Medienschau: SZ / Jetzt.de – Dortmunds Intendantin im Interview
Eine Art Theaterlobbyistin
Eine Art Theaterlobbyistin
25. Dezember 2023. Julia Wissert ist die jüngste Intendantin Deutschlands. Im Interview berichtet sie von ihrem Alltag, aber auch von den Voraussetzungen, die das Amt aus ihrer Sicht braucht: "die Liebe zum Theater" etwa, aber auch einen Glaube daran, "dass diese uralte Institution in die Zukunft gehört".
Nachdem kein Arbeitstag dem anderen gleicht, sollte man aus Wisserts Sicht auch "das Chaos schätzen und gut improvisieren können. Ein Team souverän zu leiten und Ideen, zum Beispiel für neue Inszenierungen, gut zu verkaufen, ist ein Lernprozess. Mitbringen sollte man dafür guten Humor und eine Portion Schamlosigkeit."
"Intendantin zu sein, ist weniger künstlerische Auseinandersetzung als ich dachte. Tatsächlich garantiere ich vielmehr den Rahmen, damit das restliche Team sich künstlerisch austoben kann. Außerdem war mir nicht bewusst, dass ich als Intendantin eine Art Theaterlobbyistin bin und lernen muss, wie man das Programm verschiedenen Menschen und Gremien schmackhaft macht."
Zum Thema Geld: "Die Bezahlung an städtischen Theatern ist über Tarifverträge geregelt. Als Intendantin arbeite ich Vollzeit und verdiene 6875 Euro brutto im Monat. In Wochen, in denen Premieren aufgeführt werden oder Festivalwochen anstehen, arbeite ich schon mal mehr als 80 Stunden. Das Herausfordernde und zugleich Tolle ist, dass ich mir meine Zeit selbst einteile. Da ich für das Theater brenne, verschwimmen Arbeit und Privatleben schnell."
(Jetzt.de / sle)
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Aber: in der aktuellen Statistik des DBV ist für das Theater Dortmund zu finden: 9 Personen der Theaterleitung haben in der Spielzeit 20/21 eine Vergütung von insgesamt 2.546 T€ erhalten. Es ist nicht ganz klar, um welche Personen es sich handelt, aber die Intendantin des Schauspiels ist sicherlich dabei. Es handelt sich um die Gesamtpersonalkosten inkl. der SV-Beiträge des Arbeitgebers. Im Durchschnitt ergibt das etwa 226 T€ brutto pro Jahr und Leitungsmitglied, wenn man von 25% AG-Beiträgen zur SV ausgeht. Das ist nun deutlich mehr, als Frau Wissert angibt.
Erklärungsversuche:
1. Frau Wissert bekommt mehr, als sie angibt. (Unwahrscheinlich, denn das ist zumindest im Betrieb leicht überprüfbar.)
2. Das Theater Dortmund hat bei den Angaben in der DBV-Statistik einen Fehler gemacht. (Auch unwahrscheinlich.)
3. Frau Wissert bekommt deutlich weniger als ihre Kollegen. (Wie sonst kann die Diskrepanz dieser Angaben erklärt werden?)
Wer kann das bitte aufklären???
Theater Dortmund ist ungleich Schauspiel Dortmund.
Das Schauspiel Dortmund ist eine Sparte des Theaters Dortmund. Die Sparten haben jeweils ein:e Intendant:in. In der Statistik des Bühnenvereins wird aber der gesamte Betrieb ausgewertet.
Ich nehme an, dass die Intebdant:innen zur Theaterleitung gezählt werden - das jedenfalls entspräche den Vorgaben des DBV.
Und ich nehme weiterhin an, dass Frau Wisserts Angabe zu ihrer Vergütung korrekt ist. Also nehme ich an, dass die Gehälter der Mitglieder der Theaterleitung sehr ungleich sind.
Und ich frage, falls diese Annahme korrekt ist, warum das der Fall ist.
Und ich könnte mich auch einfach irren und die Zahlen falsch interpretieren. Ich freue mich da über eine Korrektur mit Expertise. Ich hoffe sogar, dass ich mich irre…
Stimmt, da haben Sie recht. Ob die Frage deshalb gleich relevant ist, bleibt ganz bei Ihnen.
@2,5
Das kann alles im Netz nachverfolgt werden, die öffentliche Hand dokumentiert in der Regel ganz gut (S.37):
https://rathaus.dortmund.de/dosys/gremrech.nsf/0/6F3D44FABBAD870DC1258789002E130F/$FILE/Anlagen_22570-21.pdf
BTW:
Gagen sind Verhandungssache.
Danke für die Recherche, und dank an die Stadt Dortmund für die Transparenz - die übrigens nicht überall selbstverständlich ist.
Anmerken möchte ich jedoch, dass ich es weiterhin befremdlich finde, dass die Grundvergütung der Schauspielintendantin geringer ist, als die Grundvergütung ihrer männlichen Kollegen - zum Teil sehr deutlich geringer. Und natürlich sind die Vergütungen „Verhandlungssache“, aber trotzdem…
(Es bleibt eine Diskrepanz zw. den Infos im Jahresabschluss und der DBV-Statistik. Aber das wird nun wirklich ein Fehler dort sein. Passiert.)
Zu #7: Wie sieht es in der Frage des Alters/Betriebsalters aus? Es ist nicht unüblich und nicht schwer nachvollziehbar, das miteinzubeziehen bei solcher Gestaltung. Geschlecht ist nicht alles. Nur darauf zu schauen, ist statistisch/argumentativ nicht sauber oder ausreichend.
Zudem: Wenn wir mal in einen Vorjahresbericht schauen (Seite 11), dann sehen wir, dass dort noch die Sparten Schauspiel und Akademie in Personalunion (von Kay Voges) ausgeübt und damit auch summarisch vergütet wurden: https://rathaus.dortmund.de/dosys/gremrech.nsf/0/3B415B22A9E836CFC1258623005D25AD/$FILE/Anlagen_18868-20.pdf
Im unter #6 gelisteten Bericht sind zwei separate Personen gelistet, die in Summe mehr verdienen als vorher im Personalunionszustand. (Mag auch an der Bilanzierungsgrenze "Geschäftsleitung" liegen.) Kurzum: Ganz allein auf das Merkmal Geschlecht zu schauen, greift sicher zu kurz.
Seitenfrage in die Runde: Wenn die auf Seite 37 des in #6 verlinkten Berichts gelisteten Bezüge Verhandlungssache waren, dürfte die öffentlich-rechtliche Arbeitgeberseite von sich aus ein höheres Gehalt als vom Vertragspartner/Arbeitnehmer vorgeschlagen, in den Vertrag schreiben? Wäre das haushaltstechnisch zulässig? Will nur heißen: Zu einer Verhandlung gehören auch immer zwei.
Und: Bezüge sind nur einen Dimension eines Vertrages. Manch eine/r gibt gern Gehalt ab zugunsten anderer Vorteile.
Und zu guter letzt: Macht man so einen Job des Geldes wegen? (Mindestens als Verwaltungsdirektor kann man mit gleichen Skills anderswo deutlich mehr Kohle scheffeln. Mag für einen GMD vielleicht weniger gelten.)
Und noch: Kann man von 90000 EUR nicht gut leben?
Alles in allem: Nur auf eine Zahl (Bezüge) und ein Persönlichkeitsmerkmal (Geschlecht) zu schauen, verkürzt die Sachlage. (Soll nicht heißen, dass alles im Lot wäre!)
(Nicht nur spieltheoretisches, vielleicht naives) Gedankenspiel: Wie wäre es, wenn eine Leitungsperson auf einen Teil ihres zu Ende verhandelten Gehaltes verzichtete und 1000 EUR pro Ensemblemitglied drauflegte? Könnte/würde ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber sowas mitmachen?
Stopp den individuellen Verhandlungen!!
Das ist nur sehr bedingt richtig.
Zum einen gibt es natürlich Finanzierungspläne, die politisch bestätigt werden müssen, ebenso wie die Intendant*innenverträge nach den Verhandlungen, zum anderen gibt es Kriterien wie Bekanntheitsgrad, Erfahrung, Personalverantwortung usw; Ihr versales Verhandlungsgeschick macht am Ende vieleicht 5-10% der Gage aus. Eher 5%.
Zur Grundvergütung können noch Regie-, Choreographie- oder andere Leistungen zusätzlich entlohnt werden, ebenso gibt es die Möglichkeit, an anderen Häusern in begrenztem Umfang zu arbeiten (oder zu unterrichten, oder, oder).
Dafür gibt es bei diesen Verträgen kein sog 13. Monatsgehalt, keine Tariferhöhung, keine Inflationsausgleiche etc. pp.. Einmal verhandelt, bleibt alles über die gesamte Laufzeit gleich.
Noch Fragen?
Ich finde es ja grundsätzlich wichtig, dass Menschen in wichtigen Leitungspositionen gut verhandeln können. Sie müssen auch für die Institution gut verhandeln und in ihrer Position. Es ist Aufgabe der Verhandlungspartner, dass es eine Gerechtigkeit und stimmige Struktur bei der Entlohnung gibt und dies nicht alleine an dem Verhandlungsgeschick einzelner hängt.