Presseschau vom 23. Juli 2011 – Die Berliner Zeitung interviewt Felicia Zeller
Dramaturgen gehören abgeschafft
23. Juli 2011. Im Magazin der Berliner Zeitung vom Wochenende gibt es ein Interview mit der Berliner Autorin mit schwäbischem Migrationshintergrund Felicia Zeller zu lesen (das Ulrich Seidler und Dirk Pilz geführt haben.) Darin geht es um Hip-Sein in Neukölln, Schwabenhass und Hackfressen, um Online-Sexkliniken und Ficksimulatoren. Vor allem aber geht es ums Theater. Schließlich ist Frau Zeller Dramatikerin.
"Dramatiker sind gut, wenn sie einen Sprachkörper auf die Bühne stellen können," erfahren wir zum Beispiel. "Ich habe immer ein 3D-Bild von meinen Stücken im Kopf. Bei "Kaspar Häuser Meer" ist es so eine Maschine", (jetzt protollieren die Interviewer eine Handbwegung "als würde sie etwas umrühren"). Ihr Stück "Gespräche mit Astronauten" hingegen sehe "so aufsteigend aus, mit zerstreuten zersprengten Sternen. Das ist mehr so eine Maschine" – (woraufhin die Interviewer eine Dramatikerinnen-Handbewegung "als würde sie das Umgerührte in die Luft werfen" notieren.)
Marcus Lobbes' Freiburger Uraufführung von "Kaspar Häuser Meer" sei ein Traum gewesen. Für den habe sie dann auch "Gespräche mit Astronauten" geschrieben. "Das war ein Auftrag des Freiburger Theaters, und das ist geplatzt. Wir waren schon bei der Konzeptionsprobe, und dann gab es die ganzen Probleme mit der politischen Korrektheit. Der Text sei frauenfeindlich. Aber es spielten auch ein paar menschliche Sachen hinein. Ich habe keinen Bock, mich um deren Probleme zu kümmern. Ich bin kein Psychiater. Wenn ich einer wäre, hätte es vielleicht noch geklappt ...
... Der Autor wurde an diesem Hause als jemand betrachtet, der die Meinung der Theaterleitung in Worte packen soll. Das habe ich nicht geleistet. Ich habe gesagt: Hier ist meine Skulptur, und los geht's. Man hätte zumindest erst einmal anfangen müssen. Es ist ja nicht so, dass ich keine Änderungen machen würde. Aber man kann nicht das ganze Prinzip, die Grundform eines Textes aufgeben ...
... Es war auch ein Experiment: Wer hat mehr Einfluss, der Dramaturg oder der Dramatiker? Und ich habe gesehen, der Dramaturg hat mehr Einfluss. Und ich bin dagegen. Der Beruf des Dramaturgen gehört abgeschafft. Die sind nicht kreativ tätig. Und wenn man in dem Prozess Widerworte gibt, wird man schnell aus dem Betrieb ausgeschlossen. So kann man als Künstler nicht arbeiten. Das darf man sich nicht gefallen lassen."
(sle)
Alles über Felicia Zeller auf nachtkritik.de im Lexikon.
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Aber Kritiker, das ist ein prima Beruf. Die winken 'Gespräche mit Astronauten' durch nach Mülheim, und wundern sich dann dort über die Qualität der Veranstaltung.
Chapeau!