das heisst auch, dass die Theater mit dieser Leitungsform immer angreifbarer werden, noch angreifbarer als sie ohnehin schon sind. Leichter zu bedrängen.
Für mich persönlich am bittersten ist der Fall Rostock, weil dort als Resultat eines schlechten Leitungsmodells zwei Sparten zu Grunde gehen und abgewickelt werden und mit ihnen die Schauspieler und wieder einmal mehr die Tänzer. Übrigens hat hier der Geschäftsführer einen ebenso hohen Anteil an der Misere.
Zur Nichtverlängerungspraxis: ich möchte noch einmal deutlich machen, dass nicht nur die Sonderregelung der Nichtverlängerung beim Intendantenwechsel reformiert werden muss, sondern auch die Praktiken insgesamt.
Längere Laufzeiten für die Schauspieler, Tänzer und Sänger, damit nicht immer ausgewechselt und bei der nächstbesten Gelegenheit ausgetauscht wird. Der NV Bühne schützt die Kolleginnen und Kollegen nicht gut genug, er spielt den Intendanten in die Hände. Und ich vermute, dass dies als Machtinstrument auch zur einer so starken Verschiebung der Machtverhältnisse in den Theatern zugunsten des Intendanten führt.
Wir sehen ja bei den vier Beispielen, die Cotard aufgeführt hat, dass sich die öffentliche Response der Künstler auf informelle Kommunikation beschränkt hat, auch aus Angst, bei der nächstbesten Gelegenheit nichtverlängert zu werden.
Ich sage nur, Angst. Der Monat Oktober ist für viele junge Künstler auf der Bühne von Angst geprägt und der Befürchtung, dass sie zu Hause einen Brief mit einer Einladung zum Gespräch bekommen, was immer schon heisst, dass es in 90% aller Fälle zu Ende geht, dabei ist man mit Familie und Hund erst vor etwas mehr als einem Jahr in die neue Stadt gezogen.
Und genau das muss man sich überlegen, dass man im Prinzip nach 13 Monaten schon wieder völlig regulär seine Kündigung erhalten kann. Und so hangeln sich viele jüngere Kolleginnen von einem Ein- oder Zweijahresvertrag zum nächsten - und alles ist "Rechtens". Vielen Dank!
Lieber A. Cotard,
sie haben früh in diesem Thread das Direktorenmodell in Bremen erwähnt. Ich habe ein bisschen gegoogelt und ein paar interessante Artikel und Interviews gefunden. Quasi Praxisberichte aus einem Direktorium ...
Der Liste in #51 könnte man wohl als Gegenbeispiel also Bremen hinzufügen, auch wenn dieses Direktorium nur eine undankbare Interimszeit von zwei Spielzeiten zu überbrücken hatte, bis ein neuer Generalintendant gefunden war.
http://www.taz.de/!5089238/
http://www.taz.de/!5143655/
http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-kultur-freizeit_artikel,-Theater-Leitungsteam-ist-mit-sich-zufrieden-_arid,344468.html
http://www.schlachthof-bremen.de/_backend/download.php?file=downloadsde/zett-10-11.pdf (S. 10-11)
http://www.foyer-kulturjournal.de/images/foyer_95.pdf (S.10-13)
Ihre Idee, dass beim Wechsel eines Direktors, die verbleibenden über die Nachfolge entscheiden, das Gremium also an sich bestehen bleibt, hat wirklich etwas für sich. Aus Sicht des Theaterbetriebs (Kontinuität) und aus Sicht des Publikums und der Mitarbeiter*innen. Denen wird ja augenblicklich bei jedem Intendantenwechsel mitgeteilt, dass ab jetzt alles toll wird, und das es bis jetzt eben nicht so war. Das entwertet dann die positiven Erfahrungen, die die Zuschauer*innen und auch die Mitarbeiter*innen der Vergangenheit gemacht haben. Vergleicht man das mit anderen Wirtschaftsbereichen, dann stellt man fest, das gibt es nirgendwo anders. Vielleicht erklärt das auch die Reformunfähigkeit der Stadttheater zum Teil mit: Damit alle fünf bis zehn Jahre ein Intendant die Ausrichtung, das Erscheinungsbild und damit das Image eines Theaters auf einen Schlag völlig umkrempeln kann, muss es unterhalb der Leitungsebene eine feste Struktur geben, die das ermöglicht, und die stabil bleibt.
Was allerdings nicht (oder nur sehr schwer) möglich ist, ist eine kontinuierliche Veränderung des gesamten Betriebs. Und das ist das was nötig wäre!
Nichts ist unmöglich. Vor allem im Theater.
das ist richtig, ich werde zum Beispiel dorthin fahren, und ich hoffe Cotard und die anderen auch. Aber die Debatte hier, vor Ort und Stelle, im Netz, ist für uns wichtig, weil wir uns verständigen wollen, über Dinge, die dringend notwendig sind, und vielleicht auch um ein paar bescheidene Denkanstöße zu geben.
Sie müssen das ja nicht lesen. Es ist ein demokratisches Netz, so gut es eben geht.
Zu Ihren Anmerkungen:
Wenn der Bühnenverein tatsächlich nur ein Tarifpartner ist, dann soll er auch seine Hausaufgaben machen - Unter Bolwin hat sich die Vertragslage der Musiker an den Theatern deutlich verbessert, während die Lage für die angestellten Schauspieler sich im Vergleich dazu verschlechtert hat.
Das ist für mich unverständlich. Nur weil die Musiker Gewerkschaft hart im handeln und verhandeln ist? Kein Interesse an fairen Gagen für Spieler, Tänzer und Sänger?
Gerechtigkeit zählt zu den Aufgaben, die den Bühnenverein etwas angehen.
2. Der Bühnenverein tut zu wenig dafür Theater zu retten. Viele Jahre hat er Fusionen gefördert, plötzlich ist er umgeschwenkt. Das Thema Haustarifverträge war auch jahrelang tabu, weil das Weimarer Modell ein Tabu war für Herrn Bolwin und Herrn Zehelein. Statt dessen hat man sich lieber auf Stellenkürzungen eingelassen.
3.: Der Bühnenverein beschränkt sich nicht auf die Rolle des Tarifpartners. Er stellt sich als Sprecher der öffentlichen Theater dar, obwohl er ja allerhöchstens für die Träger und diejenigen Intendanten sprechen kann, die die jeweilige policy mittragen. (Ich hoffe, es sind nicht allzu viele).
4.: Er agiert als ideologische Leitstelle, indem er Leitlinien herausgibt, wie mit welchen Themen umzugehen ist. Siehe oben!
5.: Der Bühnenverein vergibt einen Theaterpreis, den eigentlich die Theaterakademie vergeben müsste. Er übertritt damit alle Reglements. Als Tarifpartner dürfte er einen übergreifenden Preis nicht vergeben. Er setzt Kommissionen zur Findung der Gewinner in den Kategorien ein und steuert über die Zusammensetzung dieser Kommissionen die policy.
6.: Der Bühnenverein betreibt eine informelle Netzwerkpolitik, die bedauerlich für all jene ist, die nicht zum Bühnenverein gehören oder ihm nicht nahe genug stehen, insbesondere durch seine einflussreiche Rolle bei der Vergabe von Intendanzen. In mindestens jeder zweiten Kommission zur Vergabe einer Intendanz sitzt/saß Herr Bolwin, Herr Zehlein, oder ein anderes ermächtigtes Mitglied. (Man denke an ein Szenario, indem eines Tages nur noch Bühnenvereins-Intendanten am Ruder sitzen, in Berlin ist das übrigens nicht so. Oder vice versa!)
7. Der Bühnenverein berät Landesregierungen bei der Neustrukturierung von ganzen Theaterlandschaften. Ich muß wieder auf das Beispiel Thüringen zurück kommen. Damals hat ein Journalist geleakt, dass der Bühnenverein ein sog. Everding-Papier erstellt hat, mit einer Fusion der Theater Weimar und Erfurt. Weimar hat sich erfolgreich gegen die Fusion gewehrt, und durfte nicht mehr mitsitzen am Bühnenvereins-Tischchen. Aber Erfurt hat seine Schauspiel- und seine Tanzsparte geopfert, und das Kinder- und Jugendtheater, um eine aufgeblasene und völlig überdimensionierte Oper zu erhalten, die noch immer auf den Beischlaf mit Weimar wartet (wenn mir dieser saloppe Patzer erlaubt ist). (Egal wie das ausgeht, die Gewinner werden wieder die Orchester sein.)
8. Der Bühnenverein ist der große Datensammler - auch das eigentlich eine Aufgabe der Akademie oder der Landesministerien, und fordert alle 140 Schäflein Jahr um Jahr auf, ihre Zahlen einzureichen. Alle melden tatsächlich ihre Zahlen. Aber niemand überprüft, was an Zahlen gemeldet wird. Stimmt denn überhaupt, was jedes Theater an Auslastungsquoten meldet, an fest und an frei Beschäftigten, an Vorstellungszahlen und an Einspielquoten? Es wird bei den meisten Theater stimmen, aber es gibt auch schwarze Schäfchen.
Nur ein Beispiel, die Oper Erfurt, es tauchte hier bereits an anderer Stelle auf, schönt Jahr um Jahr ihre Einnahmen, indem sie die Abschreibung auf die Operimmobilie einfließen lässt. Das mag betriebswirtschaftlich korrekt sein, statistisch ist es das nicht. Denn es sind keine Einnahmen aus Karten o.ä., die ganz klar die Höhe der Einspielquote nach oben trimmen. Ist das korrekt? Darf soetwas sein? Und wieso wird es zugelassen? Und wenn man hochrechnet, dass vielleicht noch das eine oder andere Schäfchen, seine Matineen, seine Stückeinführungen, seine anschließenden Gesprächsrunden, seine Hausführungen und all das Beiprogramm zu den Vorstellungszahlen zählen, dann steigt das immer höher und der Bühnenverein kann weitere Höchstleistungen verkünden.
Letztlich monopolisiert der Bühnenverein Wissen. Die Protokolle der Sitzungen kursieren in den Theatern, werden aber als vertraulich und nicht zitierbar eingestuft.
Es gibt nur zwei Möglichkeiten, der Bühnenverein zieht sich tatsächlich auf seine Kernaufgabe zurück. Oder er macht auf, agiert transparent, lässt seine Arbeit kontrollieren, wird demokratischer und denkt endlich aktiv über Reformen nach, und zwar zuerst der Struktur des Bühnenvereins selbst, und dann der Theaterlandschaft.
Wir wünschen uns, dass mit einem neuen Geschäftsführer und der neuen Präsidentin mal richtig durchgelüftet wird, denn die partielle Unfähigkeit des Bühnenvereins fällt auf die Stadttheater zurück.
Nur als kleines Rechenbeispiel:
das sind 140 Intendanzen in D mit einer Durchschnittsgage von etwa 160.000 euro, inclusive arbeitgeberkosten (x 1,25) = 200.000 euro mal 140 Theater, dann sind das
28 Million Euro öffentliche mittel, die für diese Positionen ausgegeben werden. Diese Mittel würden im Falle von Direktorien den Theatern zufallen, denn die Direktorien gibt es ja im Prinzip schon in den meisten Theatern unterhalb des Intendanten.
Im Vergleich dazu: die Durchschnittsgage eines Schauspielers oder Tänzers beträgt etwa 2400 euro (x 1,25, das sind die Arbeitgeberanteile für Kranken- und Sozialversicherung), dann sind das 3000 euro arbeitgeberbrutto, mal 12 monate, dann kommen wir auf 36.000 euro p.a.
Man könnte auf jede freiwerdende Intendantenstellen fünf neue Kollegen beschäftigen und zusätzlich zwei Kinderproduktionen.
ich gebe allen Befürwortern des ensemble-netzwerkes recht, dass es jetzt an der Zeit ist, dass sich die Ensembles stärken und ihre Rechte einfordern. Das ist richtig und vernünftig, und deshalb ist auch die nächste Konferenz des netzwerks eine wichtige Angelegenheit, in der auch die Zukunft des Stadttheaters mitverhandelt wird.
Aber hier, genau an dieser Stelle sollten wir Punkte adressieren, die eine Reform des Bühnenvereins betreffen und die Möglichkeit ausloten, welche Impulse für Veränderungen ein reformierter Bühnenverein auslösen kann und muss. Aus diesem Grunde ist es wichtig, und da stimme ich Perennes zu, dass wir an dieser Stelle diese Aspekte ebenfalls diskutieren.
Es wird Überschneidungen zur Konferenz des ensemble-netzwerkes geben. Das ist gut so, und es ist ebenfalls wichtig, dass sich verschiedene Menschen, Gruppen, netzwerke mit diesen Fragestellungen befassen, um dann gemeinsam etwas bewegen zu können. Die Menge der Denkanstöße führt zu Veränderungen.
Also, was Perennes schreibt, hat Hand und Fuß. Ich habe da wenig zu ergänzen. Es gibt für jeden der acht Punkte ausreichend Beispiele, um die Grenzüberschreitungen deutlich zu machen, die der Bühnenverein in den letzten Jahren begangen hat. Und das muss eingedämmt werden.
Entweder der Bühnenverein reformiert sich, und wird ein moderner Theaterverband mit den verschiedenen, auch getrennt voneinander agierenden Chaptern Theater und Gesellschafter, oder er zieht sich aus all diesen oben genannten Bereichen zurück.
Ganz am Rande:
Ich wiederum habe weniger Probleme mit der Statistik. Mir fällt nur auf, dass darin Theater geführt werden, die dort nichts zu suchen haben. Zum einen das HAU 1,2,3, diese wunderbare Produktionsstätte der freien Szene in Berlin, ist - wenn auch öffentlich gefördet, kein öffentliches Theater. Dann müssten Kampnagel, Mousonturm, sophiensäle, etc. pp. auch aufgeführt werden, und dann würden die Vertreter der Freien szene zurecht sagen, dass sich der Bühnenverein jetzt auch noch anmaßt, für die Produktionsstätten zu sprechen.
Ein anderer Mistake, die Berliner Opern tauchen zwei Mal auf, einmal als Opernstiftung und einmal als einzelne Opern. Das erhöht die Zahl der Theater und es verzerrt die Ergebnisse der Opern, denn die Kosten für die Werkstätten und die zentrale Verwaltung gehen dann offensichtlich gar nicht in die Berechnung der Kosten für die jeweiligen Opern ein.
Ich befürchte, dass diese Fehler in der nächsten Statistik wieder auftauchen; natürlich mit Steigerungsmeldungen, wie in jedem Jahr.
Ich würde deshalb in aller Bescheidenheit darum bitten, diese Statistik einmal richtig zu bereinigen. Das hat man ganz schön schleifen lassen in den letzten Jahren. Und für die enormen Summen, die jedes Theater an den Bühnenverein abführen muss (das sind im Schnitt, je nach Mitarbeiterzahl und Gesamtumsatz zwischen 15.000 und 80.000 Euro pro Theater pro Jahr) kann man besseren Service erwarten.
Der Hauptkritikpunkt ist m.E. jedoch die undurchsichtige, wenig transparente Politik des Bühnenvereins. Steuerfinanziert sollte er sich doch stärker für den Erhalt der Theater einsetzen und seine Aktionen transparent machen. Der Bühnenverein sollte sich vor allem auch im Osten stärker einsetzen für die Theater, weil man sonst unterstellen könne, er würde die ministerialen "Bereinigungsprozesse" in den neuen Bundesländern unterstützen. In Mecklenburg Vorpommern gab es keine Wortmeldung des Bühnenvereins, als der neue Intendant in Schwerin vergattert wurde, Zuwendungskürzungen hinzunehmen, und auch in Thüringen hat man eine Stellungnahme vermisst, als es wieder darum ging, dass das Theater in Weimar sich auf das Theater Erfurt fusionieren müsse, von Sachsen-Anhalt, insbesondere Dessau, aber auch Halle ganz zu schweigen.
In Punkt 8 gibt es eine fehlerhafte Beschreibung bezüglich der Oper Erfurt.
1. Abschreibungen sind kein Erlös sondern Kosten.
2. In der Statistik des Bühnenvereins ist ein sehr großer Betrag für Erfurt für "Auflösung" von Rückstellungen bei den Einnahmen enthalten und ein anderer (höherer) Betrag für den Abschreibungen bei den Ausgaben (3,2 Mio und 3,4 Mio).
Betrachtet man nur diese beiden Positionen, dann ergibt das ein Ergebnis von -200 TEUR. Erfurt verbessert sein Betriebsergebnis also offensichtlich nicht durch irgendwelche dubiosen Rechentricks. Und auch für die Ermittlung des Einspielergebnisses sind die beschriebenen "Auflösungen von Rückstellungen" ohne Bedeutung, da die Abschreibungen höher sind.
Sorry, auch wenn ich alle anderen Punkte der Liste unterschreiben kann, hier musste ich korrigieren.
das ist eine sehr gute Aufstellung von Perennes, ich habe dem im Moment nichts hinzuzufügen, möchte mich aber in Kürze mit den einzelnen Punkten noch mal beschäftigen.
DR, wir müssen ins Theater gehen, das ist wichtig, um diese Theater zu erhalten, und um so die Möglichkeit zu wahren, sie zu reformieren, an entscheidenen Punkten zu verändern. Der Bühnenverein sollte hierbei helfen, vorangehen. Unsere Aufgabe ist es, konsequent auf die kleinen oder größeren Misstände hinzuweisen.
Die Theater im Osten haben deshalb ihre Zahlungen nicht eingestellt, weil die Gesellschafter - die wiederum selbst im Bühnenverein sitzen, vertreten durch Kulturdezernenten, Oberbürgermeister, Ministerialbeamte - sie dazu verpflichten. Die Entscheidungsfreiheit ist sehr gering.
Solche Summe sind vor allem dann bitter, wenn dieses Geld beim Kinder- und Jugendtheater, beim Tanz oder bei den Gagen der jungen Schauspieler und Assistenten fehlt, denn das sind die Bereiche, bei denen am schnellsten Abstriche gemacht werden. Ein Haus, das sagen wir mal, 30.000 Euro Mitgliedsbeitrag pro Jahr zahlt, könnte davon auch 20 Ensemblemitgliedern jeden Monat 100 Euro mehr Gage zahlen.
Werte Perennes, das ist richtig was Herr Klaus M. schreibt; ich habe versucht, das anhand der Statistik des Bühnenvereins nachzuvollziehen. Was mir bei Erfurt jedoch dennoch auffällt ist aber, dass durch die diese völlig obsolete Berechnung von Abschreibungen und entsprechende Auflösung von Rückstellungen die Summe der eigenerwirtschafteten Einnahmen überproportional erhöht und das Ergebnis damit deutlich wird:
real und eigentlich:
4 Mio Eigeneinnahmen auf 22 Mio Gesamtbudget = 18% Einspielquote
neu und verzerrt:
mit Auflösung von Rückstellungen, die eigentlich nicht in eine solche Berechnung gehören!
7 Mio Eigeneinnahmen auf 25 Mio Gesamtbudget = 28% Einspielquote.
Man erhält durch diese kleine Zauberei eine Einspielquote, die um 10% höher ist als die eigentliche und bringt damit die Augen der Gesellschafter zum Leuchten, beeindruckt Presse und Zuschauer und blamiert die anderen Theater der Region, deren Quoten eben alle etwa 10% unter der Quote des vermeintlichen Starperformers liegen.
Ich denke, das Beispiel Erfurt ist einleuchtend, auch auf die Gefahr hin, dass dies einige Mitleser hier langweilt. Es geht aber um das exemplarische und um das symptomatische dieser Statistik.
Ich kann nur konstatieren, dass das geschönt und nicht Rechtens ist, auch wenn es in der betriebswirtschaftlichen Darstellung korrekt ist.
Die Auflösung von Rückstellungen hat nichts mit den tatsächlichen Eigeneinnahmen zu tun, die wir darstellen wollen, um die reale Einspielquote zu ermitteln. Das ist eine heftige Verzerrung der Ergebnisse und schönt in der Konsequenz die Gesamteinspielquote aller Theater.
Wie ich beim Überlesen der Theaterstatistik festgestellt habe, betrifft das in einer Größenordnung von mehr als einer halben Million Euro sechs (6) Theater.
Soviel dazu in gebotener Kürze.
Ich möchte den Bühnenverein deshalb herzlich bitten, dies mit klugem Sachverstand zu überarbeiten. Ich vermute, das ist übersehen worden.
wenn die Theater das Geld nicht mehr an den Bühnenverein überweisen, kann dieser keine Prachtfeiern mehr ausrichten, wie den Theater-Faust (was für ein dümmlicher Titel, da gefällt mir Bambi wirklich besser; muss Theater wirklich auf das Niveau von RTL und SAt1 herabsinken???),
oder wie die Weihe-Spektakel der Bühnenvereins-Sitzungen, in der zukünftige Karrieren gemacht und bestehende stabilisiert werden.
Und natürlich werden aus diesen Geldern die Reisen der Vorstandsmitglieder des Bühnenvereins bezahlt, also der Kurfürsten, die die Träger dann dabei beraten, wen sie als neuen Intendanten auswählen sollen, Das wird aber alles nicht passieren, wenn es diese verrückten Intendantenwahlen nicht mehr gibt. Der Tag wird kommen...
Das erinnert mich manchmal doch ein wenig an Fußball....
aber hier nun zum Artikel:
http://www.profil.at/home/auslaufmodelle-298033
"Ein Paradigmenwechsel zeichnet sich ab: Die Ära jener Kulturfürsten, die ihre Institutionen jahrzehntelang autokratisch beherrschen, scheint auch in Österreich unwiderruflich zu Ende zu gehen."
(und dort ist wirklich etwas passiert, endlich, mit der Abberufung des übermachtigen Wiener Bundestheater-Holding-Chefs Springer, auch aus anderen, auf nachtkritik diskutierten Gründen)
Und es wäre eine Geste, wenn sich der Bühnenverein verstärkt für die Theater im Osten einsetzt; auch wenn das Volkstheater in Rostock im Moment aus dem Bühnenverein ausgetreten ist, sollte der Bühnenverein dort helfen, vermitteln, moderieren. Ein ganzes Schauspiel und ein Tanztheater werden abgewickelt, und niemand schreit auf?
Die Tradition des Rostocker Theaters ist sehr alt. Unter Perten hat das Theater ostdeutsche Uraufführungen von Frisch, Dürrenmatt, Weiss gespielt und sich deutlich weniger abgeduckt als die großen ostdeutschen Leuchttürme.
ich erlaube mir nur einen kurzen Kommentar.
Das ist korrekt, Perten war Mitglied des ZK, er war jedoch nicht der einzige, auch der Leipziger Intendant Kaiser, und der Karl-Marx-Städter, und und und, bis hin zu Christa Wolf.
Wenn er clever genug war, die Lizenzen für das Volkstheater zu ergattern lag das auch daran, dass einige der Berliner und auch andere Theater im Osten Deutschlands mit ihren Klassikern kämpften und rangen, wie von Ulbricht und später auch seinem Nachfolger Honnecker bevorzugt. Da war leider wenig Platz für neue Stoffe aus dem Westen oder aus dem eigenen Land. Man bedenke nur die langjährige Unterdrückung der Texte von Heiner Müller oder die Probleme die Peter Hacks hatte.
Wie dem auch sei, dem Vorschlag Herr Andre's ist zuzustimmen. Der Bühnenverein muss aktiver werden und sich klar positionieren. Das wäre erst einmal der erste Schritt. Er muss seine Politik verkünden, denn im Moment wissen wir ja nicht einmal wofür er steht.
Eine klare Ansage gegen jegliche weiteren Kürzungen, gegen jeglichen Abbau und natürlich auch gegen die oben angesprochenen, unsäglichen Fusionen wäre hilfreich. Dass sich der Bühnenverein nicht zu Rostock geäußert hat ist unmöglich, Mitgliedschaft im Bühnenverein hin oder her.
Wie wir alle wissen, befinden sich viele junge Künstlerinnen und Künstler in prekären Lebenssituationen, insbesondere dann, wenn sie plötzlich nichtverlängert werden und keine Anschlussengagements finden.
Wie wir alle wissen, befinden sich einige der kleinen und mittleren Theater vor allem im Osten Deutschlands in einer prekären Situation, weil sie zu wenig politische Unterstützung finden.
Ich möchte deshalb zwei wirtschaftlich und sozial greifende Vorschläge machen:
1. Alle Intendanten spenden 10% ihres Jahreseinkommens zur Finanzierung des Übergangs für junge Künstlerinnen und Künstler. Damit kommt eine Summe von 2,8 Mio Euro p.a. zusammen, womit 400 jungen Künstlerinnen und Künstlern ein Übergangsstipendium von 7000 Euro gewährt werden könnte, wenn sie aufgrund ihrer prekären Lebensumstände und Verdienstverhältnisse unter eine noch festzustellende Grenze kommen.
Bevorzugt werden alleinerziehende Mütter und Väter.
Damit würden die Intendanten einen Beitrag leisten, den Menschen zu helfen, deren Karrieren sie möglicherweise selbst beeinträchtigt haben.
Man könnte eine Stiftung gründen, die das Geld durchleitet. Die Intendanten würden sog. Patenschaften für ein Jahr übernehmen, soziale Verantwortung.
2. Der Bühnenverein stiftet 20% seiner Jahreseinnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, ca. 400 - 500 T€, um kurzfristige, unabhängige Beratungseinsätze bei Theatern im Osten Deutschlands, aber auch in ganz D zu finanzieren, damit diese nicht Hals über Kopf, wie in Rostock geschehen, selbst Vorschläge zur Abwicklung ihres eigenen Schauspiels machen, wie bei Rosinski und Latchinian. Es ist ein Kapitalfehler, selbst Verantwortung für Kürzungen und Druck der Politik zu übernehmen. Theaterleiter müssen kämpfen, um jeden Cent und sich durch externe, objektive Beratungsexpertise stärken. Die Theaterleiter sind durch das Tagesgeschäft so eingespannt, dass sie bei gehörigem politischem Druck zwischen die Mühlräder geraten und nur Fehler machen. Sie müssen sich entlasten, selbstverständlich ohne die Zügel aus der Hand zu geben.
Sehr gerne Kommentare und weitere Vorschläge.
Ani, was meinst Du mit Fussball?
An alle, das ensemble-netzwerk und die Konferenz Konkret beschäftigen sich auch mit vielen dieser Themen. Sehr seriös und profund, und mit einer starken Basis unter denn Bühnenkünstlern. Man kann davon ausgehen, dass sich in den nächsten Jahren hier ein neuer, wichtiger und vor allem verantwortungsvoller Player entwickeln wird.
Das wäre ein Signal.
Nicht mehr das Sprücheklopfen, das Theater muss, sollte, wollte, könnte "gesellschaftliche Verantwortung" übernehmen, aber dann verließ es der Mut.
So lange Intendanten in ihren neuen Spielzeiten peinliche Einführungen schreiben können, wie:
"Erinnern uns die Geflüchteten daran, dass auch wir in unseren unendlich anderen Lebensverhältnissen manchmal gerne mutig wären, Grenzen überschreiten würden....." (Theater Darmstadt, K. Wiegand),
dann besteht doch sicher noch einiges Potential endlich mutig zu werden und Grenzen zu überschreiten, sich wirklich für Künstler in Not zu engagieren und nicht nur ein Programm zu machen, dass die eigenen Gefühle und die der Zuschauer in Dauerlähmung versetzt.
Bitte gehen Sie voran, verehrte Intendanten, begründen Sie eine Initiative mit oder ohne Bühnenverein, und vielleicht gibt es sogar noch eine Stiftung, die den Fonds aufstockt.
Auch ich schließe mich dem Aufruf zur Konferenz des ensemble-netzwerkes an, möchte aber ausrichten, dass ich selbst auf einem Gastspiel sein werde also dieses Mal fehlen werde. Das nächste Mal bestimmt, Sie machen eine tolle Arbeit, verehrte Lisa P. Toi, Toi, Toi.
p.s.: Ich sammle gerade die peinlichsten Intendanten-Zitate in den Spielzeitheften der kommenden Saison, und werde sie dann gerne der nachtkritik-community zur Verfügung stellen.
latchinian hat keinen vorschlag zur schließung des schauspiels in rostock gemacht, herr cotard. das ist ausschließlich nur auf rosinskis mist gewachsen. soviel fairness muß schon noch sein.
Es gibt nur einen Zweck des Theaters, und ich glaube an ein Theater das nur dem Schauspieler gehört.
Max Reinhardt
Ach nein, O. Reese, Frankfurt, und bald Intendant am Berliner Ensemble, möchte sich hier einreihen, und wandelt ab:
Das Theater steht nicht nur in der Mitte der Stadt, es verortet sich auch in ihrer Gesellschaft. Und im Mittelpunkt des Theaters steht der Schauspieler. (Oliver Reese)
Herr Reese, wir nehmen Sie gerne beim Wort, "verorten" Sie bitte Ihr Theater, was auch immer damit gemeint ist, und stellen Sie den Schauspieler ins Zentrum all Ihrer Überlegungen. Und die Schauspielerin natürlich auch.
Rolf Bolwin, noch Geschäftsführer des Deutschen Bühnenverein, schrieb dies im vergangenen Jahr in seinem Vorwort zur jährlichen Theaterstatistik.
Diese Sätze zeugen von einer so geringen Sensibilität gegenüber dem, was wirklich passiert. Wäre es nicht angezeigt, insbesondere die vor allem von Fachleuten genutzte Theaterstatistik statt mit einer Erfolgsmeldung zu versehen, eher kritisch zu beleuchten und die Aspekte herauszuarbeiten, die unsere Theaterlandschaft gefähdren:
Eine prekäre Situation der jüngeren künstlerischen Mitarbeiter, Spieler, Sänger, Tänzer, sinkendes Interesse der Menschen am Theater, eine Überproduktion, tendenziell sinkende Zuschüsse.
Nicht die Zuschauerzahlen sind gestiegen, sonder die Beiprogramme, die von zusätzlichen Zuschauern besucht werden, Matineen, Stückeinführungen, Diskussionen, Hausführungen.
Wenn die Theater wirklich so erfolgreich wären, wie Herr Bolwin schreibt, warum zahlen die Theater ihre Schauspieler dann nicht besser, warum verhandelt Herr Bolwin in aller Härte einen Mindestlohn für künstlerisch Beschäftigte, der unter 1800 Euro liegt?
und umgelegt, bei realistischen 60 Wochenstunden Arbeit bei 6,92 liegt, selbst wenn man großzügig nur 50 Stunden berechnet, liegen wir bei 7,82. Ist das fair?
Das ist weniger als eine Verkäuferin bei Schlecker oder eine Putzfrau (deren Arbeit wir in Ehren halten)!!
Oder wird jetzt wieder argumentiert, dass die Zeit, die ein Schauspieler zu Hause lernt, nicht angerechnet werden kann, oder ein Assistent, der zwischen den Proben arbeitet, zwischen den Proben mit dem KBB die Probendispo abstimmt, und noch eine Abendspielleitung übernimmt, doch zwischen Morgen und Abendprobe eine Pause machen könnte? Ein Assistent arbeitet von 9 bis 23 Uhr durchgängig an 6 Tagen in der Woche??
Das sind 14 Stunden täglich, das sind an 6 Tagen 84 Stunden, das ist mehr als doppelt so viel, wie der Kollege in der Technik oder die Kollegin in der Verwaltung (deren Arbeit wir an dieser Stelle gleichfalls ehren wollen!).
Was nun, Herr Bolwin? Was tun, Herr Grandmontagne?
p.s.: Wir freuen uns auf Ihre nächste Theaterstatistik und die nächste Erfolgsbilanz. (Es wird allerhöchste Zeit, dass die Statistik von einem unabhängigen Büro geprüft wird.)
Umso schlimmer. Ich glaubte der Presse entnehmen zu können, dass beide, Rosinski als Autor und Latchinian als Mitunterzeichner, das Papier abgesegnet und eingereicht haben. Latchinian hat lediglich eine Verschiebung der Abwicklung des Schauspiels ins Spiel gebracht. Er hätte sich auch mit einem Dementi gegen das Papier insgesamt stellen können, hat er aber m.W. nicht.
Ich würde mich freuen, wenn ich mich täusche.
nein, latchinian hat auch nicht mitunterzeichnet, das hat auch nur rosinski allein.
latchinian versucht immer noch soviel schauspiel, wie möglich zu bewahren, wirkt allerdings zunehmend desillusioniert. kein wunder, nach rosinskis illoyalität - und der akzeptanz für dessen hybridmodell - igitt, schon ein solches wort, naja, neoliberal und kunstfern.
Danke, werte Cat, dass Sie uns da aufklären. Man hat diese Illoyalität Rosinskis ja bereits vermutet, ich fürchte nur, er wird in seiner künftigen Position in Halle wieder Schaden anrichten, wie auf seiner bisherigen Reise. In Halle stehen die Kürzungen von Stellen an, die nach der Zusammenlegung aller Theater und Orchester angeblich - so sagt die politische Kaste - nicht mehr gebraucht werden und überzählig sind. Es wäre schön, jetzt dort bald einen Geschäftsführer zu haben, der um jede Stelle kämpft.
Vom Bühnenverein erwarte ich deshalb auch eine klare Aussage und Richtlinie, wie Theaterleiter zukünftig mit ihnen anvertrauten Theatern umgehen sollen. Eine Art moderner (Ehren) Codex, der jeden Opportunismus verbietet, und der besagt, dass kein Intendant, ob im Amt, oder gerade berufen, Schließungen, Kürzungen, Fusionen exekutieren darf, was immer heisst, Menschen zu entwürdigen und zu demütigen und Kunst zu zerstören.
Dass es die Aufgabe jedes Intendanten ist, zu kämpfen um Ressourcen, und Modelle zu entwickeln, mit denen die Menschen und das Programm weiterhin aufrecht erhalten werden kann.
Der weiterhin besagt, Künstler, Mitarbeiter des eigenen Hauses nicht mehr zu demütigen, in entwürdigenden Nichtverlängerungsgesprächen, oder bereits früher mit der immer mitschwingenden, latenden Bedrohung durch den schwarzen Monat Oktober im Theater.
Der besagt, dass Künstler nicht mehr mit Gagen am unteren Rand ihres Theaters bezahlt werden, sondern auskömmlich; und dass sie nicht mehr betteln müssen um Gagenerhöhungen, sondern diese automatisch in Kraft treten. (Ein Modell: Die automatische Gagenerhöhung wird nur dann nicht bezahlt, wenn der Intendant begründen kann, dass der Künstler die erwartete Leistung nicht erbring. In einem offenen Gespräch, mit der Möglichkeit, dies zu wiederlegen.)
Dass Künstler als Menschen behandelt werden, die über die Entwicklung ihrer Sparte eigenständig mit-entscheiden, und die an der Entwicklung des gesamten Theaters mitwirken können.
Und dass Künstlern ausreichend freie Zeit eingeräumt wird, zur Vorbereitung auf neue Produktionen, zum Textlernen, vor allem aber zur Regeneration.
Diese bei weitem nicht vollständigen Punkte können natürlich jederzeit mit dem Totschlagargument "Wer soll das denn bezahlen" aus der Welt geräumt werden. Aber die Kosten müssen hierfür nicht exorbitant hoch sein, eine Umverteilung ist sicher immer möglich. Denn die langfristigen Kosten: Krankeit, Demotivation, Burn-out, das Auseinanderfallen von Teams und Ensembles, die Einschränkung der künstlerischen Leistungsfähigkeit, sind deutlich höher als diese Kosten.
Super! Das unterstützen wir, eine gute Initiative.
Gut gefällt uns der Hinweis darauf, dass es (leider) schon jemanden geben werde, der auch bei weniger Förderung das Haus leiten wird.
(Man muss dazu sagen, dass dort gerade ein neuer Intendant gewählt wird, und die Stadt, die "Chance" nutzt, gleich einmal die Mittel zu kürzen.)
Genau das ist der springende Punkt. Wenn alle Intendanten, stehende oder zukünftige, aufgefordert werden, sich aus solchen Wahlvorgängen zurückzuziehen, dann gibt es niemanden, der eine solche Kürzung und die damit verbundenen Entlassungen exekutiert. Dann müssen Städten und Länder weiter finanzieren. Man muss mit den Mitteln agieren, zu denen zu greifen man gezwungen wird. Aber das hätte auch früher kommen können, lieber Bühnenverein:
Schwerin (2015), der neue, aus Nordhausen kommende Intendant L Tietje, (Mitglied des deutschen Bühnenvereins), akzeptiert eine Kürzung um mehrere Hundert Tausend Euro zum Antritt seiner Intendanz. Zudem setzt nach seiner Ernennung eine verheerende Nichtverlängerungswelle ein. Mit an Bord in der Auswahlkommission mehrere renommierte Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins.
Erfurt (2002), der neue, aus Gießen kommende Intendant G. Montavon (Mitglied des deuschen Bühnenvereins), akzeptiert eine Kürzung des Etats zum Amtsantritt. Er schließt den Tanz, das Kinder- und Jugendtheater und das Schauspiel. Beratend mit an Bord der Bühnenverein, und zwar sowohl beim Kürzungsgebaren, wie auch bei der Findung.
Halle (2016), eine Findungskommission bestellt den Rostocker Verwaltungsdirektor, Rosinski, als neuen Geschäftsführer der Bühnen und Orchester Halle GmbH (der exakte Name dieses Theater-Kombinates ist mir entfallen, es geht ja auch längst nicht mehr darum, dass sich die Menschen solche Namen einprägen können), mit seinem Amtsantritt akzeptiert er in den kommenden Jahren Stellen im Schauspiel und Orchester einzusparen. Beratend bei der Entwicklung des Theatermodells der Bühnenverein.
Diese Liste ließe sich beliebig forsetzen:
die Fusion von Stralsund und Greifwald,
und jetzt noch deren Fusion mit Neubrandenburg und Neustrelitz.
(wer denkt sich soetwas aus? wie technizistisch arbeiten Menschen, die glauben, dass das funktionieren kann? wer soll das vernünftig leiten? Ein fliegender Holländer?)
Gera/Altenburg, Quedlingburg, Zwickau/Plauen, der Zusammenschluß fast aller Dresdner Theater zu einem weiteren Kombinat, u.v.a.m.
Lieber Bühnenverein,
wir fänden es gut, wenn Ihr das nicht Salami-taktisch von Fall zu Fall entscheidet, hier mal Hagen, dort mal Stadt X, sondern generell eine Linie ausgebt, damit die Menschen und Theaterkünstler wissen, worauf sie sich einstellen können, wenn sie am Theater arbeiten.
Und damit die Gesellschafter, die ebenfalls im Bühnenverein mitwirken, endlich wissen, wo deren Grenzen sind, was die dort versammelten Intendanten mitmachen, und wo sie sich verweigern.
Jede Kürzung eines Theaters, das Mitglied des Bühnenvereins ist, verantworten alle im Bühnenverein versammelten Intendanten stillschweigend mit. Es gibt nur zwei Optionen, schweigen, oder sich zu Wort melden.
Schöne Pfingsten!
nota bene: es muss genau überdacht werden, ob der bühnenverein als Konstrukt zweier Gruppen - der politik und der intendanten - in dieser Form überhaupt funktionsfähig ist. Es wäre wichtig, wenn die intendanten eine starke, wortführende Institution ausbilden, so wie sie mit der Intendantengruppe im Ansatz entstanden ist.
Wenn der Bühnenverein sich als Institution für die Theater verantwortlich fühlt, müssen die bühnenkünstler in einer dritten Fraktion, neben politik und intendanten vertreten sein, ein tripartite-system. neuer Input, neue Ideen.
es wäre eine option, das neue ensemble-netzwerk zu kooptieren, das heisst für bestimmte anlässe als beratender partner zuzulassen, und erst einmal bi- und trilaterale gespräche zu führen.
es gibt nur ein ziel, die zukunft der theater abzusichern, und vor allem, sie gemeinsam zu gestalten. alleingänge nützen niemanden etwas.
Man muss die Politik da mit einbinden. Wenn dieselben Leute, die in ihren Gemeinden kürzen, sich auf den großen Bühnenvereins-Sessions am Buffet durchfüttern, und auf Lieb Kind mit den Intendanten machen, dann muss der Bühnenverein diese sogenannten Kulturpolitiker auch dazu zwingen, sich für ihre Theater einzusetzen.
insofern sollte ein solcher Kodex, wie ihn Kotard beschreibt, auch erweitert werden und die verantwortlichen Politiker mit einbinden, und wenn die sich wehren? dann müssen die Intendanten das publik machen, dann gibt es eine Sezession.
Die Intendanten tagen so lange alleine, bis die Gesellschaftervertreter einknicken und zusagen, diesen Kodex mitzutragen.
Es ist so viel möglich, wenn die Intendantengruppe ihre Potentiale endlich mal ausschöpft, und aufhört mit der Politik zu kuschel (and more), sondern klare Ansagen macht. Da helfen all die Geheimtreffen nichts, da muss auch gar nicht so viel über Verflüssigungen etc. diskutiert wird (peinlich), sondern über die hard facts. Überlasst doch die inhaltliche Diskussion anderen, der Akademie oder der dramaturgischen gesellschaft, so lange nicht die bestehenden 138 Theater abgesichert sind.
Wacht endlich auf, macht was!
Das nächste Theater, in dem gekürzt wird, könnte das Eurige sein.
Werte Perennes, Ani und Lauterbach,
das befürchte ich auch. Es wird nächste Kandidaten auch für Hagen geben, die es für weniger machen, als möglich wäre. Das geschieht immer wieder, und die Beispiele, die oben genannt worden sind, sprechen Bände.
Was mir bei allen Beispielen von Perennes aufgefallen ist, und hier muss man auch Rostock mit dazu nehmen: das überall die Oper gestärkt hervorgeht, während das Schauspiel oder der Tanz und das Kinder- und Jugendtheater abgewickelt oder zumindest lebensbeeinträchtigend gekürzt werden. Hinter der Oper stehen die Orchester, und hinter den Orchestern steht die starke Musikergewerkschaft DOV, die deutlich stärker ist und arbeitet als der Bühnenverein.
Das sieht man bereits daran, dass der DOV aus nahezu allen Tarifverhandlungen mit dem Bühnenverein gestärkt hervorgeht, selbst oder gerade wenn mit harten oder sogar ohne Bandagen gekämpft wird, während sich die Bühnenkünstler-gewerkschaften für Schauspieler, Tänzer, Sänger zuständig, immer ein blaues Auge holen, weil sie schwach sind. (Aber sie sollten sich dennoch auf keinen Fall mit ver.di verbinden.)
Man könnte fast denken, der DOV ist es, der die Theaterstruktur dieses Landes aktiv mitgestaltet, während der Bühnenverein zusieht, abnickt.
Fangen wir mal mit mit Gera/Alenburg an:
Bei der Fusion von Gera und Altenburg war auch das Schauspiel der Leidtragende, wenn man sich über den Zeitverlauf die Besetzung der Stellen anschaut. Erst wurden beide Standorte miteinander fusioniert, über 100 Stellen sind verloren gegangen. Dann wurde Gera als Standort großer Opern ausgebaut. Schauspiel gibt es dort noch, aber mit einer deutlich geringeren Strahlkraft. (30 Stellen Sänger/Chor, 22 Tänzer und nur noch 12 Schauspiel)
Dito in Halberstadt Quedlinburg, erst Fusion, dann Stärkung des Musiktheaters (30:7),
Nordhausen, hier wurde das Schauspiel komplett abgewickelt (letzter Intendant: Tietje, der jetzt in Schwerin weiter daran arbeitet ein nächstes Theater kaputt zu sparen),
Neustrelitz/Neubrandenburg (nur noch 10 Schauspieler, versus 23 Sänger),
Halle (54 Sänger, mit 134 Orchestermusikern!, und nur 23 Schauspielern für zwei Theater, das neue und das Thalia Theater),
Erfurt 2002 an, dort wurden Schauspiel, Tanz und Kinder- und Jugendtheater abgewickelt, das vergleichsweise schwache Orchester und die Oper bleiben.
und nun kommt auch Rostock mit dem "Erfurter Modell" hinzu, mit einer Komplettabwicklung des Schauspiels und des Tanzes.
Der Bühnenverein sieht zu, wie aus einem Land des Schauspiels, des Tanzes und der Oper, nur noch eines der Orchester mit angeschlossener Oper wird.
Auch die Art und Weise des Bühnenvereins, sich nicht verantwortlich zu fühlen für Rostock, nur weil Rosinski und Latchinian das Theater vorübergehend aus dem Bühnenverein ausgetragen haben ist kurzsichtig. Das Theater wird in wenigen Jahren wieder Mitglied des Bühnenvereins sein, wenn Rosinski und Latchinian, die Totengräber des dortigen Schauspiels und Tanzes, längst an anderen Orten schalten und walten.
Auch hierfür wäre eine klare Richtlinie des Bühnenvereins vonnöten, keine Kompromisse mehr zu machen und keine Sparten in den Theatern fallen zu lassen, sondern gerecht zu agieren, und in den nächsten Jahren vor allem den Tanz, das Kinder- und Jugendtheater und das Schauspiel zu stärken, um wieder eine Balance zu erreichen.
latchinian ist keinesfalls ein Totengräber des rostocker schauspiels, sondern dessen reanimateur gewesen - solange er durfte. auch das tanztheater gibt es noch, und zwar aktuell ebenfalls sehr vital, obwohl es schon 2015 abgeschafft werden sollte, was latchinian verhinderte. dass das Tanztheater 2019 weg sein soll, ist wiederum rosinskis vorschlag.
Es handelt sich hier mitnichten um einen Mitarbeiter der zweiten Reihe, sondern um den Intendanten, den Chef des Hauses. Warum hat er nicht per Anweisung seinen Verwaltungsleiter (denn mehr war Rosinski nicht) davon abgehalten, solche Modelle zu entwickeln? Er hätte es mit einem Wort gekonnt.
Das ist doch genau der springende Punkt, es wird immer Menschen geben, die sich dafür hergeben, diese Totengräberarbeit zu übernehmen. Und da sitzt Latchinian mit Rosinski in einem Boot.
Unglückliches Management, noch schlechtere Kommunikation.
Man kann nur trauern um das was in Rostock unnötigerweise kaputt gemacht worden ist; den größten Anteil daran hat allerdings ohne Zweifel die Kulturpolitik der Stadt und das diabolisch-technizistische Gutachten der Münchner Beratungsfirma Metrum, die Fusions- und Abwicklungs-Modelle für MeckPom entwickelt haben, wozu auch die teilweise Zerstörung des Rostocker Theaters gehört.
Das ist doch total unrichtig, was Sie da behaupten. Die Gmbh Volkstheater hat zwei Geschäftsführer mit 4 - Augenprinzip. Keiner steht über dem jeweils anderen Geschäftsführer. Eigentlich ist Herr Rosinski für Technik und Verwaltung verantwortlich und Herr Latchinian für die Kunst. Herr Rosinski ist aber schlicht und ergreifend übergriffig geworden und hat ein Gesamtkonzept entworfen ohne das mit Herrn Latchinian abzustimmen, deshalb hat dieser auch nicht mitunterschrieben.
Wenn dann noch die Politik das Konzept von Herrn Rosinski annimmt, obwohl dieser als Geschäftsführer nach Halle/ Saale wechselt, was soll Herr Latchinian dann noch machen? Gehen, ja, aber das wäre die Totalkatastrophe. Vielleicht kann er noch Schlimmstes verhindern, wenn er wirklich verantwortlich sein kann - als alleiniger Intendant, denn einen anderen Geschäftsführer soll es auch nicht mehr geben. Vielleicht, vielleicht. Ich würde mich freuen.
Hallo Cat, Rostocker, so leid es mir tut, dann hätte Herr Latchinian das in der Presse so ganz klar darstellen müssen, er hätte sich von diesem Modell ganz klar distanzieren müssen. Das hat er nicht, insofern sind Eure Annahmen für mich im Moment nur Spekulationen, auch wenn vielen klar sein wird, dass Herr Rosinski einfach mit der Politik gekungelt hat. Aber genau da muss ein Intendant einschreiten, Stellung beziehen.
Es wäre möglich gewesen, dass Latchinian in der Presse seine Vorstellungen darstellt und sich ganz klar distanziert. Nur so kann die künstlerische und personelle Substanz von Theatern gerettet werden.
Hier soll es aber nicht um zwei Personen gehen, sondern um das Beispielhafte an diesem Vorgang. Welche Verantwortung ein Intendant letztlich hat, und wie schnell ihm diese über den Kopf wachsen kann.
Im Prinzip hätte hier auch das oben mehrfach angesprochene Direktorium geholfen und den Intendanten entlastet, der hier, die Presse berichtete ja darüber, erst einmal eine erschöpfungsbedingte einmonatige Auszeit nehmen musste, wie der Verwaltungsleiter auch.
Ein Team aus Fünf Direktoren wäre stabiler geblieben, auch objektiver und standhafter gegen jegliche und mögliche Vereinnahmungs-Versuche der Politik. Zudem wären die anderen Aufgaben nicht liegen geblieben, was sich immer rächt - der Theaterbetrieb muss laufen, eine neue Spielzeit gemacht und durchgeplant werden. Dass zwei Direktoren krankheitsbedingt einen Monat ausfallen war kein Zufall. Dass fünf Direktoren zur gleichen Zeit ausfallen wird niemals vorkommen.
Ein weiterer Vorteil des Direktoriums sind natürlich die Möglichkeiten, Varianten viel objektiver zu besprechen und zu kalkulieren, ehe sie an die Öffentlichkeit gegeben werden.
(Das in Rostock plötzlich Rosinskis auch methodisch und fachlich sehr fragwürdige, unausgegorene Modellpapier in der Öffentlichkeit auftauchte, noch bevor es beschlossen wurde, zeugt von Eitelkeit und maßloser Arroganz.)
latchinian hat von kurzschluß, schnapsidee, großem Fehler gesprochen, von unverantwortlich, von korrekturbedürftig, hat widerstand angekündigt - und versucht gegenvorschläge zu machen. aber es war und ist wohl zu spät.
"Über Gagen wird im Theater eisern geschwiegen. Nur ältere Schauspieler, und oft solche, die noch das Mitbestimmungstheater wie an der alten Schaubühne unter Peter Stein oder in Frankfurt zu Zeiten Peter Palitzschs kannten, sprechen darüber. Nicht um irgendjemanden zu entlarven, sondern eben im Bewusstsein, dass Geheimhaltung der Boden ist, auf dem so manche Ungerechtigkeit keimt. Peter Stein konnte jedem Schauspieler und jeder Schauspielerin begründen, warum er oder sie weniger verdiente als eine andere. Die Gagen waren nicht gleich, aber eben transparent und begründet. Wir werden aus öffentlichen Mitteln bezahlt, und Transparenz wäre da doch durchaus angebracht. Heute wird geschwiegen, aber generell ist schon klar, dass Schauspielerinnen im Durchschnitt schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen. Über Gagen würde nur offen diskutiert werden, wenn überhaupt offener geredet werden würde: welche Stücke wir spielen, wie sie besetzt werden, wer sie wie inszeniert. Nichts davon wird mehr gemeinschaftlich besprochen. Es geht heute wieder sehr autoritär zu.
FAZ: Das klingt, als wäre das Intendantenbüro eine der letzten Festungen des Patriarchats.
Das ist auch so. Absolut."
Mehr muss man eigentlich nicht sagen, um zu sehen, wie wichtig all die Punkte sind, die hier debattiert werden, und wie wichtig Veränderung am Theater ist.
Also, aufwachen, Schauspieler*innen,
wenn Ihr Euch ungerecht behandelt fühlt, Spielplanung und Gagen nicht transparent dargelegt werden, wenn Kolleg*innen ungerechtfertigterweise nichtverlängert werden, dann steht für einander ein. Ihr seid diejenigen, die Abend für Abend ihren Kopf, ihren Körper, ihre Seele hinhalten. Theater ohne Schauspieler gibt es nicht. Alles andere schon.
(p.s.: liebe Bettina Hoppe, Sie sind nicht nur eine der besten Schauspielerinnen dieses Landes, sondern auch eine der klügsten. Danke für diese Botschaft; Das wird nur Ernst genommen, wenn Führungsschauspielerinnen wie Sie hier klare Ansagen machen. Danke dafür!
Wir haben Sie gestern Abend im Tatort gesehen, als Kunstexpertin des BKA. you made the show!)
Deshalb wäre es hilfreich, wenn besprochen wird, wie man mit diesen drängenden Problemen in Zukunft umgeht, wie man sie anspricht, und wie man die Kommunikation mit der Intendanz hält, es ist ja nicht damit getan, etwas in der Ensemblesitzung anzusprechen, es muss immer wieder nachgefragt werden, auch wenn das eine ermüdende Tätigkeit ist.
Wir wollen das Gagenthema besprechen, wie man den jungen, ganz neu ins Ensemble kommenden helfen kann, in einem ersten Vertrag eine vernünftige Gage zu verdienen, und auch die Gagen derjenigen, die seit drei Spielzeiten keine Gagenerhöhung bekommen haben, und andere plötzlich einen Sprung machen, ohne dass die Leistung ersichtlich besser ist,
und wir wollen die Nichtverlängerungen besprechen, vor allem die Fälle, die wir im Ensemble als ungerecht empfinden, wir werden auch endlich durchsetzen, dass in den Nichtverlängerungen immer jemand von den Ensemblesprechern dabei sitzt, um zu lernen, wie der Intendant argumentiert, und wie man selbst am besten und klügsten argumentiert.
Ich bin zu jung, um einschätzen zu können, wie das Theater unter Stein und Palitzsch funktioniert hat, aber ich bin sicher kein Prophet wenn ich sage, dass wir an unsere Grenzen kommen, und dass nur hilft, wenn wir uns bei jedem Problem zusammen setzen mit dem Intendanten. Wir haben uns vorgenommen, Entscheidungen des Intendanten, die keinen Sinn machen, auszudiskutieren.
Zum Schluß noch was zu den Stunden, das sehe ich nicht als das Problem an, das gehört zu unserem Beruf, in der Endprobenwoche auch mal jeden Abend Kritik bis nach Mitternacht zu machen, wenn die Gage stimmt.
Wenn sich die Spieler mit den Tänzern und Sängern austauschen, auch über das eigene Theater hinaus, kann man viel schneller in ERfahrung bringen, was die Kollegen an den anderen Bühnen bereits erreicht haben. Wenn man Vorschläge zur Verbesserung der Situation macht, vor allem wenn es um Gagen, um Spielpläne, Besetzungen und Nichtverlängerungen geht, dann wird es leichter in der Argumentation.
Ausprobieren, vernetzen, austauschen....
Wenn wir den Samstag als vollen Arbeitstag rechnen wollen stehen allein aufgrund der Nachtruhezeit maximal 78 Stunden/Woche zur Verfügung, davon müssen mindestens 2 Stunden x 6 Tage abgezogen werden für Mindestruhezeiten zwischen zwei Proben (falls keine Vorstellung stattfinden sollte), bleiben 66 Stunden. Zugegeben: ohne Textlernen. - Ein erster Schritt zur Verbesserung schiene mir, dass die Kollegen an IHREM konkreten Theater, IHREM Regisseur, IHREM Intendanten gegenüber erst einmal auf der Einhaltung dieser bereits erreichten Standards bestehen. NEIN sagen, wenn die Kritik bis 24:00 Uhr geht und trotzdem am nächsten Morgen wegen der Komplettprobe 08:45 Uhr Maskenbeginn für die ersten sein soll. Und solange dafür der Mut fehlt... sorry, selber schuld.
Kein Ensemble-Netzwerk der Welt wird Schauspieler von ihrem Alltags-Opportunismus den verschiedenen Leitern gegenüber befreien können, "um uns selber", so Brecht, "müssen wir uns selber kümmern".
Lieber Herr Heinse,
danke für Ihren Hinweis, aber Sie wissen doch selbst wie unrealistisch das ist, zum Beispiel dem Intendanten oder dem Spartenchef, der gerade inszeniert, die Probenzeit zu verweigern.
Das macht man einmal, bekommt vielleicht sogar sein Recht, und der nächste Oktober naht.
So lange es keine Kultur des progressiven Widerspruchs und der Kritik gibt, helfen auch die besten Regeln nichts, wenn die Leitung sich nicht dazu verpflichtet, dass diese eingehalten werden.
Die Regeln müssen von oben mit Leben erfüllt werden. Der Intendant ist dazu verpflichtet, dass die Arbeitszeitregeln eingehalten werden, um das durchzusetzen, hat er einen Betriebsdirektor. Und ein Regieassistent ist auch nicht in der Lage, einem Regisseur zu widersprechen. Die lakonische Art mit der Sie die Schauspieler hier auffordern, ihre Rechte einzuklagen, macht doch das ganze Dilemma der Theatermisere deutlich. Kümmert Euch selbst, sonst wird Euch nicht geholfen. Also ist doch die ganz normale Schlussfolgerung, dass sich die Mitglieder der Ensembles zu einem starken, unabhängigen Netzwerk zusammen schließen.
Noch was anderes:
Insider (so der vielversprechende Kommentarname) postet auf der Seite zum Coburger Intendantenwechsel:
"Bodo Busse wird Generalintendant in Saarbrücken und Uli Khuon und Anna Badorra - beides erfolgreiche moderne Intendanten in der Findungskommision, wählen diesen aus...- Warum??? - "
Unabhängig von der inhaltlichen Setzung dieses Schreibens wird doch wiederum deutlich, wie prominent der Deutsche Bühnenverein hier wieder einmal mehr bei der Findung der neuen Intendanz beteiligt war. Der Deutsche Bühnenverein ist die Intendanten-Jobbörse geworden, anstatt sich um den Erhalt und die Zukunft der Theater und eine gerechte Zusammenarbeit an den Theatern einzusetzen. Damit wird er zu einer Interessens-Gemeinschaft ausschließlich der Intendanten und der Gesellschafter und sollte sich auch ehrlicherweise entsprechend umbenennen. Zu einem Bühnen-Verein wird er damit nicht.
Diese Aufstellung ist haltlos. Auch für NV Bühne-Beschäftigte gilt das Arbeitszeitgesetz. Will heissen: 48 Stunden regelmäßige Arbeitszeit pro Woche, im Ausnahmefall 60 Stunden, wenn diese Mehrstunden innerhalb von 24 Wochen ausgeglichen werden. Alles andere ist unzulässig und gehört juristisch verfolgt.
lieber herr heinse, ja, sagen wir 66 stunden, und die sonntagsvorstellung, dann sind wir wieder bei 70 stunden, und das woche für woche, das ist die realität. das sind 300 stunden im monat, das ist doppelt so viel wie der Bühnenarbeiter oder die Verwaltungsmitarbeiterin. Und das für nicht einmal 2000 Euro für die jungen.
Jetzt ist die NV-Bühne Tariferhöhung verhandelt, 2,4 %, aber noch immer keine 2000 Euro Einstiegsgehalt. Das ist so schwach, und zeugt von so wenig Respekt. Herr Bolwin, schämen Sie sich!
Und lieber @heinse, Sie haben noch nie im Theater gearbeitet?!
48 Stunden, dann wäre Freitag Mittag die Woche zu Ende......
wie bei unseren Kollegen in der Werkstatt und in der Verwaltung.
sage ich ja.
warum Sie unbedingt eine prinzipielle zustimmung als harschen protest formulieren müssen... aber das wird wohl dem geist dieses forums hier geschuldet sein ;-)
Es ist eine Frechheit, dass der Bühnenverein eine offensichtliche Definitionshoheit darüber hat, wer dazu befähigt ist das Amt eines Intendanten zu übernehmen. Woher wollen die Kurfürsten des Bühnenvereins eigentlich wissen, ob ein Intendant wirklich gute Arbeit geleistet hat, wenn sie ihn nur aus der Gremienarbeit des Bühnenvereins nicht aber aus der täglichen Arbeit im Theater kennen. Kein Ensemblemitglied wird befragt. Es wird so getan, als wäre alles eine heile Welt.
Ein unglaublich arrogantes, selbstreferentielles System, das besessen ist von seinem Machtanspruch und dem Bestreben eines Machterhaltes, zur Sicherung der Intendanz, der Hierarchie.
Das hat nichts mit dem eigentlichen Sinn des Theaters zu tun, arbeitsteilend und als Team Theater zu machen und neue Inszenierungen zu entwickeln.
So lange wie das Theater nicht seine strukturellen Probleme und seine innere Ungerechtigkeit in den Griff bekommt, sind all die Solidaritätsadressen und alles soziale Getue mit Ecucation, Bürger- und Migrantentheater, sozialen Stoffen und Poduiumsdiskussionen eine reine Heuchelei.
Ich habe seit 25 Jahren an geschätzt 25 verschiedenen Stadt- und Staatstheatern gearbeitet, in den von mir zu verantwortenden Produktionen gab es die von Ihnen als "Realität" beschriebenen Arbeitsverhältnisse nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen bei schwierigen Endproben / Umbesetzungen / kurzfristigen Regie-Übernahmen.
ich denke, Empörung über die ungerechten Strukturen, die an den Theatern herrschen und die hier auch noch einmal schlagend herausgearbeitet worden sind, hilft nicht wirklich weiter. Ich gebe hier noch einmal eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung weiter, die wir in den Meldungen zusammengefasst haben. Unter anderem untersucht diese Studie, welche Maßnahmen geeignet sind, um die Verhältnisse an Theatern und in anderen Kulturinstitutionen im Sinne der KünstlerInnen zu verbessern.
http://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_319.pdf
Gruß
jnm
das ist sehr freundlich. Danke für den Hinweis. Wir werden die Studie studieren! Ich gehe davon aus, dass der Bühnenverein darauf reagieren wird.
Dennoch empfinde ich die Diskussion hier nicht als reine Empörung, sondern eher als Lernpfad. Ich habe viel gelernt, und vieles besser verstanden. Davon, dass Forderungen, zuweilen zugespitzt formuliert und Menschen sensibilisiert werden, entsteht Entwicklung. Danke für die Möglichkeit, dass wir das hier tun können.
Die Tarifsteigerungen um 2,3 bzw. 2,4% entsprechen genau dem, was andere für den öffentlichen Dienst bereits ausgehandelt haben.
Meine Frage:
Wieso muss ein Bühnenverein noch wochenlang verhandeln, nur um dann Jahr um Jahr das Ergebnis zu erzielen, das ohnehin schon verhandelt wurde?
Und noch etwas: All jene, die für die laufende Spielzeit eine kleine Gehaltserhöhung bekommen haben - die Tariferhöhung entfällt dann meist, so steht es zumindest im NV Bühne. Das ist eine ganz üble Klausel, die viele Künstler gar nicht kennen; Manche Glückliche haben vielleicht 200 Euro Gagenerhöhung bekommen, endlich, und dann merken sie, dass ihnen die 50 Euro Tariferhöhung nicht mehr gezahlt werden.
Übrigens kann man das als Ensemble Kollektiv oder individuell nachverhandeln. An einigen Theatern wird das gemacht, dass auch jene die Tariferhöhung bekommen (die ihnen eigentlich grundsätzlich zusteht), die eine Gehaltserhöhung in der laufenden Spielzeit erhalten haben. Also unser Tipp: setzt Euch im Ensemble zusammen und bittet die Leitung darum, das generell zu ändern. Alle NV-Bühne Mitglieder des Theaters bekommen eine Tariferhöhung, auch wenn sie bereits eine Gagenerhöhung bekommen haben.
Kämpft darum.
Und noch etwas: Manche Intendanten lassen sich - obwohl sie Intendanten- oder Geschäftsführerverträge haben - auch die Tariferhöhung zahlen, obwohl sie weder NV-Bühne Mitglied noch Arbeitnehmer sind.
Es gilt der Grundsatz: Wo viel Geld ist, muss noch mehr Geld dazu kommen, es gehört nur etwas Phantasie dazu.
Sam, das ist schon ein wenig kleinlich, die Tariferhöhung den anderen nicht zu gönnen. Wir reden hier über minimale Erhöhungen, die einem Theater nicht weh tun. Wenn es darum geht, dass der Intendant seine beiden Regie-Optionen zieht, sich also auf seine 200 T@ noch seine beiden Regien mit je 20 T€ zusätzlich vergüten lasst, sagt doch auch niemand was.
und diese sogenannten hochkomplexen Regelwerke haben doch mit den Verhandlungen nicht zu tun. Das eine erarbeiten hoch dotierte Juristen, die ein Theater nur von außen kennen, das andere verhandeln hoch dotierte Lobbyisten und Gewerkschafter, die das Theater auch nur von außen kennen, aber von sich behaupten, mehr davon zu verstehen. zwischen diesen beiden Prozessen gibt es keinen unmittelbaren Zusammenhang.
http://www.deutschlandradiokultur.de/schwerin-streit-um-eine-elefantenkuh-in-aida.1001.de.html?dram:article_id=354429
Auch über die Jubiläen in Greifswald und Stralsund gab es nen Beitrag:
http://www.deutschlandradiokultur.de/stralsund-und-greifswald-wenn-zwei-theater-100-werden.1001.de.html?dram:article_id=354404
§58 Satz 5b ist eine "kann"-Vereinbarung. Sie muss im Arbeitsvertrag gesondert aufgeführt sein. Wenn dort nicht explizit steht, "Das Solomitglied nimmt nicht an einer Gagenanpassung teil, die für die ersten zwölf Monate nach einer arbeitsvertraglichen Gagenanpassung tarifvertraglich wirksam wird." (o. sinngemäß formuliert), dann gibt es die Tarifsteigerung.
Ganz wichtig (und immer wieder Streitthema): Die Formulierung "für die ersten zwölf Monate". Beispiel: Die Gage eines Solisten ist zum 1.9.15 auf bsw. 2.400 EUR erhöht worden. Die Tariferhöhung gilt ab dem 1.3.16. Zwölf Monate nimmt der Solist nicht teil, am 1.9.16 wird die Tarifanpassung umgesetzt.
Ebenso wichtig: Ein Solist hat eine Gagenerhöhung zum 1.9.16 vereinbart. Hier gibt es zwei Möglichkeiten.
1. Eine Erhöhung UM 200 EUR ist vereinbart. D.h. die Tariferhöhung kommt rückwirkend zum 1.3.16, die NEUE Gage wird am 1.9. um 200 EUR erhöht.
2. Eine Erhöhung AUF einen bestimmten Betrag wird vereinbart. D.h. die Tariferhöhung kommt rückwirkend zum 1.3.16. Am 1.9. wird die Gage auf die vereinbarte Höhe gebracht (Hier verliert der Solist im Grunde die Tariferhöhung ab dem 1.9., trotzdem wird die Gage natürlich erhöht...)
Also seid vorsichtig, bei Gagenerhöhungen --- Im Zweifel wendet euch an eiuren Betriebrat.
(...)
Da wird ein Theater systematisch abgebaut, und [Generalintendant Kümmritz] kommt mit einem Elephanten zur Aida. Leider ist sein Nachfolger nicht besser. Wir befürchten schlimmes für das Theater in Schwerin, auch angesichts dessen, was in Rostock passiert.
Die Studie von Metrum, mit Anregungen des Bühnenvereins, sieht eine sytematische Kürzung und anschließende Fusion der Theater im Osten und im Westen Mecklenburg-vorpommerns zu zwei Staatstheatern vor. Das war es dann. Die Fläche spielt keine Rolle mehr. Dabei waren die kleinen Theater die leistungsfähigsten.
Das ist das Resultat einer kurzsichtigen Politik des Bühnenvereins, an deren Ende ein Land mit lauter Staatstheatern steht.
Die Regelung wird von einigen Intendanten umgangen, indem die jungen Kollegen einen 10-Monatsvertrag bekommen, Start Spielzeitbeginn, Ende genau zum letzten Tag der Spielzeit. Die Kollegen müssen dann nämlich nicht gekündigt werden, weil der Vertrag automatisch endet.
Das große Problem ist, dass man auf dem Arbeitsamt schlechter gestellt ist, weil dann zwei Monate Arbeitszeit fehlen um ein Anrecht auf Arbeitslosengeld zu bekommen. Und man fällt aus der Regelung der Tariferhöhung. Also wenn man Mindestgage bekommt, bleibt es auch dabei, obwohl diese eventuell sogar schon erhöht worden ist.
Es ist eigentlich eine asoziale Vertragsform.
Die nächste Sauerei: Intendanten splitten die Verträge, engagieren für Vorproben zum Beispiel im Juni/Juli, der Vertrag endet mit Spielzeitende, unterbricht, und wird dann am Anfang der nächsten Spielzeit wieder fortgeführt. Dem Kollegen entgehen 1 1/2 Monate Gage und Versicherung, und er fällt aus der Nichtverlängerungsregelung raus.
Der Bühnenverein und die Gewerkschaft schaut zu, wie die NV-Bühne-Regelung
einfach umgangen wird, zum Schaden der Kollegen.
Meine Bitte an die Konferenz vom ensemble-netzwerk: eine Forderung an die Intendanten, die jungen Kollegen nicht in solche Verträge zu zwingen. Sie darüber aufzuklären, welche Möglichkeiten der NV-Bühne bietet.
Und noch etwas. Manche von Euch werden auch in Serienverträgen beschäftigt, der Vertrag läuft zehn Monate, ende, geht zu Spielzeitbeginn wieder los, wieder nur ein Jahr. Das ist rechtswidrig. Der Urlaub muss auch bezahlt werden, und wenn der Vertrag enden soll, muss er ordentlich nichtverlängert werden. Achtet bitte auf Eure Rechte, und führt die Regelung ein, dass jeder neue Kollege seine Verträge mit dem Ensemblevorstand/sprecher bespricht. Der Ensemblevorstand muss ein Vetorcht gegen unsittliche Verträge haben. Stärkt bitte die Rolle eurer Ensemblevertreter, sonst kommen wir aus dieser neoliberalen Vertragsmühle nicht mehr raus. Und jeder denkt, er kann das einfach nutzen zu Lasten unserer jungen unerfahrenen Kollegen.
Wie viele Frauen sind Intendantinnen in den Theatern, wie viele sind Geschäftsführerinnen?
Wenn man die 140 Stadt-, Staats- und Landestheater durchgeht, sind es vielleicht 15 Frauen, das ist ein verschwindend geringer Anteil von nicht einmal zehn Prozent.
Der Bühnenverein muss sich die Frage gefallen lassen, warum in den letzten Jahren noch immer Männer bevorzugt vorgeschlagen und als Intendanten berufen worden sind?
Wird es eine Strategie geben, initiiert durch die Präsidentin des Bühnenvereins, damit endlich mehr mehr Frauen zum Zuge kommen, damit Frauen auch dann berufen werden, wenn sie "nur" die nötigen Qualifikationen mitbringen, die über die Teilnahme im Old-Boys-Network des Bühnenvereins hinausgehen?
Das wäre erfreulich und ein Schritt in die richtige Richtung. Und das ließe sich sehr gut beobachten über die nächsten Jahre: gibt es hier eine Bewegung, mehr berufene Intendantinnen, oder verhärten sich die alten Fronten, und halten sich die Männer weiterhin gegenseitig die Plätze im Intendantenkarussell warm. Das hat ja auch alles positive Konsequenzen: Ich kümmere mich darum, dass Du gewählt wirst, und Du denkst das nächste Mal an mich, wenn ich einen neuen Job oder einen Regieauftrag brauche, um mein schmales Intendantengehalt etwas aufzubessern. Wenn man das einmal genau analysieren würde, welche Intendanten wo inszenieren. Über Nepotismus möchte ich hier nicht sprechen.
Hinzu käme, die wichtigen Gremien des Bühnenvereins mit Frauen zu besetzen, über die Alibi-Frauen hinaus. Frauen, die die Strategie des Bühnenvereins der nächsten Jahre mit gestalten.
Sicher hätte eine große Chance für den Bühnenverein darin bestanden, eine Frau zur Geschäftsführerin des Bühnenvereins zu machen. Aber die starken Granden des Bühnenvereins haben sich leider anders entschieden.
Es lässt sich für Männer halt besser zusammen arbeiten, wenn man unter sich ist, und qualifizierte, selbstbewusste Frauen machen den meisten Männern immer noch ausreichend Angst....
Personalentwicklung gibt es überhaupt nicht, keine Fortbildungen, weil die Kosten dafür viel zu hoch sind, und weil man die Mitarbeiter nicht einen Tag aus dem Tagesgeschäft, den Proben und Vorstellungen rausnehmen kann. Dafür habe ich keine Lösung gefunden.
Der Bedarf war da. Die Ausbildung zur Leitung von Abteilungen und Sparten hatten die wenigsten, und haben sich deshalb auch entsprechend angestellt. Es gibt keine Regeln, wie mit den Mitarbeitern umgegangen wird, bis hin zum Intendanten. Das hat mich viel Kraft und Nerven gekostet. Wie bringt man seinen eigenen Leitern bei, was gute Leitung ist, was dazu gehört, auch diesen Teil der Aufgaben ernst zu nehmen.
Was auch nicht lösbar ist, die oft irrationale Einschätzung von Qualität, vor allem dann, wenn die Arbeiten der nahestehenden Regisseure und Künstler dabei sind. Was ist eine gute, was eine weniger gute Arbeit, wenn Menschen beteiligt waren, die mir nahe stehen?
Der Intendant meines damaligen Theaters hat seine ehemalige Lebensgefährtin als Regisseurin, und seine neue Lebensgefährtin in einer anderen Aufgabe beschäftigt. Der erste Operndirektor hat seine Frau, die Sängerin war, immer wieder als Gast beschäftigt, und der ihm folgende hat seine Lebensgefährtin ebenfalls regelmäßig in seine Regieteams aufgenomen.
So lange die Leistung stimmt, funktioniert das, obwohl die meisten Mitarbeiter dafür kein Verständnis haben. Und ich denke, in einem Theater, in dem die Ensembles mehr Mitsprache hätten, würde es das nicht geben, würde es dazu nicht kommen.
Problematisch wurde es immer bei den Regiearbeiten der ehemaligen Lebensgefährtin, die dem hohen qualitativen Anspruch des Hauses nicht gerecht wurden. Die Schauspieler haben sich regelmäßig aufgelehnt gegen die Regisseurin, und diejenigen, die sich aufgelehnt haben, wurden regelmäßig nichtverlängert. Und so wurde die ursprünglich offene Atmosphäre immer heimlicher und heuchlerischer. Die Schauspieler wussten, dass sie ihren Mund nicht aufmachen konnten, und so kam es zu viel Unmut, der nicht offen ausdiskutiert wurde, und zu regelmäßigen Eruptionen auf den Ensembleversammlungen. Das spitzte sich zu, als die ehemalige Lebensgefährtin des Intendanten ihren eigenen, neuen Lebensgefährten, einen eher mäßigen Schauspieler in ihren Inszenierungen erst als Gast und später als festes Ensemblemitglied durchsetzte.
Da ich mich regelmäßig mit Kolleginnen von Personalabteilungen anderer Theater getroffen habe, weiss ich, dass das kein Einzelfall ist, und immer wieder auftaucht. Vielleicht kann der oben genannte Fall als Modellfall dienen, zumal einige Zeit vergangen ist.
Was ist zulässig? Wo muss man eine Grenze ziehen? Wer zieht diese Grenze? kann das die Personabteilung sein, die den Intendanten darauf hinweist, dass das nicht geht? Was gewinnt man, was verliert man? Ich zerbrach mir sehr oft den Kopf darüber, und es wird mir immer wieder bewusst, weil ich weiss, wie frustriert die Kollegen im Ensemble waren. Kann der Bühnenverein nicht eine Art Reglement erarbeiten und vorgeben, das zumindest empfehlenden Charakter hat? Man sieht ja am Beispiel Burgtheater, wie ein Intendant mit der Beschäftigung seiner Frau Unfrieden gestiftet hat.
ganz schön zynischer Kommentar. Tut mir leid, dass ich ihre meinung nicht teile. Bin der Auffassung, dass es die Personaler gerade im theater bräuchte, weil es sonst niemanden gibt, der sich um diese Dinge kümmert. Und inzwischen setzt sich das in vielen Theatern auch durch. Der Intendant mag sich als künstlerischer Leiter gerne um die regisseure, inszenierungen usw. kümmern, aber wenn es um Arbeitszeiten und diese Dinge geht, wäre es gut, einen neutralen Ansprechpartner zu haben. Und jemanden, der in den Nichtverlängerungs-gesprächen als eine Art Beobachter dabei sitzt, weil sonst niemand mehr nachvollziehen war, was objektiv ist.
schön auch, Ihre Fahrstuhlszene. So stellen Sie sich also die freie Wirtschaft vor. Die Bosse stehen im Fahrstuhle und die nette neue Kollegin muss sich vorstellen. Mensch, die vorstände nehmen einen ganz anderen Fahrstuhl als das Fußvolk. Zu viel Tatort geschaut?
Vetternwirtschaft trifft es. Nepotismus. Das tauchte hier auch schon mal als Begriff auf. Wenn man seine Vettern beschäftigt.
Vielleicht vergessen einige, dass es sich hier um hochsubventionierte öffentliche Unternehmen handelt. Jeder Politiker, jeder Bürgermeister oder Minister würde sofort seinen Job verlieren, wenn er seine Freundin, ob Ex oder nicht, anstellt. Jemand, der soetwas macht, der ist doch emotional erpressbar. Hier eine Inszenierung, dort den Lieblingsschauspieler, dort etwas mehr Gäste- oder Ausstattungsetat, und dort mehr Freiräume für Proben und mehr Bühnenproben als die anderen. Das geht doch ganz schnell, dass die Bevorteilung aus dem Ruder läuft und eine Zweiklassen-Gesellschaft entsteht. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen, oder umgedreht.
Wer Steuermillionen zum Arbeiten bekommt, muss sich an die Regeln halten.
Wer mit seinem eigenen Geld arbeitet, oder Geld, dass er von Sponsoren einwirbt, ist da ein wenig freier.
Nennen Sie es moralischen Codex, oder Compliance. Die alten Zeiten gehen langsam vorüber.
Dem schließe ich mich ebenfalls an. Es muss ganz klare Regeln geben. Ein Intendant, Künstlerischer Leiter des Hauses oder einer Sparte darf Verwandte, nahestehende Personen nur dann beschäftigen, wenn - mein Vorschlag - Ensemble und Aufsichtsgremium zustimmen. Nur dann.
Mit offenen Karten spielen.
Das Ensemble muss die Möglichkeit haben, sich zu äußern.
Ein Alptraum: Die Frau, Freundin oder Ex-Gefährtin des Intendanten als Kollegin im Ensemble, die den Intendanten sozusagen auf kürzestem Wege über die Stimmung berichten und Sanktionen gegen unliebsame Kolleginnen vorschlagen kann. Oder noch schlimmer, als Regisseurin, die natürlich immer Vorzugsbedingungen erhalten wird. Und wo es keine natürliche Reibung mit den Schauspielern geben kann, weil diese Angst haben vor eventuellen Sanktionen.
Leider ist dieser Alptraum Realität. Und jeder Intendant sollte selbst einmal darüber nachdenken, wie gut es der Kunst und der Entwicklung des Ensembles wirklich tut, wenn sie ständig durch solche Vorgänge verzerrt wird. Da gilt doch noch immer der alte Grundsatz: niemals Privates und Job zu vermischen. Nicht wenn man für ein Millionenunternehmen und zwei, drei, vierhundert Mitarbeitern Verantwortung hat.
Hallo, man kann Orchester und Theaterensemble nicht immer miteinander vergleichen. Es ist völlig unauffällig, wenn viele Paare im Orchester oder im Schauspielensemble gleichberechtigt neben- und miteinander arbeiten.
Problematisch wird es, wenn der Intendant eine Ex-Freundin beschäftigt, die als ehemalige Lebensgefährtin vielleicht noch die eine oder andere Rechnung offen hat, und deshalb bessere Arbeitsbedingungen vorfindet, als andere Schauspieler- oder Regisseurskollegen.
Es geht um asymetrische Beziehungen und den Missbrauch von Macht.
Und das geschieht selten auf der gleichen Ebene, sondern meist wenn der Vorgesetzte, Leiter, Direktor, Intendant die Macht hat, über personelle Zusammensetzungen, Besetzungen, Regisseure, Etats, Nichtverlängerungen zu entscheiden und dabei eine kleine Gruppe ihm nahe stehender Menschen bevorzugt. die noch dazu Einfluß auf diesen Leiter haben, was die Zukunft der Kollegen betrifft, die sich diesem System nicht unterordnen wollen.
So lange das gerecht zugeht, habe ich nichts gegen ehemalige oder aktuelle Lebenspartner. Aber wenn Macht missbraucht wird, dann geht das mir und meinen Kolleginnen gehörig gegen den Strich.
Jahreshauptversammlung am 3. und 4. Juni 2016 in Kaiserslautern -
Bühnenverein beschäftigt sich mit Bau und Sanierung von Theatergebäuden und Konzerthallen sowie mit Arbeitsbedingungen der Künstler
Die Jahreshauptversammlung des Deutschen Bühnenvereins tagt dieses Jahr zum ersten Mal in Kaiserslautern. Am 3. und 4. Juni 2016 treffen sich im Pfalztheater Kaiserslautern über 200 Intendanten und Direktoren der deutschen Theater und Orchester und die dafür verantwortlichen Kulturpolitiker. Der Bühnenverein berät über die Zukunft von Schauspiel, Oper, Tanz und Konzert und über aktuelle kulturpolitische Themen. Ein Schwerpunkt der Jahreshauptversammlung 2016 wird der Bau und die Sanierung von Theatergebäuden und Konzerthallen sein. Hier geht es unter anderem um die Frage, ob und wie man in Zukunft die immer häufiger auftretenden Probleme bei Großprojekten vermeiden kann. Des Weiteren wird es um die Arbeitsbedingungen der Künstler an Theatern und Orchestern gehen. „Besonderes Augenmerk werden wir hier auf die tariflichen Strukturen, aber auch auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen legen. Viele dieser Regelungen werden den Abläufen in Theatern und Orchestern nicht gerecht“, so Bühnenvereinspräsidentin Prof. Barbara Kisseler.
Eröffnet wird die Jahreshauptversammlung am 3. Juni 2016 von Prof. Dr. Konrad Wolf, Staatsminister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz, Theo Wieder, Vorsitzender des Bezirkstags Pfalz, und Bühnenvereinspräsidentin Prof. Barbara Kisseler. Die Ergebnisse der Jahreshauptversammlung werden am Ende der Veranstaltung in einer Pressekonferenz veröffentlicht. Der Ort der Jahreshauptversammlung des Bühnenvereins wechselt jedes Jahr. Das letzte Mal zu Gast in Rheinland-Pfalz war der Verband im Jahr 1988, damals in Koblenz.
Köln, 23. Mai 2016
Personal bringt vier wichtige Punkte:
- Nepotismus
- fehlende Personalentwicklung
- fehlende Qualifikationen bei Führungskräften
- gesetzwidrige Arbeitsbedingungen
Zum ersten Punkt ist hier schon viel gesagt, nur noch die Anmerkung: Die Zusammenarbeit von Partnern auch in einer Linienorganisation kann funktionieren. Dazu braucht es keine starre Regeln sondern offene Kommunikation - und eine klare Trennung von beruflichem und privatem.
Zum zweiten Punkt: Ja, ja, ja und ja. Anders als in der echten Wirtschaft wird die Weiterqualifizierung von Mitarbeiter*innen meist sehr stiefmütterlich behandelt, und auf das Notwendige (Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen im Bereich Technik ... evtl. Reaktion auf veränderte Rahmenbedingungen in der Verwaltung) beschränkt. Weiterbildungen für künstlerisch Beschäftigte sind die Ausnahme.
Zum dritten Punkt: Hier liegt der Hase im Pfeffer. Intendant*innen sind erst einmal keine Künstler, auch wenn das hier gern einmal unterschlagen wird, und auf die "Genialität", "den Charakter", "die Innovation" etc. (Bspw: Latchinian, Sibelius) verwiesen wird. Zu allererst sind sie zur Führung eines Mittelständischen Betriebs beauftragt (evtl. gemeinsam mit einem Kaufm. Geschäftsführer). In den GmbHs ist das am deutlichsten, in den Regiebetrieben am wenigsten ausgeprägt. Für die Führung eines Unternehmens sind jedoch die wenigsten direkt befähigt, gerade die Regisseur*innen unter ihnen versuche die Bedingungen einer Theaterprobe auf den gesamten Betrieb zu übertragen: Sie sagen wie es laufen soll und alle anderen springen. Dabei fallen dann zuerst Mitbestimmung- und Arbeitsschutzrechte unter den Tisch. Weiterhin gibt es in der Regel keine ordentliche Kontrolle von Abläufen oder Kosten. Es fehlen klare Zielvorstellungen für die gemeinsame Arbeit. Oder zusammengefasst: In den Theatern herrschen vormoderne Bedingungen.
Alle weiteren Führungsposten (Direktoren*innen, Oberspielleiter*innen, Chefdramaturg*innen etc.) werden in der Regel ebenfalls nicht mit Menschen besetzt, die über die notwendige Management-Erfahrung verfügen. Überall sonst ist klar: wer Personalverantwortung hat braucht Qualifikationen, im Theater ist das egal.
Zu Punkt vier: Der ergibt sich aus dem Vorgenannten. Und ist in den nk-Foren ohnehin diskutiert worden.
Ich glaube alle vier Problemfelder lassen sich darauf zurückführen,
- dass die Theater keine vernünftige Unternehmenskultur haben
- dass bei der Auswahl der Intendant*innen kein Wert darauf gelegt wird, ob der/die Bewerber*in auch fachlich zur Führung eines Betriebs qualifiziert ist
- dass die künstlerisch Beschäftigten (jedenfalls die Solisten) nicht gewerkschaftlich organisiert sind und meist keine Ahnung von Arbeitnehmerrechten haben
- dass eine Solidarisierung aller Beschäftigten eines Betriebes ausbleibt, lieber schimpft man auf die angeblich besseren Bedingungen einer anderen Berufsgruppe
- dass eine Solidarisierung aller Beschäftigen der Theater einer Region ausbleibt.
Nebenbemerkung: Ich glaube nicht, dass der Bühnenverein zur Besserung der beschriebenen Situation beitragen kann und wird. Der DBV ist und bleibt ein Arbeitgeberverband, der allein die Interessen der Träger und (begrenzt) die Interessen der Intendanten vertritt. Irgendwie hat aber seine PR-Abteilung ganze Arbeit geleistet, und ganz viele von uns glauben, dass der DBV etwas mit der Kunstform Theater zu tun habe... Hat er aber nicht.
Ich hoffe, ehrlich gesagt, das Theater keine wirklich vernünftige Unternehmenskultur bekommen. Dann sind sie nur noch Unternehmen. Das läuft ihrer Aufgabe zuwider. Da muss man sicher bei der Intendanz-Besetzung anders nach Führungsfähigkeiten schauen als bei reinen Wirtschaftsunternehmen, ohne vorhandene Mehrfach-Begabungen wird es da bei den Kandidaten praktisch nicht gehen. Wie es kommt, dass Solidarisierung so häufig ausbleibt, ist hier auch bereits erörtert worden. Auch da scheint es mir, zumindest bei den Theatern, keine Lösung zu geben. Theaterleute brauchen selbstverständlich keine Sittenwächter. Aber Theaterleute brauchen eher als andere vermutlich einen solchen in sich selbst, der auch immer irgendwie das Ganze im Gefühl hat. Auch in seinen Privatangelegenheiten. Ich denke, das war eher so gemeint mit dem Verweis auf sittliches Verhalten, aber kann mich täuschen.
Das allein wäre schon eine Begründung dafür, dass der Bühnenverein sehr vermutlich zur Verbesserung dieser, künstlerische Souveränität immer wieder gefährdenden Personalsituationen nichts beitragen kann. Und sehr vermutlich die Gewerkschaft auch nicht.
Für Weiterbildungsmöglichkeiten kann er etwas tun. Und sollte er. Und die Gewerkschaft kann in jeder größeren oder kleineren Ensembleversammlung 10 Minuten Aufklärung über Arbeitsrecht der künstlerisch Beschäftigten machen. Man kann als Intendant die Weisung erteilen, dass dem von den künstlerisch Beschäftigten beizuwohnen ist.
Hallo, Deutscher Bühnenverein, dachten wir uns schon, dass Ihr das hier auch mitlest. Schön, dass Ihr Euch mal meldet, für Diskussionen ist es nie zu spät. Dass Ihr die Arbeitsbedingungen der Künstler*innen nicht an erste Stelle setzt ist bedauerlich, noch immer zählt die Immobilie bei Euch mehr als der Mensch, wie schade.
Aber was wir noch bedauerlicher finden, dass schon wieder keine Intendantinnen, keine Direktorinnen und keine Kulturpolitikerinnen eingeladen sind. Was sagt Frau Kisseler eigentlich zu einer solchen PM?
Männer, wir leben im 21. Jahrhundert! Auch wenn Ihr es geschafft habt, dass man die Zahl der Intendantinnen an zwei Händen abzählen kann.
Schafft Ihr das?
Heh, Franziska. Klar braucht's keine Sittenwächter, aber da wo es zu weit geht, geht es eben manchmal zu weit. Und, an was Sie da möglicherweise denken, an den utopischen Theaterort, der nur aus einem kuscheligen Ensemble besteht, den gibt es möglicherweise nicht mehr.
Klaus M. beschreibt es so schön. Es handelt sich beim Theater um mittelständische Betriebe.
Keiner hat was dagegen, wenn der Intendant eine oder einen aus dem Ensemble liebt. Aber dann muss das offen kommuniziert werden. Ob das wirklich gut ist für das Betriebsklima wage ich zu bezweifeln. Theater sind keine idealen sich selbst regulierenden Organismen. das führt immer zu Verwerfungen und am Ende zum Krach.
Wenn ich der Chef und befangen bin, mache ich mich angreifbar. Und genau das nutzen die Politiker aus, wenn sie ohnehin im stillen Kämmerchen darüber nachdenken, wie sie Kulturinstitutionen weiter schwächen können. (...)
Klaus M., super!
nachtkritik, super!
Entscheidend ist doch, was der Bühnenverein auf seiner Tagung erarbeitet. Vielleicht gibt es ja einen Vorstoß, die Arbeitsbedingungen für die Assistenten zu verbessern, das scheint mir am dringlichsten geboten.
Und der zweite wichtige Punkt aus meiner Sicht: Gehaltsgerechtigkeit.
Eine Möglichkeit besteht darin, grundsätzlich 2000 Euro als Mindestgage anzusetzen und nur noch mit normalen, also zweijährigen NV-Bühne-Verträgen zu arbeiten.
Den Satz, das Theater keiner Unternehmenskultur bedürfen, und das, wenn sie denn eine hätten, sie keine Theater mehr wären, ist meines Erachtens nicht zutreffend. Jedes Theater hat erst einmal per se eine Unternehmenskultur, die allein durch die Rituale, durch die Art der Versammlungen, durch bestimmte Umgangsformen definiert wird.
Ein Unternehmen wird auch nicht automatisch zu einem Wirtschaftsunternehmen, wenn es stärker auf die eigene Unternehmenskultur eingeht und hier kleinere Korrekturen vornimmt. Im Gegenteil: das ist doch ein Zeichen der Souveränität einer Leitung und der Mitarbeiter, diese in ihrem Sinne zu verändern. Und darin kann jede Leitung für sich festlegen, was erlaubt ist und was nicht. Es geht ja auch darum, die Intendanten zu schützen, manchmal auch vor sich selbst. Und das Hauptanliegen, das wir alle hier haben, ist es doch, dass wir uns wünschen, dass die Theater sich verändern, damit sie weiter bestehen können.