Szégyen / Schande − Für die Wiener Festwochen adaptiert Kornél Mundruczó den Roman von J.M. Coetzee
Ein Hundeleben
Melancolía y manifestaciones / Melancholie und Protest − die Argentinierin Lola Arias eröffnet einen Südamerika-Schwerpunkt bei den Wiener Festwochen
Mehr sein als Hüter von Büchern und Enkeln
von Reinhard Kriechbaum
Wien, 13. Mai 2012. Die wackeren Oldies waren, wenn's wahr ist, aus anderem Schrot und Korn: So jedenfalls lautet ihre Selbsteinschätzung angesichts der deutlich leiseren jüngeren Generationen. Die wahren Kerle also, das waren die Alten. Politisch engagiert gingen sie auf die Straße, wenn's sein musste. Die Südamerikanerin Lola Arias hat genauer hingeschaut – und als erstes ausgerechnet eine Trantüte entdeckt. Nein, das ist zu deftig formuliert. Die ältere Dame, ihre Mutter, ist wirklich krank, ertränkt von der sprichwörtlichen schwarzen Galle, der Melancholie. Wann deren Pegelstand gestiegen ist? 1976, nach dem Militärputsch in Argentinien. Die Regisseurin/Autorin Lola Arias ist im gleichen Jahr zur Welt gekommen, und sie argwöhnte, womöglich selbst Ursache der mütterlichen Depression zu sein. Das war sie definitiv nicht. Im Stück, einem Schreibauftrag der Wiener Festwochen, kommen Kommentare zur politischen Lage von damals leider nicht mal in Spurenelementen vor.
Bartleby oder Sicherheit ist ein Gefühl - Boris Nikitin befragt in Graz Melvilles Erzählung und landet in lautstarkem Slapstick
Empört euch, Wutbürger!
von Reinhard Kriechbaum
Graz, 10. Mai 2012. In Boris Nikitins Kleist-Paraphrase Der Fall Dorfrichter Adam (in Graz uraufgeführt 2010) sind ein Notlicht und ein Erste-Hilfe-Koffer explodiert. Das hat Effekt gemacht. Vielleicht deshalb knallen und funken diesmal auf der Probebühne des Schauspielhauses nacheinander ein Reisekoffer, eine Venusstatue und ein Papierhäuschen. Es knallt in einer Episode, da tiefgründig philosophiert wird. Die Detonation folgt einer physikalischen Versuchsanordnung. Wir sollen nachdenken darüber, ob und wie Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit, Erwartung und Option einander bedingen. Nicht einleuchtend? Egal. Hauptsache es kracht und es ist was los auf der Bühne.
Open For Everything - Constanza Macras eröffnet die Wiener Festwochen 2012 mit ihrer Compagnie Dorky Park und tanzenden Roma
Feuer im Teich
von Martin Pesl
Wien, 10. Mai 2012. Mind-Map: "Die Roma". Und los! Da schießt einem gleich allerlei in den Kopf, und das Anfangsbild in Constanza Macras' neuer Großproduktion "Open For Everything" fasst vieles davon zusammen: Ein Auto fährt ein, eine alte Rostschüssel, hübsch folkloristisch dekoriert, darin so viele Roma wie sich hineinpressen können. Sie sind ständig unterwegs, aber arm, sie sind Familienmenschen, es gibt unzählige von ihnen, und der herkömmliche Gadscho-Ignorant, also der Nicht-Roma, tut sich schwer, sie auseinanderzuhalten. Klischees! In Wirklichkeit sind die Roma "wie andere Europäer auch, nur mit einem besseren Rhythmusgefühl", sagt Constanza Macras im Programmheft, und da sie Choreografin ist, beweist sie es uns in erster Linie anhand von Tanz und Musik.
Regie: Matthias Hartmann
Regie: Hubsi Kramar u.a.
Regie: Günter Krämer
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