Carl-Amery-Preis für Juli Zeh
Mit dem nüchternen Blick der Juristin
14. April 2009. Die Schriftstellerin Juli Zeh erhält einer Mitteilung des Luchterhand Literaturverlags zufolge den diesjährigen Carl-Amery-Preis. Der mit 6000 Euro dotierte Preis wird seit 2007 alle zwei Jahre vom Verband deutscher Schriftsteller in Bayern mit Unterstützung des Luchterhand Literaturverlages und von ver.di Bayern in Erinnerung an den Münchner Schriftsteller Carl Amery (1922-2005) vergeben, der sich in seinem Werk zeitlebens gegen restaurative Tendenzen in Gesellschaft und Kirche und für eine ökologisch vernünftig gestaltete Welt eingesetzt hat. Erster Preisträger war 2007 Feridun Zaimoglu.
Juli Zeh wurde 1974 in Bonn geboren, wo ihr Vater Wolfgang Zeh bis 2006 ein hochrangiger Beamter der Bundesregierung war. Bevor sie Schriftstellerin wurde, studierte sie Jura mit dem Schwerpunkt Völkerrecht – ein Thema, das auch in ihren Romanen eine gewichtige Rolle spielt. Ihr erstes Theaterstück Corpus Delicti, das sich mit den möglichen totalitären Folgen einer dogmatisierten Umwelt- und Gesundheitspolitik befasst, wurde 2007 im Rahmen der Ruhrtriennale in Essen uraufgeführt.
Juli Zeh zähle zu den aufregendsten Erzählerinnen deutscher Sprache, begründete die Jury des Carl-Amery-Preises, Martin Hielscher, Thomas Kraft, Martin Mittelmaier und Feridun Zaimoglu ihre Wahl. "Ihre kühnen Geschichten und Psychogramme entstehen auch mit dem nüchternen Blick der Juristin, die sich der Fakten versichert und auf dieser Basis ihre kunstvollen Texte entwirft." Rücksichtslos gegen alle Gebote des ausgewogenen oder schönen Tons integriere sie aktuellste Gegenwart in ihre Romanwelten, "sei es durch Exzesse des Metapherngebrauchs, durch die Schonungslosigkeit in der Darstellung psychischer Abgründe oder durch die Maßlosigkeit in der Inanspruchnahme der Wissensfelder, mit denen die moderne Welt Aufschluss über sich zu geben versucht." Es sei schwer, einen ähnlich hellhörigen, feinnervigen und Wissen aufsammelnden Autor zu finden, der sein Sensorium derart weit gespannten Dramaturgien, wie Zehs Romane sie ausbilden, zu überlassen verstehe.
Die Preisverleihung findet am 21. April 2009 im Literaturhaus München statt. Die Laudatio hält Gesine Schwan.
(sle)
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