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Neues Leitungsteam am Theaterhaus Jena

Das Theaterhaus Jena gilt als wichtige Erprobungsstätte für junge Theaterschaffende © Joachim Dette

27. April 2023. Das Theaterhaus Jena erhält ab der Spielzeit 2024/25 eine neue künstlerische Leitung. Es übernimmt das Team Azeret Koua, Céline Karow, Daniele Szeredy, Josef Bäcker und Lukas Pergande. So gibt es das Haus in einer Pressemitteilung bekannt. Das Team wird bis 2027 amtieren (mit der Option auf Verlängerung auf insgesamt maximal sieben Jahre). Es folgt auf das niederländische Theaterkollektiv Wunderbaum, das das Theaterhaus Jena von 2018 bis 2022 führte, sowie Lizzy Timmers und Maarten van Otterdij, die aktuell für zwei Spielzeiten das Haus führen.

Azeret Koua, geboren 1993 in Detroit, hat ihre Wurzeln in Côte D'Ivoire und den USA. Sie ist in Nordamerika, Westeuropa und China aufgewachsen, arbeitete als Regieassistentin und Regisseurin am Schauspiel Dortmund und ist aktuell am Residenztheater München.

Céline Karow, geboren in Hamburg, war Regieassistentin und Inspizientin am Theater Bielfeld und ist derzeit am Staatstheater Braunschweig.

Daniele Szeredy hat als Schauspieler und Tänzer gearbeitet, war ab 2021 Regieassistent und Regisseur am Staatstheater Braunschweig.

Josef Bäcker ist seit der Spielzeit 2022/23 Schauspieldramaturg für das JUNGES! Staatstheater Braunschweig.

Lukas Pergande arbeitete als Schauspieler und Musiker in verschiedenen freien Theater-Ensembles und arbeitet als 2018 als Regieassistent am Staatstheater Braunschweig und verantwortete ab 2020/21 zusammen mit Christoph Diem die Programmgestaltung der Spielstätte "Aquarium".

Mitarbeiter*innen ins Bewerbungsverfahren eingebunden

Das Jenaer Bewerbungsverfahren habe sich "ausschließlich an Teams oder Gruppen von Bewerber*innen" gerichtet, erklärt das Haus. In der siebenköpfige Findungskommission, waren Gesellschafter*innen sowie je ein Mitglied der Mitarbeitenden-Vertretung und des Ensemblerates sowie eine externe Person vertreten. Sie wählten aus 46 Bewerbungen aus. In einem weiteren Schritt wurden in "einem für das Theaterhaus Jena neuen und auch deutschlandweit einmaligen Prozedere" die "Konzepte der 5 Finalist*innen allen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt", heißt es zu dem Verfahren weiter. "Diese entwickelten anhand der Konzepte unabhängig von der Findungskommission Fragen, welche sie im Rahmen einer großen, offenen Runde an die jeweiligen Teams stellen konnten. Diese Form ermöglichte es den Mitarbeitenden, sich aktiv an dem Auswahlprozess zu beteiligen, in Kommunikation mit den Teams zu treten und den Gesellschafter*innen ein umfassendes Stimmungsbild zu übermitteln und sie so bei ihrer finalen Entscheidung zu unterstützen."

Das berufene Team setzte sich zum Ziel "Demokratisierungsprozesse und Teilhabe aller Mitarbeitenden sowie der Stadtgesellschaft in inhaltlichen und strukturellen Entscheidungsfindungen zu fördern. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden des Theaterhaus möchten die jungen Künstler*innen einen Spielplan entwickeln, welcher gesellschaftlich relevante Themen und politische Diskurse künstlerisch forschend behandelt. Sie wollen aktiv im Stadtraum mit Institutionen und Einrichtungen kooperieren, Expertisen wertschätzen und heterogenen Perspektiven Raum geben", heißt es in der Presseaussendung.

Das 1991 neu gegründete Theaterhaus Jena arbeitet regelmäßig mit Nachwuchskünstler*innen. Theaterschaffende wie Claudia Bauer, Rainald Grebe, Markus Heinzelmann oder Moritz Schönecker waren hier in frühen Stadien ihrer Karriere engagiert.

(Theaterhaus Jena / chr)

Kommentare  
Theaterhaus Jena: Grüße nach Köln
Vielleicht sollte die Kölner Kulturpolitik mit dem Theaterhaus Kontakt aufnehmen um sich beraten zu lassen - wie gestaltet man ein zeitgemäßes Auswahlverfahren um eine Theaterleitung zu besetzen. Glückwunsch zu dem spannenden Verfahren und dem neuen Team alles gute!
Theaterhaus Jena: Grüße aus Köln
Na, die Reaktionen möchte ich erleben, wenn die Stadt Köln eine Gruppe Regieassistent:innen aus Braunschweig als neue Intendanz vorstellt.
Theaterhaus Jena: Ästhetik
Das Auswahlverfahren klingt valide. Ich frage mich nur anhand der Pressemitteilung der neuen Leitung: was ist die Idee? Die Ästhetik? Die Theatersprache? Das klingt ehrlich gesagt nach einem dünneren Freie Szene-Antrag ohne Setzung. Demokratie und Öffnung - ist das nicht die Basis vom Theaterverständnis des Theaterhaus? Gab es keine stärkeren Visionen für Jena?
Theaterhaus Jena: Grüße nach Köln
Es ist vielleicht eine unnötige Verkürzung der Tatsachen das neue Leitungsteam als eine "Gruppe Regieassistent:innen" zu beschreiben. Dieser Aspekt ist Teil der Ausbildung vieler Theatermacher:innen und damit ein ganz normaler Abschnitt in einer Vita, und spiegelt ihre Qualifikationen nicht ausreichend wieder.
Regisseurin Azeret Koua, Inspizientin Céline Karow, Regisseur Daniele Szeredy, Schauspieldramaturg Josef Bäcker und Schauspieler Lukas Pergande.
Theaterhaus Jena: Dom im Dorf lassen
Die Pressemitteilung macht doch deutlich, dass die Mitarbeiter:innen und die Gesellschafter:innen gemeinsam einen Prozess gestaltet haben um eine neue Künstlerische Leitung zu finden. Es ist doch auch erfreulich zu sehen, dass so etwas tatsächlich möglich ist - vielleicht nicht in Köln. Man sollte den Dom erstmal im Dorf lassen und wir werden dann schon noch erfahren, welches Theater in Jena ab 24 zu erleben sein wird.
Theaterhaus Jena: Demokratisierungsprozesse
Auch wenn die Kommentare hier etwas kritisch waren. Mittlerweile wurden vom neuen Leitungsteam die ersten Ausschreibungen veröffentlicht. So kann man sich über einen open call für eine Produktion bewerben oder Teil des neuen Ensembles werden. Wenn ich das alles richtig wahrnehme, wird hier schon versucht, demokratischer und offener gestaltend tätig zu sein. Zumindest kann man dem Theater Jena dies nach den durchwachsenen Jahren nur wünschen.
Theaterhaus Jena: Künstlerische Vision
Die Kommentare bleiben kritisch.

In der freien Szene gewinnen die besten Konzepte auf Papier, bevor sie in Theater-Kunst münden. Das ist das dortige Nadelöhr.

Dass nun ein Team, das die künstlerische Leitung eines Hauses bekommen hat, auf die Auswahl seiner Themen und Artist:innen verzichtet, ist für mich ein Armutszeugnis, da es dieses Nadelöhr nun als weiteren Wettbewerb im Stadttheater etabliert.

Ich schreibe in der freien Szene jährlich schon 15 Konzepte und hatte gehofft, dass die Leitung dieses Hauses kein 16. von mir verlangt sondern gesellschaftspolitische Theaterkunst in Szene setzt.

Wo sind die Inhalte dieses Teams? Ich sehe keine.
Theaterhaus Jena: Ist Kunst demokratisch?
Die Frage ist doch, ob Kunst überhaupt demokratisch entstehen soll - oder ob nicht die Aufgabe einer Leitung im Gegenteil ist, für einen festgelegten Zeitraum eine spezifisch eigene Haltung einzunehmen und ihre künstlerischen Ideale zu verwirklichen... Wenn nach der Intendanz-Ausschreibung die nächste Ausschreibung der gewählten Intendanz folgt, könnte man das auch komisch finden...
Theaterhaus Jena: Etikettenschwindel
@#8: Die Frage, ob Kunst demokratisch sein kann, ist am Ende irrelevant, denn Sorgen macht mir das Demokratieverständnis von Jasmin.
Ist es demokratisch eine neue Etikette aufs Produkt zu pappen? Ein open-call für Schauspieler*innen ist am Ende eine Bewerbung zu einem Vorsprechen, das in diesem Fall ein Team leitet, aber natürlich Entscheidungen fällt. Ist es dann demokratisch, weil vom Team ein Mehrteil dafür ist? Wenn das Demokratie sein soll, na dann gute Nacht.
Auch ein open-call für Projekte wird durch das Leitungsteam dann selektiert! Demokratisch wäre es, wenn man die Bevölkerung von Jena an der Findung der Stücke beteiligt, da sie schon nicht an der Intendanzfindung beteiligt waren.
Kunst ist und kann nicht demokratisch sein. Und der Vorgang in Jena ist einfach zeitgeistiger Etikettenschwindel.
Theaterhaus Jena: Abstimmungsentscheidung
@#9
Tatsächlich wird in Jena nicht die Leitung allein entscheiden, welche Konzepte realisiert werden, es wird von der gesamten Belegschaft per Abstimmung entschieden. Zu was für künstlerischen Ergebnissen das führt, wird sich wohl erst in ein paar Jahren beurteilen lassen - spannend ist der Versuch in seiner Einmaligkeit allemal.
Theaterhaus Jena: Spannend
Spannend allemal, ob das die Identifikation der Belegschaft mit den gemeinsam ausgewählten und anschließend produzierten Stücken wirklich steigert, wie das wohl die Hoffnung ist.
Spannend auch, ob künstlerische Qualität sich wirklich schon in der Auswahl entscheiden muss oder ob sie auch den gewünschten Push erhalten kann durch transparente Umsetzungsprozesse, mit denen alle Beteiligten sich identifizieren und entsprechend motiviert sind, das beste herauszuholen.
Vorerst sind das alles nur Thesen, aber wir sollten öfter mal nach Jena fahren und nachfragen :)
Theaterhaus Jena: Wichtig und interessant
das neue team hat noch keine spielzeitpräsentation gemacht. woher sollen wir (die öffentlichkeit) wissen ob tatsächlich ,,keine künstlerische vision vorhanden ist? die ansätze des neuen teams sind neu, wichtig und interessant. den kolleg*innen erstmal alles gute und viel erfolg wünschen wäre doch angebracht!
Theaterhaus Jena: Neuausrichtung
@12 Vielen Dank für die Einordnung. Die Ausschreibung ist erst gestartet und noch nicht beendet. Somit ist es noch völlig offen, wie die künstlerische Entwicklung sein wird. Die vergangenen Jahre waren leider eher etwas mau in Jena. Das wird wohl auch der Grund für die Neuausrichtung sein. Wir haben uns dieses Jahr das Sommertheater angesehen und waren von der schauspielerischen Leistung doch sehr enttäuscht. Um so mehr freuen wir uns auf den Wechsel
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