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Studie zum Risiko einer Ansteckung im Konzertsaal
Theoretisch Vollbesetzung denkbar
12. Januar 2021. Aerosol- und CO2-Messungen im Konzerthaus Dortmund haben ergeben, dass insbesondere in dessen Konzertsaal kaum ein Risiko besteht, sich mit einer Viruserkrankung wie Covid-19 anzustecken. Das gibt das Konzerthaus Dortmund in einer Pressemitteilung bekannt.
Experimentell untersucht hatten die räumliche Ausbreitung von Aerosolen und CO2 das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut Goslar und die Messtechnik-Firma ParteQ im Auftrag des Konzerthauses Dortmund. "Nahezu ausgeschlossen werden" könne ein Ansteckungsrisiko im großen Saal: "Vor allem die vorhandene zentrale Lüftungsanlage sowie das Tragen eines Mund-Nasenschutzes verringern die Aerosol- und CO2-Belastung stark", heißt es in der Pressemitteilung.
Im 1.550 Plätze fassenden Konzerthaus, das als Modell für Spielstätten einer ähnlichen Größenordnung dienen könne, sei "theoretisch eine Vollbesetzung im Saal denkbar". Zuwege und Foyers einbeziehend, werde jedoch eine Belegung im Schachbrettmuster und damit im Umfang von 50 Prozent der Saalkapazität empfohlen.
Trug der Proband eine Maske und wurde ausreichend dimensionierter Frischluftzufuhr über die vorhandene raumlufttechnische Anlage (RLT-Anlage) zugeführt, gab es bei den Untersuchungen "praktisch keine Beeinflussung durch Prüfaerosole auf allen Nachbarplätzen eines emittierenden Probanden". Für eine starke Verdünnung von belasteten Aerosolen sorge bereits das große Raumvolumen, durch den Zu- und Abluftbetrieb der RLT-Anlage ohne Umluftfunktion würden Aerosole "effektiv abtransportiert".
Ohne Maske, so die Studie, solle jeweils der direkte Vorderplatz freigehalten werden. Selbst die Besetzung des Konzerthauses mit vielen Personen störe den Luftaustausch nach oben nicht, sondern fördere diesen eher durch zusätzliche thermische Effekte, so die Ergebnisse laut Pressemitteilung.
Beauftragt worden war die Studie, um auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse eine Öffnungsstrategie erarbeiten zu können. Damit befasst sich derzeit eine Arbeitsgruppe, besetzt mit Vertreter*innen von u.a. Kultureinrichtungen und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen.
(Konzerthaus Dortmund / eph)
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Es gibt ja die Legende, dass Brückenbauer im alten Rom einige Zeit unter ihrem eigenen Bauwerk verbringen mussten, als Qualitätssicherungsmaßnahme. Diese Legende ist ziemlich sicher nicht wahr. Dennoch stellen wir uns doch einfach mal selber die Frage: wenn vorher angekündigt würde, dass unter den 1550 BesucherInnen insgesamt 50 Covid-positive Menschen (Zahl ohne Bezug auf sonstige Statistiken, einfach nur für dieses Gedankenexperiment) sein würden, zufällig verteilt: würde ich dann hingehen?
Und was ist mit dem Weg zum Sitzplatz, zum Konzerthaus? Würde ich nie, würde niemand sonst die Maske abnehmen, sich mit niemandem unterhalten?
Es tut mir leid: sicherlich eine seriöse Studie, luftströmungsmäßig und so, aber um psychologisch überzeugend zu sein, reicht es noch nicht.
ich kann Ihren Standpunkt in Punkten nachvollziehen, aber: eine Studie hat doch auch nicht den Anspruch, uns psychologisch zu überzeugen (wie auch?) - oder? Sie stellt uns lediglich Daten zum erforschten Sachverhalt / Fragestellung zur Verfügung - das Argumentieren und Debattieren überlassen Studien dann in der Regel uns selber.
Aber um hier direkt anzusetzen: was wäre denn für Sie ein überzeugendes Argument, um sich wieder mit fremden Menschen in einen Konzert-/Theatersaal zu setzen?
Das ist doch die eigentlich spannende Frage, die aus dieser Studie resultiert und welcher (wir) Kunstschaffenden uns jetzt stellen müssen.
Die Theater beherrschen die Hygiene- und Abstandsregeln sehr gut. Ab 1. Februar könnten die Häuser ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen. Überhaupt: Ich finde, wir müssen so langsam wieder ins normale Leben zurückfinden (und uns von dem nicht erreichbaren Ziel einer 50er Inzidenz in den kalten Monaten verabschieden, ansonsten können wir gleich bis Mai dichtbleiben). Mir fällt auf, dass keiner über die psychischen Folgen des Lockdowns sprechen möchte. Das ist nicht gut. Betriebspsychologisch ist das Aussperren des Publikums ein Desaster für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bühnen - aber eben auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Da gilt es jetzt, Nutzen und Risiko abzuwägen. Und der Nutzen - wie bei Schulen, Unis und Kitas - ist einfach größer, die Institutionen endlich wieder zu öffnen. Natürlich mit den Hygiene- und Abstandsregeln.
Unter anderem auch deshalb, weil aus meiner Sicht unerheblich ist, ob irgendwo kein Risiko ist, wenn drumherum Risiko ist, wenn eine gesamte Gesellschaft lahmgelegt ist.
Für mich ist es derzeit ebenso schwer vorstellbar, mich mit 1549 anderen, darunter eine mir unbekannte Anzahl Covid-positiver, ohne Maske genussvoll einem klassischen Konzert hinzugeben (es müsste ja nur eine*r husten, schon hat mich die sonstige Realität wieder), wie generell jetzt in eine solche Unterhaltungs- oder Erbauungsveranstaltung zu gehen, wenn ringsum jedes Café, jede Bar geschlossen hat, die Menschen sogar in der Fußgängerzone maskiert und alleine unterwegs sind. Insofern: die Studie in allen Ehren, sie ist nur egal.
Ich finde für ein wirkliches "Hoffnungszeichen" müsste das Theater noch ein bisschen drauflegen: es gibt nicht nur kein Risiko, sondern auch noch die heilende Wirkung der Kunst. Im Grunde gehe, wer erkrankt ist, bitte ins Konzerthaus. Das wäre doch mal was.
So jedenfalls führt eine solche Veröffentlichung höchstens dazu, dass wertvolle Arbeit an Formaten, die auch in den nächsten Wochen und Monaten funktioniert und Theatern helfen würden, ihren Auftrag zu erfüllen, ggfs. wieder aufgeschoben werden, weil man ja letztlich nur eine gute Lüftungsanlage braucht, und dann geht alles so, wie sonst auch.