Zu den Umständen des 400.000-Euro-Defizits am Theater Leipzig
Einen großen Bogen machen
von Matthias Weigel
Leipzig, 5. Dezember 2013. Verlierer sind längst schon alle. Ob es stimmt, wie die Stadt nun nach einer Prüfung durch ihre Tochtergesellschaft mitteilt, dass Ex-Intendant Sebastian Hartmann für das 400.000-Euro-Defizit am Theater Leipzig verantwortlich ist, macht da auch keinen Unterschied mehr. Denn der eigentliche Schaden ist bereits entstanden: Zwei Intendanten schieben sich öffentlich den Schwarzen Peter zu, die Stadtverwaltung schaut regungslos zu und braucht drei Wochen zum Nachrechnen, während eine Boulevard-Zeitung populistische Lügen darüber verbreitet, wofür das fehlende Geld angeblich verprasst worden sei. Reaktionäre Stimmen freuten sich über das Öl in ihrem Feuer, während Stadt und Theater erst einmal ihr Gesicht wieder finden müssen.
Dass sich alles in Leipzig zugetragen hat, ist bestimmt kein Zufall. In einer Stadt, in der sich der Kulturdezernent nur noch um Zoo und Naturkundemuseum kümmern darf, in der ein Opernintendant bei vollen Bezügen drei Jahre beurlaubt ist, und sich der Oberbürgermeister über die Empfehlungen einer eigens eingesetzten Intendanten-Findungskommission hinwegsetzt. Man sollte den größeren Zusammenhang betrachten, um zu verstehen, wie so eine absurde Situation überhaupt entstehen konnte.
Stöhnender Kulturdezernent
Kurz nachdem Sebastian Hartmann 2008 Intendant in Leipzig wird, wechseln auch die Kulturdezernenten in Leipzig. Der neue, Michael Faber von der Linken, macht keinen Hehl daraus, dass er mit dem von seinem Vorgänger eingesetzten Intendanten nichts anfangen kann und stöhnt sich lauthals durchs Parkett des Theaters. Da er auch Abwahl. Und scheitert. Also entzieht Jung seinem Kulturbürgermeister kurzerhand die Befugnis über Oper, Gewandhaus und Theater – bis heute.
ansonsten vor allem damit glänzt, dass er zum Beispiel Kulturkürzungen des Freistaates als problemlos bezeichnet, stellt Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) ihn nach anderthalb Jahren zurAn der Oper ist derweil ein anderes Kabinettstückchen bereits voll im Gange. 2007 wird Opern-Intendant Henri Maier wegen Streitigkeiten nach seiner Vertragsverlängerung beurlaubt und weiterbezahlt. Ähnlich wurde mit dem ehemaligen geschäftsführenden Direktor Alexander von Maravic verfahren, über dessen Kopf hinweg zuvor schon einige Personalentscheidungen gefällt worden waren. Zu seinem Abschied verweigerte er der Leipziger Volkszeitung ein Interview mit den Worten: "Ich habe keine Lust, schmutzige Wäsche zu waschen."
Eine Million Abfindungskosten
Es scheint also etwas faul zu sein in Leipzigs Kulturlandschaft und Personalpolitik. Diese Fäulnis hat die Stadt in den letzten zehn Jahren knapp eine Million Euro gekostet, wohlgemerkt verschenkt durch Abfindungen und Beurlaubungen, wie aus einer Anfrage im Stadtrat hervorgeht. Es ist das übliche Spiel: Während sich die Arbeitsbedingungen für das "Fußvolk" immer weiter verschlechtern und bei Assistentengagen um 100 Euro mehr oder weniger gefeilscht wird, schmeißt man drei Etagen drüber das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster.
politischen Gerangels. Der Findungskommission wurde damals vorgeworfen, zu wenig lokal besetzt zu sein; als er dann kam, hatte man schon genaue Vorstellungen, was der Neue zu tun habe und was bitte nicht. Auf das Gezerre reagierte dann Hartmann seinerseits trotzig und stieß rundum alle vor den Kopf.
Man hätte also mit einer vernünftigeren Personalstrategie das jetzige Defizit mehr als zweimal ausgleichen können. Doch die Stadtverwaltung plündert nicht nur die eigenen Kassen. Sebastian Hartmann wurde schon vor seinem Start zum Gegenstand einesUnd nun also Enrico Lübbe, der genauso bereits vor seinem Start demontiert wurde: durch den Oberbürgermeister höchstpersönlich. Denn der meinte, diesmal einen neuen Intendanten besser im Alleingang auszuwählen und nicht auf die mit Theaterkritikern, Theaterwissenschaftsprofessoren und auswärtigen Intendanten besetzte Findungskommission hören zu müssen. Auf die darauf folgende Protestwelle gegen einen mutmaßlich uninspirierten Intendanten reagierte derselbe zunächst mit Zurückhaltung. Stoisch trat er seinen Dienst an und versuchte die ruhige Alternative zu Hartmann. Aber wie soll sich in diesem Klima eine Erfolgsgeschichte entspinnen?
Stadträtin fordert zum Duell auf
Und plötzlich müssen sich Hartmann und Lübbe doch unfreiwillig ins Duell begeben. Vorgänger gegen Nachfolger, die zwei einsamen Cowboys stehen sich auf einmal im Leipziger Staub gegenüber und sind gezwungen, ihre Colts zu ziehen. Der eine, weil er nach seinem unschönen Abgang nicht auch noch den Dreck hinterher geworfen
bekommen will, und der andere, weil er schon zum Start die Kojoten in seinem Nacken spürt. Da stehen sie, schwitzen, und weil die Stadt drei Wochen braucht, um 400.000 Euro nachzuspüren, stehen sie ziemlich lange in der Sonne.Nur wer hatte eigentlich zum Duell gerufen? "Herr Lübbe hat den Kulturausschuss über ein zu erwartendes Defizit informiert, was auch seine Pflicht ist. Dies hat er aber nicht öffentlich getan, sondern in einem nichtöffentlichen Gremium, aus dem diese Information herausgetragen wurde", sagt der Sprecher der Stadt Leipzig.* Nachdem das Defizit publik wurde, reagierte die Linken-Stadträtin Skadi Jennicke mit den Worten, Hartmann sei seiner Verantwortung als Intendant "damit einmal weniger gerecht geworden", die Verwaltung solle "auch mögliche Haftungsfragen klären". Und um das Bild zu vervollständigen: Frau Jennicke war unter Hartmanns Vorgänger Wolfgang Engel selbst als Dramaturgin am Leipziger Theater tätig. Zum Duell auffordern, aber den Colt dem anderen in die Hand drücken.
Das berüchtigtes "Leipziger Modell"
Nicht außer Acht lassen sollte man bei diesem Eklat auch die Verteilung der politischen Kräfte in Leipzig. Während die SPD traditionell die Oberbürgermeister-Mehrheit erlangt, sind CDU und Linke die stärkeren Parteien. In diesem "Leipziger Modell" gibt es keine feste Koalition, vielmehr wird mal mit dem einen, mal mit dem anderen entschieden. Man sagt in Leipzig längst, dass in der Stadtverwaltung die Posten nicht nach Eignung, sondern nach Parteibuch besetzt würden. Wenn dem so ist, könnte man jedenfalls nachvollziehen, warum die politischen Amokläufe nicht gestoppt werden, selbst nicht vom Stadtrat. Denn ein so undurchschaubar gestricktes Geflecht aus Abhängigkeiten, Gefälligkeiten und Schuldigkeiten führt zu einem politischen Sumpf ohne wirkliche Opposition. Was das Ergebnis und die Dauer der Prüfung jedenfalls deutlich aussagt: So eindeutig scheint die Rechnung nicht zu sein. Nachdem während der letzten drei Wochen noch nicht genug Gras über die Sache gewachsen ist, macht es jetzt den Anschein, als pirsche man sich langsam vor, nicht ohne sich dabei aber alle Wege offen zu halten.
Was lernen also Kulturschaffende daraus? Wer sowieso kurz vor der Rente steht, kann getrost versuchen, sich in Leipzig noch ein paar Jahre bezahlten Urlaub herauszuholen. Wer sich aber für die Sache aufopfern will und vielleicht sogar noch weiteres vorhat in seiner Laufbahn, sollte um Leipzig einen großen Bogen machen.
Und was die 400.000 Euro angeht, zu deren Verbleib die Sicht von Hartmann und seinem Verwaltungsdirektor noch anzuhören sein wird, so gibt es nur eine einzige Lösung. Die kommt selbst Ulrich Khuon, dem stets freundlich gestimmten Intendanten des Deutschen Theaters in Berlin, nur leicht genervt über die Lippen. "Wenn es ein Defizit gab, ist das unschön und es muss ausgeglichen werden. Aber jetzt sollte einfach die Stadt das Geld einmalig übernehmen, damit es neu losgehen kann."
*In einer frühren Version hieß es, Stadträtin Jennicke habe die Information nach außen getragen. Dem widerspricht Frau Jennicke: Sie habe den Inhalt der nichtöffentlichen Sitzung nicht öffentlich gemacht.
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vielen Dank für diese Zusammenfassung, die endlich beinahe alle wunden Punkte und auch die dazu gehörigen Namen nennt. Diese Stadt ist politisch so unglaublich verlottert, dass es einem hoch kommt. Zu nennen wäre letzten Endes noch die LVZ, die jeden ungebetenen Gast anstandslos in Grund und Boden schreibt und eine Freie Szene, die (...) nicht den Hauch eines eigenen Profils entwickelt, sondern je nach Interessenlage ihr Fähnchen in den Wind hängt. Ihr Völker der Welt, meidet diese Stadt ...!
Sorry Nordnordost, aber dein Kommentar trägt die rosarote Brille der Freien Szene selbst! Wo ist das Profil - und wo ist die politische Stimme der Freien Szene in der Stadt? Das ist doch Blümchensex, was du hier schreibst, der übliche Sermon: die guten, aufgeklärten linken Künstler - die bösen Konservativen und Reaktionäre. Leipzig ist ein gutes schlechtes Beispiel dafür, wie sich auch die angeblich Freien und Unabhängigen im politischen Ränkespiel, das mw hier so gut beschreibt, verfangen haben. Jammern über das ewig knappe Geld ist kein Alleinstellungsmerkmal einer Freien Szene, es darf ruhig etwas mehr sein.
Und wer sind jene aus der freien Szene (ich finde den Begriff vor allem ungenau und überholt) "die teilweise länger als jeder stadttheaterintendant es in dieser stadt jemals war AM DRÜCKER sind", sprich: wer also ist das Gute und das Böse schlechthin in Leipzig? Neben dem Bürgermeister natürlich und einer ehemaligen Dramaturgin auf die sich gerade alle einschießen. Mit Verlaub, klingt irgendwie seltsam Ihre heißblütige Einschätzung.
Ich finde ich es angenehm, dass auch die Freie Szene an der einen oder anderen Ecke erwachsen wird und kooperiert, vernetzt, ernsthafte Verhandlungen führt. Zum anderen ist doch diese seltsame Idee, dass die freie Szene ein politisches Gegengewicht zu einem irgendwie undefiniertem politischen Mainstream bilden sollte völlig überkommen. Das mögen (in Westdeutschland) die historischen Anlässe gewesen sein, aber das spielt doch kaum eine Rolle. 2013. In Leipzig. Die Idee, dass sich Ästhetiken aus politischen Haltungen ergeben ist nur schwer zu belegen! Es geht hier um andere Arbeitsformen, anderen Formen der Selbstorganisation, eine andere Kommunikation!
In einer Sache habe ich die Vorredner teile sie: Das Jammern nervt und ist der völlig falsche Ansatz.
Als eine »leichtfertig abgegebene, irreführende und rufschädigende Äußerung«, wird Enrico Lübbes Erklärung genannt. Dessen »Zahlenverwirrspiel« beruhe auf der Behauptung, die Hartmann-Intendanz habe einen Überschuss von 309.000 Euro versprochen. Ein solcher Plan sei aber nie im Budget vorgesehen gewesen. Oberbürgermeister Jung behaupte »wider besseres Wissen« das Gegenteil, obwohl Jung »jedenfalls seit der Sitzung des Kulturausschusses am 4. Dezember 2013 weiß, dass der Vorwurf gegen Hartmann nicht haltbar ist.« Die Pressemitteilung endet mit der Ankündigung: »Sebastian Hartmann lässt dieses Verhalten strafrechtlich prüfen.«"
@ alma; @ klarer
kurz zu dieser "freie theater" diskussion, obwohl die eigentlich nicht hier her gehört:
@ alma: zu Ihren fragen, wer diese menschen in der freien szene seien (Sie scheinen diese nicht zu kennen in leipzig): armin zarbock, thorsten giese, volker insel, stephan ebeling, frank schletter, raschid d. sidgi, didi voigt, mark daniel (theaterautor und kulturredaktuer bei der lvz) und viele mehr... schauen Sie sich einfach die freien sommertheater oder aber auch andere freie produktionen der stadt leipzig an, dann wissen Sie bescheid... sie werden oft auf die gleichen leute und macher treffen. das ist eigentlich auch nicht schlimm, könnte auch was schönes sein... es geht hier auch um nichts persönliches, das engagement dieser kulturschaffenden in allen ehren. es ist eine inhaltliche und ästhetische frage, um die es hier geht... und es geht tatsächlich um ein fehlendes profil dieser macher in ihren visionen, ideen und in ihren ergebnissen, dass einen als interessierter zuschauer traurig werden läßt... vielleicht können sie auch zu wenig, ich weiß es nicht... ich versuche des öfteren und jedes jahr aufs neue mit gutem willen und positiv eingestellt an diese art theater ranzukommen und werde immer wieder enttäuscht... es ist leider oft phantasielos gemacht und kommt daher wie ein um zuschauer heischendes, verkapptes und verarmtes stadttheater, wie es nicht sein sollte... hartmanns ära war da, wenn auch ambivalent und obwohl stadttheater eine tolle und erfrischende offtheaterabwechslung... ich würde mich sehr freuen, wenn sich das bei den übriggebliebenen offtheatern vom visionären her auch mal so entwickeln könnte...
@ klarer: mit erwachsenwerden hat das, was zum teil in der freien szene passiert wenig zu tun, eher mit stehenbleiben und altwerden... und es geht nie um arbeitsformen, formen der organisation oder ähnliches, das sind wichtige nebensächlichkeiten oder ein egotripp... es geht immer um das produkt, um das ergebnis, um den inhalt, um den zuschauer, wenns gut läuft, wird es auch noch politisch und emotional, das produkt... mit Ihrer argumentation kann man jede bildzeitungswerbekampagne für gut heißen: die protagonist bekommt kein honorar, bild spendet 10000 € für einen guten zweck, den der protagonist benennen darf, der protagonist darf seine ehrliche meinung über bild sagen. schwubs macht die hälfte der deutschen medien-elite mit... aber: sie werben verdammt nochmal für dieses produkt!
egal... gehört eigentlich wirklich nicht zu dieser verdaddelten kulturpolitikdiskussion in leipzig... oder vielleicht doch... man schämt sich langsam hier zu leben...
Aber im Ernst: Es ist Hartmann zu wünschen, dass er hartmännig bleibt, bis die Vorwürfe zurückgenommen werden (vielleicht wird ja auch ein Stück draus) und Lübbe, dass er sich auf seine künstlerische Arbeit konzentrieren kann. Wär schade, wenn das Schauspiel in Zukunft nur noch mit diesem Thema wahrgenommen wird.
Vielleicht sollte man mehr Jelinek spielen, da kann man das Ganze auch auf der Bühne verhandeln.
Freilich sind an diesen drei Häusern auch mal Ausreißer in Qualität und Form zu erleben. Aber so ist das nun mal mit Kunst.
in Ihrem Beitrag behaupten Sie, dass ich vertrauliche Informationen aus der nichtöffentlichen Sitzung des Betriebsausschusses an die Presse gegeben habe. Das entspricht nicht den Tatsachen. Meine von Ihnen zitierte Pressemitteilung stammt vom 6. November und reagiert auf die lokale Berichterstattung sowie die Presseerklärung von Enrico Lübbe am 5.11. Ich bitte Sie, diesen Umstand in Ihrem Beitrag richtig zu stellen.
Der im Beitrag suggerierte Interessenkonflikt meines früheren Engagements unter dem Intendanten Wolfgang Engel entbehrt aus meiner Sicht seiner Grundlage. Mein Engagement am Schauspiel Leipzig endete 2005. Die Intendanz von Wolfgang Engel endete 2008.
man ist doch immer wieder baff, in welchen öffentlichen Foren sich selbst die Kulturpolitik unserer Stadt so umtut, um anschließend die öffentliche Meinung wieder frank und frei auf dem Altar parteipolitischen Geschachers zu opfern. Völlig egal, ob Sie nun als Erste irgendeine Info aus nicht-öffentlicher Sitzung herausgetragen haben oder ob Sie auf die Veröffentlichung der Weitergabe einer solchen Info reagiert haben, festzuhalten bleibt doch, dass Sie zu einem denkbar frühen Zeitpunkt und wie auf Kommando ins Schwarze-Peter-Spiel eingestiegen sind, um, der linken Linie treu, kein gutes Haar an Hartmann zu lassen. Über Jahre war gerade Ihrer Fraktion kein Anlass zu niedrig, um abseits einer sachlichen Diskussion um den städtischen Auftrag eines Theaters, zu der Hartmann selbst eingeladen hat, zu polarisieren, um damit zugleich Ihren Kulturbürgermeister aus der Schusslinie zu nehmen, in die dieser sich mit unbedachten Äußerungen und Auftritten immer wieder stellte. Ich bin sehr gespannt, ob Sie im Zuge einer inzwischen doch denkbaren Entlastung Hartmanns die Größe haben, Ihrer arg schnellen öffentlichen Schuldzuweisung eine genauso öffentliche Entschuldigung folgen zu lassen, oder ob auch Sie Ihrer Verantwortung als kulturpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat von und zu Leipzig "einmal weniger gerecht werden". Es ist nicht zuletzt der restaurative kulturpolitische Ansatz Ihrer Partei und das dauerhafte Geplärr und Gekeife fernab jedweden Inhalts, der Leipzig mittlerweile bundesweit zur Lachnummer macht. Diesem Ansatz, falls es überhaupt einer ist, ordnen Sie und Ihre Fraktion alles und jeden unter. Sie tragen eine gehörige Portion Mitschuld an einem Irrwitz aus kulturpolitischer Inkompetenz, da hilft (...) kein Kulturbürgermeister von OBMs Gnaden. Aber selbst wenn Hartmann entlastet werden sollte, Sie werden sicher einen nächsten Schuldigen ausmachen können ... in den Reihen der politischen Konkurrenz, versteht sich.
Sie haben in den Jahrens der Centraltheaters nichts unversucht gelassen, Sebastian Hartmann zu diskreditieren, schlechte Stimmung in Leipzig gegen ihn zu schüren und ihn als Fehlgriff zu bezeichnen. Und das in allen Medien. (...)
Sie sollten das wohlfeile Formulieren von Richtigstellungen zu Ihrer Hauptaufgabe machen! In der Kulturpolitik der LINKEN "zu Leipzig" gibt es nämlich eigentlich tagtäglich was richtig zu stellen. (...) Und Ihr zementierter Herrn Faber? Was macht der Herr denn am heutigen Tage so für sein gehaltvolles Gehalt? Wie wäre es mit einer Stellungnahme von Ihnen zu dieser Geldverschwendung, wo Ihnen doch die finanziellen Defizite der Stadt so ungemein am Herzen liegen? (...)
erlauben Sie mir einige Anmerkungen zu Ihren Anschuldigungen. Zunächst einmal habe ich mich nie als Vasallin eines Bürgermeisters verstanden genauso wenig wie ich mich dazu verpflichtet sehe, Intendanten um jeden Preis in den Schutz zu nehmen, nur weil sie Künstler sind. Wenngleich Sie mir zugestehen sollten, dass ich – anders als möglicherweise andere PolitkerInnen eine große Nähe zur Kultur und damit auch zu Künstlern habe. Aber ich denke, auch Sie würden an anderer Stelle mit gleicher Vehemenz wie in Ihren Kommentaren die Unabhängigkeit der Politik gegenüber Einzelpersonen einfordern. Ich denke es wäre gut, wenn Sie diese dann auch Politikerinnen zugestehen.
Ich habe Herrn Hartmann stets ausschließlich als Intendanten, nie, an keiner Stelle, als Regisseur kritisiert. Auf populistische Argumentationen, wie sie in Leipzig zuhauf zu finden waren, bin ich nie eingegangen - mit guten Gründen. Im Gegenteil, ich habe Herrn Hartmann sogar in einigen Vorhaben - beispielsweise Umbau Diskothek zur Zweitspielstätte - unterstützt.
Bitte nennen Sie mir doch jene Anlässe, die "mir nicht zu niedrig" waren.
Die kulturpolitische Diskussion zur Zukunft der Stadttheater hätte ich gern geführt, sie ist auch mir ein Anliegen, aber ich habe nur wenig Konstruktives aus diesem Bereich vernommen. Fragen wohl, aber kaum Antworten, die zu diskutieren wären.
Es ist meine Pflicht als Stadträtin und Mitglied im Betriebsausschuss, der ähnlich wie ein Aufsichtsrat agiert, über die Einhaltung von Budgets zu wachen. Ich habe beispielsweise im Februar diesen Jahres eine Anfrage zu den Kosten der Arena gestellt. Die in der Antwort vom April 2013 bezifferten Kosten entsprechen beispielsweise nicht den jetzt dargelegten Kosten, obwohl zum Zeitpunkt der Antwort die Arena schon gebaut war. In der gleichen Antwort heißt es, dass die Intendanz Hartmann mit einem positiven wirtschaftlichen Ergebnis abschließen wird. Es ist also davon auszugehen, dass das jetzt zutage getretene Defizit, an dem zu zweifeln ich keinen Anlass habe, kein strukturelles (beispielsweise Tariferhöhungen etc.) ist, sondern auf die Summe von Einmaleffekten zurückgeht. Das stellt sich wohl die Frage der Verantwortung. Sie nicht zu stellen, wäre fahrlässig.
Sie würden bei jedem anderen städtischen Betrieb von mir gleichfalls erwarten, dass man diesen Umständen nachgeht. Sie tun es sogar in Ihrem Kommentar zu Herrn Faber. Warum hier also nicht? Wollen Sie wirklich eine Politik, die nach Nase urteilt? Dafür bin ich nicht zu haben.
Im Übrigen entscheidet über die Zuständigkeit der Bürgermeister allein der Oberbürgermeister. Die Fraktionen haben hierauf keinen Einfluss, ebenso wenig wie auf die Bezahlung kommunaler Wahlbeamter.
Eine ganz andere Diskussion ist die Unterfinanzierung der Kommunen, die auch die Theater und Konzerthäuser unter Rechtfertigungsdruck bis hin zur Existenznot bringt. Die Ökonomisierung der Politik ist hier eine ganz fatale Entwicklung, die es Theaterleuten aber auch Politikern schwer macht, abseits von Zahlen und Kennziffern zu argumentieren. Diese Debatte würde ich sehr gern führen. Sie ist aber keineswegs zu verwechseln mit dem hier angeführten Gegenstand. Ich bin der Meinung, dass man mit einem Haus, das 14,8 Mio Euro Zuschüsse ausschließlich von der Stadt erhält, ganz gutes Theater machen kann, ohne Defizite zu produzieren. Sehen Sie sich um in der Landschaft, diese Zuschusshöhe ist vergleichbar hoch. Ich stehe dazu: Das Schauspiel Leipzig /Centraltheater ist/war nicht unterfinanziert.
Mir wäre sehr daran gelegen, beide Diskussionen getrennt voneinander zu führen. Ich denke, dann wäre es auch möglich, sich anzunähern.
ich koche und versuche es kurz zu machen: zum einen, was ist denn nun mit herrn faber? Sie rudern drum rum... aber egal (...) Sie mischen sich durch Ihre meinung (die herr faber ja auch vertrat) mit 14,8 mio sei das schauspiel leipzig nicht unterfinanziert eben doch in künstlerische und inhaltliche prozesse ein... das steht Ihnen nicht zu, dies zu beurteilen, es sei denn, Sie wären die intendantin. ich stelle mich doch auch nicht hin, und sage 2500 € brutto gehalt für einen kulturbügermeister im monat reichen... 14 mio für die erhaltung der straßen leipzigs reichen... (ich komme aus dem straßenbau)
ansonsten schreiben Sie unter anderen: "Es ist also davon auszugehen, dass das jetzt zutage getretene Defizit, an dem zu zweifeln ich keinen Anlass habe..." und dann schreiben Sie komischerweise auch noch: (...) "Sie würden bei jedem anderen städtischen Betrieb von mir gleichfalls erwarten, dass man diesen Umständen nachgeht."
wenn Sie also umständen nachgehen wollen; wenn Ihnen so an der einhaltung von budgets, an einer wahrheit gelegen ist, wieso zweifeln Sie nicht an diesem defizit? wieso gehen Sie nicht zu hartmann oder ballweg und fragen ihn, was los ist bzw. war? sie hatten nunmehr 6 wochen zeit dazu... interessiert es Sie nicht? warum gehen Sie nicht ihren eigenen ansprüchen nach, und versuchen die nummer aufzuklären? dass scheint ja teil Ihrer aufgaben im ausschuß zu sein, wie Sie schreiben... glauben Sie ernsthaft, hartmann und ballweg sind total bescheuert? alle fakten, selbst die zahl der städtisch eigenen prüfungsgesellschaft stimmt nicht mit diesem angeblichen 400000 € defizit und der neuerlichen pressemeldung von herrn jung überein...(nach der prüfungsgesellschaft sind es "nur" 156000 € defizit, nach aussage hartmanns entsteht diese zahl durch falsch zugeordnete zahlen von irgendwelchen opernwerkstättenleistungverrechnungen, sie ist bei 0€) warum nehmen Sie nicht stellung zu der aussage in der süddeutschen zeitung vom 9.12.13 "(...) nennt Till Briegleb seinerseits folgende Zahlen: "Während Hartmanns Abschluss ein Plus von rund 50.000 Euro aufweist, verändert sich diese Zahl in den Theaterferien nach seinem Abschied plötzlich auf 260.000 Euro Miese. Und überaus erstaunlich ist es, dass diese Zahlen von derselben Buchhaltung des Schauspielhauses erstellt wurden, aber für zwei verschiedene Intendanten."
warum kämpfem sie nicht für die wahrheit? warum lassen Sie das alles geschehen? warum machen sie keine pressemeldung, dass der prüfungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, dass noch kein recht gesprochen werden kann, weil die beteiligten gar nicht gehört wurden, es sich um ein schwebendes verfahren handelt und herr jung wider besseres wissen eine falsche pressemeldung rausgegeben hat, zudem noch von einer ausschußsitzung, die nicht öffentlich war? warum lassen Sie das zu und lassen herrn jung wie ein fürsten regieren? und durch seine pressemeldung leipzigs ansehen irreperablen schaden zufügen? warum frau dr. jennicke...
ein letztes: mit budgets kenne ich mich übrigens, ein fehlender, versprochener oder erwünschter überschuß ist in keinem falle ein defizit, vielleicht ein fehlender gewinn, aber daran zerbricht nichts... vielleicht hatte hartman noch kohle über und hat sich gesagt: "machen wir noch ne schöne inszenierung is gerade so muckelig hier..." vielleicht hat der herr jung auch gesagt: "wenn zum 31.7.2013 alles bei null ist, ist´s gut..." wer weiß das? warum forschen Sie nicht danach? all meine fragen, führen bei mir zu der nicht belegbaren vermutung, dass Ihnen dieses defizit als nachtritt gen hartmann nicht ungelegen kommt... vielleicht deshalb der rauhe ton...
Sie können mich gern über www.linksfraktion-leipzig.de kontaktieren.
Ich würde mich freuen, herzliche Grüße, Skadi Jennicke.
nachdem ich Ihren Eintrag gelesen habe, bin ich ehrlich fassungslos, wie man in einer doch wohl als führend empfundenen Position in der Kulturpolitik der Stadt so viel schreiben und so wenig sagen kann. Worum geht es Ihnen? Legen Sie wert darauf zu betonen, dass sie "im Gegensatz zu anderen PolitikerInnen eine große Nähe zur Kunst und zu Künstlern" haben. Ich möchte Sie nicht beleidigen, aber mich würde schon interessieren, welche Künstler das sind. Ich kenne Künstler in der Stadt, die gar nicht wissen, wo sie sich lassen sollen: sie verzweifeln über die desaströse Kulturverwaltung auf allen Ebenen und lachen sich gleichzeit über Ihr Personal, dabei ganz besonders über das LINKE-Personal kaputt. Das heißt mit anderen Worten: Es ist zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.
Ich nehme Ihre mich peinlich berührende "Nähe zu Künstlern"-Aussage nur zum Beispiel, um mein Entsetzen über das andauernde Hakenschlagen in Ihrem Kommentar zum Ausdruck zu bringen. Geht es Ihnen darum, sich rein zu waschen? Es ist erbärmlich, dieses Schauspiel ums Schauspiel. Wie lange haben Sie an diesem Kommentar geschrieben, Formulierungen verworfen und "verbessert", bis er wirklich mit keinem einzigen Wort mehr auf die tatsächlichen Umstände des Defizits und die hier von einigen Schreibern erhobenen Vorwürfe zur nicht-existenten, allein destruktiven und fraktionstaktischen Kulturpolitik der LINKEN einging? Frau Dr. Jenicke, Ihr Kommentar ist ein Armutszeugnis. Er bestätigt mich in all meinen Befürchtungen, wie es um die Verwaltung der Kultur in Leipzig bestellt ist. Bitte verschwenden Sie Ihre Zeit sinnvoller, als die Leser hier und die Leute in der Stadt für dumm und dümmer zu verkaufen.
danke für Ihren offenen Beitrag! Sie sprechen mir aus der Seele! Sie haben die Einträge von Frau Jennike treffend analysiert und ihr den Spiegel vors Gesicht gehalten. Das tat mal Not.
Herrn Weigel sei für die erhellende Analyse gedankt. Es ist wirklich schlimm, was in Leipzig vor sich geht und welche Bauernopfer ins Scheinwerferlicht gebracht werden.
Lieber Leipziger, gehen Sie hin, wenn Frau Jenneke den Kopf weiter in den Sand steckt, und berichten Sie uns hier, was die "Kulturpolitische Sprecherin" nicht öffentlich sagen will.
ich kann nur sagen: armes leipzig, was ist nur los mit dir? ich hoffe auf andere, bessere zeiten.
gibt es inzwischen schon wieder Neuigkeiten aus dem Leipziger Komödienstadl in Sachen Defizit? War da nicht für den 16. Dezember irgendeine Ausschusssitzung angekündigt worden? Oder hofft und betet man, dass sich das öffentliche Interesse über Weihnachten versendet? Ich hörte erst gestern jemanden auf der Zugfahrt nach Leipzig sagen: "Leipzig hat kein Defizit, Leipzig ist das Defizit." So weit hat man es schon gebracht!
(Liebe Dorothee,
ja, es scheint Neuigkeiten zu geben. Wir sind gerade dabei, nachzuforschen.
Beste Grüße,
Anne Peter / Redaktion)
Die Szene mit dem Skelett brandaktuell vor dem Defizit-Streit:
"Der Kapitalismus ist jetzt auch im Theater?!"
Großartig!
Und auch toll:
"Wer die Wahrheit nicht aushält, der hätte ja nicht kommen müssen!"
Unter den Zuschauern (alle Plätze besetzt) fand sich auch Frau Dr. Jenneke von der Linken. Endlich mal ein Pluspunkt. Hartmann bringt doch noch alle irgendwie an einen Tisch.