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Intendant Manuel Soubeyrand verstorben
28. Dezember 2022. Manuel Soubeyrand, bis Ende der Spielzeit 2021/22 Intendant der Neuen Bühne Senftenberg, ist tot. Das hat seine Familie mitgeteilt. Erst im Sommer war Soubeyrand mit der Familie nach Essen umgezogen, wo seine Frau Anita Iselin eine Professur an der Folkwang Universität und Soubeyrand eine Gastprofessur angetreten hatte.
Am 23. August 1957 in Köln geboren, zog Manuel Soubeyrand 1958 mit seiner Mutter, der Regisseurin und Choreografin Brigitte Soubeyran, aus der Bundesrepublik in die DDR. Soubeyrands Vater war der französische Pantomime Jean Soubeyran. Die Eltern hatten sich wenige Monate nach seiner Geburt getrennt. In der DDR lebte Brigitte Soubeyran, damals eine enge Mitarbeiterin Benno Bessons am Deutschen Theater, mit dem Lyriker und Liedermacher Wolf Biermann zusammen, der Manuel Soubeyrands Ziehvater war.
Nach einem Fachabitur und einer Ausbildung als Melker arbeitete Soubeyrand als Bühnentechniker an der Berliner Volksbühne. Von 1979 bis 1982 studierte er Schauspiel an der Staatlichen Schauspielschule, der heutigen HfS "Ernst Busch". Direkt von der Schauspielschule engagierte ihn Manfred Wekwerth ans von ihm geleitete Berliner Ensemble, dem Soubeyrand bis 1993 angehörte - und als Gast auch darüber hinaus verbunden blieb - etwa als Spieler in den berühmten Inszenierungen von Einar Schleef der 1990er Jahre, "Wessis in Weimar" zum Beispiel.
1993 hatte Soubeyrand auch selbst zu inszenieren begonnen. Über siebzig Inszenierungen sind im Laufe seines Lebens entstanden. 2000 wurde Soubeyrand Schauspieldirektor und Chefregisseur am Theater Chemnitz, 2003 Intendant der Würtembergischen Landesbühne in Esslingen. Ab 2014 war er Intendant der Neuen Bühne Senftenberg, die er zur Landesbühne mit mehreren Spielorten in Brandenburg umbaute.
Seinen Glauben an das politische "Botschaftstheater", das die Welt verändern könne, habe er längst verloren, hat Soubeyrand im Juni 2022 in einem Gespräch mit André Mumot im Deutschlandfunk zu seinem Abschied als Senftenberger Intendant gesagt. Mit der wirklichen, blutigen Realität könne das Theater gar nicht mithalten. Man könne nur versuchen, den Leuten die Angst zu nehmen.
Am 27. Dezember ist Manuel Soubeyrand in einer Reha-Klinik in Bad Oeynhausen an den Spätfolgen einer Coronaerkrankung gestorben.
(sle)
Ergänzung 29. Dezember 2022: In einer Pressemitteilung zeigt sich Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle betroffen: "Manuel Soubeyrand hat die neue Bühne Senftenberg entscheidend geprägt, er hat sie mit attraktiven Kulturangeboten, zahlreichen Gastspielen als Landesbühne Süd – übrigens seine Idee – und engagierten Kinder- und Jugendprojekten weit über die Grenzen der Lausitz bekannt gemacht, hat sie zum wichtigen Impulsgeber bei der erfolgreichen Gestaltung des Strukturwandels gemacht. Manuel Soubeyrand war aber weit mehr als nur ein großartiger Theatermann: Als wir uns während der Corona-Pandemie auf den Brandenburger Weg verständigten, um solidarisch weiterhin Kultur zu ermöglichen, war Manuel Soubeyrand als einer der ersten mit dabei. Als Russland seinen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begann, war es wiederum Manuel Soubeyrand, der mit seinem Team sehr schnell großartige Hilfsaktionen für die Ukraine auf die Beine stellte – etwa mit dem deutsch-ukrainischen Theaterprojekt ‘Borderlands‘ und Benefizveranstaltungen für ukrainische Künstlerinnen und Künstler. Manuel Soubeyrand war ein sensibler Seismograph gesellschaftlicher Entwicklungen, außerordentlich kluger und kreativer Kopf, bestens vernetzter Stratege und leidenschaftlicher Herzensmensch. (...) “
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Vom 17. Februar 2023, 19:30 Uhr bis 18. Februar 2023 19:30 Uhr zeigen wir in der Reihe "Der Historische Stream: Aus dem DDR-Theater" Christoph Schroth Inszenierung "Blaue Pferde auf rotem Gras". Der junge Manuel Soubeyrand spielt hier - 1980 noch als Schauspielstudent - am Berliner Ensemble einen Komsomolzenführer. Das Stück des sowjetischen Dramatikers Michail Schatrow ist im Jahr 1920 in der Sowjetunion angesiedelt. Im Zentrum steht der bereits todkranke Revolutionsheld Lenin, dem sein Arzt Ruhe empfiehlt. Doch es soll ein Komsomolzen-Kongress stattfinden, und die jungen Leute bestehen auf Lenins Anwesenheit. Denn sie haben Fragen, an Lenin und die Ideale der Russischen Revolution.
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