Medienschau: Süddeutsche Zeitung – Streit um Umgang mit antisemitischen Vorfällen bei einer Produktion des Theaters Würzburg

"Fahrlässig"

"Fahrlässig"

5. Februar 2024. Die Süddeutsche Zeitung berichtet über Vorwürfe einer jüdischen Schauspielerin gegenüber dem Mainfranken-Theater, die im Frühjahr und Sommer 2022 in einer Anne-Frank-Inszenierung des Theaters im Würzburger Stadtraum spielte und dabei wiederholt antisemitisch attackiert wurde.

Trotz ihrer Meldung der Vorfälle und ihrer wiederholten Bitte ans Theater, die Produktion besser zu schützen wurde erst zwei Monate nach der Premiere im April ein Sicherheitsdienst engagiert.

"Wie dringlich Anouk Elias sich immer wieder um Gespräche und bessere Sicherheitsmaßnahmen bemühte, ist gut dokumentiert. Als das Theater nichts änderte, suchte sie Hilfe bei der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, bei den Antidiskriminierungsstellen B.U.D. und der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS)", so der Bericht von Christiane Lutz in der Süddeutschen Zeitung.

"Eine Mitarbeiterin von RIAS fuhr daraufhin zu einigen Vorstellungen nach Würzburg an den Bahnhof und dokumentierte antisemitische Zwischenfälle. Die B.U.D. fordert das Theater in einer Mail auf, die der SZ vorliegt, einen Sicherheitsdienst zu engagieren, der 'den Schutz der Beteiligten sicherstellen' und das 'Gespräch mit der Polizei suchen' kann. Alles andere sei 'fahrlässig'. Wieder tat sich nichts. Erst, als auch die Main-Post am Theater anrief und über die Vorfälle berichten wollte, engagierte das Theater (im Juni) einen privaten Sicherheitsdienst, der bis zu den letzten Vorstellungen dabei war."

Außerdem kam es nach dem Streit um die Anne-Frank-Inszenierung dazu, dass das Theater einen Teilzeitspielvertrag, den es Elias angeboten hatte, nicht als gültig anerkennen wollte, so die Süddeutsche Zeitung. "Der Grund: Der Vertrag sei zwar von beiden Seiten unterschreiben, aber war von Elias nicht zurückgeschickt worden, und somit laut Theater 'nicht zustande gekommen'." Nach einem Verfahren beim Bühnenschiedsgericht München einigten sich das Theater und Anouk Elias im Dezember 2023 auf einen Vergleich und Elias bekam eine Abfindung.

Juristisch sei der Streit zwar erledigt, dass sie den Fall trotzdem öffentlich machte, begründet die Schauspielerin in der Süddeutschen Zeitung so: "Ich habe noch nie Antisemitismus an mich gerichtet wahrgenommen. Bis zu diesen Tagen", und Antisemitismus gebe es auch im linksliberalen Kulturbetrieb, daran habe auch der Vergleich nichts geändert.

(SZ / sd)

Kommentare  
Medienschau Würzburg: Fassungslos
Ich bin erschüttert, zutiefst erschüttert! Was ist denn an Stadtheatern noch alles möglich? Jetzt wird auch noch Schauspielerinnen der Schutz verwehrt, Schutz vor antisemitischen Angriffen, selbst wenn diese bereits stattgefunden haben?
Erst als die Regionalpresse darüber berichten möchte, reagiert die Theaterleitung? Verwerfliches Verhalten ist das. Schämen sollten sich die Verantwortlichen!
Die junge Schauspielerin als Querulantin abstempeln und entlassen, und selbst weiterhin in Lohn und Brot stehen. Unglaublich!
Wenigstens die Verantwortlichen der Stadt Würzburg sollten moralisch Haltung zeigen und die Theaterleitung entlassen!
Medienschau Würzburg: Dilemma des öffentlichen Druckes
Ein wiederkehrendes Phänomen in der Theaterwelt: was bei Theaterleitungen tatsächlich Wirkung hat, scheint öffentlicher Druck via Presse zu sein.
Wenn Mitarbeitende aber um ihre Jobs fürchten müssen, sobald sie an die Presse gehen, werden Veränderungen verhindert und der Hausfrieden erzwungen.
Medienschau Würzburg: Entsetzen
Im oben genannten Artikel in der SZ werden die verwandtschaftlichen Beziehungen der Schauspielerin zu Anne Frank erwähnt. Ihr Großvater war der Cousin von Anne Frank.
Auf offener Straße mitten in Würzburg wird eine Verwandte von Anne Frank verbal antisemtisch angegriffen und nichts wird unternommen.
Die Vorgesetzten reagieren stattdessen mit Verharmlosung und Ignoranz.
Und alle dürfen weiter machen, nur die Schauspielerin verliert ihre Anstellung. Mir fehlen die Worte vor lauter Entsetzen.
Medienschau Würzburg: Beschämend
Wie sich Herr Trabusch, um nicht immer von "der Theaterleitung" zu sprechen, schliesslich geht die Darstellerin der Anne Frank auch mit ihrem Namen an die Öffentlichkeit, hier verhält ist einfach nur beschämend und eines Intendanten nicht würdig. In diesen Zeiten muss Herr Trabusch nicht nur eine öffentliche Stellungnahme liefern sondern eine auch eine ebenso wichtige Entschuldigung an Anouk Elias.
In was für einer Blase leben eigentlich Intendanten. Unfassbar.
Medienschau Würzburg: Volle Solidarität
Liebe Anouk Elias, vielen Dank für deinen Mut und die Bereitschaft, deine Erfahrungen zu teilen und uns alle auf unsere eigenen blinden Flecken hinzuweisen!
Es muss mehr geben als eine Entschuldigung. Es muss Verantwortung übernommen werden.
Wer Antisemitismus verharmlost oder leugnet, gibt Brandbeschleuniger in die aktuellen Debatten und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Medienschau Würzburg: Alles geht einfach so weiter
Dieser ganze Vorgang ist beispiellos und lässt so tief blicken, wer in Positionen Macht ausübt.
Ohne Worte.
Und alles geht einfach so weiter. Aiwanger wird wiedergewählt und Trabusch bleibt im Amt.
Es ist ein Skandal! Und alle in Würzburg schweigen, OB, Stadtrat, Stadtöffentlichkeit. Außer Trabusch selbst. Auf Instagram lässt er eine himmelschreiende, überhebliche Stellungnahme veröffentlichen. Es liest sich wie, für ihn hat sich die Schauspielerin Anouk Elias das alles nur eingebildet. Keine Einsicht für eigenes Fehlverhalten oder geschweige denn eine konkrete Benennung als antisemitischen Vorfall.
Unhaltbares Verhalten, aber alle schauen zu.
Medienschau Würzburg: Stellungnahme auf Instagram
Hier die Stellungnahme des Theaters dazu bei Instagram:

"In das Theaterformat mit Anouk Elias im öffentlichen Raum aus dem Frühjahr/Sommer 2022, das am "DenkOrt Deportationen" am Hauptbahnhof aufgeführt wurde, war von Beginn an ein mit der
Bundespolizei abgestimmtes Sicherheitskonzept gedacht, das während der Laufzeitdauer auch weiter angepasst und optimiert worden ist. Auf die von Frau Elias vorgebrachten Bedenken wurde zum damaligen Zeitpunkt seitens unseres Hauses angemessen reagiert und alle aus unserer Sicht erforderlichen Maßnahmen ergriffen.

In der Frage um die Vertragsangelegenheit mit Frau Elias haben die Beteiligten vor dem Bühnenschiedsgericht einen Vergleich geschlossen. Ein Urteil gegen das Mainfranken Theater hat es
nicht gegeben. Die Produktion Anne Frank war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Bühnenschiedsgerichtsverfahrens.

Wir bitten um Verständnis, dass wir als Arbeitgeber zu Vertragsinhalten von Mitarbeitenden keine weitergehenden Auskünfte erteilen können. Die Theaterleitung"
Medienschau Würzburg: Trauer & Wut
Solange solche Dinge immer noch verharmlost und Versuche unternommen werden alles unter den Teppich zu kehren, solange wird sich nichts ändern.
Unter diesem Intendanten werde ich nicht mehr ins "Mainfranken Theater" gehen.

Viel berufliches und persönliches Glück wünsche ich ausdrücklich der Schauspielerin.
Danke für den Mut dies auszufechten.
Medienschau Würzburg: Verhöhnende Stellungnahme
Diese Stellungnahme ist ja abartig in der Verhöhnung der Schauspielerin.
Sinngemäß: Wir haben alles richtig gemacht und damit Schluss. Ach übrigens dürfen wir unser Herrscherwissen nicht teilen, weil wir eben die Macht haben.
In jeder anderen Behörde wären die Verantwortlichen für so ein Verhalten umgehend entlassen worden.
Nur nicht im Theater. Da dürfen sie scheinbar schalten und walten wie es ihnen gefällt.
Bitter, einfach bitter!
Viel Kraft an Frau Elias für ihren weiteren Weg.
Medienschau Würzburg: Empörung
Nach 1,5 Wochen kann auch dieser Vorfall als weiteren Beleg dafür gelten, im Theater muss die Leitung nur den Sturm aussitzen und kann weiter Wasser predigen und Wein trinken.
Besonders beeindruckend ist dafür der Werbebanner, der gerade auch auf Nachtkritik.de ist.
„Das schweigende Klassenzimmer“. Eine Gruppe Schüler:innen leistet Widerstand gegen die DDR Mächtigen. Ein Kollektiv gegen die Unterdrückung.
Wie passend, dass die Theaterbelegschaft und die komplette Würzburger Stadtgesellschaft genau das Gegenteil machen. Weggucken, billigen und einfach weitermachen.
Zwei Mal waren die verbalen antisemitischen Angriffe Gegenstand eines Zeitungsartikels und zweimal blieb die Empörung aus. Mitten in Deutschland, auf offener Straße bei einem Theaterstück.
Habt den Mut und empört euch!
Wir können dem Antisemitismus in dieser Gesellschaft nur begegnen, wenn wir hinschauen und ansprechen, wer schweigt stimmt zu!
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