Presseschau vom 15. Juli 2017 - Im Gespräch mit Barbara Mundel bilanziert die Badische Zeitung die Intendanz Mundel
Welches Theater braucht die Stadt?
15. Juli 2017. Eine Bilanz der Ära Barbara Mundel, die am Theater Freiburg elf Jahre währte, versucht die Badische Zeitung. Alexander Dick und Bettina Schulte führen ein Gespräch mit der Intendantin, deren Namen für das Residenztheater in München im Gespräch sei. Wir geben Streiflichter.
Frauen am Theater
Mundel, damals Chefdramaturgin bei Frank Baumbauer an den Münchner Kammerspielen, sei mit knapper Mehrheit seinerzeit gewählt worden, "nach einer vorausgegangenen turbulenten Kandidatenkür". Mundel werde als "Ermöglicherin" bezeichnet in der Presse, das scheint sie etwas zu stören, weil darin das Gestaltende nicht vorkommt. Außerdem hat sie zuletzt noch eine Opernregie bei Massenets "Cendrillon" vorgelegt.
Neben und unter Mundel hätten vor allem Frauen das Freiburger Theater geleitet, eine singuläre Erscheinung im deutschsprachigen Raum. Selbst dem Technischen Leiter folgte eine Frau nach, "eine kleine Revolution". Womöglich, zitiert die Zeitung die Intendantin, könnten Frauen sachlicher an Problemlösungen herangehen. Aber eine Feministin sei sie deshalb noch lange nicht. Sie habe sich, "sagt sie, über Genderfragen eigentlich nie Gedanken gemacht".
Geld
Es sei Mundel gelungen, die problematische Finanzsituation des Hauses einigermaßen zu stabilisieren. In einer "Finanz- und Investitionszielvereinbarung", die die Stadt 2013 mit dem Theater für fünf Jahre geschlossen habe, seien "Korridore" für "Zuschauer- und Produktionszahlen, Sparten, Kinder- und Jugendarbeit auf der einen, Finanzierungszusagen auf der anderen, der städtischen Seite" festgelegt. Tarifsteigerungen würden "anteilig von den Geldgebern Stadt und Land aufgefangen" werden.
Theater in der Stadt
Die Leitfrage in diesen Jahren ihrer Intendanz sei für Mundel gewesen: "Welches Theater braucht die Stadt, in der ich lebe? Welches Theater braucht Freiburg?"
Der Gang ins Theater zähle nicht mehr zu den Selbstverständlichkeiten einer bürgerlichen, einer städtischen Existenz. Mit seinen urbanen Projekten sei es dem Theater jedoch gelungen, "direkt in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken", "mit dem mobilen Container Orbit, mit der umgewidmeten ehemaligen Kneipe Finkenschlag, mit der Stadtteilerkundung Haslach – deine Heimat!"
Das Publikum ändere sich. Die vielen Menschen, die sich "partizipativ" an Projekten des Theaters beteiligt hätten, tauchten in den Statistiken gar nicht auf. Zum Beispiel zähle keine Statistik die 1500 Freiburger, "die bei Joanne Leightons bemerkenswertem Türmer-Projekt mitgemacht haben: Ein Jahr lang wachte ein Türmer bei Sonnenauf- und einer bei Sonnenuntergang in einem Holzkasten auf dem Dach des Theaters über die Stadt". Nicht erfasst worden seien die zahllosen Kinder, die "bei dem Tänzer und Choreographen Graham Smith in die ästhetische Schule gegangen sind".
Kulturferne
Freiburg sei eine Kultur- und Bildungsstadt, die Universität der größte Arbeitgeber am Ort. Dennoch begegne die Kommunalpolitik den "Subventionsempfängern mit Misstrauen". Warum es gerade in dieser Stadt so schwierig sei, das "innovative und bildungsfördernde Potential der Kultur zu erkennen", bleibe Mundel ein Rätsel.
(jnm)
Der Artikel wurde am 18. Juli korrigiert. Die Technische Leiterin Beate Kahnert ist schon seit längerer Zeit in ihrer Position.
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