Besetzung der Berliner Volksbühne beendet
Raus vor die Tür
28. September 2017. Die Besetzung der Volksbühne ist vorerst beendet. Das geht aus Berichten mehrerer Medien hervor. Am Donnerstag Vormittag fuhren Polizeiwagen am Rosa-Luxemburg-Platz vor und bereiteten eine Räumung vor, am frühen Nachmittag stellte Hausherr Chris Dercon offenbar Strafanzeige und die letzten Besetzer*innen wurden aus dem Theater am Rosa-Luxemburg-Platz begleitet.
Am Donnerstag Vormittag verhandelte Volksbühnen-Intendant Chris Dercon in Begleitung der Beamten mit den Besetzer*innen, woraufhin ein Großteil von ihnen das Gebäude freiwillig verließ. Die Aktivist*innen, die das Haus am vergangenen Freitag besetzten, betrachteten ihre Aktion allerdings noch nicht als beendet. Etwa dreizehn oder vierzehn Personen hielten sich laut Polizei Berlin weiterhin in der Volksbühne auf.
Das Berliner Abgeordnetenhaus beschäftigte sich unterdessen ebenfalls mit der Besetzung. Die AfD-Fraktion forderte eine umgehende Räumung. Dem entgegen unterstützte die Linksfraktion, der auch Kultursenator Klaus Lederer angehört, ein Angebot des Intendanten Chris Dercon. Der Kompromiss sah vor, den Besetzer*innen den "Grünen Salon" und einen Pavillon, in der vergangenen Intendanz von Frank Castorf als Buchhandlung genutzt, zu überlassen. Über das Angebot war am Mittwoch unter den Aktivist*innen beraten worden, eine Entscheidung habe aber, so meldete die Gruppe auf Twitter, erst Donnerstag Abend fallen sollen. Die Linksfraktion wiederum erklärte, da das Angebot nicht angenommen worden sei, seien die Besetzer*innen unter Androhung eines Strafantrags zum Verlassen der Volksbühne aufgefordert worden.
Gab Angebot für Grünen Salon und Pavillion, wurde nicht angenommen, nun fordert Polizei Besetzer auf, Haus zu verlassen (straffrei)
— Linksfraktion Berlin (@LinksfraktionB) 28. September 2017
Laut Berliner Polizei kündigte ein Teil der Besetzer*innen um Mittag herum an, das Gebäude nicht verlassen zu wollen. Am frühen Nachmittag stellte Chris Dercon Medienberichten zufolge Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch. Die Polizei nahm die Personalien der im Gebäude verbliebenen Besetzer*innen auf und begleitete sie anschließend nach draußen:
Nach Aufnahme aller Personalien werden die Betroffenen nach draußen begleitet.
— PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E) 28. September 2017
Die Sicherung des Gebäudes veranlassen Verantwortliche der #Volksbühne. pic.twitter.com/1ZJrWn1wV5
In einer Presserklärung forderten die Aktivist*innen am frühen Abend, ihre "Inszenierungen, Performances, Konzerte, Lesungen, Proben usw. ungestört fortsetzen zu können". Man befände sich "noch immer in einer transmedialen Theaterinszenierung". Außerdem kündigte "das Kollektiv" juristische Schritte gegen "das Vorgehen" an.
(Polizei Berlin / welt.de / tagesspiegel.de / rbb / miwo / eph / jnm)
Eine ausführliche Darstellung der Ereignisse der letzten Tage findet sich hier. Und hier ein Kommentar zur Räumung von Nikolaus Merck.
In einem Offenen Brief gibt das Aktionsbündnis "Staub zu Glitzer" am 5. Oktober 2017 seine Darstellung der Aktion und ihres Endes in den Räumen der Volksbühne. Der vollständige Brief.
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Die Räumung ist nur für seine Etablierung in der Stadtgesellschaft wichtig, nicht aber für die Ziele, die er in der Stadtgesellschaft verfolgt.
Die Volksbühne kann unter Polizeischutz nicht mehr die Volksbühne sein.
Neben der ideologischen Niederlage der Verantwortlichen, ist ab jetzt jede Kunst die dort produziert wird lediglich Staatskunst, die nur unter dem Schutz von staatlicher Gewalt produziert werden kann. Man kann die soziale Plastik oder auch transmediale Intervention/Inszenierung zwar physisch aus dem Haus entfernen, nicht aber den Geist, die Idee dieser sozialen Plastik.
Jede weitere Inszenierung im November an diesem Haus wird an dem Erfolg dieser Inszenierung zu messen sein. Wer genau hinhört und lauscht, vernimmt im Stadtraum den Applaus, die stehenden Ovationen all derer für dieses Kunstwerk, die wissen, dass Kunst unter staatlicher Gewalt keine Kunst mehr sein kann.
Ergänzung:
Laut Medienberichten: Dercon wusste schon vor einigen Wochen von der Ankündigung einer Besetzung der VB. Vermutlich wurde deshalb auch während der Sommer - Theaterpause dort rund um die VB ein Wachschutz zur Sicherung bereitgestellt. Die neue Führung der Volksbühne hat die riesige Chance vertan sich selbst in offener Kommunikation in ein besseres Licht zu stellen und ignorierte die BesetzerInnen. Das "gemeinsame" das beim Start am Tempelhof vorbereitet und durchgeführt wurde hätte mit dem Kollektiv weitergeführt werden können - wobei dies nicht dem Ansinnen und Wohlwollen entspricht wenn man im Sinne von Gentrifikation seiner Aufgabe nachkommt. Demnach kann man eine Gentrifizierungskampagne weder in öffentlichem Dialog im Zusammenhang mit dem offiziellen Kulturbetrieb bringen? Wurde nicht das Thema "wie gehen Mensch und Stadt miteinander um" als schwer Diskussionswürdig auf die Fahne geschrieben? Mit Sicherheit war die Besetzung seit Freitag kein angenehmer Zeitraum für den Hausherrn, hat Sie die Situation eines leerstehenden Theaters jedoch zu seinen Gunsten kaschiert. Die Debatte welch Qualität dieses Theater in Zukunft bringen wird steht nun wieder ganz gross zur Debatte.
Wenn ich hier auf die Seite gehe, um nachzulesen über die Räumung, blinkt mir die BE-Anzeige groß und gelb: REVOLTE entgegen.
Das ist alles so grotesk und lächerlich.
Trotzdem bin ich mir relativ sicher, dass auch B.Brecht, auf den Reese sich ja jetzt so oft bezieht, sicherlich gegen die Besetzung gewesen ist. Zumindest hat er sich bisher nicht anders dazu geäußert.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/besetzung-der-volksbuehne-ist-gluecksfall-fuer-dercon-15222261-p2.html
Die Abstimmung wurde lediglich auf den heutigen Tag verschoben. Man wollte es im Plenum um 18.00 Uhr zu einer Entscheidung bringen. Mitarbeiter des Hauses und des Senats waren bei dem Entschluss gestern anwesend. - Ich denke, die Räumung war unabhängig von diesem Entscheidungsprozess längst geplant. Nun ist die Volksbühne ein hermetisches System unter dem Schutz der Staatsgewalt, wie sie es wahrscheinlich seit ihrer Gründung noch nie war. Diese transmediale Inszenierung hat die jetzige Kernstruktur dieses Theaters freigelegt. Damit ist nicht nur die Castorf-Ära beendet, sondern auch die Volksbühne, wie sie von ihren Gründern gedacht war. Ein Theater, dass eine Mehrheit mit den eigenen "Groschen " finanziert hat, kann symbolisch gesehen gar nicht von denjenigen besetzt werden, die es finanziert haben, denn es gehört ihnen längst im übertragenen Sinne. Vielleicht hält ab heute die Staatsgewalt das Haus besetzt gegen sein eigenes "Volk" und zugleich schließt es seine Künstler hermetisch darin ein. Wir werden sehen, wie weit die Zuschauer demnächst bei ihrem Besuch von der Polizei betreut werden.
Castorf hatte trotzdem Anbindungskräfte, er ist Beziehungen nach außen eingegangen. Ich erinnere nur einmal an die Praterspektakel.
Morgen vielleicht mehr.
Dercon hatte jederzeit Zutritt, sowohl von vorn als auch von hinten. Er war war auch hinten drin.
Solang Sie Ihre Aussage nicht belegen, werde ich sie als Humbug und Irreführung bezeichnen.
Hier hat die Wort-Bild-Redaktion mal wieder ein Highlight fabriziert.
https://twitter.com/PolizeiBerlin_E/status/913319499151167488/photo/1
Untertitel der Berliner Polizei: "Einige Personen haben bereits freiwillig die #Volksbühne verlassen."
Wer denn?
- Castorf?
- das Publikum?
- die Mitarbeiter?
- Dercon?
Die Besetzer/innen können ja kaum gemeint sein, denn die waren nie im Großen Saal, der auf dem Bild zu sehen ist.
Wer berufen wird, bringt seine Erfahrung ein. Dercon ist in seiner Erfahrung ungenügend!!!
dercon kann sie ,"die besucher",nicht instrumentalisieren!
er hat sich damit selber keinen gefallen getan,vieleicht blickt er immer noch nicht ,was die volksbühne für berlin bedeutet.
(verdammt,der hat doch einen hofstaat an beratern und dramaturgen,die sich auch in der wohlfühlsonne bräunen müssen)
er hat damit seine wahrscheinlich letzte größte chance verpasst die vb 2017/18 in berlin überhaupt zu positionieren.
und sei es nur als new space, die von tempelhof richtung mitte agiert.
willkommen in der wirklichkeit,
herr dercon,
willkommen z.B. in der silbersteinstrasse,nix richtung berlin mitte,anderes ende vom tempelhofer feld,und dann noch ein kleines stückchen weiter.
angekommen,herr dercon?
dit is berlin alta !!!
einmal konopke reicht halt nicht um zu verstehen, wonach dieser stadt hungert.
ich bin so unfragbar froh,dass diese sehr berechtigten und wichtigen fragen nicht in der VB17/18 stattfinden dürfen.
sie hätten dem kaiser neue kleider gegeben.
(...)
Faust: Und was soll ich dagegen dir erfüllen?
Mephisto: Dazu hast du noch eine lange Frist.
Faust: Nein, nein! Der Teufel ist ein Egoist
und tut nicht leicht um Gottes Willen,
was einem andern nützlich ist.
(Anm. In Tempelhof wird gespielt. Am 30.9. ist die nächste Premiere. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Und jetzt eilen sie ihrem Ende entgegen.
Die Annektierung der Volksbühne wird auch mit Polizeigewalt nicht funktionieren.
Auch ich habe die Petition unterschrieben, weil ich die Hoffnung hatte, dass wenigstens Teile dieser einzigartigen Schauspielerensembles von Castorf, Marthaler, Pollesch und Fritzsch irgendwie herüber gerettet werden könnten. Aber Vierzigtausend interessieren sie nicht. Einfach unfassbar, wie schon Castorf aus dem Amt gemobbt worden ist, und wie jetzt ein weltberühmtes Theater am Abgrund steht.
einen monat lang keine artikel, keine nachrichten die volksbühne betreffend.
einen monat lang keine kommentare.
einen monat lang volksbühnenruhe für alle!
wie viele plötzlich zeit für so vieles hätten!
theaternachrichten von hinterm tellerrand könnte man lesen.
nur so als beispiel.....
im ernst: an wievielen stellen man sich schon nur annähernd (promillebereich) viel aufmerksamkeit gewünscht hätte dafür, dass kulturelle strukturen zerstört werden.
wo beginnt nochmal die provinz?
"einmal konopke reicht halt nicht um zu verstehen, wonach dieser stadt hungert."
Danke.