Redaktionsblog - das Prinzip Berlusconi in Armin Petras Kaufmann-Inszenierung

Das Prinzip Berlusconi

Berlin, 27. Oktober 2009. Veline, so nennt man in Italien die strahlenden Mädchen, die die Fernsehprogramme des Berlusconianischen Mediaset-Imperiums bevölkern. Sie geben sitzend oder kniend den hübschen Rahmen der berühmten Comedy-Sendung Striscia la notizia ab, sie reichen dem Talkmaster die Karteikarten oder ziehen bei Gewinnsendungen das Los aus der Trommel. In den allermeisten Fällen bleiben sie stumm, tanzen viel und lächeln immer, haben lange Haare und sind ziemlich leicht oder zumindest enganliegend bekleidet. Übrigens findet sich diese allgegenwärtige erotische Zier auch schon im Vorabendprogramm.

Redaktionsblog - Hamburger Theaterliebe

Der Artgenosse als Rätsel II

Hamburg, 17. September 2009. In meinem Hamburger Hotel saß heute ein Mann am Frühstückstisch, der gestern auch die Peer Gynt-Premiere besucht hatte. Er sah das Programmheft neben dem Teller liegen, und wir sprachen ein bisschen über Jens Harzer, die Pappkartons und die Menge der Zigaretten, die Karin Neuhäuser geraucht hat. Wahrscheinlich waren es zwanzig.

Redaktionsblog - Marius von Mayenburgs Nibelungen andersrum gelesen

... und zum Blutbad sich ergieße ...

Berlin, 15. September 2009. Man könnte die Kritik von Marius von Mayenburgs Nibelungen statt mit dem Anfangsbild auch mit dem Schlussbild beginnen. Wieder wäre man bei der großen Treppe, auf der die Akteure – wie die wild gewordenen Besenstiele in Goethes Gedicht Der Zauberlehrling – Eimer um Eimer Blut die Stufen hinunter gießen. Ferngesteuerte Knechte einer außer Kontrolle geratenen Gewaltspirale, die sie selbst in Gang gesetzt haben: weil sie einmal so cool sein wollten, wie die Helden ihrer Fiktionen. Seien es nun Filmhelden oder Counterstrike-Avatare. Die, um diesem Bild entsprechen zu können, erst mit Täuschung und dann, um die Täuschung aufrecht zu erhalten, mit Gewalt operieren und am Ende eine Kränkung die nächste zur Folge hat.

Redaktionsblog - Wiener Publikumsgewisper

Der Artgenosse als Rätsel

Wien, 6. September 2009. Es hat geregnet an jenem Tag, als Matthias Hartmann die Stadt von jahrzehntelanger "Faust"-Entbehrung erlöste. Aber Regen tut nix, sie haben wieder einen Faust in Wien, also kamen die Wiener in freudiger Goethe-Großkunst-Erwartung herbeigeeilt. Da putzt man sich raus, da zeigt man sich her. Es ist immer ein Ereignis, die Wiener beim Theatergang zu erleben, manchmal ist es fast das einzige, was es an der Burg überhaupt zu erleben gibt. Wie beim "Faust" jetzt, aber lassen wir das.

Redaktionsblog - Die Kehlmann-Regietheater-Debatte

Murmler und Rauner

4. August 2009. Das ist doch lustig. Daniel Kehlmann hat eine Rede gehalten. Über Theater. Gegen das Regietheater. Für seinen Vater. Jeder weiß, dass diese Rede niemand interessieren würde, wenn Kehlmann nicht viele Bücher verkauft und die Salzburger Festspiele ihm nicht die Plattform geboten hätten. Weil Kehlmann aber ein Erfolgsschriftsteller ist und die Salzburger Festspiele, sommer- und promibedingt, alljährlich viel Aufmerksamkeit erheischen, meint (fast) jeder, zu dieser Rede was sagen zu müssen. Aber gut, so funktioniert das eben.

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