30. Juli 2011. Was soll man dazu sagen? Da nimmt Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann eine Einladung ans Bochumer Schauspielhaus an, um über die internationalen Finanzmärkte zu sprechen. Ja, denkt man da. Endlich also mal einer, der etwas davon versteht. Nicht bloß immer die gleichen Empörungstexte selbsternannter Finanzexperten in deutschen Dramaturgieetagen oder von Provinzpolitikern, die schon mit der eigenen Steuererklärung überfordert sind. Aber zu früh gefreut.

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Hier darf nicht jeder: Bochumer Schauspielhaus

Kaum öffentlich geworden, brach die Empörung los. Der frühere Bochumer Intendant Frank-Patrick Steckel und der Bochumer Amtsrichter Ralf Feldmann, auch Ratsmitglied der Linken, protestierten besonders laut. Ihre Argumente? Im Wesentlichen sind es Verbalinjurien, die die Presse zitiert. Tendenz: Nichtswürdige wie Ackermann haben kein Rederecht. "Schon gar nicht in unserem Schauspielhaus", zetert der promovierte Jurist Feldmann (dessen Ausspruch, Ackermann sei "ein verdorbener Mensch" besonders schaudern macht) und schlägt als Ersatzort den Einzelhof der Bochumer Justizvollzugsanstalt vor. Obwohl besonders er es als Richter eigentlich besser wissen sollte, dass Ressentiment gegen Andersdenkende noch kein Haftgrund ist.

Doch unsere Aufrechten wollen im Weltbild, in dem sie es sich so gemütlich gemacht haben, offenbar nicht gestört werden. Schon gar nicht von Argumenten. Und erteilen Redeverbot. Da organisiert man doch lieber selbstermächtigte Veranstaltungen wie ATTAC das Bankentribunal im April 2010. Und verurteilt Josef Ackermann ohne Anhörung in Abwesenheit. Selbst wenn das nichts als eine hohle demagogische Geste ist. Wer die Welt verändern will, sollte sich ihr schon stellen. Und nicht vor ihr kneifen wie die Hühner im Stall vor dem Fuchs, der sie holen will. Schön auch, so aufrechte Demokraten unter uns zu wissen ....

(sle)

Kommentare  
Blog Ackermann-Absage: gemütlich machen es sich ganz andere
Liebe Esther Slevogt,
es ist sicher schade, dass sich politische Diskussionen im Theater gerade in nicht-gehaltenen Reden und offenen Briefen zu erschöpfen scheinen. Der Fall Salzburg und auch der Fall Bochum zeigen aber auch, dass sich hier in der Gesellschaft ein großer Riss aufgetan hat und verschiedenste Meinungen nicht nur kontrovers aufeinander prallen. Steckel hat Ackermann nicht den Mund verboten, sondern nur auf eine in seinen Augen provokante Art hingewiesen, Ackermann eine Plattform einzuräumen. Sie verweisen auf das vor einem Jahr stattgefundene „Bankentribunal“ in der Volksbühne. Damals hatten Sie dagegen polemisiert, was in gewisser Weise wohl auch notwendig war, heute setzen Sie sich für die Redefreiheit von Ackermann ein. Das ist wahrscheinlich auch Ihre journalistische Pflicht. Ich halte Showveranstaltungen dieser Art ebenfalls nicht für ein probates Mittel, aber man muss sich eben gerade auch am Theater mit unbequemen Themen auseinandersetzen. Trotz allem hält sich mein Bedauern, ob der „eingeschränkten“ demokratischen Grundrechte für Ackermann, in Grenzen. Er besitzt genügend Macht, um seine Meinung in den verschiedensten Medien zu äußern. Theater hat das fast nur in dem geschützten Umfeld seiner Häuser. Und Gott sei Dank auch hier auf Nachtkritik. Daher sollte Sie Meldungen dieser Art nicht erst bringen, wenn sich die Diskussion darüber bereits erledigt hat und den offenen Brief von Frank-Patrick Steckel nicht aus andern Medien, in dem er aus dem Zusammenhang gerissen ist, zitieren. Noch hatte Ackermann niemand verboten in Bochum zu reden, er hat selbst einen Rückzieher gemacht. Er hätte die Möglichkeit gehabt, sich öffentlich der ernsthaften Diskussion zu stellen, trotz etwas größerem Gegenwind. Jean Ziegler hatte diese Möglichkeit nur begrenzt. Und bitte glauben Sie nicht, dass es Ackermann die Bohne interessieren würde, ob irgendwo jemandes demokratische Grundrechte bedroht sind oder Theater demnächst wegen zusammenfallender Gebäude auf der grünen Wiese stattfinden muss.
Wen es interessiert, hier der Wortlaut von Frank-Patrick Steckels offenem Brief:
http://www.bo-alternativ.de/2011/07/21/eine-provokation/
Und lieber Kölner, gemütlich machen es sich gerade ganz andere.
Blog Ackermann-Absage: die ehernen Kräfte der Kapitalakkumulation
Vielleicht lässt sich schnell ein Ersatz für Ackermann finden, zum Beispiel Klaus Eberhardt. Der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall könnte über gepanzerte Kettenfahrzeuge und Drohnensysteme reden. Das eigentlich Empörende an der Angelegenheit ist, dass Bochum für den Opernfan Ackermann keine Oper zu bieten hat. Möglicherweise kann er ja in ein Literaturhaus ausweichen, falls es so etwas in Bochum gibt. Über die ehernen Kräfte der Kapitalakkumulation interessiert sich bestimmt der eine oder andere Dichter. Und die Verlagsangestellten erfahren en passant etwas über Marketing. Nachhaltiges Marketing ist, wenn man die Ressourcen, die überall in der Welt herumliegen, aufsammelt und in Geld verwandelt.
Blog Ackermann-Absage: Steckels zweiter Brief ans Ensemble des Sch'haus Bochum
Ich habe einen zweiten Brief an das Bochumer Ensemble geschrieben - hier der Wortlaut (beide Texte liegen Frau Slevogt vor!):

An das Ensemble des Schauspielhauses Bochum - kurz vor den Ferien.

Ich bitte es mir nicht als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Schauspielhauses auszulegen, wenn ich mich euch gegenüber zu dem in den Spielplänen des Theaters, an dem ihr beschäftigt seid, angekündigten Auftritt der Herren Reitz, Stoiber und Ackermann äußere und euch bitte, mit einem klaren Votum gegen diesen Auftritt zu protestieren.

Die Sache des Theaters ist längst nicht mehr die Sache eines Theaters - es ist die Sache aller Theater. Das bedeutet, dass das, was sich in einem Theater ereignet, alle Theater betrifft. Lasst ihr es zu, dass die genannten Herren eure Bühne erklimmen, werden alle Bühnen in Mitleidenschaft gezogen.

Das Theater ist die einzige Kunstform, die ausschließlich dem Menschen verpflichtet ist.
Diese Verpflichtung schließt ein, dass es sich gegen alle Verhältnisse stemmt, die von der Verachtung des Menschen gekennzeichnet sind - es verlöre, würde es sich nicht widersetzen, seinen Gegenstand. Gerade das Schauspielhaus Bochum hat eine in dieser Hinsicht schwierige, auch während meiner Intendanz leider nicht wirklich untersuchte Geschichte, das darf ich an diesem 20. Juli vielleicht anmerken. Wenn es so etwas wie "die Moderne" gibt, dann kann es sich dabei nur um eine Epoche gesteigerter Aufmerksamkeit gegenüber diesen Dingen handeln.

Die drei bewussten Herren sind, und darum haben sie in eurem Theater höchstens als Zuschauer etwas verloren, hervorragende Vertreter der globalen Menschenverachtung.
Darum vor allem wurde Herr Ackermann eingeladen, seinen 60. Geburtstag auf Kosten des Volkes im Kanzleramt zu feiern. Das Schauspielhaus Bochum ist nicht das Kanzleramt.

Es wird nicht nötig sein, euch aufzuzählen, was insbesondere die Herren Ackermann und Stoiber angerichtet haben und anrichten - eine der gewaltigsten Herausforderungen der Zukunft besteht jedenfalls darin, das bitte ich mir zu glauben, ihnen und ihresgleichen nachhaltig das Handwerk zu legen. Die unselige Rolle der käuflichen, weil auf Verkauf getrimmten Medien bei der Aufrechterhaltung der untragbaren, unwürdigen Umstände, aus denen diese Herren ihren Gewinn ziehen, wird durch die Moderation von Herrn Reitz zur Genüge repräsentiert.

Duldet ihr es, dass diese Männer ihr Luxusschuhwerk auf die Bretter setzen, die uns die Welt bedeuten, bildet sich gleichsam allegorisch der Zustand ab, gegen den wir, gewappnet mit der absoluten Mehrheit unserer Texte, Sturm laufen müssen. Gerade die öffentliche Bezuschussung unserer Arbeit erlegt uns diesen Widerstand auf. Eure Bühne wird, weist sie die Fußspuren der Menschenverächter auf, nie mehr ein Ort dieses Widerstands sein können.

"Die Zeit der verantwortungslosen Künstler ist vorbei", sagte Albert Camus in seiner Nobelpreisrede von 1957. Camus verstand diese Bemerkung als einen die Kunst belebenden Trost. Und so sollten wir sie verstehen. Und danach handeln.

Frank-Patrick Steckel
Blog Ackermann-Absage: nichts Anstößiges
Ich kann an dem Satz "Uns geht es um ernsthafte Diskussionen" nichts Anstößiges finden.
Blog Ackermann-Absage: aufrechte oder feige Hühner?
Und noch eine Frage an die Redakteurin: Was zum Teufel, sind Ihre Hühner denn nun? "Aufrecht" oder feige? Das Bild von Herrn Ackermann als Fuchs im Hühnerstall trifft den Sachverhalt allerdings exakter, als Ihnen lieb sein kann. Vor allem, weil die Wahrheitsliebe notorisch ist, mit der der Fuchs seine unerwünschte Anwesenheit in ihrem Stall mit den Hühnern zu diskutieren bereit ist - bevor er sie frisst.
Blog Ackermann-Absage: Ja zum Polisgedanken
"Duldet ihr es, dass diese Männer ihr Luxusschuhwerk auf die Bretter setzen, die uns die Welt bedeuten, bildet sich gleichsam allegorisch der Zustand ab, gegen den wir, gewappnet mit der absoluten Mehrheit unserer Texte, Sturm laufen müssen."
Das ist, mit Verlaub, reinster Künstler-Kitsch und der Wahrheitsfindung in dieser Sache wenig dienlich. Schon gar nicht kann ich das als politische Haltung ernst nehmen. Bitte verzeihen Sie, lieber sonst sehr geschätzter Herr Steckel. Aber das sehe ich so.

Das Theater darf alles sein, nur kein heiliger Ort, wo die, die sich dort vor der Wirklichkeit verschanzen, wie heutige Dschihadisten zwischen rein und unrein, gläubig und ungläubig unterscheiden. Zwischen anhörenswert und nicht anhörenswert. Man sollte nicht das Recht für sich beanspruchen, solche Unterscheidung überhaupt zu treffen. Durch dieses Denken ist das Theater in die gesellschaftliche Sackgasse geraten, in der es sich heute befindet.

Ich bin eine entschiedene Verteidigerin des Polisgedankens, dem auch das Theater als säkularer Ort seinen Ursprung verdankt. Theater als Agora, als Forum für alle gesellschaftlichen Gruppen und Vertreter, der mächtigen und ohnmächtigen, starken und schwachen, wo der Theatermensch vermittelnd wirkt, moderierend, verantwortungsbewußt. Statt sich die Diskurse selber zu basteln, über die er dann verhandelt. Sich das Recht herauszunehmen, öffentliche Urteile ohne öffentliche Verhandlungen zu sprechen, und damit ein öffentliches Gespräch zu verhindern, das doch so dringend nötig ist.
Blog Ackermann-Absage: der Gefahr ins Auge sehen
Ich erlaube mir, Frau Slevogt zuzustimmen. Wenn Richard III auf der Bühne Raum hat - warum nicht Josef Ackermann? Es gibt heute in den Theatern kein ansatzweises Verständnis der ökonomischen Zusammenhänge, die der Gesellschaft die aktuelle Gestalt geben. Gerade vom Theater wäre zu erwarten, dass es sich konkret mit denen beschäftigt, die an Stammtischen einfach als "die Schuldigen" verteufelt werden. Die aber - so zeigen die Nachfolgediskussionen der letzten Tage - auch ersetzbar zu sein scheinen. Das ökonomische System ist nicht mit einzelnen Repräsentanten identisch. Nach dem Abtreten Ackermanns werden auf dem Acker keine besseren Früchte wachsen. Nach ihm kommt Jain. Und ein Auftritt Ackermanns hätte vielleicht die Gelegenheit geboten, einen Einblick in das Denken zu bekommen, das hinter den austauschbaren Figuren der eigentliche Gegenstand der Auseinandersetzung sein sollte. Denn nicht Ackermann richtet das von FPS beschriebene Desaster an, sondern das Denken dahinter. Schön wäre es, gäbe es Texte, die diese Arbeit übernehmen und einen Auftritt Ackermanns damit überflüssig machten. Aber wo sind sie? Wo ist ein "Josef III."? Solange wir den nicht haben, wäre ein Auftritt des Originals im Sinne eines "Experten des Alltags" wünschenswert. So dumm sind die Theaterauditorien unserer Tage vermutlich denn doch noch nicht, dass sie sich durche einen solchen Auftritt zu Jüngern von Josef und seinen Brüdern konvertieren ließen. Schön wärs, sähe Theater der Gefahr wieder ins Auge.
Blog Ackermann-Absage: Ernsthaftigkeit versus Theatermachen?
Der Beigeschmack, den §11 hier schildert, bleibt auch für mich zentral. Was hat man sich davon versprochen - seitens der Stadtverwaltung Bochums, seitens Herrn Webers -, ausgerechnet Herrn Ackermann zu laden (und zwar irgendwie dann doch in einem Diskussionen eher unterbindenden Rahmen)?

(Hinweis der Redaktion: wie in @11 auch gesagt wurde, handelt es sich bei den Veranstaltern nicht um das Schauspielhaus oder die Stadtverwaltung Bochum)

Der Rimini-Einwand von §12 geht doch entschieden an der Sache vorbei: Herr Ackermann hat es ausdrücklich betont, indem er Ernsthaftigkeit und Theatermachen eindeutig wie Gegensätze behandelt, daß er hier wohl kaum als "Experte des Alltags" im wahrsten Sinne des Wortes angesprochen werden sollte bzw. durfte. Ich kann dennoch den Einwand in §12 zu einem gewissen Grade nachvollziehen, zumal das damalige Volksbühnen-Tribunal eigentlich dergleichen Auftritte geradezu provoziert, wo nicht strukturell entschieden begünstigt. Schon damals wurde im Forum die Frage laut, wie die Tribunalisten wohl geschaut haben würden, wären seinerzeit die zu Verurteilenden dann wirklich erschienen: was hätten diese zu verlieren gehabt?
Jünger werden da nicht gemacht; das nehme ich auch nicht an, aber was bei etwas weniger "gebildeten" Verfolgern der Ereignisse hängenbleiben mag, ist immerhin, daß möglicherweise das Theater letztlich immer vor dergleichen Namen, mit denen man beinahe zu werben sich bereitfindet, einknicken wird, wenn es darauf ankommt. Und ja: Es kommt darauf an, gerade in einer Zeit, in der das Theater zunehmend unter Anachronismusverdacht steht. Es kommt darauf an, ich weiß, das klingt komisch, im Theater Eines zu tun: Theater spielen, ganz ernsthaft..
Blog Ackermann-Absage: Schmuck im Haus
@ Redaktion
Stimmt schon, @ 11 formuliert das genauer und richtiger (ich halte diesen Beitrag in der Tat für den bislang sachlichsten und der "Sache" beikommenden) als ich es tat, bleibt die dort zum Ende aufgemachte Frage: Müssen wir als einzigen Grund für eine vernünftige Distanzierung von der Veranstaltung annehmen, daß die Stadtverwaltung bzw. das Theater Bochum "sich" mit dem Namen eines prominenten Gastes schmücken wollten, ziemlich egal, um wen es sich handelt?
Blog Ackermann-Absage: Grundrechte und wirtschaftliche Strukturen 1
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Ich will es, obschon ein wenig erschöpft, in gebotener Knappheit und groben Zügen gerne noch einmal versuchen. Ich gehe dabei davon aus, dass selbst die eiferndsten journalistischen Vertreter demokratischer Grundrechte - wie dem der Meinungsfreiheit - schon einmal, wenigstens am Rande, davon gehört haben, dass diese Grundrechte durch wirtschaftliche Strukturen, selbstverständlich unfreiwillig, beschnitten werden können.

Ein deregulierter Bankensektor, unfähig, sich selbst im Zaum zu halten, verursacht mit seinen Glücksspielen eine selbst von Herrn Ackermann als „hausgemacht“ eingestufte sog. Finanzkrise, welche aufgrund der engen Verflechtung des privaten Bankwesens (auch die Landesbanken haben sich, aus Gründen, wie Privatbanken verhalten) mit den weltweiten inner- und zwischenstaatlichen Wirtschaftspolitiken, die diese Deregulierung jahrelang betrieben haben, nur mit Milliarden von Steuergeldern eingedämmt werden kann, von denen ein Großteil privat angeeignet wird.

Gleichzeitig sorgen die seit zwei Jahrzehnten für Unternehmen, Vermögende, Firmenverkäufe etc. systematisch abgesenkten Steuern dafür, dass die staatlichen Einnahmen sich halbieren, während der private Reichtum sich verdreifacht - die (private) Reichtumsuhr läuft dreimal schneller als die (öffentliche) Schuldenuhr.

Diese Politik führt zu einer drastischen Verarmung der Öffentlichen Hände, die überdies gezwungen sind, in vielfacher Form steigende Sozialkosten zu finanzieren (die Privatwirtschaft stößt Arbeitskräfte ab, für die allein der Steuerzahler aufkommen muss, die Privatwirtschaft zahlt millionenfach so niedrige Löhne, dass staatlich „aufgestockt“ werden muss, von den gesteigerten Gewinnen fließt jedoch so gut wie nichts in staatliche Kassen, stattdessen wird fieberhaft nach Anlagemöglichkeiten auf „den Finanzmärkten“ gesucht) Der geplünderte und sich selbst plündernde Staat verordnet sich, vor steigende Schulden (bei wem?) gestellt, eine verfassungsmäßige „Schuldenbremse“ (die Politik schränkt ihre Handlungsspielräume immer mehr ein, behauptet aber desto heftiger, Herrin der Lage zu sein). Dieses - planmäßige - Verfahren schlägt voll auf alle vom Staat zu erhaltenden Infrastrukturen durch, der Sparwahn bricht aus - wo es irgend geht, wird zu Privatisierungen gegriffen.
Blog Ackermann-Absage: Grundrechte und wirtschaftliche Strukturen 2
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Der als demokratischer Riegel gegen eine kulturelle Gleichschaltung erfundene Föderalismus in Kulturdingen verstärkt die staatlich gelenkte Ausblutung. An allen Schaltstellen der „Kulturpolitik“ sitzen die Handlanger des (totalitären) Systems und exekutieren, was ihre Zentralen ihnen vorgeben. Den Künstlern wird mit marktwirtschaftlicher Verve empfohlen, sich bei den Instituten anzustellen, die zu ihrem Ruin beitragen. Die Deutsche Bank, deren Vorsichtaufstandsratsvorsitzender im Schauspielhaus Bochum zur „Zukunft der Finanzmärkte“ hätte sprechen sollen, kann zur Zukunft der Theater nicht viel mehr in Aussicht stellen, als dass die Deutsche Bank zusehen wird, was sie tun kann - was das für den Spielplan eines bislang öffentlich geförderten Theaters bedeutet, vermag sich selbst der sprichwörtliche Sägewerksarbeiter an den verbliebenen Fingern seiner rechten Hand abzuzählen.

Niemand hat für ein generelles Redeverbot für Josef Ackermann plädiert - ein solches Plädoyer wäre auch unsinnig angesichts der höchst effektiven, seine engere Klientel weltweit bereichernden Strippenziehereien, in denen der Herr ein Meister ist. Und der offenkundigen Richtlinienkompetenz, über die er auf höchsten Regierungsebenen (nicht nur hierzulande) verfügt. Nur in einem Schauspielhaus, das, wie viele andere, kurz vor dem finanziellen Zusammenbruch steht und auf keinen „Rettungsschirm“ hoffen darf (da es weder „systemrelevant“ noch „too big to fail“ zu sein scheint), muss er nun bitte nicht auch noch auftreten wollen - hier hat die Globalisierung, d.h. die Weltgeltungssucht des Kapitals, eine Grenze. Es muss nicht gleich die Krümmede sein, aber irgendein Lokal hätte sich gewiß finden lassen.

Zum Schluss noch eine Anmerkung. Es war die mitveranstaltende Bochumer Oberbürgermeisterin Scholz, die in der WAZ verlauten ließ „Theater ist Theater. Die Veranstaltung lässt eine gewisse Bühnenreife erwarten und gehört daher ins Theater“. Die Absage des Sprechers der Deutschen Bank - „Wir machen kein Theater“ - legt nahe, dass der verwegene Spruch von Frau Scholz die Absage ausgelöst hat, nicht, so bitter diese Feststellung für uns sein mag, unser Protest.
Blog Ackermann-Absage: Grundrechte und wirtschaftliche Strukturen PS
PS. Die Deutsche Bank unterhält in Georgetown auf den Cayman-Inseln, wo fast 10.000 Hedgefonds ihre Adresse haben, mehr Niederlassungen und Zweckgesellschaften als am Konzernsitz Frankfurt am Main. Im Steuerparadies Delaware in den USA ist die Deutsche Bank an mehr Unternehmen beteiligt als in allen deutschen Städten zusammen. Insgesamt hat die Deutsche Bank mehr als die Hälfte ihrer Tochter- und Zweckgesellschaften sowie assoziierten Unternehmen in Steueroasen angesiedelt. Damit belegt sie unter den deutschen Banken den Spitzenplatz – gefolgt von der mittlerweile ebenfalls zur Deutschen Bank gehörenden Postbank und der Commerzbank. Dabei ist davon auszugehen, dass die deutschen Institute keine Sonderrolle einnehmen, sondern sich alle Privatbanken in Europa ähnlich verhalten. Mit ihren hunderten von Niederlassungen in Schattenfinanzplätzen enthalten die Banken der Allgemeinheit Steuern in Milliardenhöhe vor. Und das, während viele Menschen in Europa einen bitteren Preis bezahlen für die teuren Bankenrettungen, die ihre Länder an den Rand des Ruins gebracht haben.
Blog Ackermann-Absage: seltsame Festlegungen
Sehr geehrter Herr Steckel,

wenn Sie sich einmal nur mit meinen Augen sehen und meinen Ohren hören könnten, würden Sie vor sich selbst erschrecken, seien Sie dessen gewiß. Bei Ihnen schwingt ebenso viel Verachtung mit, wie
Sie sie bei anderen vermuten; und dies hat mich schon während Ihrer
Intendanz in Bochum, als ich noch Student war, oft meinen Blick vor Ihnen senken lassen, vor Trauer und auch latenter "Abneigung".

Wie Sie doch immer darüber bestimmen möchten, wer die heiligen Bretter betreten darf und wer sie entweiht, dies verrät Einiges über Ihre Sicht auf das Theater, die Sie nur in seltsamen Festlegungen begründen mögen, die voller falschem Phatos sind.
Blog Ackermann-Absage: Ausgrenzung ist schwach
P.s.: Sie, Herr Steckel stehen so ganz und gar in der Tradition einer staatlich bezahlten Opposition, Sie können diese Attitüde einfach nicht lassen. Dabei haben Sie nichts in der Hand. Sie stehen mit leeren Händen da und haben auch nicht die besseren Schuhe an den Füßen. Ich fasse es einfach nicht. Sollen wir Ihre Absichten schon für eine Tat nehmen? Ihre Analysen? - Nein. Ich folge Ihnen nicht und stimme eher Frau Slevogt zu. (…)

Ich sage Ihnen Herr Steckel vor den Kopf: Herr Ackermann, dessen Haltungen ich gößtenteils nicht teile, hat genauso dies Recht eine städtische oder staatliche Bühne zu betreten, wie Sie auch. Jede Form der Ausgrenzung ist schwach, und schwächt das Theater. Ihre Meinungen tun stark, in Wahrheit aber psoieren sie nur geistig und weichen einer echten Konfrontation aus. Ich für meinen Teil würde mich mit Herrn Ackermann auf jede Bühne der Welt setzen und gerne mit ihm debattieren. Ich würde mir auch einen Vortrag von ihm im Bochumer Schauspielhaus anhören. Jetzt erst recht.

(Die Auslassung in Ihrem Kommentar liegt darin begründet, dass sich die entsprechende Passage auf einen Kommentar bezog, der gar nicht von Herrn Steckel stammte und dessen Veröffentlichung daher widerrufen wurde. wb für die Redaktion)
Blog Ackermann-Absage: die Katzen erheben ihre Tatzen
Frau Slevogt, gründen Sie eine Bank und lassen in Zukunft, bitte!,
die Finger vom Theater!!!
Lieber Frank-Patrick Steckel: Bravo!
Ich wünschte, die Theater und die Menschen, die darin arbeiten, begännen ihre Pflichten als Bürger dieses Landes und der Welt so ernst zu nehmen, dass eine Gefahr von Ihnen ausströmt, die das Geistesleben in Brand setzen müßte.
Aber lieber zündet man sich selber an, und so ist es nur recht und billig, ein Theater nach dem anderen zu schließen... und Minz und Maunz, die Katzen, erheben ihre Tatzen: Miau Mio Miau Mio...

W.Shakespeare. Hamlet IV.4 :
Wahrhaft groß sein heißt,
nicht ohne großen Gegenstand sich regen,
doch einen Strohhalm selber groß verfechten,
wenn Ehre auf dem Spiel steht.
Blog Ackermann-Absage: geliebt
@Ullrich.

So gut Sie spielen, ich habe Sie in Süden geliebt, so flach argumentieren Sie auch!
Blog Ackermann-Absage: Kompliment
@Ullrich

Und sollten die Katzen auf mich geeicht sein, nehme ich dies als Kompliment und bedanke mich. Katze sein, wer möchte das nicht! Zwingen Sie mich nicht den Löwen auch noch zu spielen.
Blog Ackermann-Absage: nicht mehr im Theater
@redaktion.

Man fragt sich oft: Sind sie nicht besetzt, oder besitzen, sprich beraten sie sich gerade. Sie müssen die Dinge leicht nehmen. Die Bretter, die welche die Welt bedeuteten, liegen schon lange nicht mehr im Theater.
Blog Ackermann-Absage: Wer Fuchs oder Huhn ist, ist nicht so klar
Das klingt ja alles wie wiederaufgewärmtes Essen. Gab es diese Debatte nicht schon einmal? Ich erinnere an Josef Ackermanns Auftritt als Deutsche Bank-Sponsor im Rahmen von Klaus Maria Brandauers "Dreigroschenoper" (2006) im Berliner Admiralspalast. Im Innenhof verkauften die Obdachlosenverkäufer des "Straßenfeger" ihre Programmheft-Sonderausgabe, während Ackermann sich an der Bar am Premieren-Champagner labte. Daraufhin (?) schrieb René Pollesch in seinem Stück "Ein Chor irrt sich gewaltig" (2009) etwas davon, dass wir (nach Dietmar Dath) schon gut genug seien, dass sich die Kapitalismuskritik nicht in der Moral erschöpfen könne.

Was hier gerade abgeht, dass empfinde ich als absurd. Da wird mit Hassvokabeln um sich geworfen - "verdorbener Mensch" auf der einen vs. "Dschihadisten" auf der anderen Seite. Das ist ja wie im Kindergarten! Es zeigt sich, dass das konkrete alltagspraktische und solidarische Handeln im Kampf um abstrakte ideologische Positionen leider immer wieder aus dem Blick gerät. Warum sich nicht gemeinsam für "eine andere Welt" (Attac) und gegen die zunehmende Finanzialisierung des gesellschaftlichen Feldes bzw. Ökonomisierung aller Lebensbereiche einsetzen? Dazu sollte meines Erachtens auch eine offene Diskussion gehören, im Sinne eines tatsächlichen Dialogs, nicht aber im Sinne einer reinen Selbstdarstellung. Gegenstimmen, egal von welcher "Seite", sollten nicht aus dem Diskurs ausgeschlossen, sondern gehört werden. Oftmals entlarven sie sich dann sowieso von ganz allein.

Stéphane Hessel hat in seiner Schrift "Indignez vous!" folgendes formuliert, worauf sich mittlerweile ja so einige auf ihre ganz eigene Weise beziehen:
"Quand quelque chose vous indigne comme j'ai été indigné par le nazisme, alors on devient militant, fort et engagé. On rejoint ce courant de l'histoire et le grand courant de l'histoire doit se poursuivre grâce à chacun. Et ce courant va vers plus de justice, plus de liberté mais pas cette liberté incontrôlée du renard dans le poulailler."
Meine Lesart ist folgende: Wer hier jetzt der (böse, schlaue?) Fuchs ist und wer die (guten, dummen?) Hühner sind, das ist gar nicht so klar. Denn das gibt es auf beiden Seiten bzw. verläuft diese Grenze innerhalb JEDES Menschen. Das ist das Offene (nach Giorgio Agamben bzw. Carl von Linné):
"Der Mensch hat keine spezifische Identität außer derjenigen, daß er sich selbst erkennen KANN. Den Menschen aber nicht durch eine NOTA CHARACTERISTICA, sondern durch die Selbsterkenntnis zu definieren, bedeutet, daß nur derjenige Mensch sein wird, der sich selbst als solcher erkennt, daß DER MENSCH DASJENIGE TIER IST, DAS SICH SELBST ALS MENSCHLICH ERKENNEN MUSS, UM ES ZU SEIN."

Es geht um die Bekämpfung von machtstruktureller Ungerechtigkeit, nicht um die Bekämpfung von Menschen!
Blog Ackermann-Absage: warum nicht mal Realität zulassen
Inga hat völlig recht! Beim Lesen dieser Kommentare drängt sich mir der Eindruck auf, dass hier die Rolle Ackermann die komplexere Realität längst überlagert hat, als habe der Kapitalismus in Person einen Vortrag halten sollen. Die Realität ist aber nie so eindeutig, böser Fuchs und gutes Huhn sind niemals klar zu trennen. Kein Grund, Ackermann gut zu finden (er wird vermutlich kein Antikapitalist sein), aber warum nicht mal die Realität zulassen und Ackermann selbst anhören, anstatt immer nur die Rolle? Ich empfehle dazu auch die schöne Szene mit einem auftretenden Ackermann im Langen Marsch von Wolfram Lotz - sehr erhellend in dieser Sache!
Blog Ackermann-Absage: Stadttheater als Affirmationszentralen
War Herr Steckel früher vielleicht einmal eine subventionierte oppositionelle Instanz mit beschränkter Reichweite, so hat er heute ein Stadium erreicht, bei dem allmählich die Riester-Rente in den Zentren seiner Gedanken stehen sollte. Schrill tönt es dennoch aus Bremen und anderswo, polemisch zuweilen, was nicht selten die Bildung eines Lagerdenkens begünstigt. Kurz, ein Dazwischen ist kaum möglich, seine zugespitzte Sprache generiert ein Freund-Feind-Schema. Entgegen Steckels Sehnsüchten, die sich vornehmlich um eine unentfremdete, unausgebeutete Welt ranken, fungieren die Stadttheater in ihrem heutigen Zustand eher als Affirmationszentralen. Sie sind zwar keine machtstabilisierenden Faktoren, stellen aber die aktuellen Missstände kaum in Frage, bestenfalls unterschwellig, so dass es niemandem weh tut. Die Macht der Theater ist eine Ohnmacht, und so müssen sich betagte inoffizielle Würdenträger eben außertheatralische Schauplätze für ihre Gefechte aussuchen. In dieser Hinsicht kann ich Herrn Steckels Gier verstehen, irgendwelche Themen und Plattformen aufzugreifen, um sich seinem Unmut Luft zu verschaffen.
Blog Ackermann-Absage: Leben wir in Banken oder lebendigen Städten?
@ Kölner: Ich frage mich, wie und ob Rolle und Person denn tatsächlich so trennscharf voneinander abgegrenzt werden können.

Mit meiner Beschreibung von Ackermanns Auftritt (sic!) vor dem Admiralspalast wollte ich auf die im Grunde schizophrene Situation verweisen, dass Ackermann hier demonstrativ eine Theaterinszenierung geschmückt hat, welche - einer sehr simplen (moralischen) Lesart nach! - die politisch-ökonomischen (Macht-)Verhältnisse möglicherweise eher stützt als verändert.

Denn was heisst dieses "erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" denn nun eigentlich? Platt interpretiert heisst es, dass man "den Armen" nur genug zu essen geben müsse, damit sie sich sozial angemessen verhalten. Nun ja, diesbezüglich liegt für mich klar auf der Hand, dass das wohl eine Lüge sein muss. Herr Ackermann hat sicher jeden Tag genug auf dem Teller, aber ist sein Verhalten als (ehemaliger) Chef der Deutschen Bank wirklich als moralisch gut bzw. sozial bewusst und verantwortlich zu bezeichnen? Die Ausführungen, welche Frank-Patrick Steckel dazu anführt, sprechen Bände.
Ebenso Ackermanns eigene Äußerungen, zum Beispiel diese in einem SPIEGEL-Interview:
"Es ist klar, dass die Stabilisierung der Finanzmärkte und die Interventionen der Regierungen und Notenbanken uns geholfen hat. Sind wir deshalb Krisenprofiteure? Von den staatlichen Rettungsmaßnahmen profitieren doch alle und übrigens auch davon, dass viele Banken wieder Gewinne erzielen: Wir sind dadurch in der Lage, die Geschäfte der Industrie zu finanzieren, Arbeitsplätze zu schaffen beziehungsweise zu sichern, Steuern zu zahlen, Wachstum und Wohlstand zu fördern"
Man beachte die Reihenfolge der Aufzählung. Geschäftssicherheit/Profit steht ganz oben. Man beachte das "beziehungsweise". Man beachte das "Steuern zu zahlen". Nicht wirklich, oder? Man beachte das "Wachstum und Wohlstand zu fördern". Das Wachstum der Kinder und der Bäume? Ja, wo leben wir denn? Leben wir in Banken oder in lebendigen und grünen Städten?
Blog Ackermann-Absage: Konfrontation immer wieder herausfordern
Zusatz: Und es ist natürlich ebenso fraglich, ob das Verhalten "der Armen" durch mehr Essen und/oder Geld besser wird. Da wären wir dann bei der in Frank-Patrick Steckels "Plutos" aufgeworfenen Frage, was passiert, wenn der Reichtum (Plutos) sehend wird und sein Geld gerechter verteilt. Hat nun Penia, Göttin der Armut, Recht, welche davon ausgeht, dass man nur kreativ werden könne, wenn man arm sei? Oder hat Chremylos Recht, welcher davon ausgeht, dass wenn jeder seines Glückes Schmied sei, man ihm wenigstens einen Hammer und keinen Strohhalm in die Hand drücken sollte? (nachzulesen hier auf nachtkritik.de)

Fazit: So einfach ist das alles nicht. Gerade deswegen sollte man die Kommunikation bzw. Konfrontation immer wieder herausfordern.
Blog Ackermann-Absage: viel Kraft
@Inga.

"Papier." im übertragenden Sinne, braucht man, und einen Stift...und viel Kraft, etwas Sinnvolles darauf festzuhalten.
Blog Ackermann-Absage: Hinweis
Zur Deutschen Bank und ihren Geschäften:

http://www.urgewald.de/
http://www.attac.de/aktuell/bankwechsel/
Blog Ackermann-Absage: Widersprüche zulassen können
@ Stephan Ullrich: Es geht Ihnen also um "die Ehre"? Um "Gedanken voll von Blut"? Und das ist also wirklich das Hauptthema von Shakespeares "Hamlet"?

Ich habe da eine etwas andere Lesart. Zudem steht für mich die Rolle der Kunst im Vordergrund, und zwar in ihrer kreativen Form der Hinterfragung und Neugestaltung der Verhältnisse. Ich sehe mich eher in der Nähe von Stéphane Hessel, welchem es nicht um ideologische Bewegungen, sondern um humanistische Menschenrechtsbewegungen im Sinne der Hoffnung geht.

"Hamlet" ist meines Erachtens ein geeigneter Stoff, um aufzuzeigen, dass eine verabsolutierte Wahrheitsliebe (so berechtigt sie in einem machtstrukturell repressiven Kontext auch ist) am Ende nichts als Hass und Zerstörung hinterlässt, auch in Bezug auf das eigene Selbst. Das heisst, es geht immer auch um die persönliche (Mit-)Verantworung als Individuum. Diese Widersprüche zulassen zu können, darin liegt für mich die wahre Stärke eines Menschen. Dazu abschließend wiederum ein Zitat von Stéphane Hessel:

"Ma longe vie m'a donné une succession de raisons de m'indigner. Ces raisons sont nées moins d'une émotion que d'une volonté d'engagement. [...] Sartre nous a appris à nous dire: 'Vous êtes responsables en tant qu'individus.' C'était un message libertaire. La responsbilité de l'homme qui ne peut s'en remettre ni à un pouvoir ni à un dieu. Au contraire, il faut s'engager au nom de sa resonsabilité de personne humaine."
Blog Ackermann-Absage: Suppe statt Dose
Inga: Warum zitieren Sie Hessel nicht auf deutsch? Es gibt doch eine Übersetzung! Ausserdem scheinen Sie eine heiße Liebe zu dem Woolworth-Wörtchen "kreativ" zu unterhalten. Penia sagt nichts anderes als das, was die CDUFDPSPD auch sagt: Wer nicht arm ist oder arm gehalten wird, fühlt keinen Zwang zum Malochen, egal zu welchen Bedingungen. Von "kreativ" ist überhaupt nicht die Rede.

Und was HAMLET angeht: Ist Ihnen je ein Geist/Gespenst, noch dazu das Ihres eigenen, wie es selbst sagt ermordeten Vaters erschienen (Ihre Mutter wälzt sich mit dem Mörder im Bett), um Sie zur Rache aufzufordern? Hamlet "liebt" diese Wahrheiten keineswegs, sie sind sein Albtraum, sie überfordern ihn. Das Wahrheitsliebedrama von dem Sie sprechen, heißt DIE WILDENTE.

Und schliesslich: Wie bringen es diese sog. "Threads" nur immer wieder fertig, von konkreten Inhalten zu zunehmend wolkigeren Allgemeinplätzen aufzusteigen wie "Das heisst, es geht immer auch um die persönliche (Mit-)Verantworung als Individuum"? Von den epidemischen Schreibfehlern einmal abgesehen ("Verantworung" - Menschen, die ihr eigenes Geschreibsel nicht korrekturlesen können, erklären uns ihre Sicht der Welt!)?

Bei Josef Ackermann und der Deutschen Bank gings los - und wo sind wir jetzt? "Zudem steht für mich die Rolle der Kunst im Vordergrund" und "Diese Widersprüche zulassen zu können, darin liegt für mich die wahre Stärke eines Menschen"! Prost Mahlzeit!

Und so endet es immer! Hätte Warhol, der Inhalte wegen, die Suppe abbilden müssen, statt der Dose?
Blog Ackermann-Absage: im Sinne einer Ästhetik des Widerstands
@Frank-Patrick Steckel: Warum nicht auf französisch? Die Sprache der französischen Revolution? Aber vielleicht ist das Französische ja auch irgendwie DAAD-vergiftet. Es gibt dafür einen ganz einfachen Grund: Ich hatte nur die Originalausgabe zur Hand.

Ich gebe Ihnen Recht, der Begriff "kreativ" ist insofern unglücklich gewählt, als dass er Gefahr läuft, in die Nähe des Topos der "Kreativwirtschaft" zu geraten, in welcher Selbst- und Weltverhältnisse zu Investitionsfragen geworden sind.

Mit "Hamlet" und der "Wildente" haben Sie möglicherweise ins Schwarze getroffen. Es ist tragisch, ja.

Ich habe aber keine Lust, mir hier Ihre Standpauke wegen eines fehlenden "t"s im Wörtchen "Verantwortung" anzuhören bzw. davon zu lesen. Jeder weiss, was gemeint ist. Auch ohne ordnungsliebend hyperkorrektes Deutsch. Und wer erklärt uns hier denn jetzt eigentlich seine Sicht der Welt, lieber Herr Steckel?

Unabhängig von dem "Hamlet"-Kontext, den Stephan Ullrich aufgemacht hat, für welchen Sie sogleich meinen, das Wort führen zu dürfen, frage ich Sie, was daran falsch sein soll, auf die Verantwortung jedes einzelnen Individuums zu verweisen. Mir ist schon klar, dass Sie auf die Verbindung von politischer Einflussnahme und wirtschaftlicher bzw. medialer Macht hinauswollen. Trotzdem ist jeder Mensch für sein Tun verantwortlich und also auch zur Verantwortung zu ziehen. Gerade im Fall Ackermann.

Mit dem Fokus auf die Kunst wollte ich darauf hinaus, dass man mit Hassparolen meines Erachtens nicht weiterkommt, sondern dass es vielmehr um eine "Ästhetik des Widerstands" nach Peter Weiss gehen muss. Das heisst um eine Vermittlung des Künstlerischen und des Politischen: um eine Ästhetik (des Textes/der Textform), welche in sich politisch ist und um "eine Politik, welche die Formen, in denen sie sich vergegenständlicht, als Ausdruck ihrer Zielsetzungen - oder aber ihres Versagens! - begreift", wie es Ralf Schnell formuliert.
Sie selbst haben "Plutos" inszeniert. Gut, vielleicht habe ich Penia etwas anders wahr-genommen als Sie, aber das ist nunmal die Freiheit der Kunst bzw. des emanzipierten Zuschauers.
Bezogen auf Ackermanns Rolle vor dem Admiralspalast, stellt sich mir hier die Frage, ob viel (Sponsoren-)Geld automatisch gute Kunst "abwirft" (und ich verwende ich hier ganz bewusst den Jargon der freien Wirtschaft). War diese "Dreigroschenoper" jetzt eine Werbeveranstaltung für die Deutsche Bank oder ging's da um das Politische in der Kunst? Das Gegenteil, also weniger Geld für die Kunst, ist natürlich auch nicht der richtige Weg, zumal das mittlerweile ja auch allzu gern und allzu häufig nur noch als verdrehtes Alibi missbraucht wird, um den Theaterbereich noch mehr auszutrocknen, Theater zu schließen usw. Sind das keine Widersprüche?
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