Politische, religiöse oder sonstige Barrieren

30. Mai 2017. Die Jury des 2017 in den Partnerländern Tschechien und der Slowakei ausgetragenen internationalen Dramenwettbewerbs "Talking About Borders" hat aus 35 Texten drei Siegerstücke gekürt. Das teilte das Staatstheater Nürnberg in einer Presseaussendung mit, das den Wettbewerb seit 2014 ausrichtet und als Uraufführungstheater des jeweiligen Siegerstücks fungiert.

Die Preisträger

Der 1. Platz, der die Uraufführung am Staatstheater Nürnberg und ein Preisgeld in Höhe von 3.500 Euro umfasst, geht der Mitteilung zufolge an den tschechischen Autor und Theaterkritiker Roman Sikora. "In der Traditionslinie von Jean Genet, Jean Paul Sartre oder Vaclav Havel erschafft der Autor aus sehr einfachen Phrasen und Begriffen der Alltagssprache einen einzigartigen Sprachkosmos", begründete die Jury ihre Entscheidung.

Platz 2 und ein Preisgeld von 2.000 Euro erhielt die slowakische Dramatikerin Lenka Cepkova für ihr Stück "Do we live". In ihrer Begründung lobte die Jury das Drama als einen soziopolitisch angelegten Text  "mit sehr spielerischem Zugang: Die Schauspieler verkörpern ganz unterschiedliche Rollen, aber auch Identitäten. Das Stück handelt dabei in der sozialistischen Vergangenheit, der nationalen Gegenwart und einer zerbrochenen slowakischen Zukunft."

Mit dem 3. Platz und 1.500 Euro wurde das Stück "Wohnung in der Vorstadt der Welt" der tschechischen Autorin Michaela Stechova ausgezeichnet: "Auf den ersten Blick erscheint das Stück als amüsante schwarze Komödie. Auf den zweiten aber erscheinen hochaktuelle Themen: Bedrohung durch Terrorismus, die Angst vor anderen Kulturen, die post-faktische Gesellschaft. Das Stück blendet auf kluge Weise Tschechien und Deutschland ineinander, versucht erfolgreich, mit Unterschieden und Ähnlichkeiten von europäischen und nicht-europäischen Kulturen zu arbeiten und die Lächerlichkeit von Vorurteilen zu entlarven – und ist damit auch im besten Sinne ein Well-made-Play", so die Jury. Wahlweise wird das zweit- oder das drittplatzierte Stück am Partnertheater F. X. Šalda-Theater Liberec zur Uraufführung kommen.

Der Wettbewerb

Der Wettbewerb "Talking About Borders" wurde 2004 ins Leben gerufen, um Dialog und Begegnung zwischen Ost und West zu fördern. Autorinnen und Autoren eines Landes werden eingeladen, sich mit den Grenzen, die das Miteinander von Menschen und Gruppen prägen, auseinander zu setzen – seien es politische, religiöse oder sonstige Barrieren. Zu den Partnerländern früherer Ausgaben gehörten Serbien (2006), Bosnien-Herzegowina (2008), Albanien (2009), Bulgarien (2010), Rumänien (2011), Ukraine (2012), Georgien (2014), Armenien (2015) und Polen (2016).

Der Jury gehörten in diesem Jahr Simone Sterr (Leitende Dramaturgin Theater Bremen), Eva Maria Voigtländer (Leitende Dramaturgin Burgtheater Wien), Jan Simko (Dramaturg, Regisseur, Leitungsteam des Internationalen Theaterfestivals Nitra), Petr Christov (Leiter des Instituts für Theaterwissenschaft, Karlsuniversität Prag), Klaus Kusenberg (Schauspieldirektor Staatstheater Nürnberg) und der Regisseur Christian Papke als Projektleiter und Initiator des Wettbewerbs an.

(Staatstheater Nürnberg / sle)

 

Mehr lesen? Dieter Stoll über die Uraufführung des Siegerstückes 2016 am Staatstheater Nürnberg Life is Loading des polnische Autoren-Duos Mariusz Wiecek und Jerzy Wójcicki.

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