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Theater Bonn soll 3,5 statt 7 Millionen Euro einsparen / Offener Brief des Personalrats

Weniger sparen

Bonn, 17. November 2010. Wie einem Bericht in der Welt zu entnehmen ist, sollen dem Theater Bonn nun 'nur' 3,5 Millionen Euro gekürzt werden. Anfang der Woche war noch von 7 Millionen die Rede gewesen. Dadurch drohe dem Haus "ein Personalabbau, der die Struktur des Theaters zutiefst beschädigen wird", urteilt der Deutsche Bühnenverein (nachzulesen auf der Website des Theaters Bonn). Es muss voraussichtlich nicht mehr die gesamte Schauspielsparte, sondern lediglich eine Spielstätte geschlossen werden.

Intendant Klaus Weise bezeichnet die geplanten Einsparungen als "ein Armutszeugnis für eine Stadt dieser Größenordnung". Der Personalrat von Oper, Schauspiel und Orchester (Proso) reagierte heute mit einem Offenen Brief:

"Aus Sicht des Personalrates ist inzwischen eine Stufe erreicht, wo weitere Einschnitte nicht mehr einen linearen Abbau des Angebots sondern Amputation bedeuten. Arbeitsbelastung und Altersstruktur der Mitarbeiter machen eine Fortsetzung der bisherigen Schrumpfkur unmöglich.

Mit Entsetzen beobachten wir, wie verantwortungslos öffentlich mit Zahlen jongliert wird. Eine Einsparsumme von 7 Mio. € würde den Verlust von weiteren 150 Arbeitsplätzen bedeuten. Betriebsbedingte Kündigungen müssen befürchtet werden. Aus Sicht der Arbeitnehmervertretung eine Katastrophe, allerdings ginge der strukturelle Schaden viel tiefer, weil man - anders als im Wirtschaftsbetrieb - nicht einfach kurzzeitig die Produktionsmenge herunter- oder herauffahren kann.

Auf der Suche nach einem unverwechselbaren Profil, das eine Stadt attraktiv macht, beruft man sich in der Beethovenstadt gerne auf Musik und Theater. (...) Es ist gerade das umfangreiche Kulturangebot, das Bonn liebens- und lebenswert macht. Für Wirtschaftsunternehmen ist es ein wichtiger Standortfaktor.

(...) Der städtische Haushalt lässt sich nicht durch die Zerschlagung des Theaters sanieren. Es sind einerseits gewaltige Pflichtaufgaben, die den Kommunen durch Bund und Land aufgebürdet werden ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich, andererseits Millionenfallen, die von städtischer Seite mit verschuldet wurden, die zu der jetzigen schwierigen Lage geführt haben.

Wir warnen eindringlich davor, durch unausgereifte, kurzsichtige Entscheidungen Fakten zu schaffen, unter deren Folgen alle Bürgerinnen und Bürger und auch nachfolgende Generationen leiden müssen."

(Welt-online / Proso / ape)

 

Mehr zur finanziellen Lage der Theater im nachtkritik-krisometer.

 

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Kommentare  
Krise in Bonn: solide Leistungen
das theater bringt sehr solide leistungen, die z.b. andere theater in köln und düsseldorf in den schatten stellen. wer gutes, gekonntes theater sehen will, reist heute schon von köln nach bonn. es wäre sehr schade,wenn das theater in bonn aus finanziellen gründen sein angebot weiter einschränken müsste. ein beweis für die gute arbeit ist die inszenierung von hedda gabler,die letzte woche premiere hatte.
Bonn muss sparen: unterschiedliche Ligen
Nichts gegen Bonn, die machen da sicher, wie seneca auch schreibt, "solides" Theater, mit Ausreißern nach oben wie nach unten. Normal halt. Aber dann versteigt sich seneca zur Behauptung, dass man von Köln nach Bonn reisen müsse, um "gutes, gekonntes Theater" zu sehen - echt jetzt? Aus eben diesem Köln, das seit der Intendanz Karin Beiers von Erfolg zu Erfolg eilt? Könnte seneca vielleicht mal auf dem Teppich bleiben und anerkennen, dass Köln und Bonn zwei unterschiedliche Ligen sind - was nicht heißen soll, dass man am Zweitliga-Spitzenreiter Bonn hemmungslos rumstreichen darf.
Bonn muss sparen: auf Risiko setzt man in Köln
@ Falk Schreiber: Ja. Genau. Politisch relevantes und sich auf den umgebenden öffentlichen Raum beziehendes Theater findet man aktuell wohl eher in Köln als in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn. Karin Beier bedient nicht einfach den Wunsch nach Repräsentation bzw. Widerspiegelung der sogenannten "rheinischen Frohnatur", sondern sie setzt auf Risiko:
"Natürlich ist dann nicht alles gleichermaßen gelungen. Aber es gab ein Bekenntnis zum Risiko. Und wir haben darauf vertraut, dass man den Zuschauern etwas zumuten darf, dass man sie fordern und anstrengen kann; dass man nicht, wie beim Quotenfernsehen, von vornherein klein beigibt, noch bevor man sein Publikum überhaupt kennt, und den Zuschauern möglichst einfache und oberflächliche Kost serviert. Ich habe den Eindruck, die Kölner schätzen, dass wir sie sozusagen als Partner sehen." (TdZ, Mai 2010, H.Nr.5)
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