"Köln hat etwas Frisches verdient"

28. April 2023. Am Schauspiel Köln wird eine neue Intendanz gesucht: Noch-Theaterchef Stefan Bachmann geht bald ans Burgtheater in Wien. In Sachen top-down-Entscheidungen bei Leitungsfragen hat das Haus eine schwierige Vergangenheit. Eine kürzlich berufene Findungskommission soll es nun richten; das Ensemble hat in ihr keinen Platz. Ein Gespräch über Mitbestimmung, Arbeitsstrukturen, Diversität und die Rolle der Kulturpolitik bei diesen Entscheidungen.

Interview von Sophie Diesselhorst und Esther Slevogt 

Die Interimsspielstätte des Schauspiel Köln © Anna Lukenda

28. April 2023. Über die Intendant:innenfindung am Schauspiel Köln sprachen Sophie Diesselhorst und Esther Slevogt mit dem Ensemblesprecher Alexander Angeletta und der Dramaturgin Lea Goebel. 

nachtkritik.de: Eine neue Leitung für das Schauspiel Köln wird ab der Spielzeit 2024/25 gesucht. Intendant Stefan Bachmann geht und löst seinen Vertrag vorzeitig auf. Köln ist ja ein besonders gebranntes Kind, was top-down getroffene Entscheidungen angeht. Stichwort Carl-Philipp von Maldeghem. Wie ist der Stand der Dinge?

Lea Goebel: Wir merken bei allem, was gerade passiert, dass die Causa Maldeghem noch ganz schön tief sitzt – auch wenn das mittlerweile vier Jahre her ist. Niemand möchte, dass sich das wiederholt, vor allem natürlich die Kulturpolitik nicht. Gleichzeitig gucken viele Leute derzeit nach Köln. Zum Stand: Im Dezember ist Stefan Bachmann ans Burgtheater Wien berufen worden, und die Stadt Köln hat sich dann dazu entschlossen, die IFP-Personalberatungsagentur hinzuzuziehen. Gemeinsam haben sie eine Ausschreibung erarbeitet. Darauf konnte man sich bis Anfang März bewerben. Per se ist das ja erst mal ein guter Vorgang. Das passiert ja nicht besonders häufig, dass Intendanzen in dieser Größe öffentlich ausgeschrieben werden. Soweit ich weiß, hat die IFP die letzten Gesprächen mit den Bewerber:innen aus dieser Bewerbungsrunde geführt. In einem nächsten Schritt wird nun die Findungskommission, deren Mitglieder soeben öffentlich verkündet worden sind, zu diesem Prozess dazu kommen. Das Ensemble hat sich eine Position in dieser Findungskommission gewünscht. Es gab dazu auch mehrere Gespräche mit der Oberbürgermeisterin Henriette Reker und dem Kulturdezernenten Stefan Charles. Die Politik hat sich nun entschieden, das Ensemble nicht zu beteiligen. Die Politik hat sich für eine Kompromisslösung entschieden: Die Theatermitarbeiter:innen werden über den Personalrat in der Findungskommission vertreten sein, aber das Ensemble wird nicht beteiligt.

LeaGoebel uLea Goebel © Tommy Hetzel 

Wie groß ist die Enttäuschung darüber, dass das Ensemble, anders als von Ihnen gefordert, dort keinen Platz bekommt? Oder reicht Ihnen der Kompromiss, dass ein:e Vertreterin des Personalrats berufen worden ist?

Lea Gobel: Sehr groß. Die Entscheidung, einen Vertreter des Personalrats hinzuzuziehen, wirkt nach außen vielleicht wie ein Kompromiss, ist im Kern aber Augenwischerei. Die Person war nicht anwesend bei der ersten konstituierenden Sitzung der Kommission, ist nicht stimmberechtigt, sondern maximal beratend tätig und soll erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Prozess der Findungskommission hinzugezogen werden. Das ist kein Dialog und keine Position auf Augenhöhe, die in irgendeiner Weise partizipativ an der Findung beteiligt ist.

Alexander Angeletta: Wir appellieren noch einmal ganz deutlich an Stefan Charles und Henriette Reker, dass wir uns weiterhin wünschen, Teil der Kommission zu sein. Der Personalrat ist ein wichtiges Instrument der Mitarbeiter:innenvertretung, wir begrüßen ausdrücklich, dass da jemand dazugeholt wird. Die Gewerke und die Technik sind damit auch sehr gut vertreten. Das künstlerische Personal dagegen weniger; im Personalrat ist aktuell kein einziges Mitglied unter dem NV Bühne Solo beschäftigt.

Wie bewerten Sie abgesehen davon die Zusammensetzung der Findungskommission?

Lea Goebel: Erst einmal ist erfreulich, dass dem Wunsch, die Namen öffentlich zu machen, nachgekommen wurde. Allein das gestaltet sich schon anders als 2019. Dass zwei Frauen vertreten sind, ist gut, dass Herr Khuon dabei ist, wenig überraschend. Multiperspektivisch und divers ist die Kommission hingegen nicht aufgestellt und bildet zudem nur die Perspektive und Expertise der Intendant:innen ab. Man kann so ein Gremium auch noch breiter aufstellen. Die "Handreichung zur anstehenden Intendanzfindung" des dramaturgie-netzwerks (AG Intendanzfindung) schlägt beispielsweise zudem vor, Vertreter:innen der Stadtgesellschaft, Expert:innen für Diversity und Gleichstellung oder gar Vertreter:innen einer Organisation mit überregionaler Expertise wie ensemble-netzwerk, Art but Fair oder GDBA einzubeziehen.

Warum war es so wichtig für das Ensemble, in der Findungskommission zu sitzen? Warum war das eine Ihrer beiden Hauptforderungen?

Alexander Angeletta:  Hier ist 2013 ein Team mit dem Versprechen angetreten, dass nach zwei Jahren das sanierte Haus am Offenbachplatz wieder eröffnet würde. Das ist wiederholt nicht eingehalten worden und wir, das Ensemble, haben dann aber aus der Interimsspielstätte einen tollen Theaterstandort gemacht, uns das richtig erkämpft und auch ein Publikum dorthin gelockt. 2019 war dann das Ende in Sicht ...

... Stefan Bachmanns Vertrag sollte nicht verlängert, von Maldeghem sein Nachfolger werden ...

Alexander Angeletta:  ... Und auch dieses Hin und Her hat das Ensemble mitgemacht und dem Theater und Stefan Bachmann, der im Endeffekt doch verlängert wurde, die Stange gehalten. Eben auch mit der Perspektive, diesen Übergangsprozess bis zur Neueröffnung des sanierten Hauses verbindlich bis zum Schluss zu gestalten.

SchauspielKoeln.Interim 2014 RaimondSpekkingWikiCCBY SA4.0 Die Interimsspielstätte des Schauspiel Köln 2014 © Raimond Spekking Wiki CCBY SA4.0

Bei einem Podiumsgespräch trat am 17. April 2023 unter der Überschrift "Rethinking Intendanzfindung" auch der Kölner Kulturdezernent Stefan Charles auf, der unter anderem seine Befürchtung äußerte, dass sich niemand Kompetentes aus eigener Initiative für die Theaterleitung bewerben würde. Wie stellt sich das aus Ensemblesicht dar?

Lea Goebel: Diese Aussage stimmt so nicht. Es haben sich sehr viele kompetente Menschen beworben und zwar auch auf dem offiziellen Weg. Das wissen wir. Diese Aussage kam ja auf die Frage, wieso zweigleisig gefahren würde – also einmal mit der Personalberatungsagentur gearbeitet wurde, aber auch Leute von dem Kulturdezernenten persönlich angefragt wurden, sich zu bewerben. Stefan Charles hat sich in dieser Podiumsdiskussion insgesamt sehr schwer damit getan, klar zu formulieren, was genau Stand der Dinge des Bewerbungsprozesses zu dieser Zeit war.

Bei der Diskussion berichtete Charles ja auch von großen Schwierigkeiten, im "männlich dominierten Theaterbetrieb" andere als weiße männliche Kandidaten identifizieren zu können.

Lea Goebel: Dass er das so gesagt hat, ist mir noch sehr nachgehangen. Es gab ja auch lautstarke Bewertungen dieser Aussage im Publikum vor Ort und im Chat. Es war deutlich spürbar, dass sehr viele Menschen das anders sehen, aber er ist nicht müde geworden, das zu wiederholen: dass es für ein Haus in dieser Größe nur einen limitierten Pool gäbe, in dem man fischen könne. Und das stimmt einfach nicht. Iris Laufenberg, Sonja Anders, Karin Beier, Beate Heine, Barbara Mundel, Barbara Frey – es fallen einem doch ad hoc eine ganze Reihe von Frauen ein, die sogar noch größere Häuser als Köln leiten. Es gibt auch Frauen, die sich beworben haben auf die Position in Köln. Diese Tatsachen so unter den Teppich zu kehren, ist befremdlich, dieses Narrativ – das möchte ich im Jahr 2023 nicht mehr einfach so schlucken.

Alexander Angeletta: Dieses Narrativ gibt es ja auch in puncto Diversität. Dabei müssen die Kulturpolitiker:innen den Leuten halt die Chance geben, überhaupt in diese Positionen zu gelangen. Charles selbst ist am Zug – entgegen dem, was er im Gespräch auch immer wieder wiederholte, dass es ihm leid täte, aber er ja nichts tun könne.

AlexanderAngeletta Schauspiel Köln uAlexander Angeletta © Tommy Hetzel 

Sie haben als Ensemble ein Thesenpapier entwickelt mit Forderungen für die Zukunft des Schauspiel Köln, in dem Sie unter anderem schreiben: "Wir wollen eine multiperspektivische Intendanz mit Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten seitens des Ensembles." Gefordert werden außerdem moderne Arbeitsstrukturen. Dann geht es auch noch um den Kontakt zur Stadt, die Bürgerbühne, die Erhaltung des Standorts in Köln-Mülheim. Was davon ist Ihnen am Wichtigsten?

Alexander Angeletta: Das Wichtigste für uns ist schon, dass das Versprechen, dass wir an der Eröffnung am Offenbachplatz gestaltend mitwirken können, auch eingehalten wird. Dass wir diesen Ort auch mitdenken können. Ein bisschen geschieht das auch aus der Befürchtung heraus, dass womöglich alles, was wir hier in der Interimszeit aufgebaut haben, all die Arbeit, die wir geleistet haben, dann weg wäre und etwas komplett anderes gemacht würde. Ebenso fänden wir es essentiell, wenn Mülheim als Kulturstandort gehalten werden könnte – den wir hier überhaupt erst aufgebaut haben – dass das unser Erbe bleibt. Wir haben uns zudem familienfreundlichere Arbeitsbedingungen (wie beispielsweise den probenfreien Samstag) erkämpft und möchten, dass das bleibt. Das Thesenpapier ist aber nicht dogmatisch gemeint, sondern als Gesprächsangebot an die Kandidat:innen.

Das Ensemble hat sich für eine Interimslösung bis 2026 ausgesprochen. Können Sie kurz erklären, warum?

Alexander Angeletta: Der Vorschlag kam eigentlich von Stefan Bachmann, und zwar direkt schon im Dezember, als klar war, dass er nach Wien gehen wird. Und wir finden ihn gut, weil er allen Beteiligten mehr Zeit verschaffen würde, auch der Politik, den Prozess gut und transparent zu gestalten. Und natürlich auch den Kandidat:innen bzw. designierten Intendant:innen, sich vorzubereiten. In einem Jahr einen Spielplan auf die Beine zu stellen in einer Umzugssituation, ein Ensemble zusammenzustellen, das ist ein Mammutprojekt. Viele Regisseur:innen, die derzeit hier auf der großen Bühne arbeiten, sind zum Beispiel übernächstes Jahr schon alle ausgebucht!

Lea Goebel: Nachdem Stefan Charles diesem Vorschlag eigentlich bereits eine Absage erteilt hatte, hieß es in der Pressemitteilung zur Besetzung der Findungskommission dann doch, dass die Möglichkeit einer Interims-Lösung "ausdrücklich nicht ausgeschlossen" werde. Und das ist auch ganz folgerichtig. Seit Dezember ist zu viel Zeit vergangen. Die Personalie hätte ja eigentlich schon verkündet werden müssen. Selbst gute Kandidat:innen, die sich der Aufgabe gerne annehmen würden – und die gibt es! – werden unter diesen Umständen irgendwann einen Rückzieher machen, denn sie haben ja einen Ruf zu verlieren, und die Vorbereitungszeit ist einfach jetzt schon extrem knapp.

Dass der Umzug 2026 stattfinden würde, war ja auch schon vor Bachmanns Berufung nach Wien klar. Gab es dafür schon Pläne – vor Stefan Bachmanns vorzeitiger Berufung als Direktor des Wiener Burgtheaters?

Lea Goebel: Die Dramaturgie beschäftigt sich seit langem mit dem Umzug und hat bereits Visionen und Ideen entwickelt. Für uns war die Frage, wie man den Erwartungen gerecht wird, mit diesem teuren Umbau und dem Umzug auf die andere Rheinseite. Wir waren zum Beispiel schon in Gesprächen mit der Opernintendanz und haben überlegt, was es bedeutet, an diesem gemeinsamen Ort wieder enger zusammenzuarbeiten.

Es ist immer wieder zu hören, der Kölner Findungsprozess könnte ein Best Practice Beispiel sein, wie solche Prozesse transparent und unter Beteiligung aller relevanten Gruppen bezüglich ihrer Vertretet*innen gestaltet werden könnte. Wie sehen Sie das? Haben Sie Hoffnung, dass es tatsächlich ein “Kölner Modell” geben könnte? Auch ohne in der Findungskommission zu sitzen?

Lea Goebel: Wir und die Stadt Köln haben die Möglichkeit, einen großen Schritt in die richtige Richtung zu machen. Auch an anderen großen Häusern, in Hannover und Zürich zum Beispiel wird ja demnächst wieder gesucht. Für mich ist aber schon abgesehen von der Frage nach der Besetzung der Findungskommission viel gewonnen, wenn wir darüber öffentlich reden. Über 900 Leute haben die Podiumsdiskussion im Stream geguckt, vor Ort war es ebenfalls rappelvoll – man sieht daran das öffentliche Interesse an diesem Prozess. Und das produziert zusätzlich Druck auf die Kulturpolitik. Ihre Vertreter:innen können zur Verantwortung gezogen werden. Die Zeiten der Hinterzimmer-Entscheidungen sind vorbei. Theater ist ja häufig ein Ellenbogen-Betrieb, aber man merkt gerade, dass die Dinge sich ändern, und eine Solidarität entsteht, auch innerhalb der anderen Kölner Kulturinstitutionen.

Alexander Angeletta: Mir gibt schon Hoffnung, dass wir jetzt schon viele Gespräche mit der Politik geführt haben, das ist für mich ein absolutes Novum. Die vergangenen Monate waren für uns eine lehrreiche Zeit und eventuell haben wir auch in der Politik etwas angestoßen. Es ist etwas in Bewegung. Wir haben uns von anderen Ensembles inspirieren lassen. Das Ensemble des Thalia Theaters wurde in das jüngste Verfahren involviert, auch sie haben ein Forderungspapier verfasst. Auch in Aachen war die Findungskommission ein Musterbeispiel von Multiperspektivität. Da waren auch Vertreter:innen der Sparten dabei. Essen hat ein ständiges Gremium für diese Findungsprozesse. Stefan Bachmann berichtete, auch an der Burg sei ein Vertreter des Ensembles dabei gewesen. Die Oper Wuppertal hat das jetzt auch gemacht. Das jüngste Beispiel ist vermutlich Jena und könnte unter Best Practice fallen. Und die Ensemble-Vertretungen verschiedener Theater arbeiten immer mehr zusammen und bilden ein Netzwerk. Bühnenkünstler:innen und Schauspieler:innen im Besonderen waren bisher immer Individualist:innen, aber auch wir sind nun endlich mit einer neuen Generation mit neuen Vereinigungen wie dem Ensemble Netzwerk und einer stärkeren GDBA endlich an einem Punkt, wo wir uns mehr als Kollektiv begreifen und gemeinsam nach mehr Solidarität suchen.

Worauf hoffen Sie jetzt? Was erwarten Sie von der Findungskommission?

Alexander Angeletta: Wir fordern weiterhin eine Perspektive bis 2026.

Lea Goebel: Perspektive bis 2026 heißt übrigens nicht, wir wollen alle bis dahin bleiben. Das wollen ja gar nicht alle unbedingt. Aber auch für das Ensemble und die anderen künstlerischen Mitarbeiter:innen ist ein Jahr eine kurze Zeit, sich woandershin zu orientieren. Wir möchten das Verständnis dafür stärken.

Alexander Angeletta: Genau. Es geht darum, den worst case, einen Kahlschlag unter den Mitarbeitenden, zu vermeiden. Die Menschen zu schützen, die sich Existenzen und Familie in Köln aufgebaut haben. Wir haben diese Forderung untereinander am Anfang des Prozesses sehr kontrovers diskutiert. Der Einwand der Politik ist, dass es gar keinen Gestaltungsraum für die neue Intendanz gäbe. Aber das stimmt ja nie. Es wird natürlich immer Raum für künstlerische Setzungen geben, auch wenn Leute übernommen werden.

Lea Goebel: Nach elf Jahren hat Köln ja auch etwas Frisches verdient, dafür haben wir natürlich Verständnis.

Alexander Angeletta: Aber Kontinuität ist auch ein Wert.

Wie ist nach der Benennung der Findungskommission die Stimmung im Ensemble? Und was wird, glauben Sie, bleiben aus dieser Zeit der Politisierung?

Alexander Angeletta: Diese Zeit stärkt den Zusammenhalt in einer Phase, in der viele Ensembles vor einem Intendanzwechsel auseinanderfallen. Es ist ein langatmiger Prozess, aber: Wir bleiben weiter hartnäckig in der Forderung nach dem Platz in der Kommission und einer Perspektive bis 2026. Was bleiben wird, ist auf jeden Fall ein größeres Bewusstsein darüber, wie Theater auf einer übergeordneten Ebene gestaltet wird und dass wir als Künstler:innen darin einen Platz haben. Und wenn bei Euch bald ein Intendanzwechsel ansteht, ruft uns an!

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Kommentare  
Intendanzfindung Köln: Potentielle Intendantinnen
Keine Frage, man kann geschickter formulieren, als es Stefan Charles in der Podiumsdiskussion getan hat. Aber so wie ich ihn verstanden habe, ging es ihm bei der Frage nach geeigneten Frauen um diejenigen, die auch ab 2024 für eine Intendanz in Köln verfügbar sind. Aus der Liste von Lea Göbel wäre das nur Barbara Frey, die anderen werden dann ja andere Häuser leiten.

Es kommt halt ein bisschen darauf an, welche Kriterien man besonders hoch bewertet, wenn es um die Besetzung der neuen Intendanz geht.

Wenn man z.B. Leitungserfahrung sehr relevant findet, dann ist der Kreis tatsächlich überschaubar.
Intendanzfindung Köln: Klartext
Wenn Lea Goebel sagt: „ Perspektive bis 2026 heißt übrigens nicht, wir wollen alle bis dahin bleiben. Das wollen ja gar nicht alle unbedingt. Aber auch für das Ensemble und die anderen künstlerischen Mitarbeiter:innen ist ein Jahr eine kurze Zeit, sich woandershin zu orientieren. Wir möchten das Verständnis dafür stärken.“ heisst das doch im Klartext, die, die mitgenommen werden nach Wien und die, die in eine größere Stadt oder Bühne gehen können, wollen gehen und der Rest will Bestandschutz. Ich halte das für unredlich.
Ich bin selbst Schauspieler und für mich war in diesem Beruf meine Freiheit und meine eigene künstlerische und persönliche Entscheidung immer wichtig und die hat halt seinen Preis.
Wenn das Ensemble eh auseinander fliegt, braucht es doch eine Neufindung und Chancen für Leute, die zur Zeit nicht in Köln arbeiten…
Intendanzfindung Köln: Lasst die Kommission arbeiten!
Danke für das Interview. Auch an die Spielenden.

Der Wunsch des Ensembles nach Mitgestaltung ist nur bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehabr. Die Forderung mancher Ensemble-Mitglieder (auch in andren Städten), einfach überall mitzuwirken und vor allem möglichst immer verlängert zu werden nimmt absurde Züge und schadet den Fundamenten der relevanten Kunst und einer künstlerischen Vision. Wo kommen wir hin, wenn immer alle überall dabei sein und alles mitentscheiden wollen? Wenn alle Themen mit hunderten von Meinungen und Befindlichkeiten und Interessen überflutet werden? --> Zum langweiligen und erschöpfenden Chaos.

Die Kollision von hunderten von Meinungen ist kein Zeichen für eine lebendige Demokratie und absolut keine Garantie für gute Kunst.
Man braucht ein kompetentes Team und Leitungs-Erfahrung für so ein großes Theater.
Lasst die Kommission arbeiten und gebt ihnen Argumente und Reize mit, keine Befindlichkeiten. Mit gebetsmühlenartig wiederholten Stichwörtern aus dem Zeitgeist, PC-Floskeln und Pseudo-Kollektiven kommen wir kaum voran.
Intendanzfindung Köln: Findungskomission
Vielen Dank für dieses Interview. Grundsätzlich war die Podiumsdiskussion in Köln dringend nötig. Die Stadt verträgt es sehr gut, nach diversen und wiederkehrenden Fehlschlägen in der Kölner (Kultur)Politik, mit solch einer Diskussion konfrontiert zu werden. Es ist ja auch ordentlich Druck auf dem Kessel: die Sanierungskosten der Bühnen sind mächtig explodiert. Da wünscht sich so manch eine(r) stille Entscheidungen im Hinterzimmerchen. Es war ein Fehler, Stefan Bachmann, der ja an einem Punkt von sich aus gehen wollte, doch wieder zu verlängern. (...) Nun geht er früher, das war zu erwarten und die Zeit ist knapp. Da stellt sich schon die Frage, was eigentlich mit der Kulturpolitik los ist, ob es diese überhaupt noch gibt und wenn ja, ob sie sich willen-, phantasie- und ideenlos von den ca. drei bis vier ewig- gleichen Herren des Deutschen Bühnenvereins einlullen lässt. Ich teile die Haltung von Thomas. Auch ich frage mich als Schauspielerin zunehmend, wo die Reise eigentlich grundsätzlich hingehen soll, wenn alle nur noch verlängert werden. Meiner Meinung nach führt das zu künstlerischem Stillstand. Natürlich müssen wir weg von der Willkür und Leitende sollten schon genauer hinschauen müssen, wenn es um Nichtverlängerungen geht. Es gibt aber nicht nur die Intendanz, die ein Theater bei einem Neustart gestalten will. Auch Spielende lieben es, bei einem Neustart mit einem komplett neuen Team anzufangen. Dieser vermeintliche Trend, da kämen nur noch ein paar Leitende an ein Haus und übernehmen es "All-inclusive" und stülpen Allen ihre Ideen und Konzepte über- Zu Ideen und Konzepten gehören eben auch neue Spielende und ihr Blick. Und warum die Intendanz jetzt als oberstes Kriterium Leitungserfahrung haben muss....Natürlich braucht es Qualität, Erfahrung und Mut. Karin Beier hat 2007 die Kölner Intendanz ohne vorherige Leitungserfahrung bekommen. Sie war zu dem Zeitpunkt 42 Jahre alt und erfolgreiche Regisseurin. Neben den ewig gleichen Namen, die jetzt gefallen sind, gibt es selbstverständlich Frauen, auch jüngeren Alters, die starke Kompetenzen mitbringen, ein solches Haus zu leiten. Und zur vermeintlich zu grossen Einmischung zu vieler Akteure: niemand hat gefordert, dass "Alle" mitreden, ein zentrales Thema der Podiumsdiskussion war die sinnvolle Forderung nach einem transparenten (!) Berufungsverfahren durch eine Findungskomission bestehend aus ca. acht Teilnehmenden. Von einer solchen Findungskomission war bis dahin nichts zu hören und nichts zu sehen und darum nochmals Dank an Alle, die sich für diese Diskussion eingesetzt haben.
Intendanzfindung Köln: Nachfrage
Und wer sitzt, neben Herrn Khuon, in der Findungskommission?

(Anm. Redaktion: Alle Namen finden Sie hier: https://nachtkritik.de/meldungen/intendanz-schauspiel-koeln-findungskommission-benannt)
Intendanzfindung Köln: Ohne Leitungserfahrung
Halten Sie sich all fest: jedeR IntendantIn hat irgendwann einmal OHNE Leitungserfahrung angefangen und interessant ist folgendes: Karin Beiers Debüt in Köln hat die Stadt Köln als auch Beiers selbst erheblich ins positive gerückt, ebenso bei Kay Voges (der anders als Beier absolut unbekannt war) oder manch andere Person… Was soll das also? Hinzu kommt die unglaubliche Lüge, es hätten sich im Grunde keine qualifizierten Frauen und/ oder diverse Menschen beworben…
Das ist einfach schlichtweg unwahr!
Ich weiß von einem dreiköpfigen internationalen und intersektionalem Team (zwei Frauen und ein Mann), hochqualifiziert für diesen Job inkl Leitungserfahrung!!! Eingeladen wurden die immernoch nicht.
Die wären ein perfektes Team für die Stadt Köln!
Intendanzfindung Köln: Kompetenzen
International, intersektional, intergalaktisch oder ein Kollektiv zu sein (ein angebliches oder echtes), führt nicht automatisch dazu, qualifiziert, geschweige dann herausragend zu sein, kann, muss aber auf keinen Fall.

Eine Führungsposition muss außer herausragender fachlicher Vision verschiedenste andere Kompetenzdimensionen mitbringen oder sich damit gründlich auseinandergesetzt haben:

Entscheidungsfähigkeit, mittel- und langfristige strukturelle Planungs- und Umplanungs-Fähigkeit, faire und gerechte Kommunikationsfähigkeit, kritische Selbstreflektion (neben Überzeugungsfähigkeit), Geduld, Ausdauer und vor allem die Kompetenz, mit interner und externer Kritik und negativen Erfahrungen umzugehen, seien es künstlicher, personeller, gewerkschaftlicher, rechtlicher oder politischer Art .

Viele von sich überzeugte Künstler*innen (vor allem Regie) und Theatermanager scheitern schon daran, wenn man eine ihrer Entscheidungen oder künstlerische Qualität ihrer Arbeiten befragt oder leicht herausfordert. Sie verwechseln jede künstlerische (Klein-)Gruppenerfahrung mit Leitungserfahrung.
Intendanzfindung Köln: Struktureller Rassismus
@7: Is klar- war eher scherzhaft gemeint!
Dennoch: es gibt immernoch strukturellen Rassismus in unserer Branche… Und darauf zielt meine polemische Aufzählung ab… ein Schweizer Kulturdezernent mit Akzent geht klar aber dunkelhaarige oder gar nicht-weiße Leitungsmenschen müssen mehr mitbringen als hochqualifizierte Nachweise und Berufserfahrungen und sollten bestenfalls keinen Akzent haben und mehr Erfolg nachweisen als bekannte Namen?!
So wird sich Qualität nur seeeeehr schleichend- wenn überhaupt!- durchsetzen können…
Intendanzfindung Köln: Armutszeugnis?
Hallo Nachtkritik- Redaktion,

ich finde es ein ziemliches Armutszeugnis, dass Ihr auf diese Art Beiträge zensiert. Ihr habt eine entscheidende Passage aus meinem Beitrag gestrichen und einen weiteren Beitrag komplett ignoriert. Die Beiträge verstossen in keiner Weise gegen eine Nettiquette. Sie thematisieren indes wohl unliebsames. Haltet Ihr das nicht aus?

(Liebe Katharina, Unliebsames halten wir aus, aber wir kürzen zB Tatsachenbehauptungen, die sich durch Recherche nicht belegen lassen, auch oder weil sie Interna behandeln, was m.E. hier – im Abgleich der gekürzten Passage mit der veröffentlichten Version – der Fall zu sein scheint. Ich hoffe, das ist so nachvollziehbar? Viele Grüße von E. Philipp)
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