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Presseschau vom 14. Dezember 2010 – Die Welt besucht Karin Beier in Köln

Die blanke Gier nach Leben

"Wenn ich ehrlich bin: ich übe nicht meinen Traumberuf aus. Der war Ärzte ohne Grenzen", sagt Karin Beier laut einem Text von Martin Eich (Die Welt, 14.12.2010). Momentan laufe sie hochtourig: "Ich habe die Kerze an beiden Ende angezündet." Und das halbiere nicht deren Lebensdauer: "Das gibt ein schöneres Licht". Es sind bildgewaltige, blitzende Sätze wie diese, die viel über Karin Beier und ihr Theaterverständnis verraten.

"Tiefgefroren", sei die Politik ihr gegenüber, dass sie "die Pläne nicht nur des Oberbürgermeisters durchkreuzte, das denkmalgeschützte Schauspielhaus durch einen Neubau zu ersetzen und sich diesem Strom aus Geschmacks- und Geschichtslosigkeit entgegen stemmte, verübelt man ihr heute noch", schreibt Eich. Sie sagt: "Ich würde auf jeden Fall noch einmal so handeln. Selbst wenn sie mich hinausgeworfen hätten." (hier eine Chronik der Debatte um Neubau oder Sanierung des Kölner Opern-Theater-Komplexes am Offenbachplatz)

Sie treibe "die blanke Gier nach Leben, nach Intensität" an, sagt Beier. Und: "Es wird mir zu viel über das Theater geredet. Man sollte es einfach machen." Auch den Tagungen der Intendantengruppe des Bühnenvereins bleibe sie fern: "Ich war da noch nie. Und ich will da auch nicht hin." Der Umgang innerhalb der Theaterszene sei "schmallippig und eng", dem wolle sie sich nicht aussetzen. "Ich empfinde es als hochgradig unangenehm, wenn bei Preisverleihungen die ganze Mischpoke zusammenkommt. Das ist ein missgünstiger, Lust tötender Brei. Man muss aufpassen, vom Betrieb nicht kontaminiert zu werden."

Sie stelle deshalb auch ernsthafte Überlegungen an, "in absehbarer Zeit" den Beruf zu wechseln. "Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich mir damit nicht etwas in die Tasche lüge. Aber man ist doch immer auf der Suche." Deshalb überlege sie, ein Medizinstudium zu beginnen.

Ende November schon hat die Frankfurter Rundschau Karin Beier besucht und doppelseitig über das Schauspiel Köln berichtet. Hier die Presseschau vom 26. November 2010.

(dip)

 

Presseschau vom 13. Dezember 2010 - Daniel Kehlmann äußert sich wieder zum Theater in Deutschland

Blankes Entsetzen

Köln, 13. Dezember 2010. Daniel Kehlmann meldet sich mal wieder zu Wort. Auch zum Thema Theater in Deutschland. In einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger geht er unter anderem auf seine Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele 2009 ein: "Die Hysterie der Reaktionen hat mich überrascht und belustigt. In jedem anderen Bereich ist Kritik eher möglich als in diesem semitotalitären Theater-Milieu. Es herrschte ja blankes Entsetzen unter Intendanten und vielen Theaterkritikern, während die Öffentlichkeit keineswegs entsetzt war." Zur Unterstützung zitiert er Milan Kundera und zieht einen gewagten Vergleich: "Es gibt in Deutschland wirklich noch zwei totalitäre Submilieus, in denen sich DDR-Strukturen halten. Das eine ist die Deutsche Bahn und das andere das Theater."

Presseschau vom 17. November 2010 – Stefan Keims Überblick über die finanzielle Lage der Theater auf Welt-online

Flächenbrand in zersplitternder Gesellschaft

17. November 2010. Auf Welt-online schreibt heute Stefan Keim überblickshaft über den "Flächenbrand", der zurzeit die deutsche Theaterlandschaft zerstört. Wo viele Städte mit "radikalen Sparlisten" der drohenden Überschuldung entgegenzuwirken trachten, treffe es die "freiwillige Leistung" Kultur besonders hart. Dabei verstehe sich fast jedes Theater inzwischen "als demokratisches Forum, in dem sich Bürgergruppen begegnen, die sonst keinen Kontakt zu einander finden". Das gebe einer "zersplitternden Gesellschaft" immerhin "die Möglichkeit einer Zusammenkunft".

Presseschau vom 11. November 2010 – Wochenzeitung Die Zeit über das Finanzdilemma der deutschen Theater und Opern

Gespart wird, wo man es sieht

11. November 2010. "Der Kulturkampf" ist das Dossier von Konstantin Richter in der Zeit (11.11.2010) übertitelt. Untertitel: "Müssen Städte wie Flensburg ein Opernhaus haben? Die Schlacht um die Subventionen hat begonnen." Richter erzählt von Peter Grisebach, dem neuen Intendanten am Landestheater Schleswig-Holstein und der dortigen "Nabucco"-Inszenierung: "Der Generalintendant sagt, der Gefangenenchor sei in Flensburg 'fast ein Fanal' geworden. Er sieht durchaus eine Parallele zwischen den unterdrückten Juden in Nabucco und dem Landestheater Schleswig-Holstein, das ja ebenfalls bedroht ist. In beiden Fällen, sagt er, gehe es um Freiheit und kulturelle Identifikation."

Presseschau vom 10. November 2010 – Noch einmal: der Fall Leipzig

Gesunde Entwicklung in der vermeintlichen Metastase

10. November 2010. Nach dem Leipzig-Schwerpunkt auf nachtkritik.de, wo Tobias Prüwer und Stefan Kanis sich der Art und Weise widmeten, auf die am Centraltheater und in der Skala unter Sebastian Hartmann Theater gemacht wird, greift nun auch Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung das Phänomen Hartmann auf. Und begibt sich, den medialen, "teilweise mit Hass gewürzten Abgesang in den Ohren", auf Spurensuche: "In dem pseudoklassizistischen Bau mit seinem unscheinbaren Seiteneingang geht es zu wie in einem ganz normalen Stadttheater im Zeitalter dramaturgischer Gesamtkonzepte. Die Programmhefte sind, obwohl sie nicht aussehen wie anständig aufgemachte Lehrmittel, dem Dienst am Zuschauer gewidmet – und das Publikum zeigt sich in einer gesunden Altersmischung von Kostüm mit Brosche bis zu Sweater mit Piercing."

Presseschau vom 18. Oktober 2010 – Spiegel-Gespräch mit Friedrich Schirmer

Alles richtig gemacht?

Hamburg, 18. Oktober 2010. Friedrich Schirmer, zurückgetretener Intendant des Deutschen Schauspielhauses Hamburg hat dem Spiegel ein Interview gegeben. Schirmer findet, er habe das Schiff Schauspielhaus "ordnungsgemäß" der "Mannschaft übergeben", auch wenn er seinen Rücktritt "zu wenig erklärt" habe. Dass Intendanten zurückträten, sei gerade am Schauspielhaus schon häufiger vorgekommen.

Presseschau vom 30. September 2010 - Hamburger Rechenspiele in der ZEIT

Zahlenspiele mit Pfeffersäcken

Hamburg, 30. September 2010. "Revolution liegt in der Luft", schreibt Evelyn Finger im Wochenblatt Die Zeit. Sie resümiert ausführlich die aktuelle Hamburger Kulturkrise und stellt interessante Fragen: "Wieso kann Leipzig 15 Prozent seines Haushaltes für Kultur ausgeben und Hamburg nur zwei? Wie soll das Schauspielhaus als Spitzentheater mit schon jetzt nur noch 30 Ensemblemitgliedern (Durchschnitt sind in vergleichbar großen Häusern 45) Spitze bleiben, wenn das Wiener Burgtheater über hundert und sogar Düsseldorf über vierzig Schauspieler hat? Wie steigert man bei guter Auslastung Einnahmen, ohne die Kartenpreise zu erhöhen?"

Presseschau vom 8. September 2010 – Samuel Schwarz fordert im Tagesanzeiger, die Stadttheater aufzulösen und das Geld den Künstlern zu geben

Befreit euch aus veralteten Hierarchieformen!

8. September 2010. Die Idee, das Subventionssystem grundlegend umzukrempeln und Fördergelder direkt an Künstler zu vergeben, wird nicht nur von einigen nachtkritik-Kommentatoren diskutiert. Im Interview mit Alexandra Kedves im Zürcher Tagesanzeiger spricht Regisseur Samuel Schwarz davon, dass das holländische Modell für die Schweiz Vorbild sein könnte: "Man unterstützt nicht Häuser, sondern lebendige Teams mit eigenständiger, individueller Organisationsform. Sprich: Der Verteilschlüssel bei den Subventionen muss und wird anders aussehen."

Presseschau vom 4. September 2010 – Schorsch Kamerun in der taz zu Fragen der Kulturfinanzierung

Diese Einflussnahme wird immer subtiler

4. September 2010. Er habe habe das Staatstheater bisher als großen Freiraum empfunden, sagt Schorsch Kamerun im Gespräch mit Till Briegleb in der taz (4.9.2010). "Gerade im Vergleich zu dem sogenannten Independent-Musik-Bereich, aus dem ich komme. Räume, die unangestrichen sind von Markeninteressen, gibt es dort kaum noch. Wenn wir mit den Goldenen Zitronen auf einem Festival spielen, dann hängen meistens rechts und links der Bühne große Werbebanner. Im Theater ging das bisher noch ganz gut ohne. Diesen luxuriösen Status darf man nicht leichtfertig aufgeben!"

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