Presseschau vom 24. August 2018 – die britische Tageszeitung The Guardian berichtet über die Zerstörung eines Kulturzentrums und Theaters in Gaza Stadt
"Symbol palästinensischer Identität"
"Symbol palästinensischer Identität"
24. August 2018. Die britische Tageszeitung The Guardian bringt eine ausführliche Reportage über das am 10. August durch einen Luftangriff der israelischen Armee zerstörte Said al-Mishal Kulturzentrum in Gaza Stadt, das auch ein Theater beherbergt. Bei dem Angriff wurde das Gebäude vollständig zerstört, 18 Menschen wurden verletzt.
In einem Statement der israelischen Armee wurde der Angriff damit begründet, dass die Hamas das Gebäude "zu militärischen Zwecken" genutzt habe. Das bestreitet sein künstlerischer Leiter Sameer al-Mishal (verwandt mit dem Namensgeber des Gebäudes) – das Al-Mishal sei ein "Bollwerk der künstlerischen Freiheit und des progressiven Denkens", man sei im Gegenteil immer wieder mit der Hamas in Konflikt geraten. Tatsächlich schloss die Hamas das Kulturzentrum zwischen 2007 und 2009 und zensierte immer wieder einzelne Vorstellungen, so The Guardian. Der Zeitung gegenüber bestreiten auch Künstler*innen, die im Al-Mishal gearbeitet haben, dass die Hamas das Gebäude genutzt habe. Das Al-Mishal war ein zentraler Kulturort in Gaza, neben einem Theater waren dort eine Bücherei und die Büroräume mehrerer Künstlerverbände untergebracht, ferner ein Kinder- und Jugendzentrum.
In einem Offenen Brief, den The Guardian am 16. August veröffentlichte, verurteilen 14 prominente britische Theaterschaffende, darunter der Intendant des Londoner National Theatre Rufus Norris und die Dramatikerin Caryl Churchill die Zerstörung des Al-Mishal Kulturzentrums. "Wir unterstützen unsere lieben Freunde und Kollegen in ihrem großen Zorn und tiefen Schmerz angesichts der Vernichtung dieses Symbols palästinensischer Kultur und Identität", heißt es in dem Schreiben. Der künstlerische Leiter des Az Theatre Jonathan Chadwick hat in einer Spendenkampagne bisher 3000 britische Pfund für den Wiederaufbau gesammelt – der allerdings laut The Guardian auch wegen der durch Israel stark eingeschränkten Zufuhr von Benzin und Baumaterial nach Gaza schwierig werden dürfte.
(sd)
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(Liebe Henriette -
ob das Format der Presseschau so prominent ist und es auf nachtkritik nicht noch prominentere Plätze gibt, kann man sicher diskutieren.
Aber grundsätzlich: ein Theater ist zerstört, das fällt in unser Themengebiet und wir berichten.
nachtkritik-Redaktion / sik)
So wird eine Möglichkeit der künstlerischen Auseinandersetzung mit den soziopolitischen Konfliktlinien der Region wahrscheinlich über Jahre nicht möglich sein.
Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass es der Dramatikerin Caryl Churchill sowie dem Intendanten Rufus Norris wohl an sprachlicher Sensibilität fehlt, die Zerstörung eines Gebäudes mit "Vernichtung" zu beschreiben.
Offensichtlich in die gegenseitige Vernichtung.
Was bezweckt postkolonialer Diskurs?
Die Umsetzung kolonialer Politik.
Sind Norris und Churchill Postkolonialisten?
Sie führen sich als Patronen des britischen Mandatsgebietes auf, also die Antwort ist ja.
Kann ein Theater ein Symbol palästinensischer Kultur und Identität sein?
Klares nein, weil Theater kein Ort für Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, sendungsbewusstsein oder Nationalismus sein kann.
... to be continued
Andererseits möchte ich die Gelegenheit nutzen, um auf einen philosophischen Artikel zu verweisen, der die Dimensionen über die Deutungshoheit in der Gegenwart bestens beschreibt und Tatsachenberichte dringender braucht als die Verbreitung ganz subjektiver Lesarten durch die Medien. Ganz besonders in der Kunst steht die "Gretchenfrage" immer deutlicher im Vordergrund: "Aufklärung oder Gegenaufklärung" heißt die Frage:
"Kann das Erbe der Aufklärung und der Französischen Revolution bewahrt werden? Kann es vielleicht sogar erweitert und erneuert werden? Oder wird sich die gegenteilige Tendenz durchsetzen? Werden wir den Aufstieg riesiger transnationaler Supragesellschaften erleben, die, um sich selbst am Leben zu erhalten, eine negative Kulturpolitik einleiten müssten? Eine Kulturpolitik, die nicht nur versuchen würde, riesige Räume kulturell zu vereinheitlichen, sondern auch dazu übergehen könnte, die kulturellen Grundlagen, welche einst die Aufklärung und die Französische Revolution ermöglicht haben, wieder aufzulösen. Wir wissen die Antwort zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Doch was wir wissen, ist, dass wir an einem Schnitt- und Wendepunkt der Weltgeschichte leben, an dem sich entscheiden wird, wie frei oder unfrei das 21. Jahrhundert insgesamt sein wird."
https://www.hintergrund.de/politik/welt/vom-sturm-auf-die-bastille-bis/
https://www.zeit.de/2018/35/gute-deutsche-josef-joffe-israel