Presseschau vom 6. Juli 2011 – Die taz erklärt die Bonner Sparvorhaben
Konzeptlos
Konzeptlos
6. Juli 2011. Klaus Weise, der Generalintendant in Bonn, will seinen Vertrag über die Spielzeit 2012/2013 hinaus nicht verlängern, aus Protest gegen die geplante Kürzung des Theateretats um 3,5 Millionen Euro (nachtkritik.de berichtete). Denn wo gespart werden solle, sei völlig unklar, nachdem die Stadt betriebsbedingte Kündigungen sowie die Schließung der Kammerspiele ausgeschlossen hat, schreibt Hans-Christoph Zimmermann (taz, 6.7.2011).
Weise selbst habe mehrere Vorschläge gemacht. So könne er sich die Erhöhung der Eintrittsgelder, die Nichtbesetzung von frei werdenden Stellen oder Sponsoring für eine Oper- und eine Schauspielproduktion vorstellen; das würden immerhin 1,5 bis 2 Millionen pro Jahr bringen würden. "Über dieses Modell hat niemand mit mir geredet", sagt er laut taz.
Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch dagegen, der vom Theater eigene Anstrengungen erwartet, habe völlig anders gerechnet. Das Theater erhalte derzeit 27 Millionen Euro an Zuschuss und der bleibe bis 2015 konstant. Auf Nachfrage, was mit Tariferhöhungen sei, sagte Nimptsch der taz: "Es ist sowohl eine Tarifsteigerung eingepreist wie eine Kürzung von 3,5 Millionen, so dass sie unter dem Strich immer eine 27 da stehen haben."
Was Nimptsch hier "arithmetisch-kreativ als Konstanz verkauft, steht zwar als buchhalterisches Wunschszenario im Haushaltsansatz, geht aber nur durch Einsparungen", kommentiert Zimmermann.
Generalintendant Klaus Weise wolle die Rechenspiele nicht mehr mittragen, "weil solche Summen nur durch die Kündigung von befristet angestelltem Personal, meist Künstlern, zu erzielen seien. Bei 3,5 Millionen Euro wären es allein 70 Stellen. Das wiederum würde Vorstellungszahl und Einnahmen reduzieren. Eine Milchmädchenrechnung für die Melkkuh Bonner Theater, die seit 2000 ihren Etat bereits um 14 Millionen Euro reduziert und die Hälfte des Personals gestrichen sowie auf eine eigene Tanzcompagnie verzichtet hat".
Die Bonner Kulturpolitik irrlichtere "momentan zwischen Aktivismus, Konzeptlosigkeit und Legitimierungsstrategien herum", so Zimmermann. Und die Bonner Spardebatte lehre dabei noch etwas anderes. Jürgen Nimptsch betone, dass eine Schließung der Kammerspiele in Bad Godesberg "aus stadtentwicklungspolitischen Gründen" nicht infrage komme. Weil nämlich in das ehemals bürgerliche Bad Godesberg immer mehr migrantenstämmige Familien ziehen, solle das Theater in Dienst genommen werden für interkulturelle und integrative Maßnahmen: "Was die Politik nicht schafft, delegiert sie an die Kultur. Mehr Geld gibt sie dafür nicht. Im Gegenteil."
(dip)
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Die andere Frage ist, welche Folgen eine Kürzung für das Theater Bonn hätte.