Mütter - Am Kosmostheater Wien problematisiert Milena Michalek die gesellschaftlichen Ansprüche an Frauen
Nancy Reagan machte sich Sorgen
von Theresa Luise Gindlstrasser
Wien, 30. Oktober 2018. Anno 2000, zur Eröffnung als kosmos.frauenraum, stand Elfriede Jelinek am Podium. Gründungsintendantin Barbara Klein leitete das Kosmos "Theater mit dem Gender" 18 Jahre. Das ist nicht nur lang, das ist viel feministische und queere Theorieproduktion seither. Die neue künstlerische Leiterin Veronika Steinböck proklamiert nun "Begehren" als Motiv der Saison: "Öffnen wir den Raum für Formen des Begehrens, die sich von traditionellen gesellschaftlichen Normen unterscheiden und suchen nach einer Form, in der sich das Anderssein artikuliert." Die Eröffnungsrede nach verlängerter Sommerpause kam von Marlene Streeruwitz. Und die erste Premiere der Spielzeit heißt "Mütter". Zwinker-Smiley: Regisseurin Milena Michalek ist Tochter der Mutter Steinböck. Gemeinsam mit dem Kollektiv YZMA macht sie hochtourige Diskurs-Verwurstungsabende, die bisher am Theater Drachengasse, dem Landestheater Niederösterreich und auch schon am Kosmos Theater liefen.
Muttersprache Mameloschn - Sara Ostertag versieht Sasha Marianna Salzmanns Stück am Kosmos Theater Wien mit Musik und Tanz
Ich frag doch nur
von Andrea Heinz
Wien, 5. Dezember 2017. Die Rollen fallen vom Himmel in Sara Ostertags Inszenierung von "Muttersprache Mameloschn" – oder zumindest vom Schnürboden des Wiener Kosmos Theater. Ein Packen Papiere, auf denen etwa geschrieben steht: "Die Tochter". Oder: "Die Tochter der Tochter". Oder auch: "Das Kind des Kindes". Sasha Marianna Salzmanns Stück, 2013 mit dem Mülheimer Publikumspreis ausgezeichnet, erzählt von drei Frauen, und es erzählt vor allem davon, wie schwierig, wie kompliziert, wie schön es ist, eine Mutter zu haben, Mutter zu sein: Da ist die Großmutter Lin, KZ-Überlebende und überzeugte Kommunistin, die in die DDR ging, um dort einen sozialistischen Staat aufzubauen. Clara, ihre Tochter, die mit dem Kommunismus, dem Judentum, mit ihrer Mutter hadert. Rahel, die Tochter der Tochter, die nach New York gehen möchte und sich eher mit ihrer ganz privaten, nämlich ihrer sexuellen Identität beschäftigt als mit Ideologie oder Religion. Außerdem gibt es Davie, Rahels Zwillingsbruder, den die Familie an einen Kibbuz verloren hat. Und dann wären da noch: Wut, Schuld, Verletzungen und Vorwürfe, zu viel Reden, wo Schweigen angebracht wäre, und Schweigen, wo ein Wort helfen würde, außerdem eine ganze Menge Liebe und (Über-)Fürsorge – was es in Familien eben so gibt.
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