Der Theaterkritiker Martin Linzer ist gestorben

Berlin, 15. Dezember 2014. Der Theaterkritiker Martin Linzer ist am 13. Dezember 2014 im Alter von 83 Jahren in Berlin gestorben. Linzer, geboren am 8. September 1931 in Berlin, studierte von 1950 bis 1954 an der Humboldt Universität Theaterwissenschaft und wurde danach Redakteur für die Fachzeitschrift Theater der Zeit. Von 1963 bis 1967 war er Dramaturg am Deutschen Theater Berlin und arbeitete hier u.a. mit Benno Besson, Wolfgang Heinz, Horst Sagert und Adolf Dresen zusammen. Anschließend kehrte er zu Theater der Zeit zurück und war von 1991 bis 1999 Chefredakteur der Zeitschrift; bis zuletzt blieb er ihr als Autor verbunden.

Martin Linzer war einer der besten Kenner des DDR- und Gegenwartstheaters. Mit großer Neugierde und Wachheit hat er über Jahrzehnte das Bühnengeschehen begleitet, immer frei von Zynismus und Häme, stets mit genauem, dramaturgischem Blick.

Heiner Müller schrieb 1991 über ihn: "Ich möchte nur sagen: Martin Linzer geht seinen Beruf als Theaterkritiker seit Jahrhunderten nach. (...) Er ist einer der seltenen Kritiker in der DDR, der nie mehr als notwendig gelogen hat, um die Wahrheit zu sagen."

Unter dem Titel "Ich war immer ein Opportunist..." sind im Verlag Theater der Zeit 2001 zwölf von Nikolaus Merck geführte "Gespräche über Theater und das Leben in der DDR, über geliebte und ungeliebte Zeitgenossen" als Buch erschienen.

(Theater der Zeit / dip)

 

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Kommentare  
Martin Linzer: Verlust
welch großer Verlust für die Theater. Martin Linzer konnte so genau gucken und beschreiben, dass er eine gigantische Lücke hinterlässt. Auch die sogenannte Provinz hat er bis zu letzt besucht und kritisch, aber auch immer mit Herz analysiert. Er wird ganz sehr fehlen. Danke.
Martin Linzer: er liebte das Theater
Es war schön, seine Artikel zu lesen, ich hatte das Gefühl, er liebt das Theater. Vielen Dank dafür und Good Bye!
Martin Linzer: letzter Gruß
Meinem lieben Linzer einen letzten Gruß. Ich hab seinen schrägen Nachdenkblick vor Augen und sein Kichern im Ohr. Und seine Fragen, die einen, sehr freundlich und wie nebenbei gestellt, in tiefste Unsicherheit stürzen konnten. Er bleibt mein Vorbild.
Martin Linzer: noch eine Flasche Rotwein
Ach, lieber Martin Linzer, was machen Sie denn? Wissen Sie überhaupt, wie sehr Sie uns fehlen werden? Ich vermisse ihn jetzt schon, den vertrauten Anblick der Kappe über dem weißen Bart, dazwischen zwei Augen, die so aufmerksam zu schauen wussten, so listig und oft auch sehr vergnügt. Sie waren einer der neugierigsten Menschen, die ich im Umkreis des Theaters kennenlernen durfte. Und manches Mal haben Sie mich beschämt, indem Sie über Aufführungen, die ich schnell zu verdammen bereit war, eine milde Gerechtigkeit walten ließen oder Bezüge in ihnen hervorkehrten, die mir entgangen waren. Doch so freundlich Ihr Blick auf das Theater auch war: Nie haben Sie die Maßstäbe fahren lassen. Ehe Sie aber laut und böse lästerten, schwiegen Sie und lächelten vielsagend.

Nie werde ich vergessen, wie wir uns 2006 bei einer Potsdamer Premiere des "Nathan" trafen und ich Sie fragte, der wievielte "Nathan" das denn nun für Sie gewesen sei. Das wüssten Sie nicht, am eindrücklichsten aber sei der 1945 im Deutschen Theater gewesen (es war zugleich Ihr erster Theaterbesuch). Das hat mich damals schier aus den Latschen gehauen - ein Theatergedächtnis, das aus eigener Anschauung vergleichend auf das Jahr 1945 zurückgreifen konnte. Und dieses Gedächtnis soll nun gelöscht sein? Das will ich nicht glauben.

Lieber Martin Linzer, Sie wissen es, ich schulde Ihnen noch eine Flasche Rotwein - ich hoffe, dass ich sie bei unserem nächsten Treffen, wo immer das sein wird, dabeihaben werde.

Ich denke an Sie und grüße Sie!
Martin Linzer: Dank der Bettelautoren
Werter Herr Linzer, auch im Namen der (ehemaligen) Bettelautoren möchten wir Ihnen einen letzten Gruß senden. Diesmal nicht per Brief, sondern hier. Es war uns eine Ehre, dass Sie bei den 1.DramaTischTagen im kleinen Orphtheater mit uns an der Theke standen. Viel gesagt, haben Sie nicht, aber die wissenden und auch freundlichen Augen, die Herr Behrens beschreibt, durften wir kennen lernen. Danke für ihr immer dagewesendes Interesse und für Ihre Fragen. Wir bleiben im Gespräch!
Martin Linzer: danke!
Sie werden fehlen, lieber Martin Linzer. Ich hatte die grosse Ehre, von Ihnen gesehen zu werden. Sie haben "Grete" damals vor 10 Jahren am Theater unterm Dach gesehen und für den Friedrich Luft Preis nominiert. Ich denke ohne Sie hätten wir unser Jubiläum dieses Jahr so nicht feiern können. Aber auch, als wir später Kollegen in der Jury des selben Preises waren, mochte ich Ihnen immer gerne zuhören, wenn sie von Theater gesprochen haben,immer ohne Dünkel, immer voller Leidenschaft und Neugierde, immer mit Herz.
Danke für Ihren Blick, Ihren Humor, ich bin froh, Sie gekannt zu haben und sehr traurig Sie nicht mehr im Publikum zu wissen. DANKE für alles!
Martin Linzer: Plätze in Theatergeschichten
Das ist ein sehr großer Verlust und ich gehöre zu den vielen, die jetzt traurig sind. Zuletzt haben wir uns getroffen, wenn auch leider nur virtuell, als wir 2009 gemeinsam mit Christoph Schroth und vielen anderen ein Gedenk- und Arbeitsbuch für Alfred Matusche anläßlich seines 100. Geburtstages gemacht haben. In der DDR haben wir zu der nicht umfänglichen Gemeinde dieses großen Dichters gehört. Linzer wie Matusche haben ihren Platz in der Theatergeschichte der DDR und werden ihn in der künftigen gesamtdeutschen Theatergeschichte behaupten - hoffen wir's!
Martin Linzer: von Linzer lernen
Martin Linzer war einer, der sein Handwerk als Kritiker beherrscht hat und mit einer großen Liebe zum Theater geschrieben hat. Es wäre wünschenswert, dass viele aus der jüngeren Kritikerschar, denen das eigene Ego oft wichtiger ist, als die Inszenierung, über die sie schreiben, von ihm lernen mögen. Einfach mal ein paar alte Kritiken von Linzer lesen und schauen, wie man genaue Beschreibung des auf der Bühne Gesehenen, Rezeptionsgeschichte des Stückes und Meinung zur Inszenierung unter einen Hut bekommt. DANKE für diesen warmherzigen und trotzdem kritischen Blick auf das Theater, Martin Linzer.
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