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Deniz Yücel tritt als Präsident des PEN zurück

14. Mai 2022. Der Journalist Deniz Yücel ist von seinem Amt als Präsident des Schriftstellerverbandes PEN ("Poets, Essayists, Novelists") zurückgetreten, wie diverse Blätter, darunter Die Zeit und die FAZ, melden. Ein Abwahl-Antrag war zuvor auf der Jahrestagung des deutschen PEN gescheitert. Yücels hatte das Amt beim PEN erst im Oktober 2021 übernommen.

Hintergrund des Rücktritts sind Streitigkeiten über die politische Ausrichtung des PEN, ausgelöst vom Krieg in der Ukraine. Auf der Lit.Cologne hatte sich Yücel dafür ausgesprochen, eine Flugverbotszone in der Ukraine nicht kategorisch auszuschließen, was ein aktives Eingreifen der NATO in den Krieg bedeutet hätte. "Daraufhin meldeten sich fünf ehemalige Amtsträger und Amtsträgerinnen mit dem Anwurf, Yücels Äußerungen verstießen gegen die Charta des PEN, der doch dem Frieden verpflichtet sei", schreibt David Hugendick in der Zeit.

Auch sei Yücel für einen ruppigen Kommunikationsstil kritisiert worden, so Hugendick weiter. Seinen Rückzug vom Amt quittierte Yücel mit den Worten: "Ich möchte nicht Präsident dieser Bratwurstbude sein."

Update, 13:55 Uhr. Laut Angaben des Tagesspiegels ist dem Rücktritt von Deniz Yücel das gesamte PEN-Präsidium gefolgt. Dem Präsidium gehörten neben Yücel zuletzt Heinrich Peuckmann als Generalsekretär, Joachim Helfer als  Schatzmeister, Ralf Nestmeyer als Vizepräsident und Writers-in-Prison-Beauftragter und Astrid Vehstedt als Vizepräsidentin und Writers-in-Exile-Beauftragte an sowie die Beisitzer Konstantin Küspert, Christoph Links und Nikola Anne Mehlhorn.

Übergangweise wird der Schriftsteller Josef Haslinger als Präsident dem PEN vorstehen, der bereits von 2013 bis 2017 PEN-Präsident war und anlässlich seiner Wahl zum Interims-Präsidenten ankündigte, dass er den "Neustart vorbereiten" wolle.

Update, 21:25 Uhr. Auf Twitter legt Yücel seine Kritik am PEN dar, dessen etablierte Mitglieder er in antiquierten Gesellschaftsbildern verhaftet sieht.

(zeit.de / faz.net / tagesspiegel.de / twitter.com | @Besser_Deniz / chr)

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Kommentare  
Streit beim PEN: Konkrete Fragen
die Bilder aus Gotha haben in mir Eindruck hinterlassen. Ohne tiefere Kenntnisse oder Einblicke ist es für mich extrem schwierig das Geschehen einzuordnen. Dennoch lassen mich zwei Momente der Berichterstattung weiterhin grübeln: Ein Interview von Konstantin Küspert, der ein Mobbing durch die Geschäftsstelle im Vorfeld bestreitet. Ein viral verteiltes Pressefoto von Christoph Nix, der vom Rednerpult aus einen kauerenden Deniz Yücel maßregelt.

Küspert & Nix sind etablierte Größen innerhalb der Theaterbubble, aber wo sind sie im Diskurs des PENs verortet?

Außer der sehr allgemeinen Anschuldigungen, ist die Medialberichterstattung doch recht oberflächlich geblieben. Wie und gegen wen richtete sich denn das vorgeworfene Mobbing? Warum stehen sich mit den Lagern im PEN auch zwei generation streitend Gegenüber?
Und ohne parteilich zu werden: Wie kommt es, dass auf einer Mitgliederversammlung einer vorgeblich intellektuellen Elite alle Regeln des guten Anstands und Respekts an der Gaderobeabgeben wurden?

P.S.: Mir geht es nur darum die Debatte zu verstehen.
Streit beim PEN: Bratwurstbuden
Es mag einseitig sein, was Deniz Yücel auf twitter geschrieben hat. Sollte aber nur die Hälfte der von Yücel zitierten Beispiele stimmen (der Beitrag in der heutigen (Montag) "Kulturzeit" auf 3sat legt das nahe), dann sollten sich durch den Vergleich die Betreiberinnen und Betreiber von Bratwurstbuden beleidigt fühlen - das sind doch wohl meist anständige Menschen, die einer sinnvollen Tätigkeit im Dienste der Allgemeinheit nachgehen.
In dem Beitrag ist ein Plakat mit einem Foto von Julian Assange zu sehen: Ihn und andere zu retten wäre wichtig. Das war auch einmal die Aufgabe des PEN.
Schade.
Traurig.
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