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Salzburger Festspiele: Protest gegen Sponsor

20. April 2022. Die Regisseurin Yana Ross und der Schriftsteller Lukas Bärfuss werfen den Salzburger Festspielen "toxisches Sponsoring" vor. Das geht aus einer Meldung hervor, die Ross und Bärfuss am heutigen Mittwoch über ihre Presseagentur verschickten. 

Gegenstand des Protests ist das Sponsoring der Festspiele durch das Schweizer Bergbauunternehmen Solway, das die Verfasser:innen der mit zahlreichen Verweisen auf Presseberichte und andere Quellen versehenen Meldung mit "Umweltverschmutzung, Menschenrechtsverletzungen, Bestechung, Vertuschung, Einschüchterung und Verfolgung kritischer Journalist:innen" in Verbindung bringen. Genannt werden hier vor allem die "Vorgänge in der guatemaltekischen Nickelmine La Fénix", zudem pflege das Unternehmen, dessen "Anfänge in der russischen Aluminiumindustrie" lägen, "enge Beziehungen zum Kreml in Moskau".

Geschäftsbeziehungen "sofort beenden"

Darüber hinaus sei das Unternehmen "immer wieder ins Visier von Behörden" geraten, heißt es in der Mitteilung. So habe etwa bereits 2011 "die Swedbank wegen Verdachts der Geldwäsche ihre Geschäftsbeziehungen zu Solway" beendet. Ebenso sei vom "höchsten guatemaltekischen Gericht" die Stilllegung der Nickelmine La Fénix "wegen Missachtung der Rechte der Indigenen" angeordnet worden.  

Solway ist seit 2017 als Sponsor bei den Salzburger Festspielen aktiv. Seit den "zitierten Enthüllungen und mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine" sei "dieses Sponsoring toxisch geworden", so Yana Ross und Lukas Bärfuss, die die Salzburger Festspiele in der Pressemitteilung auffordern, "unverzüglich" konkrete Schritte einzuleiten:

"Das Sponsoring bei den Salzburger Festspielen ist von einer unabhängigen Stelle
umfassend zu untersuchen und das Resultat der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Zu untersuchen sind Sponsoring- und andere Partner-Verträge, sowie Finanzen und
Termine.

Die Salzburger Festspiele sind aufgefordert, verbindliche Richtlinien für ihre Finanzierung
zu erarbeiten. Diese müssen im Einklang mit dem Memorandum vom August 2022
und mit den öffentlichen Selbstverpflichtungen der Verantwortlichen stehen. Die
Fördergesetze Oesterreichs verlangen Standards, die einzuhalten sind.

Die Salzburger Festspiele haben die Geschäftsbeziehungen zu Solway sofort, spätestens
bis zum 27. Juli 2022, zu beenden."

In der Verantwortung

Die Salzburger Festspiele gehörten "dem Publikum und den Künstlerinnen"; "Rang und Glaubwürdigkeit dieser singulären Institution" müssten "geschützt werden". Die Gremien der Salzburger Festspiele stünden nun "in der Verantwortung", "sofort, transparent und entschieden" zu handeln.

Yana Ross und Lukas Bärfuss arbeiten aktuell gemeinsam an einer Neufassung von Arthur Schnitzlers "Reigen", die in Koproduktion mit dem Schauspielhaus Zürich am 28. Juli bei den Salzburger Festspielen Premiere haben soll. Auf Nachfrage von nachtkritik.de wollen beide an der Produktion festhalten, auch wenn die Salzburger Festspiele ihre Geschäftsbeziehungen zu Solway nicht beenden sollten.

Yana Ross erklärt hierzu: "Es ist sehr wichtig, dass das Festival den Künstlern und nicht den Sponsoren gehört, also ist es unsere Pflicht gegenüber den Steuerzahlern und der Öffentlichkeit, die von ihnen in Auftrag gegebene Arbeit zu machen. Daher haben wir kein Recht, die Arbeit zu beenden, aber wir haben das Recht, das Festival auf die gemachten Fehler aufmerksam zu machen. Und die Arbeit wird zweifellos die gegenwärtige neue Weltordnung und das Dilemma der künstlerischen Beziehungen zu privaten Unternehmen widerspiegeln."

Stellungnahme Salzburger Festspiele

Die Salzburger Festspiele schickten auf Anfrage eine Stellungnahme, die hier in Gänze wiedergegeben wird:

"Das Festspieldirektorium hat die mediale Berichterstattung von Anfang März 2022 zur Nickelmine Fénix am guatemaltekischen Izabal-See aufmerksam verfolgt. Aufgrund der schwerwiegenden Anschuldigungen haben wir umgehend von unserem Schweizer Projektsponsor Solway eine ausführliche, objektive und transparente Überprüfung der Vorwürfe eingefordert.

Solway hat eine interne Untersuchung und ein externes Audit der Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften Compania Guatemalteca de Niquel SA (SGN) und Compania Procesadora de Niquel de Isabal SA (Pronico) sowie deren Tochtergesellschaften eingeleitet. Die Salzburger Festspiele werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen abwarten und sodann in Folge die notwendigen Konsequenzen ziehen.

Solway finanziert mit seinem Projektsponsoring seit 2017 u.a. das Projekt Creative Fellowship. In dessen Rahmen wird Jugendlichen aus Guatemala, der Ukraine und Nordmazedonien Zugang zur klassischen Musik ermöglicht. So können jährlich zwei Jugendlichen pro Land an einem der Operncamps bei den Salzburger Festspielen teilnehmen. Außerdem unterstützt Solway seit 2018 das Jugendprogramm der Salzburger Festspiele, zuletzt mit €150.000,-. Die Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung sind von den Ergebnissen der Untersuchungen abhängig.

Die Salzburger Festspiele gehen transparent mit dem Thema Finanzierung und Sponsoring um. Alle Haupt-, Projekt- und Produktsponsoren sowie jene Stiftungen, die die Festspiele bzw. einzelne Produktionen unterstützen, sind auf der Homepage einsehbar."

(jeb / Barbarella Entertainment) / Salzburger Festspiele)


Medienschau

Für die Süddeutsche Zeitung (€ | 25.4.2022) diskutiert Moritz Baumstieger die Kritik am "toxischen Sponsoring" von Ross/Bärfuss im Kontext globaler "Softpower"-Strategien: Viel "lieber, als in Rüstung zu investieren oder in Abschreckungsszenarien zu denken, haben die liberalen Demokratien zuletzt ihre Softpower herausgestellt. Haben auf die Anziehungskraft ihrer offenen Gesellschaften verwiesen, auf die Attraktivität ihrer Kultur, auf die völkerverbindende Wirkung von Kunst und Musik, durch die Werte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wie nebenbei in Herzen und Köpfe anderer einsickern würden", schreibt Baumstieger. "Die Softpower haben aber längst auch Firmen, Staaten und Stiftungen entdeckt, die eher andere Ziele verfolgen. Und so sickern nun auch vor allem Geld und damit Einfluss in die andere Richtung", d.h. in die Richtung autoritärer Systeme.

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Kommentare  
Protest Salzburger Festspiele: Nichts Neues
Nichts Neues unter der Salzburger Sonne. Siehe https://www.sopos.org/aufsaetze/4920518030b77/1.phtml.html (von 2008!).
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