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Rostocker Intendant Sewan Latchinian fristlos entlassen
Der Unbequeme muss gehen
Rostock, 31. März 2015. Sewan Latchinian, Intendant des Volkstheater Rostock, ist fristlos entlassen worden. Das melden verschiedene Medien. Die Entscheidung wurde am Abend vom Hauptausschuss der Rostocker Bürgerschaft gefällt – mit 6 Ja- und 5 Nein-Stimmen, womit die Mehrheit einem entsprechenden Antrag von Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) folgte. Grund für die Entlassung ist Latchinians Vergleich der Theaterpolitik Mecklenburg-Vorpommerns mit der Kulturzerstörung durch die Terrormiliz Islamischer Staat in einer Rede gegen die Theaterfusionspläne der Landesregierung bei einer Demonstration in Neustrelitz am 9. März sowie Aussagen Latchinians in einem Interview mit der Zeitschrift "Oper und Tanz". Methling hatte die Meinung vertreten, dass Latchinians Äußerungen gegen den Charakter seines bis Juli 2019 laufenden Vertrags verstießen.
Kritische Äußerungen in Interviews
Latchinian, der erst seit dieser Saison Chef des Volkstheaters ist, befindet sich seit Längerem im Konflikt mit der Rostocker Regierung. So wehrte er sich u.a. gegen die von Oberbürgermeister Methling geplante Reduzierung des Volkstheaters von vier auf zwei Sparten. In dem Interview mit "Oper und Tanz" hatte er u.a. gesagt, dass er den Beschluss der Bürgerschaft zur Spartenschließung für falsch halte und "ihn kippen" wolle, indem man ihn "mit zusammengebissenen Zähnen rechnerisch und künstlerisch" durchspiele, um allen Beteiligten zu zeigen, dass es so nicht gehe.
Die IS-Bemerkung in seiner Neustrelitzer Rede hatte Latchinian gegenüber den Nordeutschen Neusten Nachrichten damit verteidigt, dass er als Künstler "das Recht auf poetische und satirische Zuspitzung" habe. Mit seinem Vergleich habe er auf die Verantwortung der Politik, "behutsam mit dem Ererbten umzugehen", hinweisen wollen.
Gegen die Entlassung hatten am Nachmittag rund 500 Demonstranten protestiert, 200 von ihnen besetzten gegen 17 Uhr friedlich das Rathaus. Nach dem Beschluss drückte Oberbürgermeister Methling laut Ostsee-Zeitung sein Bedauern aus, "dass wir zu dieser Entscheidung gezwungen waren". Weiter sagte er: "Wir werden dafür Sorge tragen, dass das Volkstheater in sicherem Fahrwasser bleibt." Mit sofortiger Wirkung sei Latchinian von seinen Aufgaben und Pflichten als künstlerischer Geschäftsführer der Volkstheater Rostock GmbH entbunden. "Ich kann leider nichts mehr für die Hansestadt und das Volkstheater tun. Ich bedanke mich ganz herzlich für die Solidarität und Ihren Beistand", sagte Latchinian nach seiner Entlassung zu seinen Unterstützern im Rathaus.
(NDR / Ostsee-Zeitung / ape)
Hier kommentiert Georg Kasch die Entlassung und sagt: was Oberbürgermeister Roland Methling tut, "ist gewagt – und mutwillig".
Mehr Hintergrund zur aktuellen Lage des Volkstheaters Rostock:
Meldung 25.2.2015: Rostocker Bürgerschaft beschließt Spartenschließung am Volkstheater
Blogeintrag 26.2.2015: Das Volkstheater Rostock soll künftig ein "funktionelles Vierspartenhaus" sein
Meldung 27.2.2015: Harsche Kritik an Rostocker Spartenschließung aus Reihen der SPD
Meldung 26.3.2015: Rostocks Intendant Sewan Latchinian droht Abberufung
Die Chronik zum Fall des Rostocker Volkstheaters unter Sewan Latchinian: alle Meldungen und Debattenbeiträge.
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Hier das Interview mit den durch die Bürgerschaft monierten Ankündigungen Latchinians:
http://www.vdoper.de/nachrichten/volkstheater-rostock-interview-sewan-latchinian-stefan-rosinski-gerrit-wedel
(Anm. der Redaktion: Ein Hinweis auf das Interview wurde noch in die Meldung eingefügt.)
Nicht grämen Herr Latchinian. Man hat Sie dort nicht verdient. Schauen Sie nach Güstrow. Das hat die Rostocker Bürgerschaft verdient.
Schlager und Musical. Viel Vergnügen Ihr Politiker im Norden. Schunkelt euch warm.
Ich könnte in dieser piefigen Provinz nicht leben. Warum sollte man diese Theater nach Berlin zum Theatertreffen einladen.
Die Rostocker Menschen haben längst damit begonnen, sich der scheinheiligen Verehrung des Geldes, ihrer innewohnenden Menschenverachtung und ihrer latenten Gewaltbereitschaft offen entgegen zu treten.
Beispiele: Andenken an Mehmet Turgut; Einfordern und Erkämpfen von Bürgerbeteiligung im Wortsinne; AntiRassismusBewegung, massives bürgerliches Engagement; Stadtentwicklung aus dem Ursprung, aus der Bevölkerung (auch das ist einigen eitlen Herren ein fieser Dorn im Zeh)...Bürgerentscheide...
Bei Letzteren stehen wir am Anfang. Das wird ein Lernen!
Drei Fraktionen, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen, Rostocker Bund / Graue beantragen soeben eine Sondersitzung der Rostocker Bürgerschaft.
Ziel: Die Bürgerschaft zieht die Angelegenheit "Fristlose Entlassung des Intendanten" an sich.
Begründung:
Der Vorgang ist arbeitsrechtswidrig und gefährdet damit das Wohl der Gemeinde, das regionale und überregionale Ansehen der Hansestadt Rostock. Der Beschluß schadet der Volkstheater Rostock GmbH - hohe Entschädigungszahlungen an den Intendanten, unabsehbare Folgen für den aktuellen Spielbetrieb. Der Beschluß stellt eine nicht hinnehmbare Herabsetzung der Arbeitsleistungen des Intendanten, Sewan Latchinian, dar.
Fazit:
Die Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters ist abzulehnen.
Wenn sich irgendwer, irgendwo in dieser Republik dieser Logik anschließen kann,... Schreibt dem OB Methling, dem Präsidenten der Bürgerschaft, Wolfgang Nitzsche, den Fraktionen, den Mitglieder der Bürgerschaft! Schreibt euren eigenen Landesoberen in den verschiedenen Parteien, macht auf Rostock aufmerksam.
Wir benötigen jetzt jede Unterstützung.
Danke.
Jetzt geht's los! Erst recht und überhaupt!
Helge Bothur, Mitglied der Rostocker Bürgerschaft, Die Linke, BauIng
Viel Geld - aber wollt Ihr das? Kaufmännisch ist es die richtigere Entscheidung.
Rostock wird so zum Organspender für das Schweriner Theater , genau das entspricht der Zielvorgabe von Herrn Brodkorb und sein Adjudant Methling hat ihm nun den Weg geebnet !
Bitte, liebe Rostocker Bürgerschaft, wallten Sie Ihres Amtes und tun Sie etwas gegen diesen Horror in unserer Stadt !
Hier ein kleiner Beitrag aus dem Frühjahr 2013, in dem Rosinski um mehr Verständnis für die Arbeit der Politiker wirbt:
https://www.youtube.com/watch?v=6s3oZp_DIn8
Ich würde sagen, die haben sie selbst herbeiinszeniert mit der Vorlage durch den OB und der folgenden Bürgerschaftsabstimmung. Hat der, bevor er das äußerte, auch mal nachgedacht?
http://www.tagesspiegel.de/kultur/theater-rostock-theaterzerstoerung-im-namen-des-geldes/11588812.html
Erstens hat das nicht Herr Latchinian, sondern einige aufgebrachte Bürger gesagt..zweitens: Demokratisch? 5 von 10 Abstimmungsberechtigten aus 53 plus ein OB...hmmm...
Noch Fragen?
zum Ortsvorsteher degradiert.
Viele Grüße an die Kulturbeflissenen des Rates. Zum Vtr mit Bus oder Bahn (Doberaner Str.)
http://www.welt.de/welt_print/kultur/article8472930/Reiche-Buehne-arme-Buehne-Neue-Buehne-Senftenberg.html
Zitat Sewan Latchinian, Die Welt, 15.07.2010
Oder worauf wollen Sie eigentlich hinaus?
Alle sind herzlich eingeladen.
Treffen wir uns in Rostock!
Bis gleich.
Helge Bothur
Dieter Thomas, Rostock
Anmerkung an die Redaktion: Ich gehe davon aus, dass lediglich ein technisches Problem als Ursache für die verzögerte Veröffentlichung meines Kommentars zu betrachten ist.
(Nachprüfbar sind solche Behauptungen nur bedingt. Letztlich werden Auslastungszahlen in den Berichten der Theater an ihre Träger dokumentiert. Diese Zahlen müssten stichhaltig sein. Also müssen sich derartige Nachfragen an Herrn Rosinski in Rostock bzw. an die Presseabteilung des Theaters richten.
jnm)
nein, kein technisches, sondern ein inhaltliches Problem hat die Veröffentlichung Ihres Kommentars verzögert.
Ich werde den Eindruck nicht los, dass Sie ungeachtet aller Argumente das Rostocker Wirken des Herrn Latchinian unbedingt "mies" machen wollen.
Kann das sein?
Und wir versuchen auf nachtkritik.de, uns gegen Kampagnen-Macherei zu wehren. Deshalb haben wir eine Nacht über Ihren Beitrag nachgesonnen.
Doch nun zu Ihren Argumenten:
1. Sie rechnen die Netto-Gagen der Schauspieler in Senftenberg (kleines Theater), nicht Rostock (Vier-Sparten-Haus), gegen das Brutto-Gehalt des Rostocker, nicht Senftenberger Intendanten auf. Ziehen Sie bitte von den von Ihnen genannten 125Tsd im Jahr einmal die Steuer ab. Und vergleichen sodann den Nettobetrag mit den Netto-Bezügen Rostocker Künstler*innen.
2. Die außertariflichen Arbeitsverträge in Rostock wiederum wurden nicht mit Schauspielern, sondern mit (höher bezahlten) Choristen und Musikern ausgehandelt.
3. Man kann meines Erachtens sehr wohl formulieren, eine Stadt zerstöre ein Theater, wenn sie sich weigert, die üblichen Tariferhöhungen, die sie für alle ihre Verwaltungsangestellten selbstverständlich bezahlt, auch für die Angestellten des Theaters, also ebenfalls städtische Angestellte zu bezahlen. Und genau dies tut die Stadt Rostock, indem sie ihre Theaterförderung über Jahre auf einer bestimmten Höhe einfriert. Mit diesem strukturellen Vorgang hat die Entlohnung eines einzelnen Spitzenverdieners am Theater wenig zu tun.
Mit freundlichem Gruß
nikolaus merck
http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=10759:interview-mit-sewan-latchinian-ueber-seine-fristlose-entlassung-als-intendant-des-volkstheaters-rostock&catid=53:portraet-a-profil&Itemid=83#comment-49275
Andererseits lassen Sie es zu, in diesem Falle einseitig zu einer positiven Darstellung der Intendanz Latchinian am Volkstheater Rostock, dass einzelne User Behauptungen aufstellen, deren Richtigkeit durch den Leser mit keinem vertretbaren Aufwand nachvollziehbar ist. So ist es vollkommen unverständlich, warum Sie in der Sache Latchinian derart einseitig von Ihrem üblichen Verfahren abweichen und somit gegen die eigenen Grundsätze verstoßen.
Noch eine Anmerkung: Die Norddeutschen Neuesten Nachrichten weisen darauf hin, dass bereits die Zahlen für das erste Quartal der Intendanz Latchinian deutlich hinter der Prognose des Hauses zurückgeblieben sind. Diese Zahlen beinhalten schon die große Eröffnungsveranstaltung. Die Norddeutschen Neuesten Nachrichten sind übrigens kein Medienpartner des Volkstheaters.
http://www.svz.de/lokales/rostock/dem-volkstheater-fehlen-die-besucher-id8354481.html
(Sehr geehrter Herr Markus,
ich fände es schön, wenn Sie versuchen würden, auf die gegebenen Argumente einzugehen. Schimpfen hilft uns, glaube ich, allen nicht weiter. Ich habe auf die hinkenden Vergleiche im betreffenden Kommentar hingewiesen. Im übrigen ward der Kommentar eben nicht unterdrückt, sondern veröffentlicht.
Mit freundlichem Gruß
nikolaus merck)
Ist ja schön, dass Sie zumindest den Widerspruch auf Ihre Empfehlung veröffentlicht haben, die Leser sollten gefälligst selber kontrollieren, ob hier aufgestellte Behauptungen stimmen oder nicht stimmen. Insgesamt ist es aber doch eine recht armselige Reaktion auf eine berechtigte Kritik.
(Sehr geehrte Katrin,
ich verstehe die Stoßrichtung Ihres Kommentars nicht. Was wollen Sie sagen? Latchinian habe sich auf Kosten seiner Mitarbeiter ein schönes Leben gemacht? Soweit ich sehe, hat noch niemand angezweifelt, dass Latchinian mit vollem persönlichen Einsatz am Volkstheater gearbeitet hat.)
(Sehr geehrter @Merck,
das kann eigentlich nicht stimmen. Weil die Gagen der Schauspielerinnen allenfalls an die Tariferhöhungen des Öffentlichen Dienstes angekoppelt werden. Im Grunde aber sind die Gagen frei ausgehandelt im NV Solo.
jnm)
Latchinian hat es auf den Punkt gebracht. Er sagt, IHM stünde ½ Mio. € für vier weitere Jahre zu. Da ist keine Rede von Gehaltsverzicht, Verzicht auf Inflationsausgleich und so weiter. GENAU dieses Verhalten hat das Theater in Rostock ruiniert. Es ist seinem Publikum gegenüber unglaubwürdig geworden.
(Sehr geehrter Herr Thomas,
Auf die Argumente gegen Ihre Verdrehungen, die ich Ihnen im letzten Post entgegengehalten habe, gehen Sie nicht ein. Trotz dieser Verdrehungen ist auch Ihr Kommentar von uns veröffentlicht worden.
nachtkritik.de hat nicht von "großen Erfolgen" von Latchinian berichtet.
nachtkritik hat Kritiken zu Rostocker Aufführungen veröffentlicht und kulturpolitische Vorgänge in Rostock beleuchtet.
nachtkritik hat auch keine Zahlen unterdrückt oder gefälscht oder verdreht. Es wäre uns sonst ein Leichtes gewesen, Kommentare, die uns "missliebige" Fakten und Zahlen enthalten, nicht zu veröffentlichen. Das ist nicht geschehen.
Mit freundlichem Gruß)
(Wieso wollten wir Ihnen etwas weismachen?
Haben wir nicht gemeldet und in den Kommentaren diskutiert, dass Latchinian aus dem Bühnenverein ausgetreten ist mit dem Volkstheater, um der Tariffesseln sich zu entledigen, weil er glaubte anders sein Haus nicht über die Runden zu bringen?
Ich habe Sie, falls Sie der Kommentator in #58 waren, doch selbst darauf hingewiesen, dass Ihre Argumentation nicht ganz stimmen kann.
Verstehen Sie, es geht gar nicht um Schauspieler*innen, es geht um die sogenannten Kollektivkörper, den Chor, das Orchester. )
Nein,glauben Sie mir, unglaubwürdig ist er nicht geworden...ich bin Zuschauer! Dass Latchinian klagt, ist absolut folgerichtig und notwendig..die Perfidie liegt beim Oberbürgermeister, der als Gesellschafter des Theaters, welches er gerne verschwinden lassen möchte, genau weiß, dass im Ernstfall nicht die Stadt, sondern irrwitzigerweise das Theater die Abfindung zu zahlen hat...zwei Fliegen mit einer Klappe: er lässt Leute wie Sie denken, Latchinian ruiniert das Theater und er selbst zwackt der unliebsamen Kultureinrichtung wiedermal eine halbe Million zusätzlich ab und hat weitere Gründe, den Laden kaputtzuschrumpfen...aber das muss ich diesen Neid und Hasspostern hier ja wahrscheinlich gar nicht erklären, es dürfte Ihnen bekannt sein!
und sie lachen hämisch