Medienschau: taz – Unerträgliches Schweigen der Kulturszene

Intellektuelle Verrenkungen

Intellektuelle Verrenkungen

15. Oktober 2023. "Das sonderbare Schweigen der deutschen Kulturszene zu den von der Hamas begangenen Gräueln an der israelischen Zivilbevölkerung lässt sich wohl mit keiner passenderen Vokabel als 'dröhnend' beschreiben," schreibt Chris Schinke in der taz (15.10.2023). 

"Das in einer Branche, deren Ver­tre­te­r:in­nen ansonsten um keine Solidarnote, um keine noch so schnelle und eindeutige Positionierung oder Empörungsgeste verlegen sind", so Chris Schinke weiter. 

"Haltung zeigen", heiße es hierzu oft im Kulturbetrieb samt seinen anhängigen zivilgesellschaftlichen Bündnissen und Aktivistengruppen. "Nun sollte man einem Gegenüber nicht jedes Schweigen grundsätzlich als negativ auslegen. Angesichts der im Namen der Palästinenser von der Hamas begangenen, schier unaussprechlichen Taten ist ein vorläufiges Innehalten menschlich nur allzu nachvollziehbar. Wäre es. Würden sich unter der kollektiven Atempause des Betriebs nicht bereits erste intellektuelle Verrenkungen seines Personals sichtbar machen."

Dass in einzelnen, aber nicht wenigen queer-feministischen Gruppen, intersektionalen Bündnissen und migrantischen Koalitionen haarsträubende antizionistische wie antisemitische Überzeugungen vorherrschen, sei offenkundig. Doch es "kann und darf bei den Kulturoffiziellen angesichts von Dimension und Ausmaß der gegen Israelis gerichteten Gräuel nicht zum Wegducken und zur Konfliktscheu führen."

(taz / sle)

Kommentare  
Medienschau taz: Großer Unwille
Es gibt einen großen Unwillen unter Linken, den Antisemitismus in den eigenen Reihen zu erkennen. Anders ist auch nicht zu erklären, wie deutsche Linke dazu kommen, die Terrorwelle gegen Israel als „Freiheitskampf“ zu verherrlichen. Und daher kommt es auch dazu, dass in "nicht wenigen queer-feministischen Gruppen, intersektionalen Bündnissen und migrantischen Koalitionen haarsträubende antizionistische wie antisemitische Überzeugungen vorherrschen", wie Chris Schinke in dem ausführlichen und guten taz-Artikel schreibt, der übrigens keine Bezahl-Schranke hat.
Medienschau taz: Fanatismus + Menschenhass
Das ist aber nicht neu. Seit Jahren stolpert man über im besten Fall nur dummen, im schlimmsten Fall gefährlich-verqueren Antisemitismus in der Kulturszene und schafft es nicht, dessen Grundlagen offenzulegen - eine Denkfaulheit, die Antidemokratie, religiösen Fanatismus und Menschenhass zu einer Art Freiheitskampf romantisiert. Es hätte ja nach dem documenta Vorfall offen über die Toleranz für Antisemitismus gesprochen werden können - die Konsequenzen des Nichtansprechens des Problems sieht man jetzt. Angriffe, Molotowcocktails auf Synagogen, Jüdinnen und Juden, die Jahrzehnte nach der Shoa in Europa wieder um ihre Sicherheit bangen. Die Kulturszene hat hier - wie Universitäten, Ökologiebewegung (siehe Greta Thunberg), Medien eine riesen Mitschuld. Aber was erwartet man von einer Szene, die es nicht schafft, ein terroristisches Massaker als solches auch nur zu benennen? Den Antisemitismus kriegt man aus Deutschland offenbar nicht raus, man kann ihn nur unterdrücken.
Kommentar schreiben