Medienschau: Spiegel – Theater Aachen entfernt Karajan-Büste

NS-Verstrickungen

NS-Verstrickungen

30. November 2023. Das Theater in Aachen hat eine Büste des österreichischen Dirigenten Herbert von Karajan (1908–1989) aus dem Foyer des Hauses entfernt, berichtet der Spiegel.

Grund seien, neue Erkenntnisse zur NS-Verstrickungen, die der Karajan-Forschers Klaus Riehle jüngst in Aachen vorgetragen hatte und die aufgezeigt hätten, "dass Herbert von Karajan in der NS-Zeit kein unbeschriebenes Blatt war", wie der Spiegel aus der Stellungnahme von Generalintendantin Elena Tzavara zitiert. "Karajan war Mitglied der NSDAP. Sein Berufsverbot wurde aber bereits 1947 wieder aufgehoben", so der Spiegel weiter.

Riehle habe nun den frühen NSDAP Eintritt Karajans vorgebracht, ebenso eine "mögliche Verbindung Karajans zur Wehrmacht im Jahr 1942" und "Indizien für eine Tätigkeit Karajans für den Sicherheitsdienst der SS".

"Anstelle des Karajan-Kopfes möchte Generalintendantin Tzavara eine Büste von Wolfgang Amadeus Mozart aus dem eigenen Bestand aufstellen", heißt es in dem Text weiter.

(spiegel.de / chr)

Kommentare  
Karajan-Büste Aachen: Alternative Büste
Alles schön und gut. Aber neu ist die Erkenntnis nicht. Muss man in Aachen auf einen Vortrag warten, um zu erfahren, was seit 41 Jahren, spätestens seit der grundlegenden Arbeit von Fred K. Prieberg, bekannt ist? Und wie wäre es, wenn man statt einer risikofreien Büste von Mozart Bilder jener Dirigenten aufhinge, deren Vertreibung Karajan seine Karriere verdankt hat?
Karajan-Büste Aachen: Blick nach Salzburg
Thomas Rothschild ist absolut zuzustimmen, vor allem seinem Vorschlag zur Aufstellung einer Büste.
Es ist schon lange bekannt und steht sogar auf Wikipedia, dass Hvk sogar zweimal in die Partei eintrat, es findet sich dort sogar ein antisemitisches Zitat. Mit einem richtig großen Standbild wird der Doppelnazi in Salzburg geehrt.
Karajan-Büste Aachen: Umbenennung anderswo
Ob in Ulm jetzt der Theatervorplatz - der Herbert-von-Karajan-Platz - umbenannt wird?
Karajan Büste Aachen: Historisches Bewusstsein
Mir scheint, es geht weniger im neue Erkenntnisse über Herbert von Karajan eher im eine neue Theaterleitung, die jetzt möglichst laut und selbstgerecht in den Wettbewerb um moralischen Gratismut einsteigen wollte. Das Theater und seine Menschen haben aber die Geschichte, die sie in Deutschland haben. Es gäbe schon interessantere und komplexere Möglichkeiten, sich der Geschichte der eigenen Kunst-Institution zu stellen, als eine Karajan Büste durch eine Mozart Büste zu ersetzen und das lauthals bekannt zu geben. Aber im Theater Aachen reicht der Leitung dafür offenbar weder das historische Bewusstsein noch die Phantasie.
Karajan-Büste Aachen: Gereinigte Gegenwart
Karajan hat seine Karriere sicherlich seiner ausserordentlichen Fähigkeit orchestrale Musik zum Klingen zu bringen verdankt.
Anstatt mit derartigen Säuberungsaktionen eine gereinigte Gegenwart zu illusionieren, fände ich es angebrachter, sich anhand der Büste mit den Abgründen der Zeit zu befassen.
Karajan-Büste Aachen: Weniger Arroganz
Meine Güte, ich bin erstaunt über die Gehässigkeit und die Destruktivität mancher Kommentare hier. Es ist doch gut, dass die neue Theaterleitung reagiert und einen angemessenen „Ersatz“ für die Büste stellt. Der Vorschlag, Bilder von vertriebenen Dirigenten aufzuhängen, ist gut, kostet aber vermutlich eine Menge Geld, die das Theater sicher für Anderes braucht. Solche spezifischen Bilder liegen ja nicht zufällig auf dem Dachboden herum, sie müssten in Auftrag gegeben werden und entsprechend gefertigt werden und was das kostet, können Sie sich selbst ausrechnen.
Auch dass die Theaterleitung offensichtlich durch einen Vortrag auf das Thema aufmerksam wurde, ist allzu menschlich. Es gibt wirklich tausend andere Themen, mit der eine neue Leitung beim Antritt befasst ist; vor allem, wenn sie wie in Aachen mit Umsicht an die Sache herangeht. Bitte weniger Arroganz!
Karajan-Büste Aachen: Multiperspektivität
lieber die büste stehen lassen und andere büsten, bilder und texte dazu geben, die ebenfalls mit der geschichte, der praxis, den fehlern und den erfolgen in AACHEN und ihren unterschiedlichsten realitäten, wünschen, betrügereien, träumen und idealen zu tun haben. somit wird die multiperspektivität und der umgang mit vielen verschiedenen aspekten betreffs politik, karriere, kontroversen und koeffizienz hilfreich, in der kunst deutlich spürbar und schafft räume für vielfältige diskurse. PS hat sich zudem jemals ein Vorgänger der Intendantin dazu verhalten?
Oder wie wird die gesamte Geschichte des Hauses sichtbar?
Karajan-Büste, Aachen: Eine von zwei Büsten
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Vehemenz in diesem Forum argumentiert wird, wenn es darum geht, die Würdigung eines ehemaligen NS-Parteimitglieds zu wahren. Zu den Fakten: Karajan hat keine jüdischen Künstler aus ihrer Position verdrängt, das hatte sein Vorgänger Peter Raabe bereits 1933 "erledigt". Die NS-Vergangenheit von Karajan ist in Aachen seit jeher bekannt und wurde wiederholt thematisiert, zuletzt anlässlich dessen 100. Geburtstag im Jahr 2008. Das Thema ist in Aachen deshalb brisanter als in Ulm, Berlin oder Salzburg, weil Karajan eben genau zur NS-Zeit in dieser Stadt GMD war. Im Foyer des Aachener Theaters befinden sich meiner Erinnerung nach genau zwei Büsten: Beethoven und Karajan. Ist wirklich jemand ernsthaft der Meinung, dass wir diese Heldenverehrung für einen einst mächtigen Dirigenten heute noch betreiben müssen?
Karajan-Büste Aachen: Lange bekannt
Ja, es ist lange bekannt, dass Karajan lange vor seiner aachener Anstellung in die NSDAP eingetreten ist. In Ulm Ende Mai 1933! Aber das war schon der zweite Beitritt. Der erste (Mitgliedsnummer 1.607.52) fand statt am 8. Mai 1933 in Salzburg, also in Österreich, wo die NSDAP eher unter starkem Druck stand und im Juni 1933 verboten wurde. Welchen Zwang gab es denn da für Karajan, da einzutreten? Keinen, wohl aber gibts dokumentierte "völkische" bis antismeitische Äußerungen des Herrn. Dass klingt doch eher nach ideologischer Nähe! (Vgl. Prieberg, Musik im NS Staat und/oder Karjan-Biograph Klaus Riehle) Dass die neue Intendantin, Frau Tsavara, hier endlich gehandelt hat, ehrt sie! Und sagt viel über Ihre Vorgänger aus, die , wie gesagt, das alles schon Jahrzehnt gewusst haben sollten! Fau Tsavara, Respekt!!
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