Sonst rennen wir ins Unglück

26. März 2009. Weil seinem Haus Sondersubventionen aus Lottomitteln in Höhe von € 1,5 Millionen gestrichen werden sollen, hat Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, in einem Interview mit dem Berliner Boulevardblatt B.Z. seinen Rücktritt angedroht. Die Berliner Kulturverwaltung hatte die Kürzung mit den für ein subventioniertes Haus unzulässig hohen Gewinnen des Theaters begründet.

Zu den vertraglich zugesicherten € 10,6 Millionen Grundsubventionen, sei stets noch ein Betrag von etwa € 2 Millionen aus Sondermitteln hinzugekommen. Diese Summe sei in den letzten Jahren immer weiter heruntergefahren worden, erklärte Laura Diehl, Pressesprecherin des Berliner Ensembles im Gespräch mit nachtkritik.de.

In der B.Z. kritisierte Peymann die Berliner Subventionspolitik als verfehlt. Der Tüchtige werde bestraft, das Berliner Ensemble nun gezwungen, für Krisenfälle gebildete Rücklagen auszugeben. "1,5 Mio. sind im vergangenen Jahr schon drauf gegangen. Im Dezember sind wir auf Null. Dann beginnt die Katastrophe." Obwohl sein Haus das erfolgreichste Theater der Stadt sei, erhalte es die geringsten Subventionen.

Eine BE-Karte koste den Steuerzahler € 62 Subventionen. Für die Volksbühne zahle er schon € 136, für das Deutsche Theater € 155 und für die Schaubühne sogar € 172. "Wir haben 81% Auslastung, 178 000 Zuschauer im Jahr. Und das sind nur die verkauften Karten ohne Gastspiele, Pressekarten und Karten für die Feuerwehr. Sonst sind es sogar 243 000 Karten", sagte Peymann der B.Z. Damit liege das BE noch vor der Komischen Oper, die zwar 500 Plätze mehr habe, dafür aber nur 172 000 Besucher. "Von der Schaubühne reden wir gar nicht. Das ist ja eine Kellerbühne mit ihren 80 000 Besuchern. Wir haben so viele Zuschauer wie Schaubühne und Volksbühne zusammen. Und die bekommen das Vierfache an Geld."

Er habe bisher das Maul gehalten und gebe jetzt Alarm, "sonst rennen wir ins Unglück. Wenn es mir an den Kragen geht, muss das jetzt geklärt werden, und wenn es mich selbst den Kragen kostet", legte Peymann in einem Interview mit dpa am Mittag noch einmal nach, das die in Koblenz erscheinende Rhein-Zeitung zitiert. "Entweder kriegen die Kollegen zu viel Geld oder sie haben zu wenig Besucher oder sie wirtschaften schlecht." Er sei "ein ehrbarer Kaufmann und Theaterdirektor mit Mitarbeitern, die bis an die Grenze der eigenen Ausbeutung für das Theater schuften."

Er stehe für richtig großes Schauspiel mit richtig großen Geschichten. "Meinetwegen stehe ich auch für konservatives Theater, das in fünf Jahren auch wieder Avantgarde sein wird. Die Sinnsuche am Theater kehrt zurück, die Menschen haben Angst vor der Zukunft und suchen Antworten. Das ist auch eine gute Zeit für das Theater. Wenn ich gehen sollte, dann will ich im Triumph das BE verlassen, und die Berliner sollen sich noch in 20 Jahren weinend an mich erinnern."

(sle/rz-online/B.Z.)

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Kommentare  
Peymann droht: drauf ankommen lassen
die gelegenheit peymann loszuwerden sollte sich der berliner senat nicht entgehen lassen.könnte die letzte chance sein bevor er sich selber seinen vertrag bis ans lebensende verlängert. ich würde es gerne drauf ankommen lassen ob sich irgendjemand in 20 jahren überhaupt an diese trübe episode erinnert.
Peymann droht: totalitärer ästhetischer Anspruch
Ja, so seid Ihr, Fundamentalisten irgendwelcher Kunstreligionen. Wer hier Eurem totalitären ästhetischen Anspruch nicht gerecht wird, kommt an die Wand. Dabei sollte man Leute wie Euch mit Castorf-Inszenierungen nicht unter sechs Stunden bestrafen.
Peymann droht: richtig am falschen Ort
Ich bin beileibe kein Peymann-Fan, aber ich denke, er sollte am BE bleiben. Er ist dort zwar am falschen Haus (denn er gehört eigentlich ans Schiller-Theater, aber das ist ja zu), aber er hat am BE eine Bildungsbürger-Schonkost etabliert, die halt irgendwo angeboten werden muss. So wie es ja auch die gutbürgerliche Küche noch gibt.
Peymann droht: Rest demokratischer Kontrolle
ich weiss zwar nicht wer "leute wie euch sein soll" aber klingt echt hart. ich gehöre aber nicht zu den castorfianern. habe mir nur erlaubt darauf hinzuweisen, dass ein intendant der sich selbst den vertrag verlängern darf nicht kündbar ist. ich finde eine institution die von steuermitteln lebt sollte wenigstens einen rest demokratischer kontrolle haben. im übrigen ....
Peymann droht: wer sich über andere erhebt
Hier gehts nicht um Fundamentalismus. Von mir aus soll auch das BE alle Subventionen der Welt bekommen. Aber wenn Herr Peymann seinen kulturellen Erfolg in Zusammenarbeit mit der B.Z. (!!) an Zuschauerzahlen festmacht und sich über die anderen Theater in Berlin erhebt, dann verdient er den Sturm, den er gesäht hat. Vielleicht sollte er auch mal wieder Theaterkritiken lesen oder zu was auch immer. Und wer auf die B.Z.-Seite geht findet weitere Meisterwerke wie diese: Frage: 'Was wollten Sie mit dem Gewinn machen?' Peymann: Vorstellungen wie den "Wallenstein" finanzieren. Das ist die Creme der Berliner Theaterszene. Wir sind das Glanzlicht des Berliner Kulturlebens. Nach Häusern wie dem Gorki-Theater kräht doch kein Hahn.' Wer diesen Quatsch so eitel in den Boulevard posaunt, hat ganz aufrichtig meine Abneigung verdient.
Peymann droht: eben doch Totalitarismus
Worum geht es sonst, wenn nicht um Fundamentalisten? Angela Merkel redet auch mit der BZ und niemand fordert deswegen ihren Rücktritt. Bloß die Bildungsbürger mit ihren, vom Naserümpfen schon ganz faltigene Riechorganen, die schreien. Warum soll Herr Peymann Kritiken lesen? Es genügt schon, bei den Premieren in die feindseligen Gesichter im Kritikerblock zu blicken. Da weiß man, was kommt. Da muß man keine Kritiken mehr lesen. Die Theaterkritiker heutzutage sind Lobbyisten verschiedener Regiestile, keine Kritiker mehr. Denen fehlt Begeisterungsfähigkeit und Lust am Beruf. Was diese Camarilla schreibt, interessiert deshalb kein Schwein. Denn wie kommt es, daß so viele Leute ins BE gehen, obwohl das Haus in den Kritiken konstant verrissen wird? Sollten die alle auch erst mal die Kritiken lesen, oder sich lieber auf ihre eigene Urteilskraft verlassen? Oder lesen die alle bloß BZ? So einfach kann es ja wohl nicht sein. Das muss eben doch mit dem Totalitarismus zusammenhängen, der sich in diesem Land noch in den ästhetischen Debatten erhalten hat, das früher Leute gerne ins KZ oder den Gulag schickte, die die Gebote der Ästhetik übertraten, und sei es bloß deshalb, um irgendwelche Zuschauer glücklich zu machen. Glück in der Kultur ist dem Bildungsbürger ein Graus. Schließlich heißt das ja Theaterarbeit, die sich auch der Zuschauer bloß im Gedankenschweiße seines Angesichts verdienen kann. Wie arm ist das denn!
Peymann droht: Mausoleum für ehemalige Theaterleute
Ja, aber was das BE seit Jahren fabriziert ist doch einfach langweilig und uninteressant. Da kann man doch nicht vom "richtig großen Schauspiel" reden. BZ, Fundemantalismus, Castorf gut oder schlecht... das ist da einfach mal egal. Im BE agieren einfach Schauspieler in der Hülle klassischer Text-Korsette mit Schultheater-Gesten. Seit Jahren. Es gibt in Berlin wirklich spannendere künstlerische Ansätze, die man ökonomosch ein wenig anfeuern sollte. Am BE ist einfach keiner. Nix. Rien. Warum so viel Gerede über die Kritiker? Für einen interessanten Kritik-Text bedarf es wenigstens ein wenig Inspiration... Aber da ist wirklich nichts zu finden, seit Jahren gähnende Einfallslosigkeit. Wenn man keine Nachfolgeidee hat, bitte macht das BE dicht, oder ein Mausoleum für ehemals große Theater-Leute draus, die auf dem Dorotheenfriedhof nicht mehr unterkommen.
Peymann droht: Genau! Weinen werden wir.
peymann hat ja recht. an seine intendanz werden wir uns wirklich noch in 20 jahren weinend erinnern.
Peymann droht: ruhig dem eigenen Urteil vertrauen
Die anderen sind die totalitäre Camarilla und stellen allfällige Abweichler in Fragen der Theater-Ästhetik vor die Wand. Und der Bildungsbürger versteht nichts vom Glück. Oje. Das ist ja genauso schlicht wie das Bild des Theaterkritikers als solchem, der heutzutage nicht die nötige Begeisterungsfähigkeit mitbringt, um Herrn Peymann auch mal eine nette Besprechung zuteil werden zu lassen. Aber eines ist schon richtig: Man sollte ruhig dem eigenen Urteil vertrauen. Eben deshalb verzichte ich seit dem in jeder Hinsicht einschließlich Publikumsgespräch peinlichen "Nathan" auch auf weitere Besuche im BE - glücklich und ganz ohne Hinweis aus dem Feuilleton. Hoffentlich komme ich dafür nicht vor die Wand.
Peymann droht: Ausfälle gegen Gorki Theater sind infam
@ Buhmann Nr. 6. Sich in der B.Z. zu äußern, ist kein Problem. Aber was man da sagt, sollte schon durchdacht sein. Die Ausfälle gegen das Gorki sind infam. Da gab es gerade gestern mit "Kaspar Häuser Meer" ein Stück, das wirklich die Probleme unserer Zeit anpackt. Solche ästhetisch wie inhaltlich zeitgenössische und herausfordernde Kunst verdient ihre Subventionen. Startheater mit Brandauer verkauft sich auch ohne Geld von der öffentlichen Hand.
Peymann droht: welcher Hahn sollte danach krähen?
Wieso, da hat Peymann doch recht: dieses ganze selbstgebastelte Theater im Gorki, wo der Regisseur immer schon in der nächsten Stadt inszeniert, bevor er eine Sache überhaupt fertiggestellt hat, welcher Hahn sollte danach krähen? "Kaspar Häuser Meer" hat er aus Freiburg eingekauft. Da kam der Abend raus und kriegte schon letztes Jahr in Mülheim einen Preis. Sichere Sache, dieser Zukauf zum Sortiment Experimentesupermarkt des schlampigen Vielinszenierers Armin P. Man kann ja die Stein/Brandauer-Produktionen altmodisch finden - schlampig sind sie auf keinen Fall, sondern höchst raffiniert gearbeitet. Solche Sandkastenregisseure wie Petras werden da ihr Leben lang nicht heranreichen.
Peymann droht: eitle Knattermimen
stein hat sicher rafinesse.aber was plumperes und unintelligenteres als peymans heilige johanna der schlachthöfe ist schwer vorstellbar.wie aktuell das ist sieht man ja gerade.peymann hat die unerhörte fähigkeit beim zuschauer das gefühl auszulösen das dieses stück mit uns und unseren problemen wirklich gar nichts mehr zu tun hat.das liegt natürlich auch an solch eitlen knattermimen wie dem berühmten herrn karge.
Peymann droht: Was war am BE denn relevant?
@ Buhmann Nr. 11. Da sieht man, wie am BE derzeit gedacht wird. "Kaspar Häuser Meer" hat einen Preis gewonnen, da muss es ja eine sichere Nummer sein. Um inhaltliche Angebote geht es nicht, die spielen gar keine Rolle. Dabei ist es nun einmal Fakt: das Stück ist jetzt am Gorki zu sehen und stellt sich dort zur Diskussion. Wann haben Sie das letzte relevante Gastspiel am BE erlebt?
Peymann droht: mehr Zuschauer
"tanz der vampire", "starlight express" oder "mamma mia" haben sicherlich auch mehr zuschauer als etwa das gorki, herr peymann...
Peymann droht: wie damals in der Theater-AG
ich war zuletzt im BE zu "andorra", das war schon was dolles! tolle kostüme, tolle bühne, tolle schauspieler, sah alles aus wie bei uns damals in der schulischen theater-ag. ist auch schon 'ne ganze weile her, mein besuch .. so 20 jahre etwa, sah jedenfalls so aus. die eintrittskarte sagt aber irgendwas von anfang 2008 ... muss mir wohl chronos, der vollgekiffte randaleheini, mal wieder einen streich gespielt haben.

was herr "ich bin eigentlich gott"-peymann da loslässt, gehört verboten. subventionen streichen, weil das haus zu viel gewinn macht? ja, aber hallo! und da muss das arme, arme BE jetzt sein in den letzten jahren hart zusammengespartes krisenkapital anzapfen, um mal wieder fesche neue tischdekchen für die kantine zu kaufen? schande, oh schande! schäm dich, berlin, schäm dich.
Peymann droht: willkommen im Club der alten Männer, Armin
unser armin am gorki ist eben der aufsteiger, der peymann als junger mann auch einmal war, nur geschickter, willkommen im club der alten männer. -oder ?
Peymann droht: Petras' kalkulierte Popsuppe
ich find was der peymann jetzt macht echt zum gähnen,aber die sachen die er vor seiner be zeit gemacht hat waren wirklich wesentlich intelligenter als die popsuppe von armin petras.ist geschickt sein wirklich ein mass für gutes oder interessantes theater.weil ausser clever kalkuliert ist doch bei petras inhaltlich nichts zu erkennen.
Peymann droht: Reinhardt-Bühnen am Kudamm retten
... vielleicht könnte ja könig claus die reinhardt-bühnen am kurfürstendamm retten - und dann übernehmen? das wär' doch sein ort! und das BE könnte sich wieder um ernsthafte dinge kümmern ...
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