Medienschau: Standard, FAZ, SZ, et. al. – Peter Turrini zum 80. Geburtstag
Aufsässig, hellhörig, überschäumend
Aufsässig, hellhörig, überschäumend
29. September 2024. Diverse Medien gratulieren dem österreichischen Dramatiker Peter Turrini zum Geburtstag, der am 26. September achtzig Jahre alt wurde.
"Der theatrale Fieberkopf funktioniert weiterhin, für den Rest meiner Organe kann ich jedoch keinerlei Garantie abgeben", zitiert die Tiroler Tageszeitung (25.9.2024) den Dichter, der seine Geburtstagsfeier daher privat halten möchte und die Teilnahme an sämtlichen an ihn herangetragenen öffentlichen Festivitäten abgelehnt hat. Seine Parkinsonerkrankung zwinge ihn zu regelmäßigen Spitalsaufenthalten.
Rotzfrecher Anwalt der kleinen Leute
Sich selbst habe er bescheiden als "Heimatdichter" bezeichnet, bereits in den 1970ern sei Peter Turrini einer der meistgespielten Dramatiker des deutschsprachigen Raums gewesen, schreiben Margarete Affenzeller und Ronald Pohl in ihrer Würdigung in der Tageszeitung Der Standard (26.9.2024). "Als rotzfrecher Anwalt der kleinen Leute schenkte er diesen seine ganze Liebe – Turrini, Sohn eines Tischlers aus Maria Saal, ließ die Erniedrigten und Beleidigten rotzfrech sein: aufsässig, überschäumend, dabei hellhörig gegenüber den ungreifbaren Mächten von Ausbeutung und Gewalt. Als Autor von Klassikern wie Sauschlachten oder Josef und Maria scheute er weder Tod noch Teufel. Am wenigsten kümmert ihn bis heute der Kitschverdacht der Wohlmeinenden: Sie ersetzen durch Blasiertheit, was ihnen Turrini an Empathie meilenweit voraus hat. Als Co-Autor der Alpensaga hat er heimische Fernsehgeschichte geschrieben." Fünf Turrini-Klassikern sind Kurzporträts gewidmet.
Vom Skandalautor zum Klassiker
"Als Turrini 1971 im Volkstheater sein zorniges Debütstück 'Rozznjagd' uraufführte, kams noch zum Skandal," erinnert sich Karl-Heinz Roschitz in der Kronen Zeitung (26.9.2024). "Publikum und Politiker – empört! 'Auspeitschen sollte man Sie', rief jemand aus dem Parkett. Und als Dolores Schmidinger auf der Bühne ihre Brust entblößte, schrien manche 'Sauerei'. Und ein Jahr später löste Turrinis 'Sauschlachten' an den Münchner Kammerspielen wütende Proteste aus. Alle, die diese Premieren damals miterlebten, erinnern sich heute gern: Sie waren dabei, als Turrini seinen Durchbruch feierte. Als er dem abgelutschten Unterhaltungstheater eine Watschen verpasste, das Theater mit Kritik an Zivilisations- und Konsum-Müll politisierte. Und den Weg für Dramatiker wie Werner Schwab oder englisches Theater wie Ravenhills 'Shoppen & Ficken' oder Sarah Kane in Wien ebnete. Turrinis Stücke werden von New York bis São Paulo oder Seoul gespielt. Er hat Theatergeschichte geschrieben. Der 'Skandalautor' wurde zum Klassiker."
Weit weg von seinen Ursprüngen
Geboren im Kärntner Lavanttal als Sohn einer slowenisch-steirischen Hausangestellten und eines italienischen Kunsttischlers, erinnere Turrini sich an seine Kindheit und Jugendzeit 'am Land', also quasi in der Provinz, als 'geprägt von Karambolagen', schreibt Martin Lhotzky in seinem Geburtstagsartikel in der FAZ (26.9.2024). Was Lhotzky zufolge weniger mit Turrinis Familie und mehr mit der durchaus provinziell zu nennenden Situation in Österreich bis in die späten Sechzigerjahre zu tun hat. "Wen wundert es also, dass Turrini ab der Mitte jenes Jahrzehnts lieber als Hilfsarbeiter in der Metallindustrie, Magazineur einer Textilfabrik, auch als Hotelmanager in Norditalien oder Werbetexter für eine amerikanische Agentur, alles weit weg von seinen Ursprüngen, arbeitete und über ein Jahr lang gar auf Rhodos lebte?"
In 30 Sprachen übersetzt
"Peter Turrini hat bisher 36 Theaterstücke geschrieben, einige davon sollte man mal wieder aufführen," schreibt Egbert Tholl in der Süddeutschen Zeitung (25. 9.2024). "Außerdem drei Opernlibretti, 14 Drehbücher und 17 Hörspiele, seine Stücke wurden in 30 Sprachen übersetzt. Immer sind seine Stücke ebenso witzig wie menschenfreundlich, aber nie freundlich zu denen, die zu anderen Menschen nicht freundlich sind. Sein Vater, ein Kunsttischler, war Italiener, in Kärnten fühlte sich Turrini lange Zeit nicht wohl, ein Vorfahr war ein italienischer Freiheitskämpfer, das sagt vielleicht schon alles."
(Tiroler Tageszeitung / Kronen Zeitung / Der Standard / FAZ / SZ / sle)
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