meldung

Kultureller Ehrenpreis der Stadt München für Frank Baumbauer

Menschenfischer ohne Netz

München, 1. Februar 2010. Frank Baumbauer, der bis zum Sommer 2009 die Münchner Kammerspiele leitete, wird der diesjährige Kulturelle Ehrenpreis der Stadt München zuerkannt, wie www.theater.de mit Bezug auf ddp meldet. Die Preisverleihung war ursprünglich auf den morgigen Dienstag angesetzt, ist nun jedoch wegen des Todes von Erna Baumbauer, der Mutter des Geehrten, verschoben worden. Die Laudatio wird der Regisseur Jossi Wieler halten, der unter Baumbauers Intendanz verschiedene Inszenierungen herausgebracht hat, u.a. die hochgelobte und auch von Baumbauer selbst besonders geschätzte Jelinek-Arbeit Rechnitz (Ein Würgeengel) (November 2008).

Die Jury begründete ihre Entscheidung mit Baumbauers großen Verdiensten um die Kammerspiele, die er acht Jahre lang als Künstler geleitet habe, "dessen Kunstwerk allabendlich seine Wirksamkeit entfaltet: die Ensemblearbeit selbstverantwortlicher Menschen, die ihre Mitverantwortung für den Anderen, für das Werk, für den Abend, also auch für das Publikum, mit Konzentration, Sorgfalt und Respekt ausagieren". Sorgfalt, Respekt, Konzentration, Ehrlichkeit, Offenheit und Zuneigung seien für Baumbauer "keine großen Worte, sondern gelebte Wirklichkeit". Er sei "ein Menschenfischer ohne Netz", kenne "jene Kunst, andere Künstler in unterschiedlichen Konstellationen zusammenzuführen, um die ihnen eigene Kreativität zu potenzieren zugunsten eines wunderbaren Zusammenklangs". Der Erfolg seines Theaters sei "getragen von der Lust an Neuem, Unerhörtem, Ungesehenem, von der Konsequenz, Zeitgenossenschaft auch bei den Klassikern zu entdecken, und von der Kontinuität theatraler Arbeit, deren Zentrum das Ensemble ist". Unter Baumbauers Leitung seien die Kammerspiele "auch ein Forum für eine erweiterte Münchner Öffentlichkeit" geworden, "die sich mit gesellschaftlichen Problemen wie Migration, Hauptschule und sozialen Brennpunkten konfrontiert sah".

Das Gremium setzt sich zusammen aus Prof. Dr. Dieter Borchmeyer (Akademie der Schönen Künste), Dr. Dagmar Leupold (Schriftstellerin), Dr. Beate Kayser (Journalistin), Gabriele Pfennigsdorf (fffBayern /FilmFernsehFond Bayern), Prof. Klaus Zehelein (Bayerische Theaterakademie), Christian Ude (Oberbürgermeister), Dr. Hans-Georg Küppers (Kulturreferent) und fünf Mitgliedern des Stadtrats (von SPD, CSU und Grünen).

Baumbauer hatte die Intendanz im Sommer auf eigenen Wunsch abgegeben, die Kammerspiele waren in seiner Abschiedsspielzeit in der Kritikerumfrage von Theater heute noch einmal zum Theater des Jahres gewählt worden. Nach der diesjährigen Interims-Leitung durch ein dreiköpfiges Direktorium wird ab Herbst 2010 der niederländische Regisseur Johan Simons, der ebenfalls oft unter Baumbauer inszeniert hat, die Theaterleitung übernehmen.

Die Stadt München vergibt ihren mit 10.000 Euro dotierten Kulturellen Ehrenpreis seit 1958 "an eine Persönlichkeit von internationaler Ausstrahlung für ihre kulturellen oder wissenschaftlichen Leistungen" an Persönlichkeiten, die in enger Beziehung zu München stehen sollen. Erhalten haben ihn bisher etwa Loriot, Tankred Dorst, Hans Magnus Enzensberger, Erich Kästner, Heinz Rühmann, Golo Mann, Anne-Sophie Mutter, Carl Orff, Doris Dörrie und Michelangelo Antonioni.

(www.theater.de / www.muenchen.de / ape)

 

Kommentar schreiben