Presseschau vom 16. April 2015 – Tim Renner antwortet in der Zeit auf die Attacken Claus Peymanns, schreibt über Berliner Kulturpolitik und skizziert seine Zukunftsvision für Volksbühne
Kaufen Sie sich mal wieder eine Hose
Kaufen Sie sich mal wieder eine Hose
16. April 2015. In der Zeit meldet sich heute der zuletzt viel gescholtene Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner mit einem Text zu Wort und antwortet darin auf die Attacken von BE-Intendant Claus Peymann. Dieser hatte ihn, im Interview mit derselben Zeitung, als "Lebenszwerg" und "Umweltzerstörer" bezeichnet. Renner korrigiert darin auch die von Peymann aufgestellte Behauptung, Bürgermeister Michael Müller sei 2015 zum ersten Mal überhaupt in der Oper gewesen – diese sei "nachweislich unwahr und ziemlich unanständig". Und selbst wenn – die Theater und Opern seien "bei aller Bedeutung selbst nur Teilbereiche des Portfolios eines Kultursenators (...). Hat irgendjemand gefragt, wann Michael Müller das letzte Mal in der Kirche war, was er für Musik hört oder wie viele und welche Bilder bei ihm zu Hause an der Wand hängen? Umgekehrt, ab wie vielen Opernbesuchen darf man denn?"
Das Theater muss für viele Menschen relevant sein
Als Kultursenator oder Kulturstaatssekretär arbeite man mit einem großen Team von Kulturfachleuten zusammen, man müsse "nicht Theaterwissenschaften studiert haben, sondern (...) sicherstellen, dass die (...) beauftragten Intendanten über die nötigen Fähigkeiten verfügen." Wichtig sei, "zu verstehen und zu vermitteln, welche Bedeutung die Kultur für ihre Akteure, die Gesellschaft und die Zukunft der ganzen Stadt hat." Im kreativen Berlin, wo Kultur neben Wissenschaft "unsere einzige Chance für Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt" sei, müsse vermittelt werden, "dass Ausgaben in Kultur keine Subventionen, sondern Investitionen sind." Das könne im Theaterbereich "nur gelingen, wenn man für viele Menschen relevant ist und Themen setzt." Da helfe es nicht, "alte Gräben zwischen sogenannten Bildungsbürgern und mit Popkultur sozialisierten Menschen" aufzumachen: "Es geht schon lange nicht mehr um Wagner versus Rammstein oder Brecht versus Element of Crime." "Das Theater muss Brücken in die Lebenswirklichkeit der Stadt schlagen, um relevant zu sein. (...) Das bedeutet, schnell zu reagieren und im Zweifel sogar die eigene Bühne zu verlassen" (wie das Gorki Theater mit Fallen), die digitale Technik zu nutzen (wie Rimini Protokoll bei Situation Rooms) oder auch "scheinbar ganz traditionell", aber mit "Istbezug"-Herstellung zu agieren (wie Thomas Ostermeier an der Schaubühne mit Richard III).
Die Volksbühne soll Labor Europas sein
Frank Castorf habe an der Volksbühne "Theatergeschichte geschrieben" und bleibe Berlin über sein Vertragsende 2017 "als Regisseur erhalten": So spreche er laut eigener Auskunft mit Peymanns Nachfolger Oliver Reese über Inszenierungen am Berliner Ensemble. "Warum wird in einem Neuanfang so gerne das Risiko und so selten die Chance gesehen?", fragt Renner bezüglich seiner Ideen für eine Volksbühne nach Castorf, zumal in der Volksbühne "die von Peymann und Chor so gefürchtete Verschränkung der Künste" – Stichwort "Eventbude" – seit Langem stattfinde. Das Ensemble sei bereits unter Castorf "von 27 auf elf Schauspieler reduziert" worden – und keiner der potentiellen Nachfolge-Kandidaten wolle dieses noch weiter reduzieren. Entscheidend sei, "dass die Kunstform Theater weiter lebt. Kein Film, keine Installation oder Projektion wird jemals den Moment ersetzen können, in dem Schauspieler live eine andere Wirklichkeit entstehen lassen. Dafür müssen wir dem Theater aber eine Zukunft bieten, etwas wagen und auch mal Labor Europas sein". Die Volksbühne brauche "ein stimmiges Leitungskonzept" und "eine Identität, die sich von den anderen Theatern in der Stadt klar unterscheiden lässt. Die Volksbühne soll ein Ort sein, an dem spartenübergreifend gearbeitet wird und die zentralen gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Fragen verhandelt werden." Und mit diesem "Vorschlag zur Güte" beschließt Tim Renner seinen Text: "Kaufen Sie sich mal wieder eine Hose, lieber Claus Peymann, und lassen Sie uns anschließend essen gehen."
(ape)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr medienschauen
meldungen >
- 18. September 2024 Ehemaliger Mainzer Intendant Peter Brenner gestorben
- 17. September 2024 Therese-Giehse-Preis für David Ruland
- 16. September 2024 Friedrich-Luft-Preis für "The Silence" von Falk Richter
- 16. September 2024 Martin-Linzer-Preis an Schlosstheater Moers
- 13. September 2024 Staatstheater Kassel: Geschäftsführer freigestellt
- 13. September 2024 Salzburg: Nuran David Calis wird Schauspieldirektor
- 12. September 2024 Heidelberg: Intendant Holger Schultze hört 2026 auf
- 12. September 2024 Auswahl des "Augenblick mal"-Festivals 2025 in Berlin
neueste kommentare >
-
Kleiner Mann, was nun?, Berlin Theatrale Wohltat
-
Therese-Giehse-Preis Glückwunsch
-
Kassler GF freigestellt Unverständnis
-
Therese-Giehse-Preis Unabhängig
-
Kassler GF freigestellt Obelix
-
Appell Fonds DaKü Dank!
-
Therese-Giehse-Preis 2024 nochmal gefragt
-
Therese-Giehse-Preis 2024 In der Nominierungs-Jury?
-
Blue Skies, Hamburg Theater und Wirklichkeit
-
Empusion, Lausitz Zweisprachige Ortsschilder
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau
Ach und Herr Renner, dass ihnen als kontrastbare Gegenüber bei Wagner und Brecht nur zwei Popbands einfallen, ist ja auch sehr bezeichnend dafür, dass man Ihnen völlig zu Recht vorwirft, was man ebenso vorzuwerfen hat.
Alle, die von überkommenen Strukturen des bisherigen Repertoire- und Ensembletheaters sprechen und von den schlanken und flexiblen Möglichkeiten der freien Szene schwärmen, merken gar nicht, dass sie die Modelle des neoliberalen Kapitalismus und der deregulierten Arbeitsverhältnisse unterstützen. Es wird noch ein böses Erwachen geben – dabei denke ich nicht nur an die Kunst, die im Scheinwerferlicht steht, sondern auch an alle, die sie möglich machen: Technik, Requisite, Schneiderei ….
Arbeitsplätze lösen sich auf in Projektverträge! Schöne Aussichten.
Siehe dazu z.B. den aktuellen 24. Subventionsbericht der Bundesregierung, in dem der Subventionsbegriff erläutert und eingegrenzt wird: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Subventionspolitik/2013_08_13_24-subventionsbericht-der-bundesregierung-anlage.pdf?__blob=publicationFile&v=5
aufrichtigen Dank, dass Sie sich (nun endlich) öffentlich vernehmbar zur Causa äußern. Gleichwohl überzeugt mich im Grunde fast keines der von Ihnen vorgetragenen Argumente, die Volksbühne in Ihrer derzeitigen Struktur aufzulösen. Es ist sehr wohl die Aufgabe von Kulturpolitik, Rahmensetzungen vorzunehmen, Schwerpunkte zu setzen und Halbgarem in letzter Konsequenz ein Ende zu bereiten. Aber all dies ist doch in Bezug auf die Volksbühne (heute! noch!) nicht erforderlich. Lassen Sie mich insofern direkt auf Ihre Äußerungen antworten:
"beauftragten Intendanten über die nötigen Fähigkeiten verfügen."
Wer stellt das bei Frank Castorf (auch) als *Intendant* infrage? Check.
"nur gelingen, wenn man für viele Menschen relevant ist und Themen setzt."
Das ist die castorfsche Volksbühne fraglos. Indikatoren können wir gern austauschen. Was mich beschäftigt ist der versteckte Popularismus im "Viele". Die Volksbühne soll ja nicht der Friedrichstadtpalast sein.
"Das Theater muss Brücken in die Lebenswirklichkeit der Stadt schlagen, um relevant zu sein."
Also bitte, ja. Wer befragt denn ohne Unterlass die Identität, Herkunft, Veränderung der Stadt, wenn nicht die Arbeiten des Intendanten Castorf selbst? Dass manche (hervorragende) Pollesch- und Fritsch-Arbeit genauso in anderen Metropolen entstehen könnte, ist fraglos. Aber dann wäre doch die Frage, welches andere (Staats-)Theater dies in Berlin leistete? Das Gorki, sicher. Das DT, naja, mehr schlecht als recht. Die Parkaue, joa.
"Warum wird in einem Neuanfang so gerne das Risiko und so selten die Chance gesehen?"
Das ist schlicht nicht der Fall, im Wesentlichen, Herr Renner. Es stellt sich doch überhaupt nicht die Frage, dass ein Intendant Castorf einmal wird abtreten müssen. Sondern es stellt sich die Frage, *wann* dies sein "muss". Und dieser Punkt ist schlicht und einfach - angesichts eines funktionierenden Hauses und eines sich stark weiterentwickelnden künstlerischen Profils - heute nicht erreicht! Neuanfang ist - wenn man eine solche kurzatmige Politik fahren möchte - dort notwendig, wo fade Stagnation ohne Aussicht herrscht. Nicht dort, wo Intensität und Spezifizität vorliegen. Die Intendanz Castorf hat auch heute so viele Alleinstellungsmerkmale (Schutzraum Künstlerentwicklung, Radikalität, Geschichtsbewusstsein, Nichtbeliebigkeit der Themen, Nichtaustauschbarkeit der Beteiligten, funktionierender Betrieb, …), die bei anderen Häusern eben in dieser Massivität nicht vorliegen. Es ist für jede/n Besucher/in erkennbar, wie besonders dieses Haus ist. Für die/den jahrelange/n Beobachter/in ist erkennbar, welche Kraft und Innovation dieses Haus und sein Intendant in die Kunst ausstrahlen. Das hat auch etwas mit Biotop zu tun. Aber genau da setzen die von Ihnen erwähnten Subventionen/Investitionen an. Es braucht auch Vertrauen!
...
"Die Volksbühne brauche "ein stimmiges Leitungskonzept" und "eine Identität, die sich von den anderen Theatern in der Stadt klar unterscheiden lässt."
Das ist ja nun wirklich fast lächerlich. Wenn wir mal das Gorki mit seiner Zielgruppen- und Themenverengung außenvorlassen, dann ist doch die Volksbühne das Haus mit der stärksten Identität überhaupt. Fragen Sie doch mal Publikum (neues und altes), fragen Sie die Künstler/innen dort, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, den Intendanten, die Journalisten. Es kann doch bitte nicht um Kulturamtsformulare gehen, wo irgendein Referent nicht weiß, was er unter "Unterscheidungsmerkmal" eintragen soll, weil ihm der Stil der Kunst oder des Intendanten nicht gefallen. Sie waren doch auf der 100-Jahr-Feier, Herr Renner. Hatten Sie da ernsthaft den Eindruck DIESES Haus samt Personal hätte keine unterscheidbare Identität. Wie gesagt, dies trifft auf eine Reihe anderer Berliner Häuser sicher zu, aber doch bitte nicht auf diesen Organismus am Rosa-Luxemburg-Platz, der in der Kunst NACHWIEVOR unbestritten seinen Platz hat und durch Arbeit, Arbeit, Arbeit wahrt.
Lieber Herr Renner, ich kann verstehen, dass Sie gern etwas tun möchten. Ich kann verstehen, dass Sie sich eine Liste der Hausdienstalter der Berliner Intendanten angesehen haben. (Wobei Sie, wie an anderer Stelle erwähnt ja nicht auf die Idee kämen, Barenboim abzusägen, der ähnlich epochal lange in Berlin arbeitet.) Ich kann verstehen, dass Sie in einer sich verändernden, ja, auch touristisierenden, mainstreamisierenden Stadt Berlin den (vermeintlich) alten Putz abklopfen. Aber bitte, bitte: Könnten Sie die Kriterien, die Sie hier ex post für die Rechtfertigung der Nichtverlängerung Castorfs ins Felde führen ebenso auf die anderen Häuser anwenden und dies öffentlich verkünden? Das ist doch absurd - zumal das BE ja ohnehin einen Generationswechsel in der Leitung vor sich hat - dass Sie die Diskussion so führen als wäre die (1) die Volksbühne darbend oder langweilig oder (unbedingt jetzt!) korrekturbedürftig und (2) die anderen Berliner Häuser derart glänzender aufgestellt.
Wobei, glänzen, ja, das können sie. Wenn es um Inhalte, Kunst, Intensität, Rigorosität, Radikalität geht, dann sieht es ganz anders aus. Blass nämlich. Und Sie entscheiden sich offenkundig dafür, etwas (ohne Not!) zu zerstören, dass Berlin erst wieder zu dem gemacht hat, was es heute ist: die castorfsche Volksbühne. Ich hatte Hoffnung, dass dieser nichtstromlinienförmigen Stimme im mentalstruktuell-durchkommerzialisierenden Kanon des "neuen" Berlin der Raum bliebe, den sie sich erkämpft hat. Mit intensiver Kunst. Mit Innovation abseits der Gefälligkeit. Mit Anziehungskraft. Mit Identität, nach vorn und hinten. Über das Jetzt und die Opportunitäten hinaus!
Herr Renner:
- Stellen Sie Ihre Pläne zur Umstrukturierung der Volksbühne zurück, bis dazu der Zeitpunkt - auch durch die Öffentlichkeit erkennbar gewollt! - gekommen ist. Sie sind Diener des Souveräns!
- Fahren Sie fort mit Ihren Vorhaben der Befragung der Berliner Theaterlandschaft. Aber legen Sie bitte transparent und *gleichermaßen* Maßstäbe an alle an. Wie Johannes Rau sagte: Alter ist kein Verdienst und keine Schuld.
Erstaunlich wieviel Unsinn sich in 5 Zeilen unterbringen lässt. 1. hat Renner nie behauptet, die Volksbühne habe keine eigene Identität, sondern es geht darum, dass sie diese in Zukunft auch haben soll. 2. ist Rammstein keine Popband. 3. Welche "kontrastbare Gegenüber" hätten Sie denn gern? Man muss Renners Kurs nicht mögen, man kann ihn auch für eingeschränkt kompetent halten, aber er hat in einem Recht: Ein Kulturpolitiker ist für Kultur zuständig und die besteht nicht nur aus Oper und Peymann. Und das ist, um einen früheren Kultursenator zu zitieren, auch gut so. Abgesehen davon, dass unfundierte Arroganz selten ein gutes Argument ist.
(Das Ensemble ist in Teilen ohnehin unkündbar.) Warum nicht noch ein paar Jahre Fortgang? Ich kann Ihnen versprechen, dass wir uns noch die Finger lecken werden nach solchem Profil und Format jenseits der Durchschnittlichkeit.
Schreibt Ihnen jemand, der diesem Haus ein Anhänger ist, nach "den ganz großen" Zeiten der Neunziger. Vielleicht ist es gut, zu wissen, dass (eingesessene) Berliner/innen manchmal diese Stadt nicht nur im Ist und im Werden, sondern auch in der zweiten und dritten Zeitableitung sehen können. Und da sehe ich jedenfalls die Schnödheit voranschreiten.
Oberflächen-Detail. Es wird Menschenmaterial kuratiert, geordnet und domestiziert. Wirklich innovativ wäre ein Theater, das sich auf Traditionen Shakespeare etc rückbesinnt. Ein Künstler-Autoren-Schauspieler-Theater. Bei dem die SchauspielerInnen herrschen. Auch ein ssolches Theater braucht Dramaturgen, Autoren, Ausstellungsmacher etc. Aber der Leib muss an die Macht. Diejenigen, die ihren Körper zur Schau stellen, müssen bestimmen, wer temporär über sie bestimmen darf.
1. Wenn Identität als Argument relevant ist, aber Veränderung gewünscht wird, dann impliziert das notwendigerweise ein Fehlen von Identität
2. Eine Popband ist eine Band, welche populär ist - völlig unabhängig von Genregrenzen. Soviel sollte man eigentlich begriffen haben.
3. Nun, dass einem Komponisten und einem Theatermacher gleich zwei, ja, Popbands gegenübergestellt werden, beweist eben in welchen Bahnen ein Tim Renner denkt. Er war nicht in der Lage, intuitiv auf etwas anderes zu verweisen als auf das Metier, aus welchem er kommt. Dass ihm als Gegenstück keiner der populären E-Musik Komponisten und Theatermacher eingefallen ist, nun, in meinen Augen spricht das Bände. Dass der Herr ein großer Blender ist, wissen wir nicht erst, seitdem er vorgab, bereits in den Neunzigern regelmäßig zur Volksbühne gepilgert zu sein, um sich Pollesch anzusehen, welcher damals noch gar nicht Teil der Belegschaft gewesen ist.
1. Falsch - Das Haus hat eine Identität unter dem derzeitigen Intendanten. Ist der Intendant weg, hat es erst einmal keine. Wird eine eigene Identität gewünscht, ist ein Intendant zu wählen, der ein Konzept hat, das diese zu schaffen verspricht. Ist so schwer eigentlich nicht zu verstehen, oder?
2. Falsch - Eine Popband ist eine Band, die Popmusik macht. Das ist ein mehr oder weniger klar definiertes Genre. Ich kenne keine Definition, die eine Band wie Rammstein einschließt.
3. Falsch - Er stellt die so genannte "Hochkultur", repräsentiert durch Theater (Musik- und Sprechtheater) der Popkultur entgegen. Die Populärmusik (was Pop, Rock, Hiphop und whatever einschließt) ist der bekannteste Vertreter dieser Kultur. "E-Musik" (ein Begriff, der im Übrigen an Borniertheit nicht mehr zu überbieten ist) gehört dazu eben nicht. Der Clou ist aber, dass Renner ja diese Unterscheidung, die Sie wiederum so hochhalten, nicht zulassen und aufheben will. Für ihn gehört Wagner ebenso zur Kultur wie Element of Crime und damit auch in sein Fachgebiet. Und dass er damit Recht hat, darüber muss man nun wirklich nicht mehr diskutieren.
- die aktuelle Volksbühne "funktioniert" (Kunst, Publikum, Stadt, usw. siehe vorige Posts)
- es überhaupt keine Notwendigkeit gibt JETZT die Volksbühne ins Visier zu nehmen
- es überhaupt nicht klar ist, warum die von Herrn Renner angelegten Maßstäbe gerade dazu führen sollen, die VB jetzt/sehr bald umzustrukturieren.
Genau, es geht nicht um ein Museum. Denn das entsteht grad 2 Kilometer westlicher. Wobei mir ein attraktives, intensives Museum immer noch lieber ist als ein schnödes Allerweltsmuseum, wie ich sie in Berlin zuhauf finde (auch in der Theaterlandschaft!).
Ja, Sascha Krieger, schreiben Sie bitte Herrn Renner: Er soll die Diskussion führen. Die über die Identität der VB nach Castorf. Aber das kann er ja machen ohne Castorf JETZT abzuschießen.
Genau, das haben Sie richtig verstanden. Und das hatte auch schon André Schmitz richtig verstanden. Der war mutig genug, einen Künstler und Intendanten auch über schlechtere Jahre hinweg zu halten. Das Ergebnis ist nun künstlerische Intensität, wie sie andernorts rarer ist. Kunst braucht Schutz! Gute Kunst braucht guten Schutz. Hervorragende Kunst braucht hervorragenden Schutz.
@ear: Sagen Sie Till Lindemann mal, dass er Sänger einer Popband ist ;) Das Labelargument ist so albern, dass ich es lieber nicht kommentiere. Natürlich hat Herr Renner weniger Bezug zum Theater als zur Popkultur, nur finde ich es seltsam ihm das vorzuwerfen, wenn niemand auch nur auf die Idee gekommen wäre, André Schmitz das Gegenteil vorzuwerfen. Natürlich wissen wir all, warum das so ist, nur macht es das eben nicht richtiger. Und nein das Theater ist eben nicht wichtiger als andere Bereiche von Kunst und Kultur.
der alte Demagoge Stegeman einreden, in dessen Staatstheater-Kontext
die Intendanten 100Tausende verdienen, und die Praktikanten/ Hospitanten
Gar nichts.
Was man Castorf sicher zurecht vorhalten kann, ist, dass er nicht in erkennbarem Maße neuen Regie-Köpfen Boden bereitet in seinem Haus. Das ist in der Tat schade.
Und nein, Sascha Krieger, sie liegen falsch mit Ihrer Gleichgültigkeit in Bezug auf ein Ende der Ära Castorf. Das ist Kunst, die hier stattfindet und nicht Showmasterei. Es geht doch nicht um die Person Castorf, die einen Abschluss finden müsste. Es geht um ein Haus, eine Identität, ein Publikum, eine Kontinuität und Entwicklung, geleitet von einem erfolgreichen Intendanten. Die VB ist jedenfalls relevanter als eine Reihe anderer Berliner Häuser. Bestreiten Sie das?
Sie kommen ja auch nicht auf die Idee, Frau Langhoff abzusägen à la: "Natürlich 'funktioniert' das Gorki jetzt, aber es kann es nicht ewig in dieser Form tun, und mir ist es lieber, mach macht den ohnehin irgendwann nötigen Bruch, wenn es gut läuft, als dann wenn das Theater seine Relevanz verloren hat." Das ist doch absurd hoch fünf.
Er hat sich übrigens meines Wissens nicht zur Frage der Terminanfrage Peymanns geäußert. Warum gab es denn dieses Gespräch nicht??
natürlich ist theater nicht unbedingt wichtiger als andere kultursparten, da fühle ich mich missverstanden. auch herrn renners vergangenheit im musikgeschäft mache ich ihm nicht prinzipiell zum vorwurf,im gegenteil, ich erinnere mich sogar, mich über seine ernennung gefreut zu haben. es ist nicht renners bezug zur popkultur, der mich stört, sondern das scheinbar immer noch automatische greifen des alten promotion-mechanismus, der einer ernsthaften, inhaltlichen auseinandersetzung offenbar vorzuziehen ist. deshalb fand ich die nennung dieser bands, wenn auch konkret sicher nebensächlich, symptomatisch für die denkweise moderner "kulturmanager". dass diese plattenlabels vorstehen, ist ja auch total in ordnung!