antigone. ein requiem – Akademietheater Wien - Lars-Ole Walburgs österreichische Erstaufführung von Thomas Köcks Antigoneüberschreibung

Die große (An)klage

von Andrea Heinz

Wien, 12. September 2020. Man hatte fast ein kleines Déja-vu bei der österreichischen Erstaufführung von Thomas Köcks antigone. ein requiem im Akademietheater: Eine finstere Bühne, der Chor, die Flüchtlinge. Man denkt sofort an Elfriede Jelineks "Die Schutzbefohlenen", die 2015, wenn auch im Burg-, nicht Akademietheater, aufgeführt wurden. Damals war die sogenannte Flüchtlingskrise auf ihrem sogenannten Höhepunkt. Heißt: Sehr viele Menschen waren an Leib und Leben bedroht, versanken in Elend, hatten kein Zuhause mehr – und sehr viele andere Menschen schauten zu oder weg, während sie gleichzeitig von Humanität redeten. Wahrscheinlich hatten sie sogar recht, wahrscheinlich ist nichts menschlicher als das. Nichts ungeheurer als der Mensch.