meldung
Studierende protestieren gegen Schweizer "Inländervorrang"
Kunst zuerst für Inländer*innen?
8. Oktober 2018. Studierende zahlreicher Schauspielschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz protestieren mit Aktionen und in einem Offenen Brief gegen den "Inländervorrang" im Schweizer Arbeitsrecht.
"Damit werden Bewerbungen von Schweizer Schauspieler*Innen an Schweizer Theatern, per Gesetz, bevorzugt behandelt", heißt es in dem auf Facebook veröffentlichten Schreiben. Die Studierenden verstehen die Regelung als Teil einer rechtspopulistischen Kampagne. "Eben jetzt, da sich in Europa rechtspopulistisches Denken Bahn bricht, ist dies ein nationalistischer Angriff auf die Freiheit des Theaters. Gerade in heutigen Zeiten muss die Institution Theater die Unabhängigkeit der Kunst und die offene Gesellschaft verteidigen. Wie soll das glaubwürdig geschehen, wenn man sich der Maxime 'Kunst zuerst für Inländer' unterwirft?" Sie fordern die Theater auf, den Inländervorrang zu ignorieren. Die Entscheidung für oder gegen eine*n Schauspieler*in müsse eine ausschließlich künstlerische bleiben.
Dem Aufruf angeschlossen haben sich angehende Schauspieler*innen aus neunzehn Hochschulen im deutschsprachigen Raum. Unter dem Motto "Nascht für die Kunst!" sind vom 6. bis 14. Oktober 2018 an deutschen, österreichischen und Schweizer Theatern Aktionen geplant.
Zum Hintergrund
Die am 1. Juli dieses Jahres in Kraft getretene Regelung sieht eine sogenannte "Stellenmeldepflicht" vor. In Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote von über acht Prozent müssen Arbeitgeber ihre freien Stellen den Arbeitsämtern melden. Auch Schauspieler*innen gehören in der Schweiz zu dieser Gruppe. Die Arbeitsämter bieten in den ersten fünf Tagen nach Eingang der Meldung nur Inländern die unbesetzte Stelle an, wodurch sie diesen einen zeitlichen Vorteil bei der Stellensuche verschaffen. Ferner versorgen die Ämter die Arbeitgeber mit Dossiers inländischer Arbeitssuchender.
Als Inländer gelten Schweizer*innen, niedergelassene Ausländer*innen und Ausländer*innen mit Aufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit. Ob tatsächlich ein*e Inländer*in die Stelle erhält, bleibt weiterhin alleinige Entscheidung des Arbeitgebers. Lediglich im Falle von Arbeitssuchenden aus Staaten außerhalb der Europäischen Union gilt die Regel, dass diese nur zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zugelassen werden können, wenn nachgewiesen wird, dass keine dafür geeigneten inländischen oder europäischen Arbeitnehmer*innen gefunden werden konnten.
(Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürich / evangelisch.de / miwo)
(Hinweis: In einer früheren Version dieser Meldung stand, der Offene Brief sei u.a. auch vom Kollektiv "Staub zu Glitzer" verbreitet worden. Dies hat sich inzwischen als Missverständnis herausgestellt. Wir bitten, das Versehen zu entschuldigen. Mit freundlichen Grüssen aus der Redaktion, sle)
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