Zentralisierung der Kulturförderung in Ungarn
"Wohlergehen und Gedeihen der Nation"
6. Dezember 2019. In Ungarn sollen Intendant*innen staatlich geförderter Theater künftig vom Minister für Humanressourcen ernannt werden. Das geht aus einem Gesetzesentwurf der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán hervor, aus dem heute unter anderem Die Presse zitiert.
Demzufolge strebt die Regierung nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen eine weitere Zentralisierung der Kulturförderung an. An die Kulturschaffenden werde die "grundlegende Erwartung" gestellt, die "Interessen des Erhalts, des Wohlergehens und des Gedeihens der Nation aktiv [zu] schützen", heißt es dem Artikel zufolge. Bislang war die Ernennung neuer Intendant*innen in Ungarn Sache der Kommunen. Nun sollen Fachkuratorien, die direkt "beim zuständigen Minister angesiedelt sind", diese Aufgabe übernehmen.
Der Gesetzesentwurf soll in der kommenden Woche vom ungarischen Parlament verabschiedet werden.
Gegen den Gesetzesentwurf wurde eine Online-Petition gestartet, die bereits über 16.000 Unterzeichner*innen fand (Stand: 7.12.2019, 10:24 Uhr)
(Die Presse / jeb / chr)
Update vom 10. Dezember 2019: Wie aus einer Mail hervorgeht, die das ungarische Förderzentrum für Künstler*innen SÍN Arts Centre an Kulturschaffende europaweit versendet, sieht das geplante Gesetz eine Neuordnung der gesamten Kulturförderung in Ungarn vor. Die Förderung für die unabhängigen Produzent*innen Darstellender Kunst – Produktionshäuser, Tanzkompanien, Theaterkollektive u.a. – solle gekürzt und der Nationale Kulturförderfonds (NKA - Nemzeti Kulturális Alap) reorganisiert werden.
Diese Änderungen, zusammen mit dem im Ministerium für Humanressourcen angesiedelten Berufungsrecht für Intendanzen, seien eine plötzliche, letale, unvorbereitete und undiskutierte strukturelle Änderung für die Darstellenden Künste in Ungarn, heißt es in der englischsprachigen Mail, die nachtkritik.de vorliegt. Werde das Gesetz wie vorgesehen im Parlament am morgigen Mittwoch verabschiedet, träten die Änderungen bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft. In Budapest demonstrierten gestern Tausende gegen den durchgesickerten Gesetzesentwurf der Regierung Orbán, wie Der Standard berichtet.
(SÍN Arts Centre / Der Standard / eph)
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Gestern Abend gingen in Budapest, laut Keystone-sda, Tausende im Protest auf die Straße:
https://www.luzernerzeitung.ch/newsticker/international/tausende-ungarn-demonstrieren-gegen-geplantes-kulturgesetz-ld.1176451
Zitat: "Kritiker werfen der Regierung vor, mit dem Gesetzesvorhaben in die Freiheit der Kunst eingreifen zu wollen. Theatermacher verglichen die geplanten Massnahmen mit der Zensur während des Kommunismus. «Nach 30 Jahren Demokratie hätte ich nicht gedacht, dass ich mich je wieder so fühlen würde wie damals», schrieb die Schauspielerin Judit Pogany, die seit den 60er Jahren auf der Bühne steht, im Internet."