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Einladungen zum Berliner Theatertreffen 2019
Bemerkenswertes aus dreierlei Landen
Berlin, 30. Januar 2019. Zum Theatertreffen der Berliner Festspiele 2019 eingeladen sind:
1. Hotel Strindberg
Burgtheater Wien, Koproduktion mit dem Theater Basel, Regie: Simon Stone
Nachtkritik vom 26. Januar 2018
2. Oratorium
She She Pop in Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer Berlin, Festival Theaterformen, Münchner Kammerspiele, Schauspiel Stuttgart, Kaserne Basel, Schauspiel Leipzig, Kampnagel Hamburg, Künstlerhaus Mousonturm, FFT Düsseldorf, Konfrontacje Teatralne Festival Lublin und ACT Independent Theater Festival Sofia, Regie: She She Pop
Nachtkritik vom 9. Februar 2018
3. Das Internat
Schauspiel Dortmund, Regie: Ersan Mondtag
Nachtkritik vom 9. Februar 2018
4. Unendlicher Spaß
Thorsten Lensing in Koproduktion mit Schauspiel Stuttgart, Schauspielhaus Zürich, Ruhrfestspiele Recklinghausen, Kampnagel Hamburg, Theater im Pumpenhaus Münster, Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste, Künstlerhaus Mousonturm, Les Théâtres de la Ville de Luxembourg und Sophiensæle Berlin, Regie: Thorsten Lensing
Nachtkritik vom 22. Februar 2018
5. Dionysos Stadt
Münchner Kammerspiele, Regie: Christopher Rüping
Nachtkritik vom 6. Oktober 2018
6. Girl from the Fog Machine Factory
Eine Produktion von Thom Luz und Bernetta Theaterproduktionen in Koproduktion mit Gessnerallee Zürich, Théâtre Vidy-Lausanne, Kaserne Basel, Internationales Sommerfestival Kampnagel Hamburg, Theater Chur, Südpol Luzern, Regie: Thom Luz
Nachtkritik vom 17. Mai 2018
7. Das große Heft
Staatsschauspiel Dresden, Regie: Ulrich Rasche
Nachtkritik vom 11. Februar 2018
8. Persona
Deutsches Theater Berlin, Koproduktion mit dem Malmö Stadsteater, Regie: Anna Bergmann
Nachtkritik vom 30. November 2018
9. Erniedrigte und Beleidigte
Staatschauspiel Dresden, Regie: Sebastian Hartmann unter Verwendung der Poetikvorlesung von Wolfram Lotz
Nachtkritik vom 29. März 2018
10. Tartuffe oder das Schwein der Weisen
Theater Basel, Regie: Claudia Bauer
Nachtkritik vom 14. September 2018
Das gaben Berliner Festspiele-Intendant Thomas Oberender und Theatertreffenleiterin Yvonne Büdenhölzer heute zusammen mit der Jury im Rahmen einer Pressekonferenz im Haus der Berliner Festspiele bekannt.
Der Kritiker*innen-Jury gehörten dieses Jahr an: Margarete Affenzeller, Eva Behrendt, Wolfgang Höbel, Andreas Klaeui, Dorothea Marcus, Christian Rakow und Shirin Sojitrawalla. Die Jury sichtete und diskutierte im Zeitraum vom 22. Januar 2018 bis 20. Januar 2019 insgesamt 418 Inszenierungen in 65 Städten im deutschsprachigen Raum, 39 Inszenierungen waren in der näheren Diskussion, die Begründungen der Jury für ihre 10er-Auswahl findet sich hier.
Das 56. Theatertreffen der Berliner Festspiele findet vom 3. bis 19. Mai 2019 statt. Als Teil des Theatertreffens wird die 2. Konferenz der Theatermacher*innen "Burning Issues" einberufen. Initiiert von Nicola Bramkamp und Lisa Jopt war die 1. Konferenz am Theater Bonn 2018 der Startschuss für eine intensive Vernetzung der Theatermacherinnen untereinander und nur für Frauen zugänglich. Bei der dreitägigen Konferenz im Mai in Berlin, die sich gender- und diversitätsoffen an alle richtet, sollen die Themen Diversität und Geschlechtergerechtigkeit im Theater nachhaltig diskutiert und konkretisiert werden.
Beim Theatertreffen werden drei Preise verliehen: der 3sat-Preis, der Alfred-Kerr-Darstellerpreis und der Theaterpreis Berlin der Stiftung Preußische Seehandlung, der in diesem Jahr an das Performancekollektiv She She Pop vergeben wird.
(Berliner Festspiele / jnm)
Video-Interview zur Auswahl mit zwei Theatertreffen-Juror*innen
Das Interview führte Esther Slevogt
Presseschau
Fazit? Dreimal Osten, dreimal Frauen, dreimal freie Szene. Schon ganz gut, finden die meisten Kommentator*innen, aber noch nicht gut genug! Für Susanne Burckhardt von Deutschlandfunk Kultur (30.1.2019) hätten es noch mehr Frauen sein dürfen, die Provinz vermisst sie vollständig: "... als gäbe es in all den hunderten kleineren Stadttheatern nichts Überraschendes, Mitreißendes, Ungewöhnliches." Immerhin, sie attestiert der Theaterwelt einen allmählichen strukturellen Wandel in Sachen Gendergerechtigkeit und Machtmissbrauch, der eines Tages auch in der Theatertreffen-Auswahl zu erkennen sein wird.
Ein "Zug ins Große" fällt Christine Dössel in der Süddeutschen Zeitung (30.1.2019, 18:35 Uhr) auf. "Es sind gewaltige, bildstarke Entwürfe, die die Auswahl prägen, oft mit dem Konzept der Auflösung einer konsequent narrativen Erzählung bis hin zum Fragmentarischen."
Auch Patrick Wildermann summiert Großes für den Tagesspiegel (30.1.2019, 17:23 Uhr): "Ein Besuch in der Nebelmaschinenfabrik, ein zehnstündiges Antiken-Event mit Verköstigungsangebot, der epileptische Krampf als Spielmethode, eine Gothic-Geisterbahn und ein sexbesessener Schweine-Guru namens 'Tüffi' – das sind nur ein paar der Trouvaillen, mit denen vom 3. bis 19. Mai das 56. Berliner Theatertreffen bestückt sein wird." – und freut sich über gleich zweimal Berliner freie Szene im Programm.
Trend Nummer zwei: Koproduktionen. "Fünf der zehn eingeladenen Inszenierungen sind in Koproduktion entstanden", kommentiert Fabian Wallmeier im rbb (30.1.2019, 17:17 Uhr). "Das trifft auch auf alle drei Arbeiten mit Beteiligung von Berliner Häusern zu." Wallmeier sieht darin künstlerische Chancen: "Ob Wien und Basel, Berlin und Malmö oder die den ganzen deutschsprachigen Raum umspannende Groß-Koproduktion – es tut dem Theater ganz offenkundig gut, wenn die Häuser sich auch einmal zusammen tun. Das System Stadttheater hat damit nicht ausgesorgt – im Gegenteil: Es öffnen sich ihm neue Möglichkeiten."
Und noch ein Trend schlägt sich in der Auswahl nieder – und zwar jener, alte Stoffe zeitgenössisch zu überschreiben. Was Simon Strauß in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (31.1.2019) zu der Aussage verführt: "Kein einziges Theaterstück wird zum diesjährigen Theatertreffen nach Berlin eingeladen." Dafür gebe es Romanadaptionen, Filmverarbeitungen, Projektentwicklungen, partizipatorische Performancekunst und "zwei sehr großzügig gefasste Stoffaktualisierungen". Für Strauß eine "Kampfansage der Jury", die Form des Theaterstücks solle endgültig zerbrochen und abgeschafft werden – und mit ihm die Dramatikerinnen und Dramatiker, Dramaturgien und Theaterverlage. "Inhaltlich wird durch die Auswahl behauptet, dass Theaterstücke von gestern und heute keine 'Gegenwart' mehr einfangen können. Dies suggeriert dem Zuschauer: Nur wenn du in Abende 'nach' gehst, schaust du auf der progressiven Seite. Wer etwas 'von' sehen will, kann ja ins Museum gehen."
Ein bisschen Lokalpatriotismus darf aber auch sein: Daniele Muscionico jubiliert in der Neuen Zürcher Zeitung (30.1.2019, 15:50 Uhr): "Das Theater Basel ist Jury-Liebling des Berliner Theatertreffens".
Und für Christoph Leibold vom Bayerischen Rundfunk (30.1.2019, 16:54 Uhr) ist die erneute Einladung der Münchner Kammerspiele – seit Matthias Lilienthals Antritt 2015 regelmäßig beim Theatertreffen zu Gast – ein Beweis dafür, "dass die Kritik an ihm [Lilienthal] haltlos ist". Zumal der "fulminante Antiken-Marathon 'Dionysos Stadt' von Hausregisseur Christopher Rüping" nicht nur ein Kritiker*innenliebling sei, sondern sich trotz zehn Stunden Spieldauer "dank wachsenden Zuschauerzuspruchs" im Spielplan halte.
Jürgen Deppe hat für den NDR (31.1.2019, 10:13 Uhr) mitTheatertreffen-Jurorin und nachtkritik-Autorin Shirin Sojitrawalla gesprochen - über die Heterogenität der TT-Jury in Sachen Herkunft, Hintergrund, Theater-Geschmack und Sehgewohnheiten. Über den leer ausgehenden Norden und ein gut aufgestelltes Dresden, über Texttreue und über die Produktionsbedingungen in der freien Szene.
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(Liebe Theaterkritik - vielleicht gehts genauer, was genau ist denn peinlich daran? die nachtkritik)
Zu She She Pop und Thom Luz kann ich leider nichts sagen,
Aber bei der Entscheidung Rasche, Mondtag und auch Bauer (warum zweimal Basel?) kann man nur den Kopf schütteln und das TT einfach vergessen.
Wie lächerlich es einfach von der Jury ist, Mondtag und Rasche seit Jahren zu protegieren. Bei Rasche hat sich nach "Die Räuber" (wow, Figuren treten auf der Stelle, was eine Idee! Und das hat er in Frankfurt auch schon gemacht) in den letzten Inszenierungen nichts mehr verändert. Und Mondtags Kunst war auch bereits bei "Tyrannis" erschöpft.
Mir geht es ähnlich wie Kommentar#4. Bei allem Respekt für die subjektive Wahrnehmung künstlerischer Qualität, fühlt sich diese Auswahl doch irgendwie sehr so an, als hätte sich eine scheidende Jury noch ein letztes Mal auf ihre jeweiligen Lieblinge und Favoriten geeinigt, um diese noch ein letztes mal zu protegieren, bevor zum nächsten Theatertreffen eine andere Jury dann ihre Lieblinge und Favoriten protegiert. So viele Inszenierungen von RegisseurInnen, die diese Jury in den letzten Jahren schon eingeladen und teilweise zum ersten Mal für das Theatertreffen "entdeckt" hat, bei denen sich allerdings künstlerisch überhaupt nichts verändert oder weiterentwickelt hat. Da nehme ich Christopher Rüpings Arbeit aus, denn diese ist wirklich ein beeindruckender Entwicklungsschritt nochmal gewesen, und Sebastian Hartmanns Inszenierungen sind sowieso immer neue Werke bei aller Ähnlichkeit, die sie zueinander haben. Aber Ulrich Rasche, Ersan Mondtag, Simon Stone, Thom Luz und Claudia Bauer? Verzeihung, aber das ist doch seit Jahren bei aller Qualität immer das gleiche oder selbe, je nachdem wie man das sehen und dann nennen möchte. Da verstehe ich nicht warum das nochmal eingeladen werden muss. Außer eben, um es noch ein letztes Mal zu protegieren, bevor es vielleicht neue Lieblinge der kommenden Jury gibt und der Kreislauf von neuem beginnt...
Die Möglichkeit einer Debatte,
öffentlich,
auf der Höhe der Zeit,
mit starken Gegenlagern,
interessant für den gesamten Theaterbetrieb!
Wo stehen wir? Wo wollen wir hin?
Was ist Theater?
Was ist Kunst?
Was ist Autorenschaft?
Was ist Zuschreibung?
Welches Frauenbild diskutieren wir?
Spannend wärs gewesen.
Zündstoff hätts gegeben.
Schade!
Zwei Mal Dresden, Ostquote super
Drei Mal Koproduktionen, Freie Szene super
Dionysos Stadt, ohne diese Inszenierung wäre gar nichts gegangen super
Unendlicher Spaß, auch von einer kleinen Bühne jüngts von der VB gehoben super
Hotel Strindberg, großariges Ensemble Peters, Schwarz, Koch, Wuttke super
Persona habe ich jüngst gesehen und war begeistert, Harfouch super
Was also wollt ihr?
Mondtag absägen. Muss man nicht. Man kann ihn mögen oder auch nicht egal
Thom Luz sehe ich ähnlich.
Eine rundum runde Auswahl, finde ich.
Nicht anders in Österreich und der Schweiz; Bern wurde vermutlich nur besucht, weil dort 2017 die "Vernichtung" herkam, aber was ist mit Luzern und St. Gallen, mit Graz und Linz? In der "Basler Zeitung" war angesichts der doppelten Einladung nach Dresden zu lesen, dieses Jahr sei doch mal ein Zeichen für das Geschehen jenseits der Metropolentheater gesetzt worden. So sehr mich diese Einladung im Sinne einer Ost-West-Balance freut, so naiv ist doch die Aussage aus der BaZ. Das Staatsschauspiel Dresden ist noch ein wirkliches Staatstheater, hochsubventioniert und damit sicher genauso ein "Metropolentheater" wie die Häuser in München, Hamburg oder Stuttgart.
Ich spüre bei mir in letzter Zeit oft den Effekt: Achja, das habe ich vor zwei Jahren schon gesehen, aber damals besser. Und so höre ich es manchmal auch von anderen. Nach einigen sehr starken Jahren hat die Theaterkunst vielleicht gerad einen Hänger. Nicht schlimm, das wird wieder.