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Das Saarbrücker Schauspielensemble solidarisiert sich in einem Offenen Brief mit dem Volkstheater Rostock
Gab es denn gar keine Alternative?
18. April 2011. Das Schauspielensemble des Saarländischen Staatstheaters Saarbrücken hat sich in einem Offenen Brief an Roland Methling, den Oberbürgermeister der Stadt Rostock, an Liane Melzer, die Rostocker Kultursenatorin, an Peter Leonard, den Intendanten des Volkstheaters Rostock, sowie an die Mitglieder des Volkstheaters gewandt.
Die Saarbrücker bringen in dem Brief ihre Verwunderung über die kurzfristig anberaumte Schließung des Rostocker Großen Hauses zum Ausdruck, die keine Zeit gelassen habe, "das Theater auf diese schwierige Situation vorzubereiten" und einen "vernünftigen 'Alternativ'-Spielbetrieb" zu entwickeln. Zudem hält das saarländische Ensemble es für geboten, deutlicher, als dies bisher geschehen ist, "die Öffentlichkeit auf die Situation in Rostock, aufmerksam zu machen" – nicht zuletzt von seiten der Theaterleitung. Zudem bekundet das Saarbrücker Ensemble, dem mit Benjamin Bieber und Johannes Quester zwei ehemalige Mitglieder des Volkstheaters Rostock angehören, seine Solidarität. Wir dokumentieren im Folgenden den Offenen Brief im Wortlaut.
(wb)
Offener Brief
Saarbrücken, den 14.04.2011
Sehr geehrter Herr Methling,
sehr geehrter Herr Leonard,
sehr geehrte Frau Dr. Melzer,
liebe Kollegen des Volkstheater Rostock,
mit Schrecken haben wir vernommen, dass das Große Haus des Volkstheater Rostock am 22.02.2011 mit sofortiger Wirkung und auf unbestimmte Zeit, geschlossen wurde. Die Begründung, dass nicht ausreichende Brandschutzvorkehrungen das Publikum und die Mitarbeiter des Volkstheater gefährden, erklärt diese Vorgehensweise. Dennoch fragen wir uns, wie das Haus weiterhin die Umsetzung des Spielplans gewährleisten kann, damit die Bürger/Innen der Stadt Rostock in den gewohnten Genuss von Kunst und Kultur kommen können.
Das Schließen von Spielstätten auf Grund von Sanierungsarbeiten, ist kein unüblicher Vorgang. Derzeit wird beispielsweise das Stuttgarter Schauspielhaus einer Sanierung unterzogen. Der Spielbetrieb wird gewährleistet, indem übergangsweise eine alte Industriehalle genutzt werden kann. Ein anderes aktuelles Beispiel ist das Theater Heidelberg, das für einen Zeitraum von drei Jahren u.a. in einer alten Feuerwache seine Arbeit fortsetzt. Diese Häuser hatten ausreichend Zeit, sich auf diese Ausnahmesituation vorzubereiten.
Jeder von uns kann sich jedoch ausmalen, dass die Entscheidung, das Große Haus in Rostock von einen auf den anderen Tag zu schließen, einen vernünftigen "Alternativ"-Spielbetrieb nur ausschließen kann. Wir entnehmen dem aktuellen Spielplan des Volkstheater, dass ein Großteil der Produktionen ausgelagert werden konnte. Dennoch müssen viele Vorstellungen ausfallen und wir befürchten, dass auf Grund der Vielzahl von Ausweichspielstätten die Besucherzahlen sinken; zur Zeit spielt das Volkstheater an neun unterschiedlichen Orten.
Als Schauspielensemble können wir es nicht nachvollziehen, dass in einer großen Stadt wie Rostock das Theater so offenkundig einem Verlust von Ansehen und Aufmerksamkeit preisgegeben wird. Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass Rostock sich auf diese Weise, über kurz oder lang, um eine Attraktion ärmer macht.
Wir wundern uns, dass diese Entscheidung auf der Ebene von Stadtpolitik und Theaterleitung durchgesetzt werden konnte, obwohl vorhersehbar ist, was ein Ausfall der größten Spielstätte für das Theater bedeutet.
Wir stellen uns die Frage, ob denn gar keine Alternative zu diesem Vorgehen diskutiert wurde?
Wie wir den Medien entnehmen können, liegt das Gutachten, welches die Mängel beschreibt, schon eine ganze Weile vor. Hätte man dieses Zeitfenster nicht nutzen können, um das Theater auf diese schwierige Situation vorzubereiten?
Darüber hinaus wundert uns, dass die Leitung des Volkstheater die Situation scheinbar anders bewertet. Denn nur so lässt sich erklären, warum auf die Probleme des Hauses öffentlich, vor allem überregional, bisher in einem nur unzureichenden Maße hingewiesen und kaum Stellung bezogen wurde.
Am Beispiel der Wuppertaler Bühnen und des Schauspielhauses in Hamburg wird deutlich, dass das Beschränken von Theaterarbeit eine große Solidarität unter Theaterschaffenden und -schauenden auslöst.
Warum, lieber Peter Leonard, meinen Sie als Intendant eines Theaters in dem nur noch sehr beschränkt Theaterarbeit möglich ist, dass ein Hilferuf nicht notwendig ist? Das verstehen wir nicht!
Da Kultur auf den Kürzungslisten der Finanzpolitik an erster Stelle steht, ist es um so wichtiger, die Öffentlichkeit auf die Situation in Rostock, aufmerksam zu machen.
Wir, das Schauspielensemble des Saarländischen Staatstheater Saarbrücken, möchten mit diesem offenen Brief unsere Solidarität mit den Mitarbeitern des Volkstheater Rostock bekunden. Wir machen damit kenntlich, dass auch uns die Schließung des Großen Hauses in Rostock angeht. Es betrifft nicht nur Kunst- und Kulturschaffende, deren Arbeitsplätze durch Theaterschließungen in Gefahr sind, es betrifft vor allem die Menschen der jeweiligen Stadt und der Region. Sie sind die Leidtragenden dieser Beschneidungen kultureller Arbeit.
Wir hoffen, dass auch andere Theater in Deutschland auf die Situation in Rostock aufmerksam werden und rufen dazu auf, sich unserer Solidaritätsbekundung anzuschließen und sich zu den Vorgängen in Rostock zu verhalten.
Das Schauspielensemble des Saarländischen Staatstheater Saarbrücken
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