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Frauen-Leitungsquintett am Staatstheater Karlsruhe
"Freiraum schaffen"
Karlsruhe, 22. März 2018. Das neue Leitungsteam am Badischen Staatstheater Karlsruhe unter Generalintendant Peter Spuhler steht fest – und besteht ausschließlich aus Frauen. Wie das Staatstheater meldet, tritt Nicole Braunger, die zuvor als Sängerin und Künstleragentin tätig war, als Operndirektorin die Nachfolge von Michael Fichtenholz an. Gelsenkirchens Ballettdirektorin Bridget Breiner folgt auf Birgit Keil. Die Volkstheater genannte Bürgerbühne wird von Stefanie Heiner geleitet, die bisher in Weimar arbeitete und Beata-Anna Schmutz ablöst. Die Künstlerische Betriebsdirektion übernimmt Uta-Christine Deppermann von Monika Pichler. Bisher war Deppermann in gleicher Position am Theater Magdeburg tätig.
Mit Ausnahme von Breiner (sie beginnt mit der Saison 2019/20) treten alle Leiterinnen ihre Positionen mit der neuen Spielzeit im Herbst an – wie auch die designierte Schauspieldirektorin Anna Bergmann. Sie wiederum hat angekündigt, ausschließlich mit weiblichen Regiekräften zu arbeiten. "Es gibt einfach eine große Menge hervorragender Regisseurinnen. Diesen Künstlerinnen möchten wir in den nächsten drei Jahren einen Freiraum schaffen und eine Bühne bieten", lässt sich Bergmanns künftige Stellvertreterin, die Dramaturgin Anna Haas, in der Süddeutschen Zeitung zitieren.
(Staatstheater Karslruhe / geka)
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Welche Frau will denn aufgrund ihres Geschlechts einen Leitungsposten. Ich dachte immer, es geht um künstlerische (Führungs-)Qualitäten bei solchen Posten. Da können Frauen auch deutlich mehr bedacht werden. Aber sich auf die Fahne zu schreiben, bei uns sind jetzt alle Leitungsposten weiblich - das ist doch auch peinlich.
A) in der Meldung explizit erwähnt worden?
B) hätte es einen Kommentar gegeben, in dem steht, es könne doch nicht angehen, dass das Geschlecht ausschlaggebend für eine Anstellung sei?
vielen dank für die inspiration zu einem neuen liedtext!
https://www.youtube.com/watch?v=ECIpO5_SIV0
Gilt auch für MitarbeiterInnenennenen...
Es ist völlig unerheblich, welcherlei Geschlechts die Leitung ist, an einigen Häusern sind vier Männer eben ausschließlich "100% Männer", dann gibt es hier eben eines mit 100% Frauen.
Also lest bitte erst einmal den verlinkten Text, wie es wohl auch Frau Lieneweg getan hat, bevor ihr euch hier wild empört.
Ich wünsche den Mitarbeitern oder MitarbeiterInnen um Anna Bergmann spannendes Arbeiten und viel Spaß.
Ist denn das Ensemble, die Belegschaft gefragt worden, ob sie eine rein weibliche Leitung wollen? Oder ist das jetzt so eine Entscheidung von oben herab? Wo politische Überzeugungen einfach von oben nach unten weiter durchgereicht werden, ohne dass irgendjemand daran mitbestimmen durfte? Wohin werden denn jetzt all die ehemaligen männlichen Mitarbeiter hin entsorgt? Ist das völlig egal, weil sie ja so oder so „untalentiert“ waren, da die Zukunft ja so oder so weiblich ist?
Was für ein Unfug. Wie sorg- und verantwortungslos.
Wer die Spaltung der Gesellschaft immer weiter vorantreiben will, der muss nur so vorgehen und ganz konsequent seine Blase gestalten, nach seinem Willen und seiner Macht. Ein Fehler wird nicht dadurch wieder gut gemacht, indem man ihn mit umgekehrten Vorzeichen nochmals begeht.
Einstmals war das Theater dazu gut Visionen einen Zukunft von menschlichem Zusammenleben aufzuzeichnen. Da hatte vordergründige Diskriminierung nicht soviel Raum. Jetzt aber zimmert eine kleine, elitäre Gruppe an einem neuen queeren, feministischen, postmigrantischen und internationalem Gesellschaftsbild, dass sie einfach übertragen möchte auf den Rest und der Widerstand dagegen meldet sich überall und wird stupid überhört. Es ist der alte Kampf von Gut und Böse, der hier vereinfacht und theatral verkürzt nochmals ausgetragen werden soll.
Herr Baucks, ist Ihnen beim Kampf um die Männerrechte aufgefallen, dass drei der vier Leitungspositionen auch jetzt schon von Frauen besetzt waren? Hat es sie bisher gestört, dass so unverhältnismäßig viele Frauen in Karlsruhe in entscheidenden Positionen tätig sind?
Wenn hier im Bericht steht, das neue Leitungsteam bestehe ausschließlich aus Frauen, ist das schlicht falsch. Oder zumindest missverständlich formuliert, wenn man eigentlich sagen wollte: die (vier) Neuen im Leitungsteam sind ausschließlich Frauen. Weil von einem reinen Frauenleitungsteam kann in Karlsruhe nun wirklich nicht die Rede sein.
Und ansonsten ist die Ankündigung, nur mit Regisseurinnen arbeiten zu wollen, doch einfach erstmal eine Setzung und letztlich gute PR. Die Schnappatmung darf eingestellt werden...
(Liebe*r dabeigewesen,
wirklich falsch? Die Direktion von Schauspiel / Oper / Ballett sind doch tatsächlich zentrale Leitungsposten, und zwei von ihnen werden demnächst von Frauen statt von Männern besetzt:
- Schauspieldirektion: Axel Preuß > Anna Bergmann
- Operndirektion: Michael Fichtenholz > Nicole Braunger
- Ballettdirektion: Birgit Keil > Bridget Breiner
- Volkstheater / Bürgerbühne: Beata-Anna Schmutz > Stefanie Heiner
- Künstlerische Betriebsdirektion: Monika Pichler > Uta-Christine Deppermann
Sie haben aber selbstverständlich recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass u.a. Generalintendanz, Verwaltungsdirektion, Chefdramaturgie und Generalmusikdirektion weiterhin männlich besetzt sind.
Beste Grüße, Anne Peter / Redaktion)
nehmen Sie z.B. nur eine Stichprobe beim Schauspiel Frankfurt unter Intendant Anselm Weber: https://www.schauspielfrankfurt.de/spielplan/premieren/
– Auf der großen Bühne inszenieren in dieser Saison 100% Männer (11 von 11).
– In den Kammerspielen sind 3 von 12 Regieführenden Frauen.
– In Bockenheimer Depot und Box sind 5 von 11 Regieführenden Frauen, mit einer Ausnahme handelt es sich bei den betreffenden Inszenierungen allerdings um Produktionen des Jungen Schauspiels.
– Insgesamt sind 8 von 34 Regieführenden Frauen, das sind 23,5 %.
Im Durchschnitt führen an deutschsprachigen Bühnen 30% Frauen Regie, wobei sie weit seltener auf den großen Bühnen inszenieren (dort nur 22%), dafür bevorzugt im Kinder- und Jugendtheater. Dass Letzteres hinsichtlich der unterschiedlichen künstlerischen Entfaltungsmöglichkeiten und Karrierechancen, die Frauen und Männer haben, erwähnenswert ist, scheint mir unbestreitbar und die 100% auf der großen Bühne deshalb die sprechendste Zahl.
Dass eine Schieflage besteht, wird sich nicht wegdiskutieren lassen. Wie Sie sicher wissen, finden sich die oben genannten Zahlen (von 2014) in der von Monika Grütters in Auftrag gegebenen Kulturrats-Studie (https://www.kulturrat.de/publikationen/frauen-in-kultur-und-medien/). Sie zeigen auch, lieber Martin Baucks, dass sich keineswegs "stetig etwas geändert" hat. Jedenfalls finde ich das keine stimmige Interpretation der Zahlen, die in meinen Augen eher offenbaren, dass sich innerhalb von 20 Jahren nur verschwindend wenig verändert hat:
– 19% weibliche Theaterleitungen 1994/95 // 22% weibliche Theaterleitungen 2014/15 (noch deutlicher wird das Gefälle, wenn man die Größe der Häuser mitbetrachtet)
– 20% weibliche Regieführende 1994 // 30% weibliche Regieführende 2014/15.
Über die Forderung nach einer Quote kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Ich sehe in dem 100%-RegisseurINNEN-Spielplan von Anna Bergmann durchaus eine symbolische Setzung, die durch ein plakatives "Umkehren der Verhältnisse" u.a. eben auf die bisher vorherrschende Unterrepräsentation von Frauen aufmerksam macht. Und bitte, nur weil das mal an einem (!) Theater praktiziert wird, kann man doch nicht davon sprechen, dass nun die Männer pauschal benachteiligt würden.
Natürlich sollte das Ziel sein, dass irgendwann alle ganz gleichberechtigt miteinander arbeiten, ohne Maßnahmen und Quoten. Ja! Aber bis dahin – das zeigen die Zahlen überdeutlich – ist es noch ein weiter Weg. Und da braucht es m.E. vorerst (noch) starke Zeichen, um auf die bestehende Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen und langfristig etwas zu verändern.
Damit will ich nicht in Abrede stellen, dass nicht auch Männer (von anderen Männern oder von Frauen) diskriminiert werden. Damit will ich auch nicht sagen, dass Frauen die besseren Regisseurinnen oder die besseren Intendantinnen sind.
Darum geht es an diesem Punkt aber auch überhaupt nicht. Es geht zunächst einmal schlicht um (etwas mehr) Chancengleichheit aller Geschlechter, von der noch lange nicht die Rede sein kann. Frauen sollten die gleichen Chancen wie Männer bekommen, gute oder schlechte Kunst zu machen, gute oder schlechte Theaterleiterinnen zu sein. Dafür müssen sie aber erstmal in die Position kommen, ihre Qualitäten unter Beweis stellen zu können.
Mit besten Grüßen, Anne Peter
sind eigentlich die aufgeklärten und fortschrittlichen Männer in der BRD die einzigen, die im postheroischen Zeitalter angekommen sind? (...) Bisher hatte ich stets eine sehr hohe Meinung von Frau Bergmann und meine Devise war, wenn sich einmal eine Gelegenheit ergibt, werde ich sofort eine Inszenierung von ihr besuchen oder sogar dafür anreisen. Dies ist nun nicht mehr so. Alles, was ich mir wünsche, ist das mein Respekt vor ihr nicht so dahin schwindet, wie der vor Anselm Weber. Wenn der meint, er müsse nur Männer engagieren, dann ist es sicherlich die denkbar falscheste Reaktion, es ihm als Frau gleich zu tun und ebenfalls nur Frauen zu engagieren. Revanche bleibt Revanche und hat mit wohl durchdachten Verhaltensweisen nur wenig zu tun.
Das Bild, welches das Theater in Karlsruhe vor Bergmann abgab, war nicht das Schlechteste. Es arbeiteten dort fast eben so viele Frauen wie Männer. Genau gezählt habe ich sie nicht. Können sie gerne nachholen. Es geht mir nicht um eine Quote in der Kunst, denn man kann Künstler und Künstlerinnen nicht einfach auf Grund einer Quote fortschicken, die es einzuhalten gilt. Wir sind dort nicht in einem Fleischgroßhandel, wo der Vorstand und der Aufsichtsrat paritätisch besetzt sein könnten. - Und ja, sie beantworten keine meiner Fragen. Sind die Arbeitsverhältnisse die dort mit männlichen Regisseuren entstanden sind nicht genauso schützend wert? Und wie kam diese Entscheidung zu Stande? Etwa genauso willkürlich, wie bei dem Herrn in Frankfurt.
Aber offensichtlich sind all diese Fragen zu vernachlässigen, wenn weibliche Heldinnen auf ihrem Kulturschimmel um die Ecke geritten kommen, um ein Zeichen zu setzen. Wenn dies Zeichen aber strukturell genauso ursächlich sind, wie bei ihren männlichen Kollegen, dann interessiert es mich herzlich wenig. Ich bin kein Freund von weiblichen Machismus, genauso wenig wie ich männliche Machos ab kann. Sie gehen mir gleichermaßen auf die Nerven.
Wahrscheinlich ist es eine schöne Vorstellung sich alle Kritiker solcher „Zeichen“ mit Schnappatmung vorzustellen. Fein. Ich aber sprach von einer gefährlichen Spaltung in dieser Gesellschaft, die immer weiter voran getrieben wird. Eventuell doch ein seriöser Gedanke, wenn man seine eigene Ritterlichkeit einmal etwas hinten anstellt. Und sicher gibt es zu dem Thema immer noch Luft nach oben. Aber die Gruppe der weiblichen Regisseurinnen in diesem Land ist sicherlich nicht so schlecht aufgestellt, dass sie aus höchster Not durch ein Zeichen errettet werden müssen. Da gibt es andere Bevölkerungsgruppen, denen es wesentlich schlechter geht.
Warum sollen dann eigentlich dort überhaupt noch Inszenierungen von den Frauen stattfinden, wenn das als politisches Gender-Symbolein "plakatives Umkehren" der Verhältnisse, aus dem Theaterbetrieb heraus genügt?
Die Schieflage besteht. Insbesondere, wie Sie sehr gut fokussieren m.E., was die 100 % auf der großen Bühne der Bühnen anlangt. Denn dies vor allem zeigt, dass die gesellschaftspolitische INTERPRETATIONSmacht via Theater nach wie vor zu 100 % in Männerhand liegt, und zwar unabhängig vom Alter der Männer.
Und: Es gibt k e i n e Aussagen darüber, ob die Intendanzen/Regieführenden
auch die Diversität in der deutschsprachigen Gesellschaft widerspiegeln: In wieviele dieser Theater-Posten/Positionen also auch PoC, Fremdsprachler, überdurchschnittlich junge Leute, überdurchschnittlich ältere Leute, Ex-DDR-BürgerInnen mit Dissidenten-Biografie, dasselbe OHNE Dissidenten-Biografie, aus Doppelbelastung als Mütter/Väter ganz real, von den Hochschulen aus, als QuereinsteigerInnen gekommen sind... Meiner Beobachtung nach drückt sich hier zumindest die deutsche Kulturpolitik davor, das herauszufinden und entsprechende Zahlen zu veröffentlichen, weil dies zu weit unangenehmeren Erkenntnissen über die Interpretationsmacht über politische Verhältnisse und Teilhaba an demokratischer Staatsausgestaltung führen könnte, als das relativ einfach auszulotende Genderverteilungs-Verhältnis. Lieber ist man - bewusst oder unbewusst sei dahingestellt - einverstanden mit der drohenden Abschaffung des Sprechtheaters überhaupt als in diesen Punkten für Aufklärung zu sorgen. Ist zumindest mein Eindruck. Ich hoffe jedoch, dass mich dieser Eindruck täuscht, denn ich liebe hier sehr viele Landschaften und Menschen, die hier leben...
“Ich wollte eigentlich das ganze System mehr unterlaufen. Ich möchte, dass es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, dass so was auch mal passieren kann. Weil das ja an anderen Theater gang und gäbe ist, dass nur Männer inszenieren. Oder vielleicht eine Frau im Studio. (…) Deswegen wollte ich da gar keine große Nummer draus machen (...). Weil es geht ja um die Kunst. Ging gar nicht nur darum zu sagen: Es müssen jetzt Frauen sein und DAS ist das Ding, sondern das Interessante ist, was dann schlussendlich dabei herauskommt.” (Transkription der entsprechenden Passage im Theaterpodcast, ca. 26:08-27:53: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=15183:der-theaterpodcast-die-theaterredakteurinnen-susanne-burkhardt-und-elena-philipp-ueber-theaterangebote-fuer-geringverdienende-ueber-matthias-lilienthals-rueckzug-in-muenchen-und-das-bonner-treffen-der-theatermacherinnen-3&catid=101&Itemid=84)
ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe. Warum sich der Theaterbetrieb in Karlsruhe allein mit dieser Besetzungs-Setzung dramaturgisch erschöpfen sollte oder wieso Sie folgern, dass ich die künstlerischen Ergebnisse, die sich aus dieser Spielplan-Gestaltung ergeben, nicht mehr interessant finde, kann ich nicht nachvollziehen. Natürlich sollte man jetzt vor allem schauen, was diese Frauen auf die Bühne bringen, was sie zu sagen und zu zeigen haben.
Und ja, natürlich müssen wir in Sachen Interpretationsmacht / Deutungshoheit auch über andere marginalisierte bzw. diskriminierte Gruppen und über Intersektionalität sprechen. Teilweise hat sich da in den letzten Jahren ja schon einiges bewegt, vieles wurde zumindest begonnen zu diskutieren, auch auf nachtkritik.de (Stichwort “Blackfacing”, Stichwort “Inklusion”). Der Bewusstseinsstand hinsichtlich verschiedener Formen von Diskriminierung ist heute ein anderer als noch vor zehn Jahren, würde ich optimistisch behaupten. Dennoch stehen wir insgesamt erst am Anfang, noch ist längst nicht erreicht, was wünschenswert wäre: Betriebe und Ensembles, die die Diversität unserer Gesellschaften adäquater abbilden, als sie das heute tun.
Lieber Martin Baucks,
ich kann nur sagen: Schauen Sie auf die Fakten.
Wenn Sie ausdrücken wollen, dass das von Anselm Weber geführte Schauspiel Frankfurt ein Einzelfall ist und die Mehrheit der männlichen Intendanten hingegen super fortschrittlich agiert, empfehle ich die Lektüre der Erhebungen, die Christina Gassen und Maria Nübling auf der Facebook-Seite “Theater.Frauen” unter der Überschrift “ABC der (Un)Gleichheit” sammeln (einfach mal ein bisschen durchscrollen): https://de-de.facebook.com/theater.frauen/
Auch dort kann man sehen, etwas detaillierter aufgedröselt als in der Studie des Kulturrates, dass “die Gruppe der weiblichen Regisseurinnen in diesem Land” durchaus noch relativ “schlecht aufgestellt” ist. Dass andere Bevölkerungsgruppen ebenfalls oder noch stärker benachteiligt sind, ist kein Argument, sondern simpler Whataboutism.
Dass in Karlsruhe “ehemalige männliche Mitarbeiter … entsorgt”, “auf Grund einer Quote” fortgeschickt würden, wie Sie befürchten, ist schlicht falsch. Die beiden Männer, deren Stellen in Zukunft mit Frauen besetzt sein werden (die drei weiteren neu vergebenen Stellen waren auch vorher schon weiblich besetzt), sind Axel Preuß (Schauspieldirektor) und Michael Fichtenholz (Operndirektor). Preuß wird ab der Spielzeit 2018/19 Intendant der Schauspielbühnen Stuttgart (https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14266:axel-preuss-wird-intendant-der-schauspielbuehnen-stuttgart&catid=126&Itemid=100089), Fichtenholz übernimmt ab der Spielzeit 2018/19 die Operndirektion am Opernhaus Zürich (https://www.nzz.ch/feuilleton/buehne/wechsel-am-opernhaus-zuerich-michael-fichtenholz-neuer-operndirektor-ld.1306061).
Herzliche Grüße, Anne Peter
Wenn einen das wundert als KulturkournalistIn, warum fragt man nicht, BEVOR man das als feministische Sensation hochkocht, nicht erst einmal diese Schauspieldirektorin?
Die jetzt leider verteidigen muss, dass die Kunst für sie Vorfahrt vor dem Feminismus hat... Will sagen: Dass sich SO kein paritätisch gleichberechtigter Spiel-Betrieb ohne Quote ergibt und es leider auch durch solche Art Sensations-Lust bisher viel zu lange dauert, bis er Normalität ist, scheint mir also auch eine Frage der medialen Setzungen bei der Beurteilung von Arbeiten von KünstlerINNEN zu sein.
Die bei Künstlerinnen vor allem immer auf das Statthaben oder Ausbleiben von ihnen gezeigter feministischer Korrektheit schauen,pochen, es explizit beschreiben - Ganz ehrlich, da kann man als Künstlerin sehr große Angst bekommen vor KulturjournalistInnen, wenn für diese an einem nur der feministische Anteil in der Arbeit zählt und sonst scheinbar gar nichts - Das ist dann eher feministische Ideologie und nicht einfach auf Gleichheit, Freiheit und Schwester-/Brüderlichkeit gerichtetes Neobachten und Schreiben. KEIN Künstler möchte sich ideologisch missbrauchen lassen. Warum soll es eine Künstlerin wollen?
ausgangspunkt war die pressemeldung des staatstheaters.
statt findige theaterjournalisten selber entdecken zu lassen, daß peter spuhler plötzlich sein herz für frauen in leitungspositionen entdeckt hat, und dann ganz überrascht tun ("wir wussten gar nicht dass das in 2018 noch eine nachricht wert ist") - macht spuhler - leider wie fast immer - genau das gegenteil. vom old boys networker, der jahrelang fast keine frauen auf spartenleitungen hatte, mutiert er zum heiligen #metoo paulus. und entwertet mit dieser durchsichtigen und unglaubwürdigen aktion den umstand, daß es natürlich gut ist, wenn mehr frauen etwas zu melden haben. (...)
Das kapieren inzwischen übrigens auch viele Karlsruher und das haben auch viele Heidelberger damals kapiert als Spuhler sämtliche Personalentscheidungen nach dem Motto „je jugendlicher /jünger, desto besser“ getroffen hat. Trotzdem viel Erfolg allen Frauen und Männern in Karlsruhe
genannt werden namentlich als Regisseure für Karlsruhe Christian Brey, Ekat Cordes, Karsten Dahlem, Tilman Gersch, Jan-Christoph Gockel, Gernot Grünewald, Florian Hertweck, Ronny Jakubaschk, Heiner Kondschak, Hans-Werner Kroesinger, Michael Letmathe, Christian Papke, Martin Schulze, Martin Süß, Nicolai Sykosch, Michael Talke, Robert Teufel und Patrick Wengenroth. Was immer sie für „schlicht falsch“ halten, richtig ist, dass diese achtzehn männlichen Mitarbeiter der Regie von dem Ausschließlichkeits Edikt von Frau Bergmann betroffen sind und in Zukunft auf Grund ihres Geschlechtes nicht mehr in Karlsruhe arbeiten können.
Wenn dort in ihrer Meldung stehen würde, man werde mehrheitlich mit weiblichen Regisseurinnen arbeiten, könnte man denken, nun, warum nicht?! Aber dort wird nun mal angekündigt, und darauf beziehe ich mich recht unmissverständlich in meinen vorigen Post´s, dass man in Zukunft „ausschließlich mit weiblichen Regiekräften zusammenarbeiten wird“.
Dieses Ausschließlichkeits Edikt gilt es kritisch zu überdenken, denn ehrlich gesagt, fällt mir eigentlich keine gesellschaftliche Gruppe ein, der ich zusprechen wollte, dass ab heute nur noch sie berechtigt seien an einem Theater Regie zu führen. - Ab heute werden Lebensmittel der Tafel ausschließlich nur noch an Bedürftige mit einem deutschen Pass ausgehändigt?! Zu meiner Discothek haben ausschließlich „weiße Deutsche“ Zutritt?! Hier dürfen nur Schwarze arbeiten, nur Postmigranten, oder ausschließlich Menschen mit einem akademischen Abschluss?! All diese absoluten Zugangsregeln werden mir für immer fremd bleiben und ich werde sie stets hinterfragen.
Es gibt so viele Gruppen, die keinen Zugang oder nur einen erschwerten Zugang zum Regieberuf haben und doch würde ich keiner ein solches Edikt zusprechen wollen. Und die Gruppe der weißen Frauen würde mir zunächst gar nicht einfallen, weil sie in den letzten zwanzig Jahren vornehmlich gefördert wurde und erhöhte Aufmerksamkeit erhielt, zu dem, dass sie längst eine starke Lobby hat. Da ist es dann wirklich kein Whatabaoutism, wenn man verschiedene Interessen in Relation zu einander setzt, sondern ein berechtigtes, argumentatives Hinterfragen eines solchen „Zeichens“, Zeichen, die man eben nur setzen sollte, wenn eine Gruppe wirklich in schwerer Not, chancenlos verweilen muss. Und ich hoffe nicht, dass viele diesem „Zeichen“ folgen werden, weder das Burgtheater, noch das Hamburger Schauspielhaus oder das Gorki oder das Wiener Volkstheater, welche alle von Frauen geleitet werden, denn bei dem Gedanken daran, welche wichtigen männliche Regiearbeiten dann alle wegfielen, wird mir ganz traurig.
Und können sie sich den wirklich sicher sein, dass alle achtzehn männlichen Mitarbeiter an dieser rigorosen Entscheidung keinen Schaden nehmen?
Generiert ein Theater die nicht einfach durch seine Inszenierungen und seine städtische Beliebtheit? - Dann wäre das doch schade, wenn den Frauen und Männern in Karlsruhe nicht einfach viel Erfolg wünschen kann, sondern das TROTZDEM macht - Jeder aufrichtige kollegiale Wunsch bekommt so einen falschen Ton in den Hals, oder? Das ist doch schade in einem Betrieb, in dem alle sich um Theater auf höchstem Niveau bemühen... Irgendetwas sollte Theater-Öffentlichkeitsarbeit doch von Warenwerbung unterscheiden, oder?
ist auch der provinz (aufmerksamkeitsdefizit) und der theaterblase (ahnungsdefizit) geschuldet.
wenn sich das Theater auf das dünne eis des tagespolitischen diskurses wagt und dabei mit den hausüblichen Mitteln agiert gehts meistens schlecht aus.
spuhler als mittelschwerer fall eines theaterpatriarchen lässt politische trittsicherheit vermissen. die "gute Tat" als provinzieller PR_Stunt, ist bei der geschlechtergerechtigkeitsdebatte ziemlich kontraproduktiv, weil es logischerweise genau als die patriarchalische geste rüberkommt, auf deren abschaffung die debatte zielt.
wenn die intendanz wirklich transparenz in der Geschlechterdebatte will - soll sie die Karlruher Honorare der frauen und Männer im Bereich Schauspiel, Bühnen, Kostüme, Regie veröffentlichen. Was verdienen die Frauen im Schnitt, was verdienen die Männer im Schnitt. Dann wird gleich klar wie weit es mit dem "Haltungswechsel" bestellt ist.
ich weiß nicht, auf welche alternativen Fakten Sie Ihre Ansichten in dieser Sache stützen. Aber auch wenn Sie es immer und immer wiederholen, wird Ihre Behauptung, dass die "Gruppe der weißen Frauen " im Theaterbereich "in den letzten zwanzig Jahren vornehmlich gefördert wurde und erhöhte Aufmerksamkeit erhielt" und "dass sie längst eine starke Lobby hat", nicht wahrer. Die Erhebungen aus der Kulturrats-Studie belegen das Gegenteil (mindestens bis 2014/15). Ich kann nicht verstehen, wie Sie leugnen können, dass sich in dem dort untersuchten Zeitraum von zwanzig Jahren eben nur wenig verändert hat (hier exemplarisch die Bereiche Intendanz, Regie, Dramatik):
– 19% (1994/95) // 22% (2014/15) weibliche Theaterleitungen (noch deutlicher wird das Gefälle, wenn man die Größe der Häuser mitbetrachtet)
– 20% (1994/95) // 30% (2014/15) weibliche Regieführende(noch deutlicher wird das Gefälle, wenn man die Verhältnisse auf der großen Bühne anschaut)
– 15% (1994/95) // 24% (2014/15) der aufgeführten Autor*innen sind Frauen
Inwiefern lässt sich an diesen Zahlen eine signifikante Verbesserung der Situation für Frauen erkennen, die als Regisseurinnen arbeiten möchten, für die Bühne schreiben oder eine Theaterleitung anstreben?
Um beim Beispiel Karlsruhe zu bleiben: Der aktuelle Spielplan für diese Saison listet 15 Regie-Positionen (davon 1 Doppel + 1 Kollektiv), 7 davon werden von Frauen ausgefüllt (2 auf der großen Bühne), 8 von Männern (4 auf der großen Bühne).
Sie zählen auch Regisseure vergangener Spielzeiten auf: Vermutlich werden auch in der nächsten Saison unter Schauspieldirektorin Anna Bergmann einige der Inszenierungen aus dieser Spielzeit übernommen (es wird jedenfalls nicht gesagt, dass in Karlsruhe Inszenierungen von männlichen Regisseuren komplett von der Bühne verbannt würden; das "ausschließlich" bezieht sich meiner Lesart nach auf die hinzukommenden Neu-Inszenierungen).
Dass ein*e neue*r Schauspieldirektor*in eigene Akzente setzt, neue Künstler*innen ans Haus holt, ist doch völlig normal (und auch gut so). So macht es nun auch Anna Bergmann.
Wenn all die männlichen Regisseure, die Sie nennen und die Ihrer Meinung nach an der "rigorosen Entscheidung (…) Schaden nehmen" könnten, an einem einzigen (!!!) der rund 140 öffentlich geförderten deutschen Stadt- und Staatstheater in der Saison 2017/18 nicht für Neu-Inszenierungen engagiert werden, aber an allen anderen bessere Chancen auf Regie-Arbeiten haben als ihre weiblichen Kolleginnen, kann man mitnichten von struktueller Diskriminierung sprechen.
Dass Frauen im Gegensatz dazu an den allermeisten Theatern in Deutschland in Regie- und Leitungspositionen sowie unter den Autor*innen deutlich unterrepräsentiert sind, obwohl sie etwa 69% der Studierenden in den Fächern Darstellende Kunst, Bühnenkunst und Regie, 76% der Theaterwissenschaftsstudierenden und 51% der Regieassisten*innen ausmachen (Zahlen vom Wintersemester 2014/15; wie es in den Studiengängen zum Szenischen Schreiben aussieht, kann man der Kulturrats-Studie leider nicht entnehmen) und überdies für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden, verweist hingegen sehr wohl auf ihre strukturelle Benachteiligung im deutschen Stadttheaterbetrieb.
Dieser zentrale Unterschied zwischen der strukturellen negativen Diskriminierung von Frauen und der punktuellen positiven Diskriminierung von Männern (Stichwort "Affirmative Action"), scheint mir in Ihren Ausführungen immer wieder verwischt bzw. geleugnet zu werden. Mit "Revanche" hat das nichts zu tun, es handelt sich um eine politische Maßnahme, um bestehender Ungerechtigkeit entgegenzuwirken.
Herzliche Grüße,
Anne Peter
das ist doch mal eine klare ansage -
widerstands-oder auftragskunst???
die "maßnahme" freiheit für die kunst
(un)gerechtigkeit der kunst???
"Tabuthemen werden von Künstlern entweder vermieden oder als Provokation bewusst verwendet, Kunst wird im Auftrag der Politik produziert oder drückt die eigene politische Haltung aus – ein weites Feld also, in dem sich der politisch mehr oder weniger engagierte Künstler bewegt...
Die Geschichte der Politik der Kunst beginnt bereits in den frühen Hochkulturen: Monumentale Bauten und Skulpturen demonstrierten die Macht herrschender Kasten, egal ob Priester oder Senator. Die ersten Karikaturen, die Personen des öffentlichen Lebens und persönliche Feinde aufs Korn nahmen, sind ebenfalls aus der Antike bekannt. Widerstand und Auftragskunst hat es also seit jeher gegeben, man möchte fast glauben, Anpassung und Widerstand sind der Kunst immanent. Propaganda ist Teil der künstlerischen Arbeit."
http://www.portalkunstgeschichte.de/themen/kunst-und-politik
ihr Grundton stimmt bisweilen nicht. Ich bin nicht ihr Feind. Und ich stütze mich nicht auf alternative Fakten oder Whataboutism. Ich habe lediglich in bestimmten Punkten eine andere Meinung wie sie. Das ist nichts Schlimmes.
So bin ich zum Beispiel nicht der Meinung, dass sich der Prozentschlüssel, den man in einem Studiengang feststellen kann, sich genauso im Berufsleben widerspiegeln muss und jeder mit einem Abschluss ein automatisches Anrecht auf eine Anstellung hat, die er gegebenenfalls juristisch oder gar über eine Quote erzwingen kann.
Auch bin ich nicht der Meinung, dass wenn sich eine Frau, nach abgeschlossener Ausbildung, von einem Berufsziel trennt und andere Wege einschlägt, dahinter automatisch eine Gruppe von Männern stehen muss, die sie an ihrem Weg gehindert hat. Für solche Entscheidungen gibt es sowohl für Männer, wie Frauen eine ganze Palette von Gründen.
Darüber hinaus ist es kein Widerspruch, wenn man feststellt, dass Frauen im Regieberuf über zwei, drei Jahrzehnte eine besondere Förderung und Aufmerksamkeit erhielten und sie trotzdem erst zu zwanzig bis dreißig Prozent in dem Beruf vertreten sind. Dieser Umstand macht aus der tatsächlich stattgefundenen Förderung keinen alternativen Fakt, nur weil das Ergebnis aus ihrer Sicht noch nicht befriedigend ist.
Es beschämt mich ein wenig, wenn sie versuchen mich durch ihre Begriffswahl in eine Ecke zu drücken, wo ich nicht hingehöre. Und deshalb sehe ich mich auch nicht genötigt immer und immer wieder feststellen zu müssen, dass auch ich dafür bin, dass die Zahl der weiblichen Regisseurinnen weiter gesteigert werden könnte und sollte.
Nur mit welchen Mitteln, darin unterscheiden wir beiden uns wohl.
Ihre Radikalität sei ihnen gegönnt, ob sie wirklich förderlich ist, sei dahin gestellt. Ich habe mir diese Vorgänge lange Zeit in der Praxis angeschaut und als wir am DT, auf meine Initiative hin, eine Regisseurin aus Bochum engagierten, kam es als erstes zu einer bösen Anfeindung zu zwei Hausregisseurinnen, deren weitere Anwesenheit am Haus von der Neu- Hinzugekommenen abgelehnt wurde. Ebenso zeigte sich auch eine weitere Regisseurin, die ich vorschlug, wenig kooperativ. Ich glaube sie vergessen manchmal von was für einem Ehrgeiz dieser Beruf geprägt wird und das dort jedes Mittel Recht ist, um sich durchzusetzen und nicht nur Talent. In erster Linie würde ich Talente schützen wollen und nicht Geschlechter und Zugehörigkeiten. Das ist nun mal meine begründete Haltung und sie steht in keinem Widerspruch zu dem Wunsch die Zahl der weiblichen Regisseurinnen weiterhin zu steigern.
Nur eben nicht über eine Quote, denn wir befinden uns in einer Leistungs-und Konkurrenzgesellschaft, die ich persönlich sehr gerne im Sinne einer höheren Gerechtigkeit ändern würde. Und gerade deshalb kann ich nicht einer Gruppe eine Quote zusprechen, die ich vielen anderen damit verweigern würde. Was fehlt, ist ein Entwurf von einem Quotensystem, dass nicht nur die Geschlechter berücksichtigt, sondern eine Vielzahl anderer, genauso relevanter Faktoren ebenso. Ob dieses System dann auch in der Kunst Anwendung finden sollte, müsste man gesondert debattieren, denn die Talente wachsen eben nicht nach paritätischen Regeln am Baum der Kunst.
Es reicht einfach nicht lediglich die Interessen der Gruppe zu vertreten, der man selber angehört und genügt nicht den Anforderungen des Theaters, wenn es darum geht eine Gesellschaft komplex und divers abzubilden und zu gestalten.
Ganz herzliche Grüße
Ihr
Baucks
an was machen Sie die seit Jahrzehnten betriebene besondere Förderung und Aufmerksamkeit von Frauen im Regieberuf fest? Wer hat sie besonders gefördert? Wo erhielten sie diese Aufmerksamkeit?
jene, die Gerechtigkeit und Gleichstellung fordern, als "radikal" zu bezeichnen und zugleich Talent gegen Geschlecht auszuspielen, sagt eigentlich alles wes Geistes Kind sie sind. Sie liefern keine "begründete Haltung", sondern eine Meinung, die sich weigert, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen.
das ist genau die peinlichkeit, die die gesellschaft zerreißt und auch noch "alternativlose vernunft" genannt wird ...
wirkliche demokratie ist lebendiger widerspruch und diskussion und DAS gilt es zu pflegen und zu verteidigen
Sie unterstellen quasi, daß jetzt alle ungefragt fleissig CDU wählen gehen weil eine Politikerin eine vielzitierte Studie aus ihrem Haushalt finanziert hat? Mal davon abgesehen, daß Frau Grütters keine Alleinherrscherin ist, weder in ihrem Ministerium noch im Bezug auf die erhobenen Daten. Was für ein trauriges Menschbild und Politikverständnis.
*ironie an*
a) Sie als Mann gönnen Frau Peter also ihre Meinung. Das ist ja großzügig.
b) Diese streitsüchtigen, unkooperativen und ehrgeizigen Frau-Regisseure würde ich auch nicht mehr engagieren. Die hatten eindeutig ihre Chance.
*ironie aus*
Ich kann ebenfalls nicht fassen, wie Sie hier, ohne mit der Wimper zu zucken, mansplaining betreiben und Klischees aus den 50ern bedienen. Ja, mit dieser Feststellung trage ich selbst nichts zur Debatte bei, ich möchte auch nur zum Ausdruck bringen, warum Sie sich in meinen Augen als Diskutant hier grundlegend disqualifizieren.
Wieso gerieten über Jahrzehnte rein männliche Führungsteams nie unter Ideologie-Verdacht? Was ist mit den Entschädigungen für Frauen, die von frauenfeindlichen und angstvollen Männerteams trotz bester Qualifikation nicht engagiert wurden? Die benachteiligt wurden, während das Männliche die Norm war/ist?
Auch schwierig: die hier mehrfach gelesene Betonung dessen, das Geschlecht doch eigentlich keine Rolle spielen, sondern die Qualität im Vordergrund stehen solle. Dieser Ansatz resultiert leider oftmals darin, dass Frauen wieder als unwichtig dargestellt werden. Und nichts ist gewonnen.
Zudem impliziert es, dass Frauen häufig irgendwie schlechter sind als Männer. Auf die Idee, dass strukturell was falsch laufen könnte, kommt dann keiner mehr.
Zitat:
„Und vielleicht kann man die gegenwärtigen Feminismusdebatten tatsächlich so verstehen: Sie handeln davon, wo die Grenze zu ziehen wäre zwischen einem „guten“ Feminismus, der die reibungslose Integration von Frauen in die gesellschaftlich-ökonomischen Strukturen voranbringt, und einem „bösen“ Feminismus, der den Bogen überspannt, zu radikal ist, die Leute vor den Kopf stößt, den Boden des Diskutablen verlässt. Ein Feminismus, der sich, mit anderen Worten, nicht mit der Integration der Frauen in das Bestehende zufrieden gibt, sondern dieses Bestehende grundlegend hinterfragt.“ Antje Schrupp https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2015/maerz/raus-aus-der-defensive
Ich rede offen und das darf ich.
Zudem ist eine Haltung, die ich unmissverständlich als meine Meinung qualifiziere, keine Belehrung. Und, liebe Frau Philipp, den Schmerz der Relativierung teilen sie mit der Mehrzahl aller Menschen, und wie sie sich dabei befinden, wenn es nicht gelingt ihre Meinung im Austausch als absolut zu setzen, bleibt, wie bei allen anderen Menschen auch, im Meinungsaustausch, ihr eigenes Problem.
Ich verleugne keine Fakten, ich ziehe lediglich andere Schlüsse daraus und niemand darf mich dazu zwingen wollen, und schon gar nicht durch unbegründete Schimpfworte, einer Frauenquote im Kunstbereich zu zustimmen, wenn ich zu anderen Überzeugungen gekommen bin. Viele versuchen hier einem die Instrumente zu zeigen und warten gleich mit einem ganzen Arsenal von Begriffen auf, die stets bereit liegen und unspezifisch angewandt werden, wenn man ihnen zum Gunsterwerb nicht nach dem Munde redet. Daraus erwächst dieses typische Betriebsklima, das man auch entfernt mit „Mobbing“ beschreiben kann.
Eines der vielen Förderungsmittel ist, neben vielen anderen, um auch diese Frage zu beantworten, das Gleichstellungsgesetz. (Und nennen sie mir doch bitte einmal weitere gesellschaftliche Gruppen, die eine Gleichstellungsbeauftragte haben, zum Beispiel in den sogenannten bildungsfernen Gruppen, wo es momentan aus politischer Sicht am dringendsten wäre.) Dies besagt, dass es nicht nur nicht erlaubt ist, jemanden auf Grund seines Geschlechtes von einem Beruf auszuschließen, nein, es ist ausdrücklich verboten und wird mit einem ganzen Katalog von Maßnahmen geahndet und bestraft. Da kann es zu Abmahnungen, Kündigungen und Geldstrafen kommen. Dieses Gesetz ist geschlechtsneutral formuliert und gilt auch für Männer. Und, Frau Peter, eine Diskriminierung in einem Betrieb kann juristisch nicht gegen anders gerichtete Diskriminierungen in anderen Betrieben aufgerechnet werden. Das ist Unfug.
Frau Bergmann ist schlecht beraten, wenn sie sich öffentlich in diesen justiziablen Bereich begibt, denn nun ist es eigentlich Aufgabe des Betriebsrates und jedem, der sich berufen fühlt, diesen Missstand abzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Damit gefährdet Frau Bergmann, und sie tun dies auch Frau Peter, ein an sich richtiges Anliegen. Dies nur dazu, warum ich den Begriff „radikal“ verwandte. Sie sagen es ja selbst, es sei eine politische Maßnahme, folglich keine künstlerische Entscheidung. Damit interpretieren sie die Meldung von Frau Bergmann eventuell sogar falsch, denn ich kann nicht erkennen, wo die neue Schauspieldirektorin verlauten ließe, sie wolle eine politische Maßnahme ergreifen und keine künstlerische. Eine politische Maßnahme ist nur den Parlamenten erlaubt. Dort müssen sie ihren Wunsch nach einer Quote durchsetzen. Der Vorgang in Karlsruhe verstößt, so wie er jetzt von statten geht, gegen geltendes Recht und nun kann jedes AFD-Mitglied gegen diesen „Genderwahn“ klagen. Womit wir bei einem weiteren Thema wären. Wie hoch setzen sie eigentlich das dritte Geschlecht in ihrer Quotenregelung an? Oder sind ihre Vorstellungen diesbezüglich rein heteronormativ? Sollte auch diese Gruppe ausdrücklich genannt werden?
Natürlich soll man keine gesellschaftliche Gruppe gegen eine andere ausspielen, jedoch kommt es eben in der Debatte zu Relativierungen, die man lernt auszuhalten, auch wenn der persönliche Wunsch oft stärker ist als der Allgemeine. Und natürlich ist „Nichts zu tun“ keine Option Frau Philipp, rechtfertigt aber auch nicht grobe Fehler zu machen.
Die Hierarchien werden nicht abgedankt, sondern restauriert: die zwischen Unterdrückern und Unterdrückten. Erstere haben die Macht, die den andern genommen wird.
Die Genderfrage ist keine Frage des Geschlechts, sondern der Macht. Wer sie ernst nähme, müsste hier ansetzen.
Man kann das Prinzip 100% Regisseurinnen als totalitären (100 %!) Witz wahrnehmen. Eine ernst zu nehmende Lösung ist das nicht. Sondern - mit Adorno gesprochen - Propaganda.
Eine philosophische Kritik von Ihnen wäre interessanter, wenn Sie zeitgenössische und das Thema betreffende Arbeiten/Autoren zitieren würde- aber dazu müsste man sich mit dem Thema beschäftigen...
Überall anders sind die Männer in der Mehrheit, alles andere ist Unsinn, Propaganda, Menschenverachtend, Diskrimierung von Männern.
Wenn sie jetzt auch noch das gleiche Gehalt bekommen, dann ist das nicht mehr mein Europa. Armes Deutschland, arme Männer! Wir sind verfolgt! Spuhler ist schuld!!1!
Merkel ist Schuld!!1!
Pfui Frau wie anmaßend, nicht mal Übergriffig darf ich mehr sein...
Sicherlich, aus Sicht einer sehr groben Spannungsdramaturgie, wirft ihre Haltung einiges ab. Trotzdem erklärt sich mir nicht, warum Frauen sich nicht an die arbeitsrechtlichen Regeln halten sollten, die sie selber für sich als absolut notwendig erachten, die Regeln der Gleichstellung in einem Betrieb.
Wohl bemerkt, in einem Betrieb und nicht gegen den Rest der Welt.
Dieser Neigung für sich Ausnahmeregelungen zu schaffen, ist häufig ein hervorstechender Hang derjenigen, die schon privilegiert sind. - Für Frauen an sich solche Ausnahmen zu gestalten, heißt nur, ihnen abermals eine Sonderrolle zuzuweisen. Das hat mit Emanzipation nichts zu tun, sondern qualifiziert das weibliche Geschlecht wiederum als ein besonderes Wesen, dem ganz eigene Regeln zufallen müssen.
1. Wenn 100 % Regisseurinnen keine Unterdrückung des Manns sind, dann sind 100 % Regisseure auch keine Unterdrückung der Frau.
2. Natürlich können Sie die (rhetorische) Frage nach dem Kontext stellen. Aber ist Ihre implizite Antwort auch richtig? Ich glaube: nein. Es handelt sich um eine allgemeine Theorie zur Dialektik des Fortschritts, die nicht auf die von Ihnen bezeichnete Periode beschränkt ist. Letztere wird bloß als Anlass genannt. Die Theorie selbst ist an Beispielen von Homer über Kant/de Sade bis in die Gegenwart entwickelt und abgeleitet.
Kurzum: Ja, eine Synthese der Debatte ist zwischenzeitlich auch wichtig und die Masse des Austausches ist hin und wieder erdrückend.
Ich möchte aber sowohl Martin Baucks als auch der Redaktion ausdrücklich für Ihre Arbeit danken und zum Dranbleiben ermutigen. Immer wieder im Urschleim loszulegen, wenn das nächste Theater oder Festival die nächste Genderzählung startet, ist meines Erachtens wesentlich unergiebiger und destruktiver für ein Fortschreiten der Debatte als Baucks et al.s Textflächen. Dass in diesem Thread Anne Peter aus ihrer Rolle als nk-Beteiligte in eine aktivere Diskussionsrolle geschlüpft ist, begrüße ich sehr (auch wenn die in #39 genannten 217 Jahre natürlich suggestiv zitiert sind; in Europa sind es beispielsweise deutlich weniger ...).
Der Vorwurf des Mansplaining (aus #49) scheint mir plakativ, fast schon reflexhaft und kaum begründet. Wenn man das Konzept richtig anwendet, ist klar, dass es um die Art des Sprechens geht, nicht das Geschlecht der/des/de* Sprechenden. Dass Herr Baucks hier vorwiegend Dummheit des Gegenübers unterstellt, kann ich nicht erkennen. (Wenn Sie anderer Meinung sind: gern her mit der Konkretion. Ich lerne gern.) Dass ein/e Argumentator/in davon überzeugt ist, richtig zu liegen, liegt in der Natur der Sache und hat mit struktureller Privilegierung/Benachteiligung nichts zu tun.
Kurzum: Ich mache mir Herrn Baucks' Positionen keineswegs zu eigen, möchte aber Ihre Sprechverbotsimperative zurückweisen. Sie, wie auch #49 bringen Ihrerseits keine Argumente in die Sachdebatte ein. Auf die wären wir aber alle gespannt. Ehrlich.
Und natürlich ist es kein Argument, sondern ein verbindliches Recht für alle. Und das ist gut so.
In einem nicht-patriarchalischen Betrieb wäre die Sache schnell gelöst, es gäbe da nicht diese Beharrungsenergie. Man würde den Fehler erkennen und beheben.
So aber, in dieser herkömmlichen Struktur, wird es zu einem Problem. Der Intendant hat einen Sinneswandel vollzogen und ihn öffentlich gemacht und seine Schauspieldirektorin folgt ihm darin. Da fällt es schwer sich ebenso öffentlich zu korrigieren.
1. das Gegenargument wurde schon ausführlich, z.B. in #22 und #38 von Frau Peter geliefert.
2. Was die Negative Dialektik eben genau NICHT ist, ist eine Systemtheorie (wie übrigens "der Feminismus"). Und ich hoffe ich erzähle nichts Neues wenn ich erwähne, daß die Frage der Gleichstellung von Adorno et al widersprüchlich oder gar nicht behandelt wurde. Deshalb wurde Adornos Werke in den letzten Jahrzehnten bezüglich dieser Perspektive hinterfragt und erweitert.
Damit wir nicht wieder beim zweiten Weltkrieg landen.