Siegfried. Ein Monolog - Bayreuther Festspiele

Ein Leben als Sohn

von Christian Muggenthaler

Bayreuth, 13. August 2019. Ach ja, die Geschichte kann ein ganz schöner Dreckhaufen sein. Sowohl die einer ganzen Nation als auch die ganz persönliche. In der Bayreuther Uraufführung des Monologs "Siegfried" von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel wandelt Siegfried Wagner, dessen Leben da ausgeleuchtet werden soll, auf einem Geviert aus Erde herum, wankt und stolziert im eigenen Grab, während oben kreisrund der Heiligenschein alles Wagnerianischen leuchtet, des großen Vaters Richard und der "Cosimamma", wie es im Text anmutig heißt. Diese Bühne (Ausstattung: Ramallah Sara Aubrecht) in einem alten, aufgelassenen Kino wird ansonsten nur noch geprägt von weißen Tüchern, einem Sessel, viel Wasser und der spröden Betonverschalung des Bühnenraums hinter der einstigen Leinwand: das Leben, ein Film?

Götterdämmerung – Teil vier von Frank Castorfs denkwürdigem Bayreuther Ring des Nibelungen

Die Erlösung des Bösen

von Wolfgang Behrens

Bayreuth, 31. Juli 2013. Das hat es wohl so noch nicht gegeben, nicht in Bayreuth, und auch kaum irgendwo anders: einen Regisseur, der beim Schlussapplaus – der in seinem Fall eigentlich keiner ist, sondern eher eine kapitale Missfallenskundgebung – dem Volkszorn schlicht nicht weichen will. Als Frank Castorf nach der "Götterdämmerung" zuerst für einen Moment allein und dann mit seinem gesamten Regieteam vor den Vorhang tritt, prasseln, so wie es zu erwarten stand, heftigste Buhs und sogar Pfiffe aus Trillerpfeifen auf ihn ein. Castorf beginnt zu gestikulieren, zunächst scheint er beschwichtigen zu wollen, dann deutet er ins Publikum und darauf mit beiden Zeigefingern an seine Stirn. Zeigt er dem Publikum den Vogel? Oder will er nur auf etwas in seinem Kopf hinweisen? Kurz könnte man meinen, er wolle sogar etwas sagen. Die Zuschauer schäumen vor Wut.

Siegfried - Teil drei von Frank Castorfs Ring des Nibelungen in Bayreuth

Siegfried ist gekommen

von Wolfgang Behrens

Bayreuth, 29. Juli 2013. "Es liegt mir daran, nicht nur anzuregen, sondern mich auch vollkommen verständlich zu machen", schrieb Richard Wagner im Vorwort zu "Oper und Drama". Es ist dies ein Satz, den Frank Castorf für sich wohl schwerlich so unterschreiben würde. Der Volksbühnen-Intendant hat bei der Pressekonferenz am Eröffnungstag der Bayreuther Festspiele sein Misstrauen gegenüber geschlossenen Konzeptionen mit "ein-eindeutigen Zuordnungen" der Bedeutung (warum eigentlich ein-eindeutig? reicht eindeutig nicht aus?) zum Ausdruck gebracht und von seiner neuen "Ring"-Inszenierung als einem "Assoziationstheater" mit "Sternschnuppen-Zitaten" gesprochen.