Kolumne: Aus dem bürgerlichen Heldenleben - Esther Slevogt schreibt nicht über Jan Böhmermann
Im Dunstkreis des Herrn Erdoğan
von Esther Slevogt
12. April 2016. Nein, ich werde nicht über Jan Böhmermann schreiben. Weil ich wirklich sauer bin, dass dieser Fernsehklugscheißer, den ich für seine Varoufake-Aktion noch bewundert habe, nun ausgerechnet einem schlimmen Autokraten wie Herrn Erdoğan einen derartigen Auftritt, derartige Medienpräsenz und Meinungsmacht verschafft. Auch wenn wahrlich peinlich bleibt, dass Staatsoberhäupter sich überhaupt mit derlei Angelegenheiten befassen.
Was man leider auch von Frau Merkel sagen muss, die dem guten Recep Tayyip nun wirklich nicht so tröstend den Kopf hätte tätscheln müssen, weil der Böhmermann so böse zu ihm war. Sondern ihr Mitleid anderswo deutlich besser investiert gewesen wäre. In Idomeni zum Beispiel. Als hätte die Welt keine anderen Sorgen als die Gedichte von Jan Böhmermann. Obwohl – vielleicht ist eben dies ein Grund für unsere so in Unruhe geratene Gegenwart: dass jegliches Maß und wohl auch jeglicher Sinn für Würde abhanden gekommen ist. Und so altmodische Dinge wie gutes Benehmen leider auch. Dass manche Leute meinen, sie dürften alles, verbale oder andere Bomben über einer wehrlosen Bevölkerung abwerfen zum Beispiel. Böhmermanns Auftritt war ja auch ein Medienmachtmissbrauch.
Der Hintern der Verhältnisse
Ich werde auch nicht über Jan Böhmermann schreiben, weil ich, wenn ein mit ähnlich geschmacklosen Klischees und rassistischen Stigmata vollgestopftes Gedicht let’s say über Benjamin Netanjahu zu Gehör gebracht worden wäre, es gewiss als antisemitisch verurteilt hätte. Und als rassistisch, hätte es einen afrikanischen Autokraten zum Gegenstand gehabt. Es ist halt die alte Geschichte, dass die Kehrseite einer Medaille kein anderer Planet, sondern nur die Rückseite derselben Verhältnisse ist, der Hintern dieser Verhältnisse (im vorliegenden Fall der des Herrn Erdoğan) könnte man also auch sagen.
Und genau dort nahm Jan Böhmermann Platz und sendete seine Sottisen. Mit denen er jetzt die Verhältnisse betoniert, die er angeblich kritisieren wollte. Ja, und nun wird er auch noch zum Märtyrer der offenen Gesellschaft stilisiert, die er eigentlich so sauber vorgeführt hat: als er mit seinem Gedicht scheinbar so aufklärerisch verschmitzt auftrat, aber in Wahrheit an die niederen Instinkte appellierte, auf die klammheimliche Freude der Zuschauer setzte, dass ihnen endlich mal einer aus der Mördergrube ihres Herzens spricht.
Heute: Kolumnenfrei
Ich werde also nicht über Jan Böhmermann schreiben. Sondern vielleicht über den fehlenden Mut der Theater, große Stoffe wirklich groß zu ziehen. Anstatt immer so hübsch harmlos zu bleiben. (Dass die Schauspieler ihr ganzes Virtuosentum oft im Stuhlkreis verhüpfen und an die vierte Wand fahren müssen). Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte. Deswegen fällt die Kolumne heute leider aus.
Esther Slevogt ist Redakteurin und Mitgründerin von nachtkritik.de. In ihrer Kolumne Aus dem bürgerlichen Heldenleben untersucht sie: Was ist eigentlich mit der bürgerlichen Öffentlichkeit und ihren Repräsentationspraktiken passiert?
Zuletzt fragte sich Esther Slevogt in ihrer Kolumne mit der Frage, wie von Verbrechen berichten zu sei, ohne die Verbrecher*innen zu ehren.
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dann nehmen Sie doch Ihren ganzen Mut einmal in die Hand und machen am besten selbst großes Theater zu den großen Themen der Zeit. Als wäre das einfach dadurch zu gewährleisten, dass man mutig ist. Was immer das überhaupt gerade heißen soll. Sie werden sicher entgegnen, das sei nicht Ihre Rolle, Sie seien ja keine Theatermacherin, sondern Journalistin. Dann aber nehmen Sie doch dafür Ihren ganzen Mut zusammen und riskieren Sie Ihren Hintern mal so, wie Böhmermann es getan hat - unabhängig davon, ob man die Aktion gelungen oder misslungen findet! - statt über diesen Hintern nur (nicht) zu schreiben. Wenn Sie nicht schreiben wollen oder können, dann lassen Sie es doch und lassen die Kolumne wirklich ausfallen. Und wenn Sie die "andere Geschichte" über die lächerlichen und mutlosen Theater schreiben wollen, dann tun Sie doch dies. Aber schon Ihre Grammatik macht derart verwirrende Bezüge auf - "Theater sind mutlos - ABER das ist eine andere Geschichte - DESWEGEN fällt die Kolumne aus" -, dass man sich zu fragen beginnt, ob die Kolumne über das "bürgerliche Heldenleben" nicht selbst bereits eine Absurdität darstellt. Aber das soll hier nicht pauschal gewertet werden und wäre tatsächlich auch wieder eine andere Geschichte. Schön wäre nur im unendlichen Rauschen des aktuellen medialen Geklappers Texte und Positionen wahrnehmen zu dürfen, die tatsächlich etwas zu sagen haben. Oder eben das Schweigen zuzulassen. Mit beidem jedoch wechselseitig und abseits der Inhalte zu kokettieren und darin dann gleich noch einen Rundumschlag anzudeuten, ohne ihn auszuführen, ist dann allerdings keine gute Alternative zum Geklapper, sondern seine Fortsetzung und wird nichts und niemandem gerecht. Aber es ist eben nicht so leicht mit der Produktion heute, weder mit der von künstlerisch, noch der von publizistisch Gehaltvollem. Indes ist es gut und wichtig, es immer wieder zu probieren. In diesem Sinne darf man auf die nächste Kolumne hoffen.
(Hier gibt's den Link zu einem Blog, der Video & Gedicht dokumentiert:
http://www.testspiel.de/schmaehkritik-ein-gedicht-von-jan-boehmermann-fuer-erdoan/313593/
Grüsse aus der Redaktion)
Danke aber für die Sorge um meinen Humor und Grüsse zurück - Der.
1. persönliches Geschmacksurteil wird als Tatsache hingestellt (das haben wir leider oft)...Böhmermann nicht gut zu finden, ist eine Sache, sei jedem zugestanden, aber deswegen seine Arbeit komplett als überflüssig und verdammungswürdig hinzustellen, ist unzulässige Verallgemeinerung und unsouveräne, fast schon freiheitsfeindliche Bevormundung
2. Sein Schmähgedicht war kein Schmähgedicht im vordergründigen Sinne und deswegen auch nicht die Satire selbst, sondern die Satire war die Darstellung eines Schmähgedichts, das eben einer Satire nicht mehr entspricht, was vor dem Beitrag gut und verständlich dargestellt wurde, sozusagen Meta-Satire...warum kapieren das einige Leute eigentlich nicht?! Bzw. kommen dann wieder zu 1.?
Dazu ist die Idee aber leider nicht gut, nicht erhellend genug. Zumal Sie offenbar, wie so viele, nur das Gedicht von Böhmermann in ihre Bewertung einfliessen lassen. Das Gedicht ist bei der Aktion aber die grösste Nebensächlichkeit überhaupt. Haben Sie sich je den gesamten Beitrag von Böhmermann angesehen (von dem ich übrigens sonst alles andere als ein Fan bin)? Dann dürfte Ihnen, falls Ihnen beim anhören der Fäkalwörter vor Schreck nicht wieder entfallen ist, was Sie in der Anmoderation gehört haben, aufgefallen sein, dass Böhmermann nicht Erdogan einen grossen Auftritt verschafft - den hatte dieser längst durch seine Reaktion auf den Beitrag von Extra3 - sondern uns allen die unangenehme Frage stellt, wie weit Presse- und Meinungsfreiheit geht/gehen kann/gehen darf, wenn man einen Deal mit dem Teufel geschlossen hat. Und uns mit dem kleinen Streich auch gleich vor Augen führt, was ein Deal mit dem Teufel für Konsequenzen mit sich bringt, in welche Lage man sich damit manövriert. Statt Böhmermann einen Fernsehklugscheisser zu nennen, sollten Sie als Vertreterin der Presse, der etwas an der freien Meinungsäusserung liegen sollte, dankbar sein, dass er seine Finger in die offene Wunde legt - egal, ob man die Art und Weise, wie er es tut, nun mag oder nicht. Er tut es wenigstens! Wo hingegeben ist ihr Beitrag zu diesem Thema? Oder zu einem anderen Thema, das gerade brennt? Wenn Sie schon nicht über Böhmermann schreiben wollen (ach hätten sie es doch wirklich nicht getan), warum nehmen Sie sich dann nicht ein anderes Thema vor und erhellen uns mit ihren Gedanken darüber? Es gibt so vieles, worüber man in der heutigen Zeit reden müsste. Fällt Ihnen für ihre Kolumne wirklich nichts Spannenderes ein, als sich über einen Fernsehklugscheisser aufzuregen und sich damit selber zum Klugscheisser zu machen? Das gilt übrigens auch für Ihren letzten Satz, indem Sie den Theatern vorwerfen, keinen Mut zu haben, und nur hübsch harmlos zu sein. Anderen Mutlosigkeit und Klugscheisserei vorwerfen sollte man nur, wenn man selber 'besser' ist. Wo ist ihr Mut für die grossen Themen? Oder besteht ihr Mut, ihre sprachliche Gewitztheit nur darin, andere Mutlos und Klugscheisserisch zu nennen? Dann würde ich Ihnen raten, ihre sprachliche Waffe noch etwas zu schärfen - und bis dahin wirklich lieber nichts zu schreiben, als genau die Belanglosigkeiten, die man anderen vorwirft. Ich weiss, es tut weh, wenn andere sich ins Rampenlicht stellen, in dem man selber gerne stehen würde, aber man sollte den Schmerz darüber vielleicht nicht ganz so offensichtlich durch die Zeilen fliessen lassen.
Also was jetzt?
Ich habe sehr gelacht, der Rest ist eine Farce.
Das ist sicher im Vergleich zu Böhmermanns Text eher harmlos.
Aber: Auch wenn ich durch relativierende Einschränkungen sage, dass ich verdeutlichen will, was nicht geht, sage ich es trotzdem und der Angesprochene hat jedes Recht, sich beleidigt zu fühlen.
Ich vermute, B. wollte clever und witzig sein. Aber wenn man sich den Text anschaut, wirkt er doch recht pubertär. Und eines ist er meiner Meinung nach nicht: politisch. Das Lied in extra3 war da durchaus politischer, weil es sich mit E.s Handlungen auseinandersetzte.
Natürlich darf Satire alles, aber Satire hat einen konkreten Gegenstand, den sie kritisiert. Das tut das Lied. Wenn B.s Text keine Satire ist, ist er vielleicht Kunst.
B. bleibt mit seinem Text letztlich innerhalb des medialen Systems - "Seht her, was ich mich traue!"- und muss jetzt erfahren, dass andere Systeme reagieren. Das hat er vermutlich so nicht erwartet.
Ich möchte nicht missverstanden werden: Ich habe für E und seine Politik nichts übrig und finde sie absolut kritikwürdig. Kunstfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung sind sehr wichtige Güter unserer Verfassung und hoffentlich auch unserer Gesellschaft. Deshalb hat B. auch das Recht, sich so zu äußern.
Zur Klärung von Beleidigungsfragen sind Gerichte da. Deshalb wäre ein Prozess wünschenswert,der dann auch viele satirische Beiträge über seltsame Gesetze (Strafbarkeit der Beleidigung von Staatsoberhäuptern) ermöglichen würde
Ich bin wie Frau Slevogt der Meinung, dass die ganze Angelegenheit überbewertet wird, allein wenn man sich die prominente Platzierung diese Themas in Nachrichtensendungen anschaut. Positiv war, dass einzelne Sendungen die Affäre zum Anlass genommen haben, über die Verhältnisse in der Türkei zu berichten,z. B. darüber, wie ziemlich harmlose Aussagen zu E. bestraft wurden.
Auch B.s Wahl des Objektes ist eigentlich billig; wenn er wieder seine Sendung macht, könnte er ja mal etwas ähnlich Tiefschürfendes über Merkel, Gauck und Papst bringen. Mal schauen, wie dann die Reaktionen sind.
Den Vergleich mit Charlie Hebdo finde ich falsch, weil dort eben nicht einzelne Personen herabgewürdigt wurden, sondern gegen eine Geisteshaltung Stellung bezogen wurde. Auch gibt große Unterschiede zwischen Pussy Riot und Jan Böhmermann, der aus gesicherter, öffentlich-rechtlicher Stellung in einem liberalen Land agiert, während die Band unter sehr widrigen Umständen ihre Haut zu Markt getragen hat.
Ein Freiheitskämpfer ist er wohl nicht.
Wenn hier eine Kritikerin als Überschrift schreibt, wie unlängst geschehen, "Fickificki, Angela ist doof." erkennt niemand darin eine Beleidigung der Kanzlerin, obwohl man, wenn man die Kritik nicht gelesen hat, die Überschrift für sich alleine als eine Beleidigung auslegen könnte. Erst im Zusammenhang mit einer Aufführung erschließt sich einem, nach der Lektüre der Kritik, dass es sich offensichtlich nicht um eine Beleidigung handeln soll.
Für einen solche Titel sollte Straffreiheit gelten. Ähnlich verhält es sich auch bei Böhmermann, erst im Zusammenhang der gesamten Sendung erschließt sich einem, dass es sich nicht um eine Beleidigung handelte, sondern, um ein absichtlich besonders schlecht gemachtes Beispiel dafür, wie so eine Beleidigung aussehen könnte, und ein Beispiel dafür, was man darf und was nicht. Auch hierfür sollte Straffreiheit gelten.
Ob es meinen Geschmack trifft, ist dabei unerheblich, so wie es auch völlig gleich ist, ob ich so etwas als russische Punkband oder als französischer Karikaturist mache. In der BRD ist es erlaubt.
Was mich empört, ist, dass nun Erdogan seine Strafverfolgung von Journalisten und Moderatoren in der Türkei auf die BRD ausdehnt und dabei Unterstützung von Seiten der Kanzlerin erhält. Das geht gar nicht. Zudem, Böhmermann hat nie von sich behauptet ein Freiheitskämpfer zu sein. Aber wenn er sich durch Talent und Geschick in eine sichere Position gebracht hat, so darf man ihm trotzdem nicht das Recht absprechen, seine Meinung frei zu äußern und sich dabei der Kunstfreiheit zu bedienen. Die soziale Stellung ist bei der Ausübung dieser Rechte in der BRD unerheblich und das ist gut so.
Frau Slevogt täte als Redakteurin gut daran ebenso Straffreiheit für Böhmermann zu fördern, unabhängig davon, ob Böhmermann nun ihren Geschmack traf oder nicht.
Denn eine Ausdehnung der türkischen Strafverfolgung von ModeratorenInnen und JournalistenInnen auf die BRD ist inakzeptabel !
Ebenso denke ich nicht, das er mit seinen Sotissen Platz im Hintern von Erdogan genommen hat, noch das er auf Wehrlose verbale Bomben abwarf, auch sehe ich ihn nicht in der Nähe von Pegida, noch war es ein Medienmachtmissbrauch, es war einfach nur Satire, und Böhmermann ist kein Vergewaltiger, nur weil Frau Slevogt mal so richtig sauer wurde. Er ist ein Komiker im Range von Carl Valentin. Da kann auch kein Dünkel der Redakteurin etwas gegen unternehmen.
Es ist also durch die Meinungsfreiheit legitim Satire, über im Mittelmeer Ertrunkene zu machen, aber nicht über einen mächtigen Staatsoberhaupt? Die Würde eines kleinen Kindes und die seiner Familie sind also weniger wert?
Im Gegensatz zu Charlie Hebdo, hat Böhmermann nie auf Schwächere getreten. Es ging immer gegen mächtige,wehrhafte Personen.
Er ist auch kein Diplomat. Das ist nicht sein Beruf. Ich will gar nicht auf die Geschmacklosigkeit des Gedichts eingehen.Kein Mensch nimmt das ernst.Darum geht es nicht. Es geht ums Prinzip.Man kann von dieser aufgeblasenenen,hysterischen Affäre halten was man will, aber Herr Böhmermann hat den doppelten Maßstab entblößt.
Außerdem kann man, einem wahrhaft würdevollen Menschen, niemals die Würde nehmen. Das schafft Herr Erdogan ganz alleine durch seine unsouveräne Reaktion.Ein Staatsmann, der diesen Namen verdient, hätte sowas ignoriert.Je lächerlicher ein Mensch ist, umso mehr nimmt er sich selber ernst.Hätte er mit Humor und Intelligenz eine schlagfertige Antwort geliefert,hätte er dieses Match vielleicht sogar gewonnen.
Die Nazis haben "Satire" gegen Schwache,Minderheiten und wehrlose Menschen betrieben.
Mhmh, was ist denn Satire? Satire entlarvt ja nicht nur den von der Satire Betroffenen, der ja nicht an Leib und Leben betroffen ist, wie Sie sehr richtig schreiben. Sondern sie entlarvt vor allem auch denjenigen, der etwas als Satire wahrnimmt und darüber erst zum Denken kommt. Satire kann also vor allem das Bewusstsein von Menschen und damit die Wahrnehmung von Welt und Selbst verändern.
Davon abgesehen, finde ich auch, dass es lächerlich ist, wie Erdogan und Merkel und all die anderen Machthaber und vermeintlichen politischen Repräsentanten hier jetzt reagieren. Satire verletzt ja eben nicht real. Satire ist niemals körperlich, sondern spielt nur mit den (sprachlichen) Zeichen und der daraus folgenden Wahrnehmung von Welt. Das ist ein entscheidender Unterschied.
@ Aufgeräumt: Wie jetzt? Satire reizt noch mehr, Macht auszuspielen? Im Gegenteil. Satire soll doch eher helfen, den Begriff der Macht allgemein ad absurdum zu führen.
Auf einem Flüchtlingsschiff braucht man ja nun echt kein Fahrrad, liebe Spielplatzbesucher. Und Mo Asumang braucht auch keine Angst um ihre Wohnungsausstattung zu haben, ja, das ist wirklich Satire. Zeigt ja auch die absurde Reaktion Ihres Neonazi-Gegenübers als "Gentleman". Genau, Hauptsache Gentleman, oh je. Entschuldigung, bin kurz vom Thema abgekommen. Wo es nur noch um das Leben selbst geht, ist Satire nicht mehr witzig und verfehlt auch ihre Wirkung. Ist klar.
Karl mit "K", bloß nicht mit "C", auch wenn das schöner aussieht. Das war mal wieder so deutsch von Ihnen. Mehr fällt Ihnen nicht ein. Sicherlich, Frau Slevogt beklagt sich wenigstens über mangelnde Würde, schlechtes Benehmen, sie nur über die Rechtschreibung.
Ich kann Frau Slevogt verstehen. Mir gefällt vieles an solchen Sendungen nicht. Diese Derbheit ist oft schwer zu ertragen, aber sie befördert so einiges. Mir geht dieser Konsensschwamm Merkel so derartig auf die Nerven, wo immer in ihrer Haltungslosigkeit ein billiger Konsens auffindbar ist, sie saugt ihn auf, wie ein Schwamm. Es ist eine einzige diffuse Konsensbrühe. Und da haut mal einer mitten in die "Scheiße" und es spritzt nach allen Seiten. Das kann Satire. Ob sie den Machtbegriff, die strukturelle Macht oder die Macht allgemein entlarven kann, wäre so ein Punkt. Das sie es darf, ist das Entscheidende.
Mich würde auch noch interessieren, ob Jan Böhmermann ein echter Satiriker ist, also z.B. mit den Leuten von der "Titanic" vergleichbar.
ob Herr Boehmermann Satiriker ist, weiß ich nicht zu sagen. Näheres wüsste ich, wenigstens zu behaupten, hörte oder sähe ich ihn in seinem spezifischen humoristischen Element. Dazu ist mir durch die mediale Berichterstattung über ihn im Zusammenhang mit Erdogan und insbesondere durch diese Diskussion hier auf nachtkritik.de endgültig die Lust vergangen. Theoretisch könnte er ein Satiriker sein, wenn seine Erdogan-Gedicht-Satire den durchschnittlichen Wirkungsgrad der Beiträge des Satire-Magazin „Titanic“ erreichte. Obwohl er als Person kein Comic ist und auch keine Bildunterschrift. Wenn er kein Satiriker ist, weil er z.B. diesen gesicherten Wirkungsgrad im Durchschnitt nicht erreicht, könnte er schlicht ein Komiker sein. Vielleicht ein auffallend guter. Unter anderen. Zum Beispiel. Wenn er, wie hier behauptet wurde, einer vom Range eines Valentins wäre, müsste er natürlich seine Sketche und Stücke grundsätzlich selbst schreiben, darüber hinaus selbst singen und musizieren und kürzere Filme drehen können. Er müsste dann auf das beste befreundet sein (können) mit einem führenden deutschsprachigen Dramatiker oder – in, auch wenn er oder sie weniger lustig wäre, als er selbst. Wenn das alles nicht der Fall sein sollte, kann er eventuell ein Komiker vom Range Boehmermanns sein. Nicht aber einer vom Range Valentins. Valentin war eventuell mitunter betrübt, weil er gern politisch direkter und nicht über den Umweg des allgemein Menschlichen politisch gewesen wäre, wenn ihn die Verhältnisse arg gestört haben. So wie die Berliner Brett’l-Kultur es vorgemacht hat. Trotzdem gibt es bis heute wesentlich mehr Texte und Erinnerung an Valentin’s entdecktem allgemein Menschlichen, das immer politische Konsequenzen verbreitet, als aktuell politische Texte des Kabaretts und konkrete Erinnerung an dieses aus seiner Zeit. Mein Lieblingsstück ist die Briefverlesung aus der immer wieder unterbrochenen Orchesterprobe, wo der eigentlich unwillige Valentin von einem Musiker, der ihn vorab schwer beleidigt hatte, als versöhnliche Geste den Brief einer draußen auf ihn wartenden Verehrerin überreicht bekam und diesen ihm vorliest, weil er dem Kollegen gern vorführen möchte, wie dumm dumme Dummheit sein kann, wenn sie ihm statt einer Entschuldigung als Entschuldigung für eine Beleidigung angeboten wird:
Zitat folgt
Über so viel Wahrheit einerseits und Unwissenheit andererseits über Werben einerseits und Unlust andererseits kann ich mich einfach ausschütten vor Lachen.
Und hier fragt sich eine Userin, ob Satire überhaupt Sinn macht? Ob sie Machtverhältnisse aufdecken kann? Ja, kann sie Frau Inga.
Denn es handelt sich bei dieser Kanzlerin um die selbe Frau Merkel, die noch vor wenigen Monaten in der ersten Reihe zentral in der Mitte mit anderen Staatsoberhäuptern in Paris für Charly Hebdo demonstrierte. Eine Demonstration bei der Herr Erdogan übrigens fehlte. Heute wissen wir warum. Ein Schaulaufen für die Kunst- und Meinungsfreiheit unter dem Eindruck der schlimmen Morde.
Die selbe Frau verfolgt einen Satiriker im eigenen Land mit aller Härte des Gesetzes. Entweder sind es zwei verschiedene Frauen, die eine, die dort in Paris so medienwirksam mitmarschierte , und die andere hier im Kanzleramt. Oder aber wir haben es mit einem haltungslosen Schwamm zu tun, der immer nur auf Sicht regiert.
"Mit Sicht auf die Flüchtlingsfrage die richtige Entscheidung?! Liebe Inga?"
Sie reden so, als ob man auf die Satire auch leicht verzichten könne. Ist sie doch so ein niveauloser Wurmfortsatz des menschlichen Daseins. Ein Noch-nicht, dass man leicht durch die Philosophie, den politischen Diskurs, das Theater oder die Literatur ersetzen kann. Satire, das kann weg.
Dabei handelt es sich um ein menschliches Ur-Bedürfniss, das man schon bei den Kindern beobachten kann. Dieses Bedürfniss abschalten oder unterdrücken zu wollen, ist ein Akt gegen das Menschliche an sich und steht einem Autokraten wie Erdogan "gut". In der Demokratie haben solche Prozesse nichts verloren. Gelegentliche vulgäre Ausfälle bei Satirikern nimmt man souverän mit einem Achselzucken und geht weiter seiner Wege. Das dies Achselzucken durch eine Staatsaffäre ersetzt wird, ist skandalös. Und sie fragen sich immer noch: Was Satire überhaupt so bringt?!
Arme Inga, sie tun mir leid. Da haben sie es mit einem Skandal zu tun, ähnlichem Ausmaßes wie der "Biermann Ausweisung", und sie palavern ein wenig über Sinn und Unsinn von Satire. Hihi Frau Inga, hihi. Währenddessen sitzt Herr Böhmermann da und kann sich vor dem wahrscheinlich schlimmsten Jahr in seinem Leben fürchten. Aber es wäre ja auch einfach zu altmodisch für einen Familienvater aus Köln ein wenig Einfühlung zu signalisieren. Kein Mitleid. Ist doch selber schuld, diese "Satiriker Sau"! Hat ihn doch niemand gezwungen gegen Erdogan zu wettern.
Wissen sie überhaupt warum soviele Türken liebend gerne Herrn Erdogan beleidigen wollen, ahnen Sie das, Frau Inga?! Warum Herr Erdogan Anlass zu Spott und Hohn und Schmähung gibt? Diese Frage sollten sie sich einmal beantworten, bevor sie auf die Satire an sich einsteigen.
"Bewusst verletzend."
Das ist eine Vorabverurteilung und die Wahrscheinlichkeit, dass Böhmermann nun verurteilt wird, erhöht sich um das Maß dieses Kanzlerinnenurteils.
Sie hat es ermöglicht, das Richter und Richterinnen ihrem Urteil folgen. Und somit wird der Anspruch einer Umsetzung der juristischen Verfolgung von Journalisten und Journalistinnen, wie Moderatoren und Moderatorinnen im türkischen Stil in der BRD wahrscheinlicher, denn es sprach niemand anderes sein Urteil, als die mächtigste Frau Europas.
@ DR: Ich verstehe leider überhaupt nicht, worauf Sie hinaus wollen und empfinde auch nichts an Ihren Ausführungen als lustig. Warum schreiben Sie hier jetzt von Valentin und dieser Verehrerin? Thema hier war was anderes, oder? Zudem klingen Sie etwas frauenfeindlich, täusche ich mich oder wollten Sie das nur von dem Valentin sagen?
Stattdessen sind sie schon wieder auf der Suche nach einem möglichen Frauenfeind "DR", denn die Strafverfolgung Böhmermanns ist für sie nur lächerlich.
Nein, ist sie nicht, Frau Inga, sie ist ernst und keine Satire. Und sie ist das Ergebniss einer weiblichen Führungskrise. Und auch diese weibliche Führungskrise hat einen Namen, sie heiß "Merkel". Da regiert eine Frau, die stets versucht ist medial möglichst immer gut rüber zu kommen, und die aus weiblicher Eitelkeit heraus jede schädlich Haltung von sich fernhält. Gestern in Paris war es noch besser sich für die Satire einzusetzen, denn so konnte sie leicht ihre Position in der Mitte des Bildes finden. Heute scheint es ihr besser mal gegen die Satire zu wettern, denn so steht sie mit ihrer einsamen Entscheidung wiederum im medialen Mittelpunkt. Medienaufmerksamkeit um jeden Preis ist ihre Währung , ähnlich wie bei Böhmermann, und Haltungen, oder das eingestehen von Fehlern stören dabei nur.
Und das haben sie mit Frau Merkel gemeinsam: Bloß nie einen Fehler eingestehen. Besser nur von Mißverständnissen reden. Das kommt besser an.
Und für Frau Merkel gilt noch, besser erst einmal den Narren strafen, dass lenkt von eigenen Fehlern ab. Bauernopfer sind gut für einen straffen politischen Teint.
Und so muss sich auch Frau Slevogt die Frage gefallen lassen: Lagen sie denn nun mit ihrer Nicht-Kolumne richtig?! Wenn Sie Böhmermann für einen medienmachtmissbrauchenden Fernsehklugscheißer halten, der an die unteren Instinkte seiner Zuschauer appelliert, sind sie dann auch konsequenterweise für seine Verurteilung und eine Strafe im Sinne des Paragraphen 103 ?!
Oder haben sie eventuell irgendwo einen Fehler gemacht, den sie nun revidieren sollten?
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__103.html
An die niederen Instinkte der Massen zu appellieren, in dem man Gruppen (für die auch einzelne Individuen wie Staatsoberhäupter stehen können) rassistisch verunglimpft,wäre eher ein anderer Tatbestand.
das ist ja leider dummes Zeug, was Sie da schreiben. Frau Merkel (man mag sie mögen oder nicht) hat lediglich die Ermächtigung zur Strafverfolgung gegeben (§ 104 a StGB) und damit die Gewaltenteilung (und auch unsere Demokratie) gestärkt. Bei uns entscheidet nämlich nicht ein Staatsoberhaupt, ob etwas Satire ist oder Beleidigung oder wer nun strafverfolgt wird und wer nicht, sondern die Judikative - und das ist auch gut so (Herr Erdogan mag sich ein Beispiel nehmen)! Frau Merkel "verfolgt damit" auch keinen Satiriker "im eigenen Land", sondern setzt die Gesetze um, die wir nun mal haben (auch die kann man mögen oder nicht) - und kündigt zudem an, diesen unsinnigen Paragrafen abschaffen zu wollen.
Ich biete Ihnen auch gerne folgende Wette an: die Gerichte werden sich durch eine etwaige "Vorverurteilung" durch Frau Merkel überhaupt nicht beeindrucken lassen und Herrn Böhmernmann entweder freisprechen oder das Verfahren noch davor einstellen (und stärken damit die Freiheit er Kunst!). Ich setzte einen Theaterabend, wenn ich das nächste mal in Berlin bin - und hinterher so viel Alkohol, dass man danach sogar über das Gedicht von Böhmernmann lachen kann!
Herzliche Grüße unbekannterweise, Bill.
das ist mir zu naiv. Frau Merkel hat eine Vorverurteilung verlautbaren lassen "bewusst verletzend" und damit eine Tür auch für die Justiz geöffnet. Das ist eine Tatsache, hinter die Frau Merkel nun versucht mit "Taschenspielertricks" zurückzukehren, in dem sie an den Rechtsstaat appelliert.
Ich kenne die juristische Abläufe und brauche keine Belehrungen. Hier hat ein weibliches Staatsoberhaupt eine Richtung für ein Urteil vorgegeben. Und das ist ein Skandal, wie er der Türkei gut stehen würde, aber nicht der BRD. Und mit dieser Vorverurteilung und dem Zulassen dieses Verfahrens an sich, hat sie den Hoffnungen in der Türkei, den dortigen Beleidigungsartikel, von dem Herr Erdogan mächtig Gebrauch macht, abzuschaffen, einen Rüffel erteilt.
Dummes Zeug, das ist so ein Allerweltsangriff, der mich wohl mundtot machen und in Schockstarre versetzen soll. Nun denn, wenn "Kleinreden" Dummheit ist, dann halten sie wohl ein Stück davon in ihren Händen.
jetzt aber bitte nicht gleich beleidigt sein! Sie dürfen anderen "ganz großer Unfug" unterstellen (#9) und sind selbst gleich eingeschnappt, wenn Ihre Ausführungen als "dummes Zeug" bezeichnet werden? Sie enttäuschen mich! Ich darf Ihnen aber versichern, dass ich Sie damit nicht "mundtot" machen will (unmögliches würde ich mir nicht vornehmen). Sie mögen meine Ausführungen als "naiv" bezeichnen (womit Sie mir ja auch nur "dummes Zeug" unterstellen wollen), sie stellen aber schlicht die juristischen Tatsachen dar: auch wenn es weh tut müssen sich alle - auch eine Kanzlerin - an unsere Gesetze halten!
Trotzdem: meine Wette steht.
Herzlichst, Bill
Woher dieses persönliche Engagement? Welche Gedanken mögen Sie bewogen haben? Lieber Bill? Erklären Sie mir das!
Und ihre Wette nehme ich an. Noch vor ein paar Wochen hätte ich nicht geglaubt, dass in Sachsen Anhalt 24% der Wähler sich für AFD entscheiden, und noch vor ein paar Tagen hätte ich gelacht, hätte mir jemand erzählt, dass gegen Jan Böhmermann ein solches Verfahren eröffnet wird.
Meine Lebenserfahrung sagt, es wird wahrscheinlich zu einer Verurteilung kommen, auf dem einen oder anderen Weg, und wir werden uns leider noch lange damit beschäftigen müssen, obwohl es scheinbar wichtigeres gibt.
Da hat sich Merkel nicht "nur" an die Gesetze gehalten, da hat sie persönlich noch eine Schüppe draufgelegt. Was war ihr Motiv, Bill?!
Warum ist er untergetaucht und macht eine Fernsehpause? Anstatt seinem Anwalt und vielen anderen die Auseinandersetzung zu überlassen, sollte, müsste er sich stellen. Dass er zudem den Chef des Kanzleramtes um Hilfe bat, ist sehr aufschlussreich. Für das, was man macht, hat man einzustehen.
Gute Witze soll er mache, scharf gewürzt und an der Grenze des guten Geschmacks, zuweilen zotig sogar diese Grenzen überschreiten, denn es gilt einen Autokraten bloß zustellen, der sich jede Beleidigung tapfer verdient hat.
Es wundert einen so oder so, dass die Kanzlerin den Staatsanwälten vorauseilend, einen solchen Beschluss fasste, denn in dem Paragraphen 103 steht ja eindeutig, dass er nur dann greift, wenn der Beleidigte sich auch im Inland befand.
So wird der Fall vielleicht noch ganz und gar zur Posse, da Frau Merkel einen Prozess zuließ, dem man von Anbeginn eigentliche keine Chance geben dürfte, auch aus juristischer Sicht, denn Erdogan befand sich nicht auf dem Boden der BRD, als er meinte beleidigt worden zu sein. Aber de Kanzlerin wollte ja das Gutachten der Staatsanwälte nicht abwarten.
Nun liegt es an denen! Wundern täte es mich nicht, wenn auch Sie ein solches Verfahen eröffnen wollten. Gegen das Gesetz wäre es trotzdem. Denn das Motiv ist eindeutig, die Kanzlerin hat es vorausgeschickt: Das uneigentliche, satirische Reden des Herrn Böhmermann erkennt sie als eigentliches Reden und eine bewusste Verletzung, und greift so dem Urteil der Richter vor. Sie meint Herr Böhmermann wolle Erdogan tatsächlich als einen Sodomiten, Kinderschänder und was weiß ich noch beleidigen, sie erkennt, dass er seine Satire im eigentlichen Sinne ernst meinte, und nicht nur ein Beispiel für eine Beleidigung abgab.
Tatsächlich hält sie Böhmermann für so dumm, dass er nicht in der Lage wäre, ernsthaft die Untaten des Herrn Erdogan zu benennen. Darin möchte ich ihr nicht folgen.
Schaut man sich einmal die unzähligen Klagen wegen Beleidigungen in der Türkei an, weiß man, dass es sich um ein System handelt, dass seine Gegener bewusst einschüchtern und kriminalisieren möchte.
Und wie das funktioniert kann man an dem Begriff "untergetaucht" gut er kennen. Böhmermann, nun schon kein Narr mehr, sondern fast schon ein Baader im Untergrung. Morgen gründet er wahrscheinlich schon die " neue tote Armee Fraktion" und tritt den bewaffneten Widerstand in der BRD im Untergrund an, oder aber er liegt doch nur irgendwo mit seiner Familie unerkannt am Strand und hat sich all den Drohungen und Gefährdungen im Inland, samt dem Polizeischutz zunächst einmal, klug und souverän, entzogen. Böhmermann hat nun die volle Aufmerksamkeit und wann er sie einsetzt, ist seine freie Entscheidung, und um diese Freiheit werden ihn wohl so einige beneiden. Und das er auf diese Form der Kriminalisierung und Verunmöglichung von Satire aufmerksam machen wollte, liegt auf der Hand, und offenbart sich fast in jedem weiteren Kommentar seiner Gegner.
Es gibt, jedenfalls für einen Laien, noch weitere Unklarheiten.
Bis zum 4. Februar 1946 enthielt dieser § 103 einen Absatz (2), bestehend aus zwei Sätzen: „[1] Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung ein. [2] Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.“ Zwischen Februar 1946 und Oktober 1953 vermerkt die Chronik des Paragraphen: „§ 103. (weggefallen)“. Er war also bereits einmal gestrichen! Ab dem 1. Oktober ist der Paragraph wieder in Kraft, allerdings ohne den Absatz (2)!
Lautete das im § 103 angegebene Strafmaß für die „verleumderische Beleidigung“ (und um eine solche handelt es sich im Falle Böhmermann, was bekanntlich zur Folge hatte, daß die deutsche Staatsanwaltschaft schon vor dem Antrag der türkischen Staatsregierung auf Strafverfolgung auf den Plan trat!) bis 1953 „Gefängnis nicht unter drei Monaten“ so wird dieses Strafmaß 1969 geändert in „Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren“. Eine Geldstrafe ist nicht vorgesehen.
Der § 104 StGB („Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten“) lautete 1872: „(1) Wer sich gegen einen bei dem Reiche, einem bundesfürstlichen Hofe oder bei dem Senate einer der freien Hansestädte beglaubigten Gesandten oder Geschäftsträger einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Beleidigten ein.“ Der Absatz (2) wurde 1876 ergänzt um den Zusatz : „Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.“
Im Oktober 1953 hat der Paragraph diesen Charakter völlig verändert. Er stellt nunmehr nicht die Beleidigung von Personen unter Strafe, sondern eben die Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten. Folglich fehlen der alte Absatz (2) sowie der Zurücknahme-Zusatz. Der neue Absatz (2) lautet: „Der Versuch ist strafbar.“ Stattdessen erhält der Paragraph einen neuen Zusatzparagraphen 104a („Voraussetzungen der Strafverfolgung“), in dem nunmehr, in Abwandlung der alten Regelung, festgehalten wird, daß ein „Strafverlangen der ausländischen Regierung“ vorliegen muß, sowie „die Ermächtigung“ der Bundesregierung zur Strafverfolgung. Bis Oktober 1953 konnte diese Ermächtigung zurückgenommen werden.
Der neue § 104a beginnt mit der Formulierung „Straftaten nach diesem Abschnitt werden nur verfolgt...“, womit vermutlich der Dritte Abschnitt („Straftaten gegen ausländische Staaten“) des sog. „Besonderen Teils“ des StGB gemeint ist. Gleichwohl ist dieser § 104a der Sache nach der Verletzung von Hoheitszeichen zugeordnet, nicht der Beleidigung von Amtspersonen ausländischer Regierungen. Die ursprünglich im § 103 vorgesehene Antragsnotwendigkeit wurde ja 1953 gestrichen. Die Bundesregierung stand also, auch "nach dem Buchstaben des Gesetzes", keineswegs unzweideutig vor der Notwendigkeit, über die Angelegenheit entscheiden zu müssen.
so werden wir keine Freunde. Kurz war ich versucht persönlich Kontakt zu Ihnen aufzunehmen, aber jetzt: Es handelt sich also um eine verleumderische Beleidigung, sagen sie!
Das erklären Sie hier. Oder sie bleiben für immer mein Feind. Sie wissen also auch schon, wie die RichterInnen zu entscheiden haben.
Begründen Sie Ihr Urteil hier!!!
1) Ich kann Ihnen naturgemäß weder die "Gedanken", noch das "Motiv" von Frau Merkel erklären. Ich kenne sie nicht. Ich stehe ihr genauso wenig nahe, wie ihrer Partei. Ich kann nur mutmaßen: nachdem ein Strafverlangen durch die türkische Regierung vorlag, war die Bundesregierung gefragt, ob eine Ermächtigung erteilt wird (§ 104a StGB). Das hatte keine Eile, ist nicht fristgebunden und doch war sie am Zug - vielleicht auch aufgrund der öffentlichen Debatte bereits unter (Zeit-)Druck. Und sehr wohl war sie (Bitteschön, als Bundeskanzlerin!) verpflichtet, ein (noch) bestehendes Gesetz auch anzuwenden. Sie war sicherlich nach dem bereits erfolgten Medienhype in keiner beneidenswerten Lage; insofern auch in "Not". Fragen wir doch mal andersrum: was wäre geschehen, wenn die Bundeskanzlerin (!) ein (noch) bestehendes Gesetz nicht angewendet oder die Ermächtigung nicht erteilt hätte, wodurch sie einen einzelnen (Böhmer-)Mann der Strafverfolgung entzogen hätte (zumindest betreffend § 103 StGB)? Ein Aufschrei wäre durch Bevölkerung/Medien/Internet gegangen - und das zu Recht! Das wäre nun wirklich Bananenrepublik und Diktatorengleich! (Ich bin tatsächlich der Meinung, das wir vor dem Gesetz alle gleich sein sollten!) Sie hatte wohl letztlich keine wirkliche Wahl. Das wussten auch die SPD-Minister, die die Situation deshalb parteipolitisch ausnutzen konnten.
2) Je mehr ich darüber nachdenke: was für ein großartiger Stoff für ein Drama; Shakespeare hätte sich alle Finger danach geleckt!
3) Leider liegen Sie auch mit Ihren weiteren juristischen Mutmaßungen daneben: der Halbsatz in § 103 StGB "das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält" bezieht sich auf "ein Mitglied einer ausländischen Regierung" und nicht auf die Staatsoberhäupter. Man kann unserer Bundesregierung, der Kanzlerin und allen Ministern sicherlich viel Inkompetenz unterstellen aber glauben sie wirklich, dass sie in einer derart delikaten Angelegenheit, die sich seit Wochen im Fokus der Medien befindet, bei einem Stab an juristischen Beratern (und nicht den schlechtetsten), einen derat banalen Fehler machen? Dann wird auch mir Angst und Bange um unser Land.
4) Einen Fehler hat Frau Merkel ohne Zweifel gemacht: sie hätte ihre persönliche Meinung "bewusst verletzend" nicht öffentlich machen dürfen. Dieser Fehler wird aber folgenlos bleiben, weil die unabhängige Justiz sich davon ganz sicher nicht beeindrucken lässt.
Herzlichst, Bill
So, das hätten wir. Und im Übrigen: Keine Drohungen, Herr Baucks! Wenn ich hier die Meinung vortrage, es handle sich bei der Hervorbringung von Herrn Böhmermann um den klassischen Fall einer verleumderischen Beleidigung (lesen Sie doch bitte selbst nach, was das ist), dann ist das meine Meinung, weiter nichts.
Zu #47: Es wenig seltsam mutet es schon an, wenn seitens der Bundesregierung eine - umstrittene - Strafverfolgung nach einem Strafgesetzbuchparagraphen zugelassen wird, dessen aktuelle Unangemessenheit und baldige Abschaffung man gleichzeitig betont und in Aussicht stellt (wobei die Kanzlerin, was die parlamentarische Abschaffbarkeit angeht, ihrer Sache sicher zu sein scheint). Zumal die persönliche Anzeige von Herrn Erdogan die weitere Strafverfolgung gewährleistet. Den von Ihnen unterstellten Aufschrei hätte es vermutlich nicht gegeben, folgt man den jüngst veröffentlichten diesbezüglichen Umfrageergebnissen.
Und was Shakespeares Enthusiasmus betrifft, habe ich auch große Zweifel. (Die Feiern zum 400. Todestag sind ohnehin absurd.)
ok, was Shakespeare anbelangt, vertraue ich auf Ihre Expertise.
Vertrauen Sie auch der eines Juristen: es gilt halt das Gesetz der Tatzeit, auch wenn es ein wenig seltsam anmutet und nicht unbedingt immer gefällt (umstritten ist die Strafverfolgung im Übrigen in fast allen Fällen). Es gibt kein Lex Böhmermann!
Ich hoffe aber sehr, dass es den von mir unterstellten Aufschrei gegeben hätte, denn alles andere wäre ein wirkliches Armutszeugnis von Demokratie und Rechtstaat gewesen! Unser Grundgesetz fasst es ganz hübsch zusammen: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." (Art. 3 Abs. 1 GG)
Herzlichst, Bill
Nun bin ich kein Winkeladvokat, der Gesetze gerne nach seiner "Meinung" auslegt. Ich lese Gesetze erst einmal so, wie sie da stehen und dafür gibt es einen sittlichen Grund, denn diese Texte sollen so geschrieben sein, dass sie dem einfachen Bürger vermitteln können, was er darf und was nicht, so dass er auch tatsächlich die Möglichkeit hat eine Straftat zu vermeiden. Muss er hierzu erst einen Rechtsbeistand konsultieren und ist ein Gesetz mehrfach auslegbar, gerät der einfache Bürger leicht in Schwierigkeiten. Dass ich hier eine kleine Orgie von Auslegungen provozieren würde, war mir klar, da ich diese Auslegungen kenne.
Einfach gelesen, klingt das Gesetz aber wie folgt: Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt (...), das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, (...) beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren...(usw)...
Diese einfache Lesart ist sinnvoll, weil sie dem Bürger eine klare Anweisung gibt, an der er sich orientieren kann, die Auslegungen sind zumeißt interessensgebunden.
Nun zu Ihnen, lieber Bill, es hätte Frau Merkel gut gestanden, dass Gutachten der Bundesstaatsanwaltschaft abzuwarten. Es gab keinen zeitlichen Druck. Es geht um einen Satiriker. Der steht im Agendasetting an sich nicht ganz oben auf der Liste. Man lässt durch seinen Regierungssprecher mitteilen, man warte das Gutachten der Staatsanwaltschaft ab und gut. Ein Aufschrei wäre da nicht zu erwarten.
Nun, wären sie ein Shakespeare könnten sie sich in die Motivlage einer Kanzlerin hineindenken und sie entschlüsseln. Aber all dies Geplenkel ist in diesem Fall gar nicht so wichtig.
Sie beide, lieber Bill und Herr Steckel, legen ihren Schwerpunkt falsch, setzen ihren Fokus nicht richtig. Und da hat ihnen Böhmermann etwas weit voraus, denn er hat den Fokus von sich weg auf die Türkei gelegt. Und das ist gut so. Das keiner von ihnen hier über die Türkei reden, sondern lieber über Böhmermann streiten will, ist das eigentlich Bezeichnende. Warum nicht?!
Bei den heutigen Verhältnissen in diesem türkischen Staat ist geradezu gesund das dortige Staatsoberhaupt zu beleidigen. Krankhaft ist nur der Verlauf dieser Debatte hier, der krampfhaft darauf fixiert ist, ob und wie man Jan Böhmermann eine Straftat nachweisen könnte.
Finger weg vom Narren, sagt der souveräne Herrscher, denn er weiß wessen Stimme aus dem Narren spricht, Volkesstimme, und wenn er nicht bereit ist auf diese Stimme zu hören, sind seine Tage wahrscheinlich gezählt.
Ich betrachte auch das : "Wir schaffen das!" von Frau Merkel durchaus kritisch, denn eigentlich ist ihr "wir" ein "ich". Und es fällt mir nicht schwer, dieses "ich" auch im Zusammenhang mit ihrer "Sinnlichkeit" zu sehen. Sie findet immer mehr Gefallen daran einsame Entscheidungen zu treffen. Offensichtlich entspricht das ihrer Machterotik. Und ein ganz besonderer "Kick" ist, nachdem sie schon die FDP zermörsert hat, nun SPD Minitser zu paralysieren. In den eigenen Reihen gibt es ja kaum noch Männer, die sie nicht schon beseitigt hat. Umgeben von Pappkameraden kann sie sich nur noch auf die SPD Minister stürzen, in ihrer Not; und, um die zu überstimmen braucht sie auch noch den "kastrierten" Innenminister, dem sie unlängst die Organisation der Flüchtlingskrise entzog.
In Ermangelung echter Feinde höhlt sie nun die eigene große Koalition aus. Und wo Erdogan nun schon in der Türkei die Drecksarbeit macht, kann man ihn doch auch einmal im Inland gegen die leidigen Kritiker und Satiriker instrumentalisieren.
Was hat Frau Merkel nicht alles an Satire einstecken müssen. Nun kann sie sich endlich einmal auf diesem Wege wenigstens an einem Narren rächen, ohne selber ins Kreuzfeuer zu geraten, hofft sie.
Ich erkenne insgesamt durchaus eine gewisse "Machtgeilheit" der Kanzlerin. Vielleicht nicht ganz so groß, wie bei ihrem Kollegen Erdogan, aber doch deutlich vernehmbar. Und es ist so sexy und kribbelt so schön, wenn man sich dabei auf den Rechtsstaat berufen kann, der einem eigentlich unendlich lästig ist.
Die Kanzlerin bin noch immer ich und mein ich ist ein "wir", uh, dass ist so aufregend.
Arme Merkel, denn schon wird dem ersten Jouralsiten die Einreise in die Türkei verweigert. Alles fällt ihr immer auf die Füße, außer vielleicht der Atomausstieg.
http://www.cicero.de/berliner-republik/causa-boehmermann-der-rechtstaat-braucht-merkels-ermaechtigung-nicht/60795/seite/3
Ich bin mir allerdings sicher, das Böhmermann dies Gedicht niemals solitär als "sein" Gedicht vortragen wird oder vorgetragen hätte. Es aus seinem Kontext zu lösen, war eine geistige Fehlleistung des türkischen Oberhauptes, der viele, auch eine deutsche Politikerin fälschlicherweise folgten.
Wie ich mir ein Schmähgedicht über eine staatstragende Vagina vorzustellen habe, ich möchte es mir nicht ausmalen. Auch kenne ich keine Satire-Tradition, die sich diesem Thema gewidmet hätte. Wohl aber steht das männliche Geschlecht schon seit einigen Jahrhunderten im Spottlicht der Satire, weil seine Größe und Form, oder aber nicht vorhandene Größe, aus welchen Gründen auch immer, dazu geeigneter scheint.
Falls sie nun aber gemeinsam mit der Theaterschülerin aus Istanbul eine solche neue Gattung "Schmähgedicht auf das weibliche, primäre Geschlechtsorgan" ins Leben rufen wollen, ich würde sie, obwohl es kaum meinen Geschmack treffen dürfte, darin nicht hindern wollen, und hoffe, dass sie hierfür auch nicht angezeigt oder sogar ins Gefängnis geworfen werden. Vorstellbar wäre es, nicht wahr?!
Apropos, warum bringen Sie ständig Frau Merkels Geschlecht ins Spiel, Herr Baucks? Lässt sich daraus über ihr Fähigkeit (oder Unfähigkeit) als Politikerin schließen? Oder wie unterscheidet Sie sich ein "weibliches Staatsoberhaupt" in der Krise von einem männlichen. Nur durch die noch dickeren Eier, die man(n) gegen den Klagenden ins Feld führen müsste?
Was wäre eigentlich gewesen, wenn sich eine Satirikerin gewagt hätte, die vielbeschworene Kunstfreiheit auszutesten? Aber vermutlich hätte das niemand wahrgenommen. Zumindest nicht auf öffentlich rechtlich Sendeplatz.
Ein Grund mehr, hier nichts mehr zu posten. Während Herr Baucks permanent, ganz egal worum es eigentlich geht, seine latent misogynen Ansichten absondert, streichen Sie mir jeglichen Bezug zu diesem Gesumms heraus. Ist mir aber auch egal, scheint ja sonst keine(n) zu stören. So gern ich Böhmermann beispringe, genauso stößt es mich ab, wie Merkels Fehler in Bezug zu ihrem Geschlecht gebracht werden. Aber da muss Baucks schon mächtig tief graben, um da wirklich irgendwelche sexuell konnotierten Bezüge herzustellen. Im Grunde macht er sich nur selbst lächerlich und schadet Böhmermann mehr, wie auch die leicht islamophobe Grußadresse in eigener Sache von Springerchef Döpfner, oder alberne Witzchen in Liedform von Didi Hallervorden. Wer solche Fürsprecher hat, braucht keine Feinde mehr. So, und jetzt können Sie mir wieder die Hälfte rausstreichen.
es gibt einen nicht zitierfähigen Brief von Machiavelli aus Verona, vom 8.Dezember 1509 in dem er sich über eine alternde "Hure" lustig macht. Sie finden ihm in einem Buch von Friederike Hausmann mit dem Titel "Zwischen Landgut und Piazza." Nun, mir sind solcherlei Schriften schon bekannt, aber ich finde nur sehr geteilte Freude an ihnen. Sicherlich können Sie darüber spekulieren, was mir schon mal so alles über die Lippen kam. Trotzdem denke ich, dass das männliche Geschlecht mehr im Zentrum des Spottes stand, weil über Jahrhunderte es hauptsächlich die Männer waren, von denen man annahm, dass sie die Macht im Staate ausüben, so dass eine Herabsetzung ihrer Würde, und damit ihrer Macht, im Eindruck auf die Bürger, durch die Schmähung ihrer Genitalien als erfolgreich galt, da die Menschen nach einer solchen Demütigung spürbar weniger Respekt gegenüber dem Betroffenen empfanden. Solche Formen der Beleidigung mögen auch auf einige wenige mächtige Frauen zutreffend gewesen sein. In der Regel aber dienten solche Schmähungen bei Frauen der Herabsetzung des weiblichen Geschlechts an sich und hatten von daher auch eine andere Form, einen anderen Klang.
Nun befinden wir uns in der innovativen Situation, dass es offensichtlich eventuell auch das Bedürfnis einer türkischen Schauspielschülerin gibt, dass Geschlecht von Frau Merkel zu beleidigen. Man weiß es nicht so genau. Warum Sie dies Jan Böhmermann überlassen möchte und nicht selber zur Tat schreitet, auch das kann ich Ihnen nicht beantworten. Dafür ist Steckels Zitat zu kurz.
Ob wir eine solche Schmähkritik des weiblichen Geschlecht benötigen, ich weiß es nicht, wundern täte es mich nicht, denn es ist durchaus notwendig Frauen an der Macht ebenso hart zu kritisieren, wie ihre männliche Kollegen. Ob sich dabei die Ansicht ihrer Genitalien ebenso eignet, wie bei Männern, darüber darf jeder gerne selber entscheiden.
Sagen wir mal so, mir sind nur wenige historische Schimpfworte für das männliche Geschlecht, wie "Prügel" oder "Knüppel" auch für das weibliche Geschlecht bekannt, die ebenso doppeldeutig daher kämen, gleichsam als "groß" und zugleich "gewalttätig". (...)
Frau Merkel geriet ja nur einmal als eine Art Walküre in Bayreuth ins Gerede, weil ihr Ausschnitt ein wenig zu groß gewählt gewesen sein sollte. Ob es wirklichen bei Frauen im Dekollté liegt, wer möchte das sagen. Die weibliche Brust als ein Zeichen der krankhaften Machtausübung(?), eher nicht. Wenn steckt man Frau Merkel doch wohl eher gerne aus satirischem Anlass in eine Naziuniform, was ich auch nicht wirklich komisch finde. Und so geht es bei Böhmermann eben auch nicht um die Güte der Zoten, sondern darum, was man mit all solchen "Zoten", wenn man sie im richtigen Kontext einbettet, aufdecken, bloßstellen und bewirken kann.
Allgemein anerkannt ist heute eher, dass es einen solchen negativen Zusammenhang zwischen Machtausübung und erotischen Gelüsten, oder überhaupt eine Konotation zur ihrer Sexualität, bei Frauen nicht geben kann. Dann wären sie allerdings wirklich die besseren Menschen, woran ich zweifele.
Tatsächlich ist es so, dass diese Kausalität bei Frauen nur wenig gedacht und kaum untersucht wird, und von daher nur selten bei Ihnen von "Machtgeilheit" oder "sexuellen Komplexen" in diesem Zusammenhang gesprochen wird, was nicht beweißt, dass es sie nicht geben kann.
Bezeichnend ist eben, dass es keinerlei heutiges Schimpfwort für Frauen gibt, dass diesen Zusammenhang negativ bloßstellt, wohl aber redet man gerne von der "starken" Frau. Das Fehlen eines solchen Schimpfwortes oder auch nur der seltene Gebrauch eines solchen, zeugt davon, dass allgemein als anerkannt gilt, dass es einen solchen Zusammenhang nur in Ausnahmefällen gäbe.
Wer aber den Menschen an sich, und das schließt auch Frauen ein, als sexuelle Wesen begreift, weiß, dass es sein könnte, dass dieser Aspekt lediglich zu Gunsten des weiblichen Geschlecht unterdrückt wird, weshalb sie in der Politik auch häufig schwieriger angreifbar scheinen, denn jeder Angriff, vor allem auf der machterotischen Ebene, steht in der Gefahr sofort als mysogyn aufgefasst zu werden.
Tatsächlich aber können auch Frauen ein erotisches Verhältniss zur Macht haben, es liegt nur nicht im Fokus der Gesellschaft, dies wahrnehmen zu wollen. Und hierzu müssen sie nicht einmal besonders "erotisch" aufreten, eher Gegenteiliges, möchte man fast vermuten.
Somit ist ein Schmähgedicht in einer solchen Form, wie sie Böhmermann entwickelte, gegenüber einer Frau wohl kaum zu erwarten, denn es würde als eine noch gößere Schande für den Verasser wahrgenommen. Bei einem männlichen Machthaber funktioniert es, so scheint es, bei einem weiblichen wohl nie.
Für viele verzichtbar wären wohl beide Ausformungen. Nicht verzichtbar ist die Bloßstellung krankhafter Machtausübung, sowohl bei Frauen, wie bei Männern.
Außerdem ist, wie sie es sagen, die "Sexualisierung und Pathologisierung" der Macht eine ebenso weibliche, wie männliche Eigenschaft und kein "oller männlicher Hut". Machtmißbrauch wird von beiden Geschlechtern gleichermaßen erkannt, sowohl beim eigenen Geschlecht, wie auch beim entgegengesetzten. Nur die Art der öffentlichen Schmähung unterscheidet sich wesentlich, wie auch die Vermutug an sich. Denn bei dem Wort Machtmißbrauch, denkt die Allgemeinheit zunächst einmal in die männliche Richtung, weil man dem Mann eher einen "Mißbrauch" zu traut.
Ansonsten verstehe ich Ihren Zorn nicht und er ist auch uninteressant. Denn eine Debatte über Kunst- und Satirefreiheit erscheint mir geboten. Vielleicht sollten sie weniger über meine Person fabulieren und mehr zum Thema beitragen.
Übrigens, das Bid der in allem unterdrückten Frau ist überkommen und könnte ein Hinweiß darauf sein, dass sie ihrerseits wiederum das weibliche Geschlecht in der Machtrolle nicht vollkommen anerkennen wollen, in dem Sinne, dass sie immer nur eine "Unterdrückte" erkennen können und nie einen vollwertigen Menschen.
Worauf ich hinaus will,ist, dass es eine Verschiebung der Wahrnehmung in Bezug auf die Geschlechter gibt. Machtmißbrauch wird eher Männern zu geschrieben, um es einfach zu formulieren, ebenso der Hang sich an der Machtausübung zu sexuell zu berauschen. Ob das nun oldschool ist, bleibt dabei völlig außen vor, solange es eine solche Form des Machtmissbrauches gibt.
Und ebenso gibt es eine solche Verschiebung der Wahrnehmung, wenn es darum geht, wer wen wann unter welchen Umständen schmäht.
Hätte sich Frau Kebekus dem Fall Erdogan in vergleichbarer Form angenommen, würde sie heute eventuell als Komikerin auch von Ihnen, Inga, gefeiert, und Frau Merkel hätte wie selbstverständlich für die freie Kunstausübung votiert und Frau Kebekus vor einer Strafverfolgung im Sinne des Paragraphen 103, den sie so oder so für obsolet hält, geschützt.
Dieser Fall ist bedenkenswert. Denn Frau Kebekus ist Frau Merkel noch nicht in Quere gekommen. Wohl aber hat Böhmermann schon während der Griechenlandkrise wegen des damaligen griechischen Finanzministers stark polarisiert . Da war eh noch eine Rechnung offen. Und späte Rache ist süß.
Was nicht gleich bedeutet, dass ein unterdrückter Mensch nicht zugleich auch ein vollwertiger Mensch sein kann. Allerdings bleibt anzunehmen , dass, falls er wirklich unterdrückt wird, seine "Vollwertigkeit" Schaden daran nimmt und er um den Umfang der Unterdrückung nicht vollumfänglich seinen Fähigkeiten entsprechend agieren kann, so wie auch die bloße Annahme, er sein ein Unterdrückter, ihn einzuschränken vermag, obwohl er tatsächlich gar nicht unterdrückt wird.
Machtmissbrauch ist nicht primär an ein Geschlecht gebunden, obwohl Sie ständig über das Geschlecht von Frau Merkel geschrieben haben. Warum? Das wäre meine Frage gewesen. Was hat das mit dem Fall Böhmermann zu tun? Frau Merkel würde Männer aus ihrem Umkreis ausschalten (so ähnlich habe Sie sich ausgedrückt). Warum kritisieren Sie an einer Frau, was Männer in der Politik seit Jahrhunderten miteinander machen, als es noch keine Frauen in Machtpositionen gab? Wenn es nur daran liegt, dass Sie die Politik von Frau Merkel nicht mögen (Ich bin da auch kein Fan von), dann ist das ebenso unterste Schublade, wie eben das Gedicht Böhmermanns. Metaebene hin oder her. Damit wird sich ein Gericht sowieso nicht vorrangig befassen. Böhmermann hat richtig Schwein, wenn er damit im Namen der Kunstfreiheit vor Gericht durchkommt. Noch ist es ja nicht soweit. Böhmermann ist noch nicht angeklagt. Aber Sie ziehen hier eine Show ab, als wenn der ganze Rechtsstaat auf der Kippe stünde.
Böhmermann hat seine Medienpräsenz genutzt, um eine Debatte auszulösen. Das zumindest ist ihm gelungen. Den Preis dafür hat er vermutlich unterschätzt. Die Steilvorlage für Erdogan, sich zu rächen, hätte er einkalkulieren müssen. Jetzt wird es vor Gericht um Beleidigung gehen, aber nicht um die eigentliche Sache: die Missstände in der Türkei, was Meinungs- und Kunstfreiheit angeht. Dazu hätte Erdogan inhaltlich Stellung nehmen müssen, wenn er zum Beispiel wegen des Extra3-Beitrags wegen Verleumdung geklagt hätte. Das will er natürlich nicht. Nun hat er die Möglichkeit, und die hatte er schon vor der Ermächtigung von Frau Merkel, wegen Beleidigung gegen Böhmermann vorzugehen. Die Zustände in der Türkei werden dabei vor Gericht keine Rolle spielen. Darüber sollte hier diskutiert werden und nicht über die Ziegen des Herrn Erdogan oder das Geschlecht von Frau Merkel. Und darum interessiert das in der Türkei auch keine Sau. Man müsste schon echt ins Grübeln darüber kommen, warum das Geschlecht von Frau Merkel aus deren Sicht überhaupt geschmäht werden sollte. Das Merkel Fehler gemacht hat, ist unbestritten. Aber die hat sie schon im Vorfeld gemacht, als Sie sich privat zur Satire Böhmermanns geäußert hat, und einen fragwürdigen Deal mit der Türkei wegen der Flüchtlingen eingegangen ist, der sie nun in größere Schwierigkeiten bringt, als ihr lieb ist.
Und falls Sie das Recht auf Klage gegen Böhmermann in Frage stellen, dann verstehen Sie den Rechtsstaat falsch. Auch Frau von Storch ist z.B. gerichtlich gegen Falk Richters „Fear“ vorgegangen. Die einstweilige Verfügung wurde abgewehrt. Der Fall wurde eingestellt. Die Kunstfreiheit hat gesiegt. Warten wir‘s ab.
(Liebe Diskutant*innen,
es wäre einfach hinreißend, wenn wir uns von den Geschlechtsteilen der Mächtigen wieder etwas hin zum eigentlichen Diskussionsgegenstand robben könnten – wie es in diesem Post dankenswerter Weise schon teilweise geschieht. Ansonsten bewegen wir uns demnächst so weit weg vom Thema, dass wir die gnadenlose Nicht-Veröffentlichung von Kommentaren erwägen.
Beste Grüße aus der Redaktion)
Die Machterotik von Frau Merkel erkennen ich in ihrer Haltungslosigkeit. Ich kann dort keine Haltung mehr sehen. In welchem Verhältniss steht denn die Grenzöffnung des vergangenen Jahres zu dem wirklich häßliche und gegenteiligen Deal mit der Türkei von heute. Was gestern noch für Frau Merkel galt, ist heute schon wieder in sein Gegenteil verkehrt. Und daran kann man deutlich erkennen: Es geht ihr nur noch um Eines, an der Macht zu bleiben. Es gibt keinen anderen Zweck mehr. Und genauso verhält sie sich auch in der Satire Debatte .
Alles immer nur zum eigenen Machterhalt ohne noch zu wissen, wofür man diese Macht überhaupt anwenden möchte, außer dazu, selber die volle Aufmerksamkeit zu bekommen, eine Aufmerksamkeit, die sie nie erhalten würde, würde sie die Macht nicht derart haltungslos ausüben. Mehr dazu dürfen wir dann wieder am Wochenende besichtigen, wenn Frau Merkel die Türkei besucht.
Zu dem spiele ich kein Billiard Herr Stefan, das überlasse ich gerne Ihnen , der Frauen in dem Sinne nicht ernst nimmt, dass er meint sie vor harter Kritik schützen zu müssen und der sie nicht hart kritisieren mag, weil er sie als echte Gegnerin nicht ernst nehmen möchte.
Herr Baucks, genau das meine ich. Sie wollen mich als ihren Kritiker diskreditieren, indem Sie mir schlicht das vorwerfen, was Sie selbst praktizieren. Frauen ernst nehmen und sie kritisieren ist nicht das Problem. Aber die Art wie Sie Frauen kritisieren, indem Sie auf ihr Geschlecht anspielen, ist schlicht daneben. Und in dem, was Sie zur Erotik der Macht von Frau Merkel ausführen, kann ich nichts Weibliches oder gar Erotisches finden. Sie hat gut bei Helmut Kohl gelernt. Wenn Sie meinen, dass wäre explizit weiblich, dann müssen wir wohl die Kohl-Ära neu bewerten. Auch wenn viele Mutti sagen, und auch das halte ich schon für ziemlich daneben, dürfte Frau Merkel, was ihre Politik betrifft, weniger von Mütterinstinkten geleitet sein. "Schwäche, dein Name ist Weib." heißt es bei Hamlet. Wenn Sie Schwäche mit Unentschlossenheit und Wankelmut gleichsetzen, sind Sie auch wieder beim Dänenprinzen, der dann nach einigem Hin und Her überstürzt doch das Flasche tut. Das kann man von Merkel nicht unbedingt behaupten. Obwohl Sie, in Zugzwang geraten, auch Fehler gemacht hat. Fehler zu vermeiden, indem man nichts tut, was diese provoziert, ist aber eher eine Eigenschaft, die man früher Helmut Kohl zugeschrieben hat. Und der hat auch ordentlich Leute in seinem Umkreis ausgeschaltet. Sie sehen, es ist nicht so unbedingt weiblich, was Merkel jetzt tut. Und wäre es Ihnen lieber, sie würde ihre mütterliche Hand über Böhmi halten, oder soll sie Eier zeigen gegen all die Übel der Welt. Ach, es ist schwer - Mann, Frau, sein oder nicht sein. Wie wär es einfach mal mit guter Politik ohne diese Zuschreibungen.
Der gleiche Erdogan, der ein extrem antisemitisches Stück verfasst haben soll, dass Herr Castorf demnächst an der Volksbühne zu Aufführung bringen möchte. Ist das der Mann, dessen Kunsturteil sich die BRD anvertrauen sollte? Heißt das, immer wenn Erdogan es schafft einen Künstler vor Gericht zu bringen, handelt es sich schon nicht mehr um Kunst? Wohl kaum.
Ich wollte auf ihre Gedanken zu Perpektiven eingehen, aber mit der Perspektive dann doch lieber nicht.
(Sehr geehrter Herr Baucks, weil die Ironie für Leser*innen Ihres Beitrags womöglich unverständlich bleibt: Die Meldung, dass Frank Castorf das Stück von Recep Tayyip Erdoğan an der Volksbühne zur Aufführung bringt, war der April-Scherz von nachtkritik.de. Mist, jetzt ist es raus. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Es ist alles so absurd, denn es geht doch eigentlich um etwas ganz anderes. Böhmermann selbst hat es gesagt, dass es möglicherweise Wichtigeres gebe als über Beleidigungen bzw. Kunst- und Meinungsfreiheit zu diskutieren. Das hier ist doch jetzt alles nur Effekt der Medienmaschinerie. Das jedenfalls hat Böhmermanns Satire meines Erchtens ganz trefflich vorgeführt. Es gibt Wichtigeres, und da geht es zum Beispiel um die Freiheit in Bezug auf das Leben selbst. So manch einer kann nicht vor Gericht ziehen, weil er nicht mehr lebt. Entschuldigung, das klingt jetzt (leider) extrem zynisch, ist aber mit Liebe und von Herzen wirklich so gemeint.
"Nichts existiert, als die Atome und das Leere. Alles andere ist Meinung." (Demokrit)
Als FEAR, die letzte Arbeit von Falk Richter an der Schaubühne am Lehniner Platz, Gegenstand eines Gerichtsverfahrens geworden war, war ihr Künstlerischer Leiter Ostermeier, so schien es, froh über unsere deutsche Demokratie und deren inhärente Gewaltenteilung. Mich hingegen beschlich der Gedanke: dasisterstderAnfang. Jetzt haben wir aktuell innerhalb nicht ganz eines Jahres drei spektakuläre Gerichtsverfahren im Bereich des Theaters bzw. der Fernsehunterhaltung zu verzeichnen.
1.Den Prozess, in dem auf Antrag von Textrechte-ERBEN entschieden werden musste, ob es Kunst ist, in früher als Theatertext geschriebene Literatur regieseitig dramaturgisch so einzugreifen, dass
a) das Original nicht mehr in seiner ursprünglichen Textform erkennbar ist und
b) dessen vermeintliche Intentionen regieseitig nur noch behauptet werden mit einer völlig neuen darstellerischen Form, die dem benutzten, titelgebenden Original-Text nur noch eine inhaltliche Intention, aber keinerlei formale, die im Zusammenhang mit seiner inhaltlichen Intention stand, zugesteht und ihn damit zerstört.
2. Den Prozess, bei dem auf Antrag einer Politikerin, die sich persönlich von der öffentlichen Darstellung ihrer Person auf einer Bühne angegriffen fühlte, entschieden werden musste, ob
a) die als Kunst behauptete Darstellung Satire ist oder nicht,
b) ob Satire Kunst ist und deshalb nach dem Grundgesetz frei auszugehen hat, wenn sie verklagt wird als Beleidigung bis Diskriminierung
3. Den zu erwartenden Prozess, bei dem auf Antrag eines Staatoberhauptes eines fremden Hoheitsgebietes darüber entschieden werden muss,
ob a) eine behauptete Satire, die vermeintliche Satire darstellt, Satire ist,
ob b) Satire Kunst ist und deshalb nachdem Grundgesetz auch dann frei auszugehen hat, wenn sie ein Staatsoberhaupt eines fremden Hoheitsgebietes beleidigt bis diskriminiert,
ob c) der Moderator eine Unterhaltungssendung, der diese spezielle Satire als Satire über eine ganz spezielle andere Satire behauptet, dafür selbst verantwortlich ist oder ob der Sendechef, der den Moderator beschäftigt, dafür verantwortlich ist, was der Moderator als satirisch darzustellende Satire speziell aussucht oder desgleichen der Sender, der den Sendechef beschäftigt, der usw. wie vor,
ob d) der Moderator einer Sendung auch Autor seiner von ihm vorgetragenen Texte ist
ob f) der Moderator oder der Autor der Texte nach geltendem Recht zur Verantwortung zu ziehen sind
Das Gericht MUSS dann selbstverständlich, wenn es juristisch einwandfrei arbeitet, letztlich auf den Autor als Verantwortlichen kommen. Wünschen wir also Herrn Böhmermann, dass er nicht der Autor seiner von ihm vorgetragenen Texte ist und dem Autor – wer immer es sei - der vorgetragenen Texte mehr politischen Weitblick und vor allem einen besseren Geschmack. Im stillen Kämmerlein darf der Autor denken und schreiben, was und wie immer er will, aber im öffentlichen Raum sieht das schon anders aus, weil dann sein Denken und Schreiben nämlich ver-öffentlicht sind. Auch dann, wenn er es durch andere vortragen lässt, die seinen Namen nicht nennen oder er sich hinter einem Pseudonym versteckt.
Nur dem sehr guten Haus-Juristen und möglicherweise dem international guten Ruf des Intendanten war m.E. zu verdanken, dass die Klage wirklich niedergeschlagen werden konnte. Weil dieser Anwalt sehr geschickt es verstand, bei der konkreten Inszenierung zu bleiben, die sich als Satire behauptete. Weshalb das Gericht veranlasst war, darüber zu entscheiden, ob diese konkrete Arbeit nun Satire ist oder nicht. Nur so ist es dem Haus erspart geblieben, das Gericht darüber befinden zu lassen, ob Satire als solche nun Kunst ist oder nicht.
Denn dann wäre das Haus als solches angeklagt gewesen. Und nicht Falk Richter, sondern Thomas Ostermeier als Künstlerischer Leiter zur Verantwortung gezogen worden dafür, dass er solche konkrete Satire in seinem Haus programmatisch beherbergt.
Da hätte ihm sein Argument, dass Satire seit Jahrhunderten Kunstform sei, eventuell durchaus nicht geholfen. Denn er hätte dann, sich nun einmal im Gerichtsprozess befindend, konkrete Beispiele für sein Argument beibringen und ausführlich beleghaft erläutern müssen. Es wäre nicht ohne wissenschaftliche Gutachter gegangen. Und der Ausgang wäre nicht so ein verlässlich glimpflicher für Falk Richter, sein Inszenierungsteam und damit auch für die Schaubühne als solche gewesen: Es ist ungleich schwerer zu beweisen, dass Satire eine Kunstform seit Jahrhunderten ist und dafür schlüssige Belege zu liefern, als das kraft seiner Persönlichkeit und künstlerischen Erfahrung einfach zu sagen.
Im FEAR-Prozess hat der Haus-Anwalt es noch geschafft, dass über a) entschieden wurde und dadurch b) im Prozess selbst nicht zur Debatte stand! DARIN bestand die juristische Glanzleistung. Nicht darin, dass unser Recht in jedem Fall mit Selbstverständnis der Kunst und ihren Kuratoren/Intendanten recht gibt, weil das Grundgesetz im Fall der Satire immer auf der Freiheitsseite der Kunst stünde. Der nächste Richter kann ein für Satire und die Freiheiten der Kunst gegen Publikum weniger verständnisvoller sein.
Nun muss sich also das ZDF mit diesem von FEAR übrig gebliebenen, prinzipiellen b)Problem herumschlagen.
Vorteil: es hat viel mehr Geld als die Schaubühne und weiß es sich wesentlich leichter mit voller staatlicher Unterstützung zu verschaffen.
Um geltendes Recht und Prinzipien des kommunikativen Umganges sollte man wissen, wenn man entschlossen ist, öffentlich Satire zu machen, weil man an ihre Kraft glaubt. Wenn man an sie glaubt, sollte man sich aber nicht wundern, wenn in der Satire-Folge merkwürdige rigide Kunst-Vorstellungen parteipolitisch so populär gemacht werden, dass es Konsequenzen für Staat und Gesellschaft allgemein hat. Und sich fragen, ob man diese Entwicklung nicht in gewisser Weise mit bewirkt hat mit seiner öffentlichen Lustigkeit. Oder Vor-Verurteilung. Wünschen wir uns allen also genaueste juristische Ermittlungen in der Sache Böhmermann. Damit zukünftig nicht immer öfter in unserem Land Gerichte entscheiden, was Kunst ist und was nicht. Weil die Kunst das offenbar zunehmend lieber den Gerichten überlässt als sich selbst ihrer Freiheit zweifelsfrei anzunehmen.
Was mich immer noch traurig stimmt, ist, dass Einige offensichtlich weiterhin meinen, da das Gedicht schlecht sei, müsse man nicht über die wirklich schlimmen Verhältnisse in der Türkei reden. Dies ist eine Logik, der ich nicht folgen mag und kann.