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Die Stadt Aachen bittet ihre Bürger um Sparvorschläge
Entscheiden Sie!
Aachen, 8. Dezember 2010. Auf Antrag der CDU und der Grünen sollen die Bürger der Stadt Aachen über Sparvorschläge diskutieren, schreibt die Aachener Zeitung (8.12.2010). Ab 18. Januar soll es "für drei bis vier Wochen" ein Forum im Internet geben. Dort könne man sich anmelden und die Sparvorschläge bewerten. Die Verwaltung werde die Ideen erklären und Pro- und Kontra-Argumente sowie konkrete Zahlen auflisten.
Die Aachener Zeitung nennt folgende Fragen, die es zu diskutieren gilt: "Soll die Grundsteuer erhöht werden? Die Gewerbesteuer vielleicht? Soll es eine Bettensteuer geben? Sollen die Eintrittspreise im Theater erhöht oder dort gleich das Schauspiel dicht gemacht werden? Soll das Parken teurer und/oder das Ein-Euro-Busticket gestrichen werden? Ist das beitragsfreie Kindergartenjahr noch nötig, und sollen die Schulen aus Spargründen einen variablen Schulbeginn einführen? Soll das Kunstrasenprogramm für Sportplätze auf die Streichliste? Und soll die Verwaltung über Weihnachten Betriebsferien machen?"
Alles das seien "mehr oder weniger harte Einschnitte, die allerdings das 60-Millionen-Defizit der Stadt mildern würden". Die Bürger könnten auch eigene Spar-Ideen einbringen. Man wolle einen ernsthaften Dialog, sagte CDU-Fraktionschef Harald Baal: "Ich glaube, dass einige Abstimmungsergebnisse für Überraschungen sorgen."
Beschlossen werden soll dieses Beteiligungsprojekt in Sachen Haushalt am Mittwochabend im Stadtrat. Der Stadtrat soll sich mit dem Ergebnis vor der Verabschiedung des Etats im April befassen. Ob und welche Maßnahmen umgesetzt werden, wird der Rat allerdings selber entscheiden.
(dip)
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DAS SCHAUSPIELENSEMBLE DES THEATER AACHEN SAGT EMPÖRT:
WIR SIND ARBEITENDE MENSCHEN UND KEIN SPARMATERIAL!!
Einem Teil von uns jubeln gerade täglich 1600 Kinder als begeisterte Gemeinschaft beim Familienstück RONJA RÄUBERTOCHTER zu. Sie sind unsere Zukunft. Sie erleben etwas anderes als Fernsehen und Computer. Sie lernen, sich zu positionieren, lernen etwas über das Leben, werden vielleicht das Buch RONJA begeistert lesen (PISA lässt grüßen).
Wir sind ein Teil des Bildungsauftrages der Stadt Aachen. Wir sind empört, dass wir als arbeitende Menschen in einen Topf geworfen werden, in dem man Kunstrasen und Grundsteuer, Park- und Bustickets, Betriebsferien der Stadtverwaltung und Bettensteuer diskutiert.
Bei der Infragestellung des Schauspiels geht es direkt um Arbeitsplätze. Arbeitsplätze sollen im Internet verhandelt werden?
Wir arbeiten gerne hier. Wir sind Gesichter der Stadt.
Wir sind nicht nur SchauspielerInnen, DramaturgenInnen, TheaterpädagogenInnen, die man „mal schnell“ abschaffen kann. Wir sind viel mehr Menschen: in den Werkstätten, in der Technik, in der Verwaltung. Hier wird ein Betrieb zur Disposition gestellt.
Was wird den Menschen, die im Internet ihr Sparvotum abgeben sollen, suggeriert? Dass das Theater Aachen ohne das Schauspiel einfach so weiterexistieren kann? Wer errechnet nach welchen Kriterien das Sparpotential einer Spartenschließung? Bei der Auswahl im Bereich „Streichung von Leistungsangeboten“ (www. ratsinfo.aachen.de) ist die Schließung des Schauspiels der einzige Vorschlag, der für Menschen direkt den Verlust ihres Arbeitsplatzes bedeutet. Ist das den Verantwortlichen der Sparvorschläge überhaupt bewusst?
Wir erfüllen unseren Bildungsauftrag für die Stadt: „Nathan der Weise“, „Antigone“, „Kabale und Liebe“, „Berlin Alexanderplatz“, „Mobby Dick“, „Traumnovelle“: Literatur wird in unsere Gesellschaft getragen. „Der Fundamentalist“, „Die Pest – Menschen im Belagerungszustand“, „An den Wassern zu Babel“: Das Schauspiel wird zum Forum zur Diskussion über gesellschaftliche Werte. „Viel Lärm um nichts“, „Der Eingebildete Kranke“, „Gegen den Fortschritt“: Mit Humor und Spaß unterhalten wir auf hohem Niveau. All das gefährdet der Vorschlag, das Schauspiel zu schließen.
Die Wunde der großen Katastrophe des letzten Jahrhunderts als Motor für die Legitimation des Theaters ist mit Errichtung des Mahnmals in Berlin aufgebraucht. Die innere Vernarbung dieser Wunde kennt eine Nachwende-Generation nicht mehr.
Ein neuer Motor für eine weiterführende Hochkultur liegt im Verborgenen, schon vorhanden, aber nicht ausgesprochen. Solange das Schweigen anhält, regiert die Oberfläche. Und an der Oberfläche einer Stadtkultur ist ein Schauspielhaus immer lapidar, lakonisch.
Mangelnde Tiefe bleibt ein Problem.
Das Regietheater war eine Reaktion auf die große Wunde des vergangenen Jahrhunderts. Und all seine Ausläufer, das Spass- und Diskurstheater, wie die Dekonstruktion ebenfalls.
Eine Reaktion auf die inneren Wunden von heute bleibt bis dato aus. Sie alleine legitimierte eine neue Wiedergeburt des Schauspiels.
Stattdessen herrscht allerorts latent agressive Duldung der staatlichen Vernichtung von subventionsabhängiger Kunst.
"
Meine Frau war heute mit unserer Tochter (8 Jahre) im Subventionstheater Aachen und kamen tief enttäuscht zurück. Sie berichten, dass im "Familienstück RONJA RÄUBERTOCHTER" gruseliger Klamauk vorherrschte, Leute auf der Bühne in Unterhosen herumhüpfen, auf den Boden spucken, dass Aliens auftauchen usw. Unsere Tochter und ihre Mitschüler waren erschrocken und enttäuscht. Wo ist der Unterschied zu Fernsehen und Computer, sponge bob und die Simpsons?
enttäuscht? heißt das, dass ihre kinder erschrocken sind, lebendige menschen zu erleben, die eine geschichte erzählen, die z.b. in der verfilmung weit frecher (nackt! huhuu) dargestellt sind?!
dann sind sie also der täuschung enthoben (enttäuscht eben) und sehen etwas echtes, lebendiges, live eben, was zu konsumieren mehr einsatz und sinngebender sein kann als virtuelle eindringlichkeit. das ist der unterschied, den man aufrechterhalten und weitertragen muss.
@berger: Sie müssen sich bewusst sein, dass ihr kommentar zu einem einzelnen familienstück in diesem kontext ein kommentar zu einem kulturpolitischen prinzip ist. die weihnachtszeit ist die zeit im jahr, in der viele menschen ins theater gehen, die sonst nie da anzutreffen sind. man muss ja - wegen der kinder (ob das bei ihnen auch so ist, berger, weiß ich nicht - sie waren ja offenbar gar nicht dabei).
das problem, was auf dieser seite diskutiert wird, ist, dass die stadt aachen bürger fragen möchte, ob sie das theater noch wollen. natürlich werden negative antworten genau von denen kommen, die auf der grundlage einer enttäuschung argumentieren.
ronja räubertochter ist nicht eine geschichte über gutbürgerliche leute mit feinen manieren, sondern über räuber. und die spucken halt auch manchmal auf den boden. und es tauchen diverse fabelwesen auf, die meinetwegen auch an aliens erinnern können. wenn man sich entschließt, diese geschichte auf die bühne zu bringen muss man es auch mit einer gewissen konsequenz tun.
aber es geht hier wie gesagt nicht darum, ob es eine tolle inszenierung ist, sondern um ein prinzip - um das prinzip theater, sprich: es findet ein ereignis statt, live und in echtzeit, mit dem sich ein publikum (auch ein junges) auseinandersetzen darf, soll und muss.
verwechseln sie enttäuschung nicht mit einem argument in der aktuellen debatte um die aachener sparmaßnahmen!
Wann schreibt schon mal ein Kritiker ein Theaterstück? Wollen Sie nicht berichten?
Zum Stück siehe:
http://theater-aachen.de/index.php?page=detail_event&id_event_date=9179810
Letztlich stellt sich mir auch noch die Frage: was soll "Essen auf der Bühne" bringen? - Höchstens einen billigen Abklatsch von Wiener Opernball und großer Welt für eine abgehobene Klientel.