meldung

Markus Hinterhäuser und Shermin Langhoff übernehmen 2014 die Leitung der Wiener Festwochen

alt

Erfahrung und der neue Blick

Wien, 4. Mai 2011. Wie die Wiener Tageszeitung Der Standard meldet, bekommen die Wiener Festwochen ein Intendantenduo: Markus Hinterhäuser, zur Zeit bei den Salzburger Festspielen, wird Intendant der Wiener Festwochen, Shermin Langhoff wird stellvertretende Intendantin und Chefkuratorin. Das wurde heute von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) und Festwochen-Präsident Rudolf Scholten bekanntgegeben.

Markus Hinterhäuser, Jahrgang 1958, verantwortete seit 2006 das Konzertprogramm der Salzburger Festspiele und übernahm nach Jürgen Flimms Weggang interimistisch die Intendanz. Bei den Festwochen werde er "für das große Stadttheater" verantwortlich zeichnen, für die großen internationalen Produktionen und den Musikbereich, sagte Mailath-Pokorny.

Shermin Langhoff bringe "den aufregenden neuen Blick, ihre Leidenschaft, ihren bedingungslosen Anspruch einer postmigrantischen Gesellschaft mit", sie werde sich bei den Festwochen "um die transkulturellen und interkulturellen Aktivitäten genauso wie um die Interdisziplinarität kümmern", zitiert der "Standard" die Erwartungen des Kulturpolitikers. Langhoff, Jahrgang 1968, leitet seit 2008 des Ballhaus Naunynstraße. Im Februar 2011 erhielt sie mit dem KAIROS-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. einen der höchstdotierten Kulturpreise in Europa. Im März 2011 wurde ihr der Preis der Helga und Edzard-Reuter Stiftung verliehen.

Beide werden Luc Bondy ablösen, dessen Vertrag 2013 ausläuft und der danach ans Pariser Théâtre de l'Odéon wechseln wird (Meldung vom 9. April 2011). Bondy ist seit 2001 Intendant der Festwochen in Wien. Als weitere Kandidaten für eine neue Leitung waren zuletzt die Namen von Frank Baumbauer, Stefanie Carp, Elisabeth Schweeger und Peter Sellars genannt worden. Insgesamt hätte es 20 Bewerbungen gegeben, so der "Standard". Das neue Leitungsduo habe sich einzeln beworben, aber die gemeinsame Konstellation habe bereits vorher im Raum gestanden.

Auf die Frage, ob die neu eingerichtete Vertragsdauer von drei Jahren nicht sehr kurz sei, antwortet Hinterhäuser auf news.at: "Mir ist das sehr sympathisch, es verändert grundsätzlich auch den Charakter des Festivals, was Schnelligkeit, Intensität und Absehbarkeit betrifft. Das Modell hat sich auch bei der Ruhrtriennale bewährt."

(sik)

mehr meldungen

Kommentare  
Hinterhäuser/Langhoff leiten die Wiener Festwochen: ein Coup
Das ist mal ein echter Coup. Damit wäre das HAU in Berlin wieder zu haben und es kann neu spekuliert werden.
"Kurz und mittelfristig will ich mich weiter um die Konsolidierung des jungen Projekts Ballhaus Naunynstraße kümmern." (Langhoffs Dementi zur HAU-Bewerbung in der Berliner Morgenpost) Daraus wird dann jetzt wohl eher kurzfristig, genau so kurzfristig wie die Planung der Wiener Festwochen. Wie soll man denn in 3 Jahren ein halbwegs vernünftiges und nachhaltiges Konzept auf die Beine stellen? Das ist echte Kulturpolitik, aber Hauptsache trans-, inter-, multikulturell und postmigrantisch noch dazu.
Hinterhäuser/Langhoff leiten die Wiener Festwochen: wunderbare Meldung
Was für eine wunderbare Meldung. Politiker können also doch - wenn sie offensichtlich gut beraten werden - überraschende, kluge, innovative Personalentscheidungen fällen. Shermin Langhoff muss man nicht vorstellen, sie ist zur Zeit in aller Munde. Markus Hinterhäuser hat eher im Hintergrund gewirkt, in Salzburg hat er in den letzten Jahren die besten Musikprogramme gemacht, die man sich vorstellen kann, Altes und Neues, Bekanntes und völlig Unbekanntes nebeneinander gestellt, hat Reibungen und Spannungen zwischen den Werken erzeugt, hat die Modernität von Klassikern gezeigt. Er ist selbst ein herausragender Pianist, hat zum Beispiel die sechs Klaviersonaten von Galina Ustwolskaja eingespielt. In Marthalers "Die schöne Müllerin" vor einigen Jahren war er die ideale Verkörperung von Franz Schubert.
Hinterhäuser/Langhoff leiten die Wiener Festwochen: der Niedergang
ich bin entsetzt. eine völlig zu unrecht hochgejubelte (...) theatermacherin ohne (...) erfahrung über ihren berliner tellerrand hinaus wird zur leiterin eines der renommiertesten festivals gemacht - das ist der niedergang.
Hinterhäuser/Langhoff leiten die Wiener Festwochen: nur eine Schiene
Das ist doch eine durchaus komische Entscheidung. Das Musikprogramm sollte doch bei den Festwochen mehr oder weniger gestrichen werden und postmigrantisches Theater ist bzw. kann nur eine Schiene bei einem Festival wie den Wiener Festwochen sein (die es übrigens bei den Wiener Festwochen schon gibt - sehr gut übrigens). Wenn Herr Hinterhäuser bei der PK verkündigt, dass er Marthaler zeigen werde, kann man als WienerIn auch nur schmunzeln: Das sehen wir seit 10 Jahren, wenn das auch gefällt, frage ich mich doch auch worin die Innovation besteht? Mir wäre eine kompetente Person wie Carp lieber gewesen, die sich schon gut eingearbeitet hat und ein breites Spektrum an Theaterformen exzellent abdeckt und nicht nur auf eine Sparte fixiert ist! Abgesehen davon, würde ich gerne wissen wer die anderen BewerberInnen waren? Mir fallen auf Anhieb sehr viele KuratorInnen ein, die weit kompetenter in dieser Sache wären.
Wiener Festwochen: Findung und Getöse
Wunderbar! Ich bin froh über jede Neuerung bei den verschlafenen Festwochen. Wieso gibt es da jetzt
schon Vorbehalte? Eine Findung, die ohne großes Mediengetöse und "Wiener Schmäh" verlaufen ist, das ist schon mal die erste Freude. Packt es an!
Wiener Festwochen: Wiener Schmäh ohne Gespräche
Die Vorbehalte liegen doch auf der Hand und der Wiener Schmäh besteht doch wohl in dieser Art von Fake-Ausschreibung! Dass die Stadt Wien wieder Mal keine Gespräche geführt hat, ist doch Witz genug. Die Wiener Grünen können gerne jubeln, denen reicht ja alleine das Wort "postmigrantisches Theater". Dass sie keine Ahnung von Kultur haben, ist nun Mal aber leider auch Tatsache. Nicht, dass ich Frau Langhoff in dieser Hinsicht hinterfrage! Sie hat sicher tolle Sachen gemacht, aber ich würde sagen, dass die W. Festwochen doch eine Nummer zu groß für ihre Erfahrung und ihre Bandbreite sind. Ob man mit dieser Intendanz nicht erst Recht einen Schritt in Richtung Wachkoma macht, wird sich zeigen!
Wiener Festwochen: Skepsis
Es wird interessant sein zu verfolgen, wie so der Schritt vom Kreuzberger Hinterhof-Theater auf das wohl härteste Repräsentationsfestival - neben den Salzburger Festspielen - im deutschsprachigen Raum klappt. Wie sich die Berliner Großmäuligkeit verträgt mit den Wiener Empfindlichkeiten. Und ob sich die WienerInnen wundern werden, wenn sie neben den Hinterhäuserschen Theatergroßdampfern nur wiederaufgewärmtes HAU-Programm sehen werden.
Es gibt allen Grund zur Skepsis - und der Schritt für Frau Langhoff ist gewaltig. Weg aus der Stadt, die bisher die einzige war, in der sie Theater gemacht, und rein in die Stadt, an dessen Publikum sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen haben. Ob sie da die Ruhe, Coolness und und Kraft mitbringt, um das durchzuziehen… Ich habe meine Zweifel, wünsche aber dennoch bestes Gelingen.
Kommentar schreiben