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FDP verhindert gemeinsame Initiative für freischaffende Regisseure
Ausgebremstes Signal
Berlin, 13. Oktober 2011. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, freie Regisseure künftig mit 19 statt mit 7 Prozent Umsatzsteuer zu belegen, beschäftigt die Bundespolitik. Ein Schreiben allerdings, das die Obleute im Ausschuss für Kultur und Medien des Bundestages an den Bundesfinanzminister schicken wollten, um gemeinsam dafür zu werben, dass das Urteil nicht angewendet wird, scheitert am Widerstand der FDP.
Eine gemeinsame Haltung wäre "ein starkes Signal für die Kultur und die Kulturschaffenden gewesen", erklärt der Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien der SPD-Bundestagfraktion Siegmund Ehrmann. "Die FDP verhält sich hier absolut kulturfeindlich."
Die Bundesregierung müsse darauf hinwirken, dass das vom Bundesfinanzhof im Mai 2011 formulierte Urteil zur Umsatzsteuerbefreiung für freischaffende Theaterregisseure nicht angewendet wird. Dies müsse entsprechend vom Bundesfinanzminister verfügt werden. Ansonsten träfe dies insbesondere freie und selbstständige Kulturschaffende, "die sowieso bereits häufig unter prekären Arbeitsbedingungen leiden", so Ehrmann.
Ähnlich argumentiert Agnes Krumwiede, Kultursprecherin von Bündnis 90/Die Grünen. Eine Umsetzung des Urteils hätte verheerende Auswirkungen für selbstständige Dramaturgen und Regisseure: "Darüber herrscht Einvernehmen beim Kulturstaatsminister und bei der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Medien." Nur bei der FDP nicht, "die ansonsten offensiv für Steuersenkungen eintritt und großzügige Steuergeschenke an Hoteliers verschenkt".
Gerade weil eine Theaterinszenierung ohne Regisseure genauso wenig vorstellbar sei wie ein Orchester ohne Dirigent, sei es nicht nachvollziehbar, warum die Regieleistung bei der Umsatzsteuer gegenüber Bühnendarstellung benachteiligt werden solle, schreibt Krumwiede in einer Stellungnahme. "Vergangene Urteile deutscher Gerichte und des Europäischen Gerichtshofes widersprechen dem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofes. Bei Inkrafttreten dieses Urteils wären die Betroffenen unter Umständen sogar gezwungen, nachträglich Steuern für die zurückliegenden fünf Jahre zu zahlen."
(geka)
Wie es zum Urteil des Bundesfinanzhofs kam, wie die Konsequenzen aussehen und was man von der Regierung fordern müsste, lesen Sie auch in dem nachtkritik-Debattenbeitrag von Uwe Steinkamp und Wolfgang Behrens.
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Ihr Beitrag ist genauso von Ahnungslosigkeit beseelt, wie die Vermutung, dass Dirigenten nur einmal am Tag im Graben mit den Armen wedeln, bis die Musik aufhört, um sich dann zu verbeugen...
Oder die immer wieder schöne Frage an ALLE Theatermitarbeiter: "Und was macht Ihr so tagsüber?".(...)
über ein solch ernstes und schwerwiegendes thema sollte man nicht zwingend solche hirnlosen kommentare posten...
Die FDP hat mit ihrer Entscheidung den Nichtanwendungserlass nicht zu unterstützen völlig recht. Ein Gesetzgeber, der sich bewusst über Entscheidungen der Judikativen hinwegsetzt verfehlt seine Aufgabe. Ein Nichtanwendungserlass ist wenn überhaupt nur eine kurzfristige Behelfslösung. Der Weg der FDP ist richtig. Eine grundlegende Debatte, wie Kulturschaffende in steuerrechtlicher Hinsicht positive Begleitung finden könnten, zu führen ist der richtige Weg. Auch wenn es manchmal schmerzt muss man Gerichtsentscheidungen akzeptieren, auch wenn sie einem zum Nachteil reichen, andernfalls untergräbt man die Autorität der Judikativen.
Hals brechen. Ich habe mir oft von Freunden etwas geliehen, weil ich meine Umsatzsteuer nicht zahlen konnte !!!!! Um überhaupt zu überleben!!! Und wenn man das auf die Theater abwälzt, was natürlich viele Regisseure versuchen werden, dann bedeutet das nur wieder für die Theater eine Minderung der vorhandenen Subventionen, also ist diese Umsatzsteuer eine indirekte Subventionskürzung des Staates. Wie perfide, sich selbst die Diäten zu erhöhen und die Künstler auszunehmen - und ich rede nicht von den paar reichen, gut verdienenden Opernregisseuren und reisenden Regiestars - sondern von den freien "Feld-Wald und Wiesenregisseuren" der kleineren Theater...
@Rainer : Die Kulturausgaben steigen (auf Bundesebene und in den meisten Ländern) Jahr für Jahr. Die nun anstehende Diätenerhöhung ist die erste seit vielen Jahren und orientiert sich an den Steigerungen im öffentlichen Dienst. Aber wenn du das Klischee des armen Künstlers und raffgierigen Politikers pflegen willst nur zu. Die Akzeptanz für Kulturförderungen wird bei denen die durch ihre Arbeit erst staatliche Unterstützung ermöglichen keinesfalls steigern.
Ich möchte von Ihnen nicht geduzt werden. Man sucht sich einen Beruf am Theater normalerweise nicht aus, das ist eine Beruf-ung. Vielleicht nicht bei Ihnen. Aber ich kenne viele Menschen, die einfach zum Theater MUSSTEN!!! Künstler werden vom Staat gefördert, indem sie keine Umsatzsteuer bezahlen muessen. Ausübende Künstler auf der Bühne. Aber Regisseur sind auch - indirekt- ausübende Künstler und keine Verwaltungsdirektoren hinterm Schreibtisch. Künstler betreiben kein Geschäft, sie erwirtschaften nichts, die drücken etwas oft sehr Relevantes für die Gesellschaft aus. Oft auch ohne Geld. Aber die Mieten wird nicht vom Staat übernommen. Meistens verdienen Künstler sowieso sehr wenig. Dies ist kein Klischee, sondern die Realität. Ich lann Ihnen da gerne mit Zahlen dienen. Oft durch die mangelnden Subventionen und Ressourcen der Theater oder Spielorte, Veranstalter. Die wenigstens künstler (außer vielleicht klassische Busiker oder ein paar welt-berühmte Bands..), die ich kenne, verdienen genug, im Verhältnis zu ihrer tagtäglichen Arbeit,um über die Runden zu komme. die meisten haben entweder einen Zweitjob- Unterrichten, Kochen, Kellnern,,- oder einen normalverdienenden Ehepartner oder hatten geerbt oder leben zusätzlich von Hartz vier. Das ist die Realität. Ein freier Regisseur kann mit ein, zwei Produktionen im Jahr kaum über die Runden kommen. Und es gibt immer weniger Jobs, weil die Theater immer weniger Produktionen machen können aufgrund fehlender Gelder..es ist ein teuflischer Kreislauf.
Ich finde ihre Worte arrogant, hochnäsig und vorallem sehr sehr unwissend, was die Realität der künstlerischen, freien Arbeit betrifft.
In Anbetracht der Tatsache, daß sich verzweifelte Künstler aus meiner Umgebung (ich kann einfach mindestens vier Namen aus der VErgangenheit nennen, die ich persönlich kannte) umgebracht hatten, wiel sie finanziell kein Land mehr für sich sahen...wie geschrieben, sind Ihre Worte, wenn ich an meine ehemaligen Kollegen denke, sehr sehr traurig und zynisch.
Und bitte siezen sie mich nie wieder.Zum glück kennen wir uns serh wahrscheinlich nicht, denn Sie bewegen sic garantiert in anderen, gut abgesicherten und betuchten Kreisen . Wie schön für Sie...
Es gibt aber eine wichtige Ausnahme: Wenn ich mich einmal freiwillig entscheide, bei meiner Rechnungslegung Umsatzsteuer zu erheben, dann gilt das für die nächsten 5 Jahre dauerhaft. Das sollte man sich also gut überlegen, denn da kommt man dann in der Tat nicht gut wieder raus.
D.L.
:-)
das Gegenteil ist auch wahr..ich meinte wahrscheinlich: eine Ansprache ist keine Ansprache ist eine Ansprache....jedenfalls bin ich froh, daß wir hier unter uns so schön anonym sind..nicht wahr?? :-)
Sie sollten sich vielleicht mal in einen Germanistikkurs einschreiben. Danach eventuell eine Hospitanz für lau am nächstgelegenen Theater. Ich fabriziere vielleicht Tipp- und Flüchtigkeitsfehler, aber Grundkenntnisse in Rechtschreibung gehören zum Glück zu unserem Be-RUF..einen wunderschön entspannten Abend noch.
Regisseure verlangen keine steuerliche "Besserstellung" gegenüber anderen freiberuflichen Berufsgruppen wie z.B. Künstlern, Autoren, freien Journalisten, Schauspielern usw., welche mit 7% besteuert werden, sondern eine "Gleichbehandlung".
es geht hier darum gesetzliche KLARHEIT zu schaffen, und da ist der gestzgeber gefragt. das ein neues eindeutiges gesetz die judikative untergraben würde, kann ich als demokrat nicht nachvollziehen. im gegenteil.
DIe rechtslage ist WIEDERSPRÜCHLICH:
siehe artikel oben:
"Vergangene Urteile deutscher Gerichte und des Europäischen Gerichtshofes widersprechen dem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofesaus"
aus dem uhrheber gesetz (dank an Frank-Patrick Steckel):
Abschn. 12.7 Abs. 19 des UStAE: „Außer den Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst sind auch die Darbietungen ausübender Künstler urheberrechtlich geschützt... Zu den ausübenden Künstlern zählen insbesondere Schauspieler, Sänger, (…) Regisseure und Spielleiter (…).“
http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=6169:umsatzsteuer-fuer-selbsstaendige-kuenstler-ein-urteil-des-bundesfinanzhofes-bringt-regisseure-und-theater-in-not&catid=101&Itemid=84