Medienschau: Tagesanzeiger – Interview mit der Diversitätsagentin am Schauspielhaus Zürich

"Diversität passiert nicht einfach so"

"Diversität passiert nicht einfach so"

8. September 2023. Im Interview mit dem Tagesanzeiger zieht Yuvviki Dioh, Diversitätsagentin am Schauspielhaus Zürich, Bilanz ihrer bisherigen Arbeit seit Februar 2022.

Über das in einem Jahr bevorstehende Ende der  Intendanz Stemann/von Blomberg, von dem ihre eigene Anstellung im übrigen nicht abhängt, sagt Dioh: "Dass dieser Wechsel der Intendanz eher aussergewöhnlich war, ist kein Geheimnis." Sie werde aus ihrer Funktion heraus "ein kritisches Auge" auf die weiteren Entwicklungen haben: "Wir sollten nun sicherstellen, dass die Arbeit, die wir geleistet haben, nicht zurückgeschraubt wird" und "wir die Repräsentationsfragen, die wir uns auch im Auftrag der Stadt Zürich in Form des aktuellen Kulturleitbilds stellen müssen, nicht aus den Augen verlieren".

Den größten Handlungsbedarf am Schauspielhaus sehe sie einerseits darin, die Infrastruktur barrierefrei zu machen. "Das ist eines der herausforderndsten Themen. Weil es dabei schnell ums Geld geht. Zudem ist der Pfauen teilweise denkmalgeschützt, da kann nicht einfach drauflos gebaut werden." Wo es zudem "kontinuierlich Verbesserungspotenzial" gebe, sei "bei der Frage, wie wir unsere Produktionsprozesse gestalten. Damit relevante Diversitätsfragestellungen von Anfang an eingespiesen werden."

Zur bereits vollzogenen Trennung von Trajal Harrell und Wu Tsang als Hausregisseur:innen sagt Dioh: "Auf einer systemischen, strukturellen Ebene ist es bedauerlich und bedenklich, weil wir damit zwei exzellente Kunstschaffende verabschieden, die andere Positionen aufgezeigt haben. In ihren Stücken sind queere Menschen dabei oder Menschen mit anderen Body-Types. Also genau jene, die sonst im klassischen Stadttheater nicht stark vertreten sind." 

"Und ja: Wir hatten längst noch nicht alle Positionen vertreten, doch das zu ändern, wäre ja genau die Aufgabe gewesen." Sobald die Situation von People of Color im Vordergrund stehe, sagten allerdings viele schnell: Und was ist mit allen anderen? "Das erlebe ich bei anderen Positionen nicht so stark." 

Angesichts der kulturpolitischen Entwicklungen in der Schweiz und Zürich zeige sich: "Diversität passiert nicht einfach so. Wir müssen dafür arbeiten und kämpfen. Gerade in Zeiten wie diesen, wo die Zukunft unsicher wirkt, wo man merkt, dass reaktionäre Kräfte eine Bedrohung für viele marginalisierte, vulnerable Positionen darstellen können. Ich sage: Das geht nicht einfach weg. Wir als Stadt und Gesellschaft müssen dazu Haltung zeigen."

(Tagesanzeiger / sd)

Kommentar schreiben