Presseschau vom 9. Dezember 2017 – Die Münchner Abendzeitung spricht mit dem Schauspieler Thomas Schmauser, der die Münchner Kammerspiele verlässt und ans Residenztheater wechselt
Keep on rollin'
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9. Dezember 2017. Thomas Schmauser, einer der Protagonisten der Münchner Kammerspiele in den vergangenen Jahren, wechselt ans Residenztheater. An der Seite von Norman Hacker debütiert er dort als Herzog von Buckingham in Michael Thalheimer Inszenierung von "Richard III.". Michael Stadler hat für die Münchner Abendzeitung mit Thomas Schmauser gesprochen.
Die besten Jahre
2007 kam Schmauser an die Kammerspiele, damals noch unter Frank Baumbauer, es war sein Traumziel seit seiner Ausbildung an der Münchner Otto Falckenberg Schule. Die Intendanz von Johan Simons, 2010 bis 2015, seien für ihn "die besten Jahre" gewesen, "die ich jemals am Theater hatte, sowohl künstlerisch wie menschlich. ... Ich habe mich völlig frei als Künstler gefühlt. Die Regisseure haben mit den Leuten gearbeitet, auf die sie Lust hatten und umgekehrt."
Wieder normaler Schauspieler
Mit dem Antritt von Matthias Lilienthal hätten sich die Zeiten geändert. Regieambitionen Schmausers waren nicht mehr gefragt, er habe gefühlt, dass er jetzt "wieder wie ein normaler Schauspieler arbeiten muss. Das war eine Kränkung, eine Enttäuschung". Die Nähe, die die Arbeit mit Simons ausgemacht habe, sei verloren gegangen. "Aber natürlich muss man neuen Leuten zugestehen, dass sie etwas Neues machen wollen." Die teilweise kampagnenhaft vorgetragene Kritik an den Kammerspielen sei in Ordnung (mehr dazu hier). Es sei doch auch mutig, wenn Kritiker sich so aussetzten.
Der Knackpunkt
Mit Matthias Lilienthal habe Thomas Schmauser sich "gut verstanden", man könne gut mit Lilienthal reden, er sei "jederzeit für einen da". Entscheidend jedoch für den Schauspieler sei "die Zusammenarbeit mit den Dramaturgen und Regisseuren". Wo genau es für ihn "gehakt" habe, wolle Schmauser "nicht öffentlich machen", schreibt Michael Stadler. Der "Tiefpunkt" sei aber die letztlich abgesagte Inszenierung von "Unterwerfung/Plattform" nach dem Romanen Michel Houellebecqs und der Umgang der Kammerspiele mit dem Regisseur Julien Gosselin gewesen, der nach ein paar Probenwochen die Produktion verlassen habe. "Julien war Spitze. Er hat sehr intensiv mit uns geprobt. Das waren stundenlange Proben, in denen er nur Atmosphären kreierte." Dass auch Katja Bürkle und Anna Drexler sich damals entschlossen, die Kammerspiele zu verlassen, sei für Thomas Schmauser "wenig relevant" gewesen: "Ich fälle meine Entscheidungen nie aufgrund eines Trends. Ich würde zur Not alleine an einem Theater bleiben, wenn ich mich darin wohl fühle."
Voreilig entschieden?
Weil Schmauser sagt, seine letzten Erfahrungen an den Kammerspielen, die Arbeit mit David Marton seien "gücklich" und "toll" gewesen, fragt Stadler, ob die Entscheidung das Ensemble der Kammerpiele zu verlassen nicht doch zu früh gefällt worden sei? Schmauser meint: Nein, ein "langer Entscheidungsprozess liege hinter ihm". Und Stadler verweist auf andere Ankerleute, die ihren Weggang verkündet haben, wie "Hausregisseur Nicolas Stemann und Chefdramaturg Benjamin von Blomberg, die gerade die Handschrift der Kammerspiele entscheidend mitprägen und für den Zusammenhalt des Hauses mitverantwortlich sein sollten", nun aber Intendanten am Zürcher Schauspielhaus würden. Unausgesprochen schwingt hier die Frage mit: warum gehen die Protagonisten alle fort von den Kammerspielen?
Was treiben die politisch Verantwortlichen?
Die "Vorstellungen von Theater, vom Beruf des Schauspielers" seien "nun mal unterschiedlich", so Schmauser. Aber er beklagt doch eine Entwicklung, in der es den Anschein habe, als wüssten Politiker, die Entscheidungen träfen, nicht eigentlich, wen sie auf welche Positionen besetzten. Beispiel Volksbühne Berlin: da existiere "ein Theaterkörper", der wegen eines "neuen Konzepts einfach links liegen gelassen" werde. Nicht Chris Dercon sei das vorzuwerfen, "sondern den Politikern". Man habe den Eindruck, dass Theater heute von außen wie ein Unternehmen wahrgenommen werde. Theater sei aber "ein soziales Ding", sagt Schmauer: "Es sollte doch nicht vor allem um den Erfolg gehen, sondern um das künstlerische Zusammenarbeiten. Der Erfolg stellt sich doch oft unverhofft ein, genau dann, wenn alle mit Hingabe an einer Sache arbeiten."
(Münchner Abendzeitung / jnm)
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