The Last Adventures – Forced Entertainment und Tarek Atoui bei der Ruhrtriennale
Wellen- und Wolkenschieber
von Sarah Heppekausen
Gladbeck, 5. September 2013. Sie arbeiten sich für gewöhnlich an der Sprache ab. Die britische Live-Art-Truppe Forced Entertainment praktiziert meisterhaft die allmähliche Verfertigung von Vorstellungen beim Dauerreden, an manchen Abenden auch mal sechs Stunden lang, oder länger. Wenn sie mit Ironie und Intellekt ihre end-losen Geschichten erzählen ("And on a the Thousandth Night") oder auch die gut erzählte Geschichte selbst zum Thema machen (The Coming Storm), kann jeder Satz eine neue Welt entwerfen. Dann ist ihr hintersinniges Spiel eins der Minimalgesten und der Sprache.
Situation Rooms - Bei der Ruhrtriennale laden Rimini Protokoll zur Beschäftigung mit Waffen ein
In den Krieg gezogen
von Sarah Heppekausen
Bochum, 23. August 2013. Vorne vor die Bochumer Jahrhunderthalle, dem Hauptspielort der Ruhrtriennale, hat der Künstler Mischa Kuball eine hohe, weiße Treppe gesetzt. Da kann sich der Festivalbesucher eine neue Sicht auf den alten Industrieort erklimmen. Weiter hinten in der Turbinenhalle ist der Perspektivwechsel nicht bloß Möglichkeit, er ist Programm. Das Dokumentar-Theaterkollektiv Rimini Protokoll setzt dort dem Zuschauer Charaktermasken auf. Computergesteuert, versteht sich, wir befinden uns im digitalen Zeitalter.
Playing Cards 1: Spades - Bei der Ruhrtriennale mischt Robert Lepage Menschen und Kulturen wie Kartenfarben
Pik heißt Krieg
von Sarah Heppekausen
Essen, 21. September 2012. Beim Kartenspiel sitzen die Teilnehmer am besten im Kreis. Dann lässt es sich nicht so leicht ins Blatt des anderen gucken. Bei Robert Lepage gewährt die kreisrunde Bühnenform hingegen gewollte Ein- und Umblicke. Das Publikum im Salzlager der Kokerei Zollverein sitzt rund um eine Arena. Das Spielfeld ist ein Podest, bei dem sich Teile heben, senken oder drehen können. Falltüren öffnen und schließen sich. Die Bühnenmaschinerie ist ein großer Taschenspielertrick. Und die Darsteller sprießen aus dem Bühnenboden als zückte sie ein unsichtbarer Spielmacher aus seinen Taschen.
Marketplace 76 – Jan Lauwers und die Needcompany bei der Ruhrtriennale
Erlösung im Dorf der Schmerzen
von Andreas Wilink
Bochum, 7. September 2012. Das Wappentier der Aufführung sitzt vorn links an der Rampe zu Füßen des Regisseurs: ein großer Stoffhund. Er gibt dem Ort, dem anonym bleibenden Dorf, arm und abgelegen im Irgendwo, doch einen Namen: Dogville. Der Vergleich ist gewünscht. Jan Lauwers inszeniert mit seiner Needcompany in "Marketplace 76" eine Gegenansicht zu "Dogville" des Lars von Trier. Das Negativbild einer Gemeinschaft wird ins Positive gewendet. Eine Allegorie. Ein Manifest. Eine Prüfung von biblischem Gewicht – das gilt für beide Modellfälle. Und beide sind auch eindeutig: Spiel. "Only theatre", wie Lauwers ansagt.
Regie: Alvis Hermanis
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