Endstation Sehnsucht - Volkstheater Wien
Ein Alptraum in Pastell
von Theresa Luise Gindlstrasser
Wien, 29. März 2019. Blanche sucht die 632. Die Hausnummer ihrer Schwester Stella und dessen Ehemann Stanley. Pınar Karabulut lässt ihre Inszenierung von Tennessee Williams "Endstation Sehnsucht" mit einem Video beginnen – Blanche wird ein Jeton ausgehändigt, darauf steht: 632. Und weiter, weiter irrt Steffi Krautz durch farbfiltrige Hinterbühnen-Kämmerchen, da hängt ein Flucht- und Rettungsplan, da öffnet sie die Tür zum Publikum, das Volkstheater Wien als Elysische Gefilde Nummer 632. Unter einem Sonnenschirm mit bodenlangem Imkernetz wandelt Krautz vor dem eisernen Vorhang. "Nachtfalter" nennt sie sich selbst und spricht mit dem Aussprechen der Regieanweisungen ein New Orleans herbei. Später wird die Krautzsche Blanche Richtung Tribüne jauchzen: "Ich will keinen Realismus. Ich will Magie". Karabulut nimmt das ernst.
In Ewigkeit Ameisen - Jan Bosse adaptiert zwei Hörspiele von Wolfram Lotz für das Burgtheater in Wien
Von Rollstühlen, Igeln und einem brennenden Schwert
von Andrea Heinz
Wien, 22. März 2019. Sollte sich jemals ein außerirdisches Wesen für die Menschheit interessieren, es würde von ihr dieses vernehmen: "Hello from the children of planet earth." Das ist nicht nur deshalb rührend, weil da eine Spezies, die sich durch Mord, Rücksichtslosigkeit und Zerstörung hervorgetan hat, so tut, als könne sie kein Wässerchen trüben. Sondern auch durch den unerschütterlichen Glauben, mit dem sie daran festhält, dass es für ihre Botschaften immer einen Empfänger geben wird. (Der deutsche Text ist übrigens: "Herzliche Grüße an alle.") Auch in Jan Bosses Inszenierung von Wolfram Lotz’ "In Ewigkeit Ameisen" ist die Nachricht der unschuldigen Erdenkinder immer wieder zu vernehmen. Schließlich geht es in den Hörspielen "In Ewigkeit Ameisen" und "Das Ende von Iflingen", die im Akademietheater in der schlüssigen Fassung von Bosse, Gabriella Bußacker und dem Ensemble zur gemeinsamen Uraufführung kommen, genau darum: Was wird von der Spezies Mensch bleiben? Und: Wen, außer sie selbst, interessiert das eigentlich?
Opernball - Alexander Charim inszeniert den Roman von Josef Haslinger am Volkstheater Wien
Schlecht war's auch früher schon!
von Leopold Lippert
Wien, 17. März 2019. Zwar geben die rechtsextremen Terroranschläge in Christchurch vom vergangenen Freitag dem Theaterabend eine gar unheimliche Aktualität. Doch ansonsten ist Alexander Charims Inszenierung von "Opernball", nach Josef Haslingers Erfolgsroman der neunziger Jahre über ein rechtsterroristisches Giftgasattentat auf den Wiener Opernball, irgendwie aus der Zeit gefallen. In der Volkstheater-Außenstelle "Volx/Margareten" versucht man erst gar nicht, diskursive Brücken ins Heute zu schlagen.
Am Königsweg - Puppenspielmeister Nikolaus Habjan verneigt sich am Landestheater Niederösterreich vor Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek
Elfriede sei mit uns
von Martin Thomas Pesl
St. Pölten, 16. März 2019. Elfriede Jelinek hat oft Tagesaktuelles zu sagen, zeigt sich aber ungern in der Öffentlichkeit. Also ist es seit der Nestroyverleihung 2013 üblich – wird mittlerweile geradezu erwartet –, dass der Puppenspieler Nikolaus Habjan auszieht, ihre Botschaft zu verkünden. Er hatte für Matthias Hartmanns Burg-Inszenierung von Jelineks "Schatten (Eurydike sagt)" eine seiner großäugig furchterregenden Klappmaulpuppen mit Jelinek-Frisur ausgestattet und performte später, die Hand in dieser vergraben, ihren Dank für den Nestroy-Autorenpreis. Habjan, der so das von Nicolas Stemann eingeführte Stilmittel, Jelinek selbst durch eine Schauspielerin auftreten zu lassen, einen Schritt zurück in Richtung Künstlichkeit trug, wurde in Österreich weltberühmt und begann, sich als Regisseur auszuprobieren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er auch einen Text der Nobelpreisträgerin in Angriff nehmen würde.
Regie: Nikolaus Habjan
Regie: Anna Maria Krassnigg
Regie: Karin Koller
Regie: Hermann Beil / Michael Gampe
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